Die Trinität des Geschmacks

V. li.: Raphael Hirmer, Felix Haiderer und Doris Dorfmayr sind das neue Trio hinter dem Rahofer- Geschmack.

Manche Dinge ändern sich nie. Und das ist auch gut so. Speziell der Gasthof Rahofer in Kronstorf ist so eine ewige Konstante der Gemütlichkeit und kulinarischen Glückseeligkeit. Im Vierkanthof wurden bereits 1524 hungrige Reiter verköstigt, 300 Jahre später war angeblich auch Napoleon Bonaparte unter ihnen. Und wer weiß, vielleicht hätte der Feldherr sein Waterloo vermeiden können, wäre er doch länger in Kronstorf geblieben und hätte im Wirtshaus eine gute Suppe genossen. 1888 übernahm die Familie Rahofer den Betrieb. Rudi Rahofer, der das Lokal vor vier Jahren an Tochter Marie Christine übergab, sagte einmal: „Letztendlich sollen die Speisen einfach zubereitet sein. Wenig Zutaten, wenig Gänge. Ich brauche kein Chichi, um zu beeindrucken. Der Geschmack spricht für sich.“

Manche Dinge ändern sich nie, auch nicht, seitdem das Trio Doris Dorfmayr, Felix Haiderer mit Raphael Hirmer seit August die Gäste beglücken. Man kennt sich vom Tian aus Wien und setzt nun das Gelernte auf eine wohltuende Art und Weise um. Wenig Komponenten, verständlich, ohne zu überfordern und dennoch mit einer geschmacklichen Präzision und handwerklichem Feinschliff verwoben. Gäste fahren weiterhin gerne nach Kronstorf. Ein Wohlfühlort ist es sowieso immer gewesen. Allein der paradiesische Garten mit Feigenbäumen, die wundervolle holzvertäfelte Stube oder das Restaurant, wo Kunstwerke an der Wand, Kerzenlicht und französische Chansons im Hintergrund ein Ambiente erzeugen, das zeitlos schön ist. Es wurde schon gesagt, manche Dinge …

Als Amuse begeistert lauwarme Hechtkrokette mit fein gehobeltem Fenchelsalat auf Fischsuppe. Fein, knusprig, aromatischer Trommelwirbel. Das Gericht würde einen Eintrag in Elmayers Benimmbuch rechtfertigen. Wenn alle Küchen so grüßen würden, wäre die Welt um einiges besser. Gebratenes Kalbsbries ist von wolkiger Konsistenz und wird umhüllt von knusprigem Mais, dazu angenehm süßliche Kukuruzcreme, ein Schuss Säure und man könnte sein Notizbuch zumachen und ein Einserhakerl machen. Aber die Neugierde ist zu groß. Immerhin heißt es, dass man für alle Gäste da sein will und Klassiker auf der Karte beibehalten möchte. Schnitzel gibt es demnach immer, ebenso Krautfleckerl, das geheime Signature Dish von Haiderer. Das Kraut wurde lange zu animierender Konsistenz geröstet, dass man nach dem Verzehr eigentlich einen Monat nichts mehr essen möchte, um den Wohlgeschmack im Mund zu konservieren. Doch die Neugierde siegt, denn Fisolen alla Carbonara wecken den Entdeckergeist. Auch wenn hartgesottene Italiener jetzt vielleicht ein paar Zeilen überspringen können, ist die Interpretation richtig gut. Dotter und Parmesan werden zur süchtig machenden Creme vermengt, statt Guanciale reibt die Küche luftgetrocknetes Schweinefilet über die Bohnen. Das Fleisch kommt aus der unvergleichbaren Manufaktur von Simon Humer. Falls jemand daheim Spaghetti alla Carbonara zubreiten möchte, Simon verkauft auch gereiften Guanciale, der, wie alle seine Produkte, ohne Nitratpökelsalz, Phosphate und Geschmacksverstärker hergestellt wird.

Absolut unverfälscht im Geschmack ist das Rehfilet, erlegt vom Meisterbrenner Hans Reisetbauer. Das zarte Wild mit kräftiger Albufera-Sauce (Napoleons Marschall Louis Gabriel Suchet lässt grüßen) weist erneut den richtigen Weg zum stimmigen Gesamtbild. Wunderbar auch die Topfenknödel mit Reisetbauer Hauszwetschke, danach noch ein Edeldestillat oder ein Tropfen aus der gut sortierten Weinkarte, die vieles (auch leistbares) aus Frankreich bereit hält und ein Sprichwort bestätigt: Von guten Dingen kann man nie genug haben.
Philipp Braun

Küche ●●●●◐
Atmosphäre ●●●●◐
Weine ●●●◐○

Gasthof Rahofer
Hauptstraße 56, 4484 Kronstorf
T 07225/83 03
rahofer.at