Das Königskraut

Basilikum ist mehr als nur grüne Streifen am Insalata Caprese oder auf der Pizza Margherita. Es ist das aromastärkste Sommerkraut und wird wohl auch deshalb Königskraut genannt.

TEXT von Andrea Karrer
ILLUSTRATION von Kerstin Luttenfeldner

Je weniger man Basilikum kocht, umso besser ist sein Aroma, und je frischer es ist, umso verführerischer wirkt sein Duft. Das ist das Wichtigste, was man über Basilikum wissen muss. Daraus ergibt sich, dass Sie das Basilikum erst dann an eine Pastasauce geben, wenn sie fertig ist und die Pasta darin gewendet wird. Also sollte auch der Pesto, die konzentrierteste aller Basilikumsaucen, immer roh verwendet werden, bei Zimmertemperatur und niemals erwärmt“, schreibt Marcella Hazan in ihrer Einleitung über Basilikum im Buch Die klassische italienische ­Küche.

Unter all den europäischen Ländern, in denen Basilikum angebaut wird und in deren Küchen es Verwendung findet, ist es gerade die italienische Küche, die ihm jenen königlichen Platz einräumt, der ihm gebührt. Botanisch Unwissenden käme da leicht der Gedanke, dass Basilikum aus dem Mittelmeerraum stammt, doch dem ist nicht so. Seine Herkunft ist umstritten, weil die zahlreichen Arten unter verschiedenen klimatischen ­Bedingungen und in unterschiedlichen geogra­fischen Breiten gedeihen. Die meisten Wissenschafter gehen jedoch davon aus, dass die Heimat dieser aromatischen Pflanze Indien ist. Zusätzlich zu Indien fand Basilikum seinen Weg auch nach Südostasien, besonders nach Thailand, wo es noch heute in vielen traditionellen Gerichten verwendet wird.

Die faszinierende Geschichte, aber auch Verbreitung von Basilikum ist gekennzeichnet durch unterschiedliche Verwendungen in verschiedenen Kulturen, nicht nur als Lebensmittel, sondern auch als Heilpflanze mit den unterschiedlichsten Eigenschaften, was häufig zu Aberglauben und folkloristischen Elementen führte. Zum Beispiel ist ­Basilikum seit Langem mit tradi­tioneller Kräutermedizin verbunden, einschließlich Ayurveda, der alten ganzheitlichen indischen Medizin. Im alten Ägypten ist wahrscheinlich, dass die Pflanze nicht nur mit konservierenden und antibakteriellen Eigenschaften in Verbindung gebracht wurde. Aus diesem Grund wurde sie im Mumifizierungsprozess verwendet und in Gräbern gefunden. Der berühmte römische Naturforscher Plinius beschrieb auch die verstärkenden aphrodisierenden Eigenschaften des Krauts. Dank dieser Überzeugungen wurde es später zum wahren Symbol der Liebenden bei verschiedenen Völkern. In Portugal zum Beispiel werden Basilikumpflanzen an bestimmten religiösen Feier­tagen immer noch zusammen mit ­einem Gedicht an einen geliebten Menschen überreicht.

Während viele Menschen mit der klassischen Basilikumsorte, die in italienischen Gerichten prominent ist, vertraut sind, bietet die Basilikumfamilie eine erstaunliche Vielfalt an Sorten, die in Farbe, Größe und Geschmack variieren. Die Namen der rund sechzig Basilikumarten, die weltweit existieren, geben Hinweise auf Herkunft, Aussehen und Geschmack. Sie heißen Green Pepper, Zimt-Basilikum, African Blue, Thai-Basilikum, Fino verde, Sweet Dani, Mammut oder Lemon. Die buschige, kleinblättrige Sorte Corfu stammt aus Griechenland und Tulsi, als heiliges Kraut dem Gott Vishnu geopfert, aus Indien. Genoveser ist der unangefochtene Verkaufsschlager, dessen mittelgroße, weiche Blätter eine mediterran-milde Geschmacksnote besitzen.

„Für unser Basilikum-Granité verwenden wir Zitronenbasilikum. Wie der Name schon sagt, hat diese Sorte ein deutliches Zitrusaroma.
Es wird oft in Tees und Desserts verwendet und kann auch Geflügel und Fischgerichten eine frische Note verleihen. Doch auch Thai-Basilikum mit seinem stärkeren, oft la­kritz- oder anisähnlichen Geschmack passt hervorragend“, erzählt Michael Bauböck, Küchenchef im Restaurant Steirereck. Seit mehr als zehn Jahren ist Michael Bauböck Teil der Steirer­eck-Familie, jahrelang als Souschef, nun als Küchenchef neben Heinz Reitbauer. Vor seiner langjährigen Tätigkeit im Steirereck sammelte er Erfahrungen bei führenden Köchen des Landes, darunter etwa Reinhard Gerer, Joachim Gradwohl oder auch Paul Ivic´.

Wer seinen Insalata Caprese oder seine Pizza Margherita mit ­Basilikum garniert, macht nichts falsch, denn Basilikum passt ausgezeichnet zu sonnengereiften Paradeisern und milchig-rahmigem Moz­zarella. „Nur unterschätzen diese beiden Kombinationen das Talent von Basilikum. Es ist eines der duftendsten und gleichzeitig aufreizendsten aller Sommerkräuter und kann selbst mit Früchten oder Desserts wie Pannacotta genossen werden. So vielfältig wie seine Arten sind, so vielgestaltig fällt auch der süßliche bis kräftige, gar pfeffrige Basilikumgeschmack aus. Je nach Sorte, Standort und Klima erinnert er an Zitrone, Minze, Anis, Gewürznelke, Zimt oder Piment“, schwärmt Michael Bauböck und erklärt: „Es sollte jedoch nie mit dem Messer gehackt, sondern immer von Hand zerpflückt werden, um zu vermeiden, dass das Ba­silikum oxidiert und so einen Großteil seiner ätherischen Öle verliert.“

Das Würzkraut gehört, wie auch die Minze, zur Familie der Lippenblütler. Frische Basilikumblätter enthalten zwar nur 0,5 Prozent an ätherischem Öl, das sich je nach Sorte unterschiedlich zusammensetzt, doch genau dieses halbe Prozent macht den Reiz des Würzkrauts aus“, weiß Eveline Bach. Mitten im 22. Wiener Gemeindebezirk befindet sich die 6,2 Hektar große Anbaufläche des bereits in vierter Generation geführten Betriebs von Eveline und Mario Bach. Die Gärtnerei Bach stellt ein außergewöhnliches Pflanzenparadies dar, denn sie bietet über 60 verschiedene Paradeis-, etwa ebenso viele Chilisorten sowie rund 200 unterschiedliche (Heil-)Kräuter- und Salbeiraritäten an. Das Besondere der Gärtnerei Bach stellt jedoch nicht nur das Sortiment, sondern vor allem die Bepflanzung dar. Denn die Pflanzen werden ausschließlich auf artgerechte und traditionelle Weise in Erde und nicht in anorganischen Substratkulturen angebaut. Die Setzlinge sowie das Saatgut erweisen sich dadurch als äußerst widerstandsfähig und überzeugen mit einem herzhaften und unvergleichlichen Geschmack.

„Vor etlichen Jahren bat mich Johannes Pinterits, ein winterhartes Basilikum für sein Würzöl zu züchten“, erinnert sich Eveline Bach. Aus der speziellen, winterharten Sorte Artemis, die über Stecklinge vermehrt wird, stellt Pinterits nun ein wuchtiges, dunkelgrünes Basilikumöl her. „Es eignet sich hervorragend als Dressing für Salate, zum Verfeinern von Pasta, als Dip für frisches Brot, zu Paradeisern, Fisch und hellem Fleisch. Darüber hinaus kann es auch in der Aromatherapie zur Entspannung und Linderung von Beschwerden eingesetzt werden“, schwärmt Johannes Pinterits. Gut versteckt im Umland der burgenländischen Hauptstadt befindet sich sein kleines Kräuterrefugium: das Safranoleum.

Dieses Naturerlebnis liegt nahe Siegendorf, einer kleinen Gemeinde südlich von Eisenstadt, auf ­deren burgenländisch-kroatische Tradition der Ortsname „Cindrof“ hinweist. Pinterits’ feine Öle werden auf besondere Art gewonnen, und zwar nicht durch das Einlegen von Kräutern in Öl, wie das oft geschieht. Bei ihm wird das jeweilige Gewürz oder Kraut gemeinsam mit der Ölsaat gepresst, was, wie der Produzent sagt, „flüssige Gewürze“ hervorbringt. Die Basis für diese Kräuter- und Gewürzöle bildet reifes Sonnenblumenöl. Es handelt sich um eine sogenannte Kaltpressung, bei der schließlich die Trübstoffe und somit der Großteil der Aromen erhalten bleiben. „Besonders beliebt in der Gastronomie sind die verschiedenfärbigen Basilikumblüten“, erklärt noch Eveline Bach und fährt fort: „Die Blätter vom Griechischen Strauchbasilikum werden in Handarbeit geerntet, getrocknet und in Zuckerlösung eingelegt. Je nach Farbe der Blüten färbt sich der Sirup von Grün über Rosa bis Violett.“ —

Basilikum-Granité
Rezept von Heinz Reitbauer und Michael Bauböck
Restaurant Steirereck, Wien


Zutaten
2 l Apfelsaft
Saft von 6 Zitronen (von 4 den Abrieb)
200 g Gin
1 Blatt Gelatine
50 g Kristallzucker
130 g Basilikum, frisch gezupft (am besten Zitronen- oder Thai-Basilikum)
40 g Babyspinat, gewaschen und geschleudert

Zubereitung
Apfelsaft bei mittlerer Hitze auf die Hälfte reduzieren und leicht abkühlen lassen. Gelatine in kaltem Wasser einweichen, gut ausdrücken und in der warmen Flüssigkeit auflösen. Zitronensaft und feine Zitronenzesten hinzufügen. Gin und Zucker dazugeben.

Wenn die Flüssigkeit Raumtemperatur hat oder kühler ist, mit dem Basilikum und dem Spinat im Standmixer fein pürieren.
Durch ein Haarsieb passieren und gut ausdrücken.
Die aufgefangene Flüssigkeit ins Gefrierfach geben.
Sobald alles gefroren ist, mit einer Gabel gleichmäßig „aufkratzen“ und in einer vorgefrorenen Schale mit Holunderblüten, Borretsch oder Bronzefenchel servieren. Ideal im Sommer als Erfrischung oder auch zu Gurke und gebeiztem Fisch.

Produzenten:
Gärtnerei Bach
Hänischgasse 17
1220 Wien
gaertnerei-bach.at

Safranoleum
Hannes Pinterits
Eisenstädter Straße 97
7011 Siegendorf
safranoleum.at