Mehr als nur heiße Luft

Über Aufstieg und Fall in der Dessertküche. Soufflés gelten als gewagte Luftschlösser, die auch versierte Köche herausfordern.

Text von Andrea Karrer / Illustration von Kerstin Luttenfeldner

Soufflés – auch als Schaumauflauf bezeichnet – zählen nach ihrer Konsistenz zu den leichtesten, in der Zubereitung aber zu den kapriziösesten Desserts. Ein Soufflé besteht eigentlich nur aus Eischnee, der mit einer Grundmischung vermengt wird, die dem Soufflé den Geschmack gibt. Die wichtigste Zutat des Soufflés – die Luft – scheint in keinem Rezept auf. Aber es ist die Luft, die durch das Schlagen im Eischnee gefangen ist, sich in der Hitze des Backofens ausdehnt und dafür sorgt, dass das Soufflé aufgeht. Der erste Schritt bei der Zubereitung eines Soufflés ist das Vorheizen des Backrohrs auf die erforderliche Temperatur. Verschiedene Rezepte fordern unterschiedliche Temperaturen, meistens 180 bis 200 Grad Celsius. Während des Aufheizens werden Souffléform(en) und Grundmasse vorbe­reitet. „­Damit das Soufflé ungehindert aufgehen kann, konische Formen mit geradem Rand benutzen. Die Form mit weicher Butter ausstreichen und mit ­Zucker ausstreuen, damit das Soufflé nicht ansetzt“, weiß Rudi Obauer vom Restaurant Obauer in Werfen.

Wenn alles andere fertig ist, wird das Eiweiß zu Schnee geschlagen. Eiklar, der Ausgangsstoff aller Soufflés, besteht aus Wasser und Proteinen. Durch das Schlagen von Eiklar werden Luftbläschen eingeschlossen, Eiklar wird zu Schnee. Beim Backen dehnt sich die Luft in den Bläschen aus, vor allem aber verdampft Wasser in den Bläschen, das Soufflé geht auf, in der Backrohr-hitze verfestigen sich die Proteine zu einem stabilen Eiweißgerüst, und das Soufflé ist stabil. Entnimmt man das Soufflé zu früh dem Backrohr, bevor die Eiweißstruktur gefestigt ist, oder setzt man es Zugluft aus, kondensiert der Wasserdampf in den Bläschen, die Bläschen ziehen sich zusammen, das Soufflé „geht in die Knie“. Belässt man das Soufflé wiederum zu lange im Backrohr, entweicht der Wasserdampf aus den Bläschen, das Soufflé fällt schon im Backrohr zusammen. Es geht also darum, Zeitpunkt und richtige Methode zu finden, damit das Soufflé gar wird. „Man sollte den reinen Eischnee – ohne Eigelbspuren! – sehr fest schlagen, aber nicht zu fest, sonst trennt er sich wieder“, weiß Rudi Obauer und fährt fort: „Grundvoraussetzung sind fettfreie und gekühlte Arbeitsgeräte. Das Schlagen geht mit Handmixer oder Küchenmaschine am einfachsten. Je stärker man schlägt, desto feiner werden die Bläschen, umso gleichmäßiger wird die Masse und umso besser geht sie auf. Die Zugabe von etwas Säure (ein bis zwei Tropfen Zitronensaft) oder ­einer Prise Salz erleichtert die Schneebildung.“ Die Proteine stoßen sich dadurch weniger ab. Zum perfekten Unterheben des luftigen Schnees rät Paul Bocuse in seinem Buch Die Neue Küche, zunächst nur etwa ein Viertel des Eischnees unter die Grundmasse zu rühren, weil sich der Rest dann leichter unterheben lässt. Den restlichen Schnee kann man in einem, besser in zwei Arbeitsgängen am besten mit Teigschaber mit Stiel unterheben. Wenn die Grundmasse noch warm ist, geht der Mischprozess wegen der niedrigeren Viskosität besser vonstatten. Beim Einfüllen der Masse in die gut ­bebutterten und bezuckerten oder bemehlten Formen den Rand sauber halten, sonst wird das Aufsteigen behindert. Förmchen bei stark gehenden Massen nur zu zwei Dritteln füllen, damit Platz zum Steigen bleibt. Soufflé nach dem ­Unterheben des Eischnees unverzüglich in das gut vorgeheizte Backrohr immer in die unterste Schiene schieben. Die ideale Gartemperatur gibt es nicht, wie zuvor erwähnt, kommt es auf die Rezeptur an. Noch ein wichtiger Obauer-Hinweis: „Die Temperatur soll unten heißer sein als oben, das gibt dem Soufflé Zeit zu steigen, bevor es oben fest und braun wird. Auch wenn’s jetzt in den Fingern kribbelt: Niemals die Ofentür öffnen. Geringste Zugluft lässt das Soufflé sofort zusammenfallen.“

Ganz wichtig: Ein Soufflé muss gar sein! Ein wirklich gutes Soufflé ist von der Hitze des Backrohrs bis ins Innerste durchdrungen worden und darf keinen Geschmack von glasigem Eiweiß enthalten. Das ist ein geschmacklicher und technischer Fehler. Vom Herd auf den Tisch, das ist wörtlich zu nehmen, denn ein Soufflé sollte unverzüglich zu Tisch gebracht werden. Sobald es aus dem Rohr kommt, beginnt sozusagen der langsame Niedergang der luftigen Spezialität. Einmal fertig gebacken, muss sofort angerichtet und serviert werden. Die Gäste warten auf das Soufflé, nicht umgekehrt. Am einfachsten wird es gleich im Förmchen serviert. —

Kakao-Soufflé
Rezept von Rudi Obauer, Restaurant Obauer, Werfen

Zutaten für 10–12 Portionen

Crème pâtissière
4 Eidotter
125 g Kristallzucker
Salz
1 Vanilleschote
250 ml Milch

60 g glattes Mehl
400 g Eiklar
280 g Kristallzucker
Salz
80 g Crème pâtissière
1 Eidotter
20 g Kakaopulver
weiche Butter und Kristallzucker für die Formen
Kakaopulver zum Bestreuen

Zubereitung

Crème pâtissière: Dotter mit 30 g Kristallzucker und 1 Prise Salz ­cremig rühren. Vanilleschote der Länge nach aufschneiden, Mark auskratzen und in der Milch knapp unter dem Siedepunkt ein paar Minuten ziehen lassen. Vanillemilch in dünnem Strahl in die Dottermasse gießen und dabei mixen. Mehl einrühren. Creme auskühlen lassen. Eiklar mit 30 g des Kristallzuckers und 1 Prise Salz zu luftigem Schnee schlagen.

Restlichen Zucker mit 100 ml Wasser verrühren und so lange kochen, bis 113 °C erreicht sind (= „zum Flug kochen“). 80 g Crème pâtissière* und den Dotter mit dem Schneebesen rasch unterheben, Kakaopulver unter-rühren. Masse in einen Spritzsack ohne Tülle füllen und in bebutterte und mit Kristallzucker ausgestreute Kaffeetassen (ideal sind zylindrische Tassen, Soufflés gehen darin besser auf als in konischen) dressieren. Im vorgeheizten Rohr bei 200 °C etwa 8 Minuten backen.

Hinweis: Die Soufflés sollen im Kern leicht cremig sein. Soufflés mit Kakao bestreut servieren. Wichtig: Soufflés nicht (!) aus den Formen stürzen, sie würden ihre Form verlieren.

* Hinweis: Wenn kein Zuckerthermometer zur Verfügung steht, kann man den Zuckergrad nach der alten und etwas ungenaueren Methode überprüfen, indem man eine Schlinge oder einen Schaumlöffel in den Zucker taucht und durch die Öffnung bläst. Wenn ­kleine Zuckerblasen davonfliegen, ist die gewünschte Konsistenz erreicht.
** Hinweis: Die restliche Crème pâtissière kann z. B. für die Zubereitung von Vanille­sauce verwendet werden.

Dieses Dessert lässt sich gut vorbereiten. Masse in die Tassen oder Förmchen f­üllen und tiefkühlen. Beim Backen von tiefgekühlten Soufflés verlängert sich die Garzeit um ein bis zwei Minuten.

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