Keine Angst vorm Fettnapf

In Fett gezogenes Gargut ist eine nicht nur eine höchst aromatische, sondern auch besonders „schlanke“ Angelegenheit, hat Andrea Karrer eruiert.
Text von Andrea Karrer · Illustration von Peter Jani
Im Ritz Lissabon haben wir Bacalao genommen, Stockfisch mit 8 cm dicken Rückenstücken, und über Nacht gewässert. Ich dachte, was soll das werden, mit dem trockenen Fisch?! Am nächsten Tag wurde er gut trocken getupft und in Olivenöl bei 62 °C 17 bis 20 Minuten confiert. Wow – der Fisch ist in schöne, große Stücke zerfallen, so saftig, mürb, grandios im Geschmack, wie ich Kabeljau bis dahin noch nie gegessen hatte – a Wahnsinn!“, schwärmt Manfred Buchinger. „Heute nehme ich auch Kabeljaurückenstücke, die werden trocken eingesalzen und mit einer Prise Zucker über Nacht liegen gelassen, damit sie Wasser lassen, dann trocken getupft und in Öl confiert.“
Beim klassischen Confieren werden die Fleischteile zuerst mit Salz eingerieben oder in eine Salzlake eingelegt und ein bis zwei Tage ruhen gelassen. Anschließend wird das Fleisch bedeckt mit dem eigenen Fett bei moderater Hitze gegart.
Je nach Rezept werden noch Gewürze wie Pfefferkörner, Lorbeerblätter usw. zugegeben. Das Öl überträgt diese Geschmacksnoten optimal auf das Fleisch und macht es dadurch besonders aromatisch.
Wenn das Fleisch gar ist, wird es in Steingutgefäße oder in Konservendosen eingelegt und mit einer Fettschicht luftdicht verschlossen. So bleibt das Fleisch bis zu zwei Jahre oder mehr haltbar. Und es behält auch seinen vollen Geschmack und seine feine, saftige Konsistenz. „Die klassischen Confits, meist Fettgeflügel (Gans, Ente) oder Schwein mit Pökelsalz und kiloweise Schmalz konserviert, sind in vielen Regionen Frankreichs Stützpfeiler der lokalen Signature-Gerichte – bei Spezialitäten wie dem südwestfranzösischen Cassoulet, dem Confit de canard, dem Confit à la landaise (mit Erbsen und Bayonne-Schinken) oder dem Garbure aus dem Béarn“, erklärt Rudi Obauer. „Es wird nicht mehr confiert, um zu konservieren – wir haben ja ausgezeichnete Kühlungen heutzutage –, sondern um einen einzigartigen Geschmack, ein unvergleichliches Aroma zu erzielen. Wichtig ist, dass das Fleisch durchgegart ist, sonst verdirbt es rasch“, fährt er fort. „Und man will vorproduzieren; man kann wunderbar z. B. ein Schulterscherzel bei 55 °C stehen lassen und bei Bedarf à la minute abbraten.“ Da beim Confieren aufgrund der relativ niedrigen Temperaturen keine Maillard-Reaktion stattfindet und dadurch keine Kruste am Gargut gebildet werden kann, wird das Gargut meistens – wie Manfred Buchinger erklärt – danach kurz scharf angebraten bzw. gegrillt.
Seit ein paar Jahren nutzen Köche der hohen Gastronomie das Confieren nicht mehr zur Konservierung. Interessant ist vielmehr der Effekt, dass bei dieser Garungsmethode eine unerwünschte Oxidation der Speisen unterbunden wird, und das nicht (nur) durch das vorherige Einsalzen, sondern vor allem auch durch den vollständigen Luftabschluss beim Garen unter Fett (das kann Öl, Butter oder Schmalz sein – man richtet sich nach dem Gargut). Somit können weder flüchtige Geschmacksstoffe noch Aromen austreten. Ähnlich der Sous-Vide-Methode (in Plastikfolie vakuumiert und bei konstanter Temperatur im Wasserbad gegart) baut das Confieren (ohne Salz) auf exakte Kerntemperaturkontrolle. Und wenn es auch auf den ersten Blick nicht so aussieht: Es ist eine schlanke Zubereitungsart! Bei Gartemperaturen unter 80 °C bleibt das Essen komplett unfettig, weil erst über dieser Temperatur die im Gargut gebunden Flüssigkeiten austreten und als Ölgemisch zurückdiffundieren können.
„Vor dreißig Jahren – ja es war so 1986, im Café de la Paix – wurden (meiner Meinung nach ungenießbare) Tiefkühl-Langustenschwänze gemeinsam mit Gemüse, das vorher ganz, ganz langsam in Butter gebraten wurde, vakuumiert und dann bei 62 °C etwa 45 Minuten gegart. Die Langustenschwänze wurden danach hauchdünn aufgeschnitten, der Geschmack war großartig! – Und etwa zehn bis zwölf Tage haltbar. Damals hat man diese Form des Garens aber noch nicht so recht verstanden“, fährt Buchinger fort. Ein weiterer Vorteil des Confierens ist also auch, dass sich selbst mit weniger edlen und teuren Fleisch- bzw. Fischstücken wunderbare Gerichte zubereiten lassen.
Die kleine Herausforderung bei der Angelegenheit besteht lediglich darin, dass man das Öl konstant auf der vorgegebenen Temperatur halten muss. Schwankt es wild zwischen kalt und heiß, wird das Ganze nichts. Daher ist das Confieren in herkömmlichen Backöfen nicht anzuraten, da diese die Temperatur nicht halten, sondern ständig hin- und herregeln.
Das übrig gebliebene Öl kann übrigens hervorragend zum Braten von Fleisch, Fisch und Gemüse weiterverwendet werden oder auch für Marinaden, wie im folgenden Rezept, welches Rudi Obauer A la Carte zur Verfügung gestellt hat. Lieben Dank dafür!
Rezept von Rudi Obauer
Confierte Zwiebeln / Ricotta / Perigord-Trüffel
Zutaten für 5 Portionen
1 kg geklärte Butter
10 Zwiebeln mit Schale, à ca. 80 g
1 Perigord-Trüffel (ca. 50 g)
Schale von 1 Bitterorange (unbehandelt), abgerieben
250 g Ricotta
3 Messerspitzen Parasol- oder Steinpilzpulver
1 EL geröstete, ungeschälte Haselnüsse
Chili, grob geschrotet oder Tabasco
Obauer-Gartenkräutersalz
4 cl Balsamico „Royal Degusta“
Etwas Comté Käse (nicht zu alt)
1. Die Zwiebeln bis auf 1 cm unterhalb des Austriebes schälen und den Wurzelansatz so wegschneiden, dass eine gerade Fläche entsteht. Wichtig: Nur so viel wegschneiden, dass man die Zwiebeln noch gut füllen kann.
2. Die Zwiebeln in einem Topf mit der geklärten Butter ca. 1 ¼ h unter dem Siedepunkt garen. Garprobe: Die Zwiebeln müssen sich leicht mit einer Gemüsegabel durchstechen lassen. Dann die Zwiebeln mit einem Lochschöpfer aus der Butter heben und auskühlen lassen.
3. Anschließend mit einem kleinen Messer das Innere der Zwiebeln herausschneiden (quasi aushöhlen) und fein schneiden.
4. Das fein geschnittene Zwiebelinnere mit Orangenschale, Ricotta, Pilzpulver, Chili, Haselnüssen und der Hälfte des fein geschnittenen Trüffels gut verrühren, mit Obauer-Gartenkräutersalz würzen.
5. Masse in einen Spritzbeutel füllen und die ausgehöhlten Zwiebeln damit füllen.
6. Aus 8 cl Zwiebelkochbutter, Balsamico „Royal Degusta“, einer Prise Salz sowie fein geschnittenem restlichen Trüffel eine Marinade rühren und leicht erwärmen.
7. Die gefüllten Zwiebeln in einen tiefen Teller setzen, mit der Marinade übergießen und mit etwas dünn geschnittenem Comté und eventuell Trüffelscheiben garnieren.
Hinweis: Die Zwiebeln sollte beim Servieren Raumtemperatur haben und die Marinade sollte leicht warm sein.
Restaurant-Hotel Obauer
Markt 46, 5450 Werfen
Tel.: 0646 85 21 20
www.obauer.com
Buchingers Gasthaus
„Zur Alten Schule“
Wolkersdorfer Straße 6
2122 Riedenthal ob Wolkersdorf
Tel.: 0224 58 25 00
www.buchingers.at