Essen und Trinken auf dem Vulkan

Der Vulkan ist schon lange erkaltet. Das Vulkanland in der Südoststeiermark verdankt ihm seinen Boden. Weine, Gastronomie und Landwirt- schaft gedeihen hier wirklich gut.

Foto von Michael Reidinger
Text von Alexander Rabl

Bald sind Thanksgiving und Weihnachten. Dann fliegen Pute und Truthahn in die Backrohre. Ihr exzentrisches Äußeres verschafft ihnen keinen Mitleidsbonus, ungleich Enten oder Gänsen. Genau genommen sind Zubereitung und Verzehr ­eines Truthahns ein Beitrag zur Verschönerung der Welt. Großzügig dimensioniert sind Feld, Baum­bestand und Geflügelstall des Geflügelhofs Hütter. „Der Truthahn und die Pute hatten ja nicht das beste Image“, erzählt Julia Knittelfelder, die demnächst Martin Hütter heiraten wird, „dennoch gehört Österreich zu den Ländern, die am meisten Pute essen.“ Insbesondere als Ersatz für das wegen seiner Fettränder und der Panik der Ernährungsberater in Ungnade gefallene Schweinefleisch sei Pute ab den 1980er-Jahren immer beliebter geworden. „Unsere Hochsaison beginnt im Spätherbst und endet zu Weihnachten. Wir empfehlen zwei Arten der Zubereitung: Niedertemperatur über Nacht, dann noch einmal knusprig braten; oder für Frühaufsteher ganz normal braten, wobei man pro Kilo eine Stunde rechnen muss.“ Frau Hütter senior erzählt, warum man mit den Vögeln kein Mitleid haben muss: „Einmal zwickte mich ein Truthahn in den Arm, ich gab ihm eine leichte Tachtel. Daraufhin konnte ich mich im Stall nicht mehr ­blicken lassen, die waren alle hinter mir her.“
Weil wir vom Backofen reden: Vor vielen Jahrtausenden muss es in der Gegend heiß hergegangen sein, heute ist der Begriff Vulkanland nur ein friedvolles Versprechen für Schönheit und Geschmack, sanfte Hügel, auf denen es sich Schlösser und Kirchtürme bequem gemacht haben. Sie blicken auf Wälder, die sich mit Weingärten und Wiesen abwechseln, Dörfer, deren Bewohner auf die Einzäunung ihrer Gärten verzichten, frei laufende Hühner als helle Tupfen im Grünen. Was die besonderen Reize der Südoststeiermark ausmacht, entzieht sich dem Blick, aber nicht dem Geschmackssinn. Es sind die Hinterlassenschaften des schon lange erloschenen Vulkans im Boden, auf dem Weine, Gemüse und Obst wunderbar wachsen und mit ihnen das Futter für vierbeiniges und zweibeiniges Nutztier, Geflügel und Köche.

Basalt für Speck und Wein
Ein Vulkan plant seine Termine nicht in Mahl­zeiten, sondern in Millionen von Jahren. Wenn der Vulkan zwischendurch ausbricht, landet Material aus dem Erdinneren auf dem Boden seiner Um­gebung. Dort prägt es für Jahrtausende Frucht­barkeit und Aromenspektren. Besuch beim Hobbygeologen Stefan Krispel, der hauptberuflich Winzer, Landwirt und Wirt ist. Wenn Krispel vom Basalt spricht, der erkalteten Magma des Vulkans, von dem noch der Kindsbergkogel übrig ist, schwärmt er in einer Weise, als erzählte er von ­einem besonders gelungenen Weinjahrgang. „Alle unsere Weinlagen fußen auf Basalt“, sagt er und gibt dem Besucher des Weinguts zum Einstieg ein Glas Basalt-Wasser zum Probieren. Es erinnert an deutsche Mineralwässer, die man Magenkranken empfiehlt, und strotzt vor Salzen und Mineralien. Den Basaltstein-Charakter der Krispel-Weine hat er in einem Trog, der aus Basaltstein besteht, noch einmal potenziert. Basalt ist auch der Aromengeber für den Lardo der Krispels, der auf den Namen Neusetzer hört. Er wird im Restaurant zum mit Basaltmehl gebackenen Brot angeboten, schmilzt wie Schokolade und besitzt Suchtfaktor, zehn von zehn Punkten. Das von der Familie gezüchtete Schwein bildet auch Schwerpunkte auf der Speisekarte. Daniel Weißer, der Küchenchef, serviert in einem Salzstein ein Tatar vom Wollschwein mit würziger Marinade und Gemüse. Man löffelt, während der Salzstein sich langsam in der Flüssigkeit auflöst. Es gibt auch Nudeln mit Madeira und Trüffel aus Straden und als Abschluss kreative Desserts aus der Hand von Lisa Krispel, die die Patisserie über hat. Ihre Desserts drehen sich unter anderem auch ums Thema Wollschwein. Die Schweine führen, vor dem Gang ins Schlachthaus, gleich neben dem Keller der Krispels, der architektonisch die Eruption eines Vulkans nachstellt, ein wirklich gutes Leben.

Rauch, die erste Adresse
Auffallend, dass sich im Vulkanland nicht nur ein Cluster an innovativen Produzenten von hochklassiger landwirtschaftlicher Ware findet, son-dern auch im Umkreis von wenigen ­Kilometern einige der namhaftesten ­Restaurant-Adressen Österreichs.
Zwei Adressen gehören seit Jahrzehnten zu den Fixpunkten des moder-
nen kulinarischen Österreichs: zwei ­Namen, zwei Geschichten in unmittelbarer Nachbarschaft. Auf der Restaurantterrasse der Geschwister Rauch genussvolles Schmausen, das Schweigen der Gäste darf als Zustimmung zum Angebot gedeutet werden. Es riecht verfüh­rerisch nach Schweinsrücken vom Holzkohlengrill. Die Rechnung ist mehr als fair, die Verabschiedung durch Patronne oder Patron herzlich. Gutes Essen macht die Menschen möglicherweise besser, sicher aber bessert es ihre Laune. Im Haus von Sonja und Richard Rauch muss man sich um das Wohlergehen der Gas­tronomie in der Provinz keine Sorgen machen. Das Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft und Küche läuft hier wie geschmiert, wie überall im Vulkanland. Als wäre überall Kürbiskernöl im Spiel, das dunkelgrün schimmernde Wahrzeichen der Südoststeiermark. Die Familie Rauch war einst für die Qualität des nach ihr benannten Schweins benannt. Richard Rauch hat die Zucht vor ein paar Jahren wieder aufgenommen und flicht immer wieder ein Stück Schwein aus der hauseigenen Produktion in das Essen ein, sei es nur ein wenig Speck, mit dem die ­Barigoule zu den Artischocken gepimpt wird und der diesem aus ­Südfrankreich stammenden Gericht rundliche Vollmundigkeit verleiht. Ulrike, Richard Rauchs Frau, Mutter seiner Tochter Sofia und Kinderärztin, ist Vegetarierin. Rauch hat es aber auch mit Gemüse. Spargel ­serviert er mit Kalamata-Oliven und einem Side Dish, in dem Marillenkernöl von der Ölmühle Fandler ­einen kleinen, weil nur tropfenweise, aber einprägsamen Auftritt hinlegt. Die Ölmühle Fandler liegt nicht im Vulkanland, wir ­haben andernorts ausführlich über diese fantastische Mühle berichtet, als wir Gast in ­Pöllau und Umgebung waren.

Kürbiskernöl als Schmiermittel ­gedeihlicher Kooperationen
Zu seinen wichtigsten Partnern aus der Umgebung gehört die Ölmühle der Familie Weinhandl, die die 1700 gegründete Mühle seit dem Ende des 19. Jahrhunderts führt. In der Mühle gibt es auch Getreide zu kaufen, als Mehl, in Form von Teigwaren, doch des Müllers Liebe gilt auch den Ölen, vornehmlich dem aus Kürbiskernen. Im ganzen Areal riecht es nach den gerade frisch gerösteten Kürbiskernen, aus denen mittels eines Mühlsteins das Öl gepresst wird. Thomas Weinhandl sagt: „Uns fällt das gar nicht mehr auf, wie gut es hier duftet. Wir haben uns daran gewöhnt.“ Die kleine Kürbiskernöl-­Manufaktur arbeitet noch ganz altmodisch. Weinhandl: „Wir könnten auch mit Gas heizen, aber wir bevorzugen das Holz aus der Region. In den letzten Jahren, als die Energiepreise in die Höhe geschossen sind, haben wir gesehen, dass wir mit unserer Philosophie richtig liegen.“ Kürbiskernöl verlangt ein Handwerk, welches nicht nur den Druck der Mahlsteine, sondern auch viel Fingerspitzengefühl erfordert. „Einer unserer Röstmeister war in seinem früheren Beruf Koch. Unsere Röstmeister brauchen enorm viel Gefühl für die Dosierung der Hitze beim Rösten. Alles muss ­perfekt auf die Qualität und Größe der Kürbiskerne angepasst sein.“ Zu den Spezialitäten der Ölmühle zählt auch Leinöl. Richard Rauch etwa ­serviert das charakterstarke Öl mit bleistiftdick geschnittenem Radi zum Aperitif.

Netzwerke zwischen Koch und Bauer
Noch einmal zum Hof der Hütters. Ente gibt es hier ebenso wie Gans. Gerade experimentiert Julia mit Entenprosciutto, die Tiere hängen im Reifeschrank. Im Herbst experimentierte Julia mit der Reifung von Enten, ihre Frage war Wet Aging versus Dry Aging. Es wurde dann Letzteres. Und die Enten gab es nicht nur bei Richard Rauch zu essen, sondern auch bei Thomas Dorfer im Landhaus Bacher und bei anderen Kollegen. Für Österreichs über dem Durchschnitt arbeitende Landwirtschaft sind die Netzwerke der Küchenchefs überlebenswichtig. Der Rest ist Direktvermarktung und Postversand. So bleibt allen mehr Geld, und das Geld bekommen die Richtigen.
Mit klugen Rezepten und Verfahren holt sich die Familie mehr Wertschöpfung ins Haus. Geflügel wird als gefüllte Brust oder als Fleischlaberl angeboten. Mit ihren Geflügelwägen fahren die Hütters bis nach Wiener Neustadt, Wien selbst wird mit der Post beliefert. Die Weidehühner genießen einen exzellenten Ruf, viele Wiener Feinschmecker lassen dafür Bressehühner und anderes liegen. Das Geheimnis dieser Hühner ist nicht etwa die Rasse, sondern das Futter aus selbst angebautem Getreide und die Möglichkeit, sich viel im Freien zu bewegen. Hahnenkämme und Sot-l’y-laisse verarbeitet Richard Rauch zu einem Gericht. Die Hahnenkämme, nach deren schlabbrig-galertiger Textur man leicht süchtig wird, wer den frittiert und geschmort. Dazu gibt es Pilze. Ein Teil der Hahnenkämme wird ebenfalls frittiert.

Vom Kellerkaffee zur Rösterei
Zwischendurch verspürt Richard Rauch immer wieder Lust auf einen Kaffee, und wenn er den nicht in Form eines schnellen Espressos in der Küche nimmt, begibt er sich dazu zur schönst gelegenen Rösterei Österreichs, der Rösterei Maitz in St. Anna am Aigen. „Wir hatten 2015 die Idee, auf kleiner Fläche eigenen Kaffee zu machen. Aus dem Versuch, dem Experiment in einem Kellerabteil, wurde dann etwas Größeres. Wir haben uns viel an Informationen zusammengeholt, Netzwerke errichtet und uns alles selbst beigebracht.“ Die Rösterei kann besichtigt werden, man kann hier Kaffee trinken, selbst gemachte Kuchen jausnen und sogar frühstücken. „Manufaktur und etwas Gastronomie, das war unsere Vorstellung. Und hier sitzt man mitten in der Natur und erlebt ein wenig die Kaffeeproduktion mit.“ Die Rösterei wohnt in einem Gebäude aus Holz und Glas, ein einnehmendes ­Ensemble. Das Vulkanland hat sich ja als Weingegend einen Namen gemacht, aber: „Beim Kaffee sind die Aromenspektren noch breiter und vielfältiger als beim Wein.“

Milchmädchenrechnung
Keine Hühner, aber Ziegen, wohin das Auge schaut, glückliche Ziegen. Bewegungsfreiheit im Stall und auf den Wiesen rund um den Hof verdanken sie der guten Sonja Trummer, die den Betrieb Milchmädchen mit ihrem Mann betreibt. Ihr Geschäftsmodell ist Selbstvermarktung, verkauft werden Ziegenmilchprodukte, darunter auch Frischkäse und Feta, Räucherkäse und „Grillkäse, der beim Essen nicht quietscht“, wobei Sonja Trummer sich noch nicht an die Produktion von Rohmilchziegenkäse gewagt hat. Stolz zeigt sie ein Buch von David Asher, ihrem erklärten Vorbild. Das Melken der Ziegen erfolgt so professionell wie anti­industriell, eher eine Bedürfnisbefriedigung für die Ziegen als ein Zwang. Vormelken, Hauptmelken, damit eventuelle Unsauberkeiten vermieden werden. Pro Ziege sind es pro Tag drei Liter. „Zur Milch gehört ein Kitz“, sagt Frau Trummer, „ohne Kitz keine Milch, dann auch kein Käse. Wir versuchen, das Kitz wieder salonfähig zu machen, früher war es ja sehr begehrt.“ Mit acht Wochen werden die Kitze von den Müttern getrennt, die teuerste Aufzucht, die möglich ist. „Die Kitze werden nicht gemästet, bekommen später Gras, leben ein naturnahes Leben.“ Die Ziegenkitze lässt sich Christoph Mandl ins Restaurant Saziani liefern, und was er daraus kocht, ist eines der besten Gerichte zum Thema Ziege überhaupt.

Kaum da und schon angekommen
Mandl war viele Jahre Sous- beziehungsweise ­Küchenchef bei Walter Eselböck und Alain Weissgerber im Taubenkobel in Schützen, wo er sich ­naturgemäß im Hintergrund hielt und gehalten wurde. Zwischendurch kochte er im Atelier von Joël Robuchon in Saint Germain, dem besten der Ateliers, mittlerweile ist es geschlossen. Mehr Ausbildung brauchte dieser komplette Koch nicht, der seine Lehrmeister nie kopiert. Seit dem Vorjahr betreibt Christoph Mandl mit seiner Frau Ruth Heusch Hotel und Restaurant der Familie Neumeister. Und weil Christoph Neumeister, der wunderbare Winzer (seine Grauburgunder und Sauvignon blancs sind so fantastisch wie die seines Vaters, nur anders), eine exzellente Architektin in der Verwandtschaft hat, ist das Restaurant seit Kurzem besonders schön, ein Kraftort mit enormer Strahlkraft. „Ruth und ich hatten Sorge, wie uns die Menschen hier aufnehmen würden. Zwei Zugereiste. Und es kam viel besser, als wir uns ­erhofft hatten. Wir hatten von Anfang an viele Unterstützer, und es entwickelten sich rasch Freundschaften.“ Christoph Mandl serviert ein paar Happen zum Aperitif (eine Tartelette mit Gemüsen aus dem Garten, eine Miniaturgurke mit einem Gelee aus Gin) und liefert mit der Vorspeise (marinierte Forelle mit Taglilie und Kren) den Beleg ab, dass er ein ausgezeichneter Koch ist. Spitzkraut füllt er mit Lammzunge und serviert dazu eine ­cremige Sauce auf Basis von Lavendel. Erwartbare Spitzenqualität dann beim Wolfsbarsch aus der Bretagne im sommerlichen Aufzug mit einem ­Gelee aus klarem Tomatenwasser und Basilikum. Kitz kommt mit Erbse, Minze und Polenta. Für den kommenden Herbst tüftelt Mandl schon an einem Gericht aus Hühnern der Rasse Marans, die ihm die junge Betreiberin des Gelügelhofs Gutmann zur Verfügung stellt. – Eine Hühner­einmachsuppe schwebt ihm vor.

Schöner essen
An Schönheit ist Kapfenstein schwer zu über­bieten: ein Ort, der sich an einen kleinen Berg anschmiegt, auf dem seit dem 11. Jahrhundert das Schloss gleichen Namens thront, welches von der Familie Winkler-Hermaden geführt wird. Knarrende Dielen, alte Gemälde, schönes Licht. Die Zimmer und der kleine Garten, der für Hotel­gäste reserviert ist und vollkommen ohne Pool und ­Kinderrutsche auskommt, sind Erholungsorte für Auge und Geist. Bei schönem Wetter nimmt man auf der Terrasse Platz und sieht sich einfach satt. Man startet mit Sülzchen von der Kalbszunge mit Erdäpfelcreme und Eierschwammerl, setzt fort mit einer Welschriesling-Rahmsuppe mit flambiertem Lauch, schließlich gebratener Rehrücken mit Radicchio-Rosinen-Gemüse und Schupfnudeln und abschließend Schokoladentarte mit Marillen­ragout. Backhendl, das emblematische Wirtshausgericht der Region, gibt es naturgemäß auch. Auf Bestellung als Inhalt eines Picknickkorbs, in dessen Begleitung man in der schönen Umgebung spazieren und im Weingarten Rast machen kann. Der Name Winkler-Hermaden bürgt in vielerlei Hinsicht für bemerkenswert ausgeklügelte und mit Hingabe gefertigte Spitzenqualität. Über die Messerschmiede wurde schon öfter berichtet, darum wenden wir uns dem Thema Gewürze zu.

Fermentation, Soja und seltenes Gemüse
Christof Winkler-Hermaden, einer der Chefs des Weinguts der Familie, befasst sich mit dem Thema Mikrobiologie, und er sagt: „Die Böden sind hier auf kleinstem Raum sehr unterschiedlich, und das macht Landwirtschaft und Wein so spannend.“ Winkler-Hermaden gründete gemeinsam mit Peter Troißinger vom Restaurant Malerwinkl aus der Riegersburg das Unternehmen Ferment Tastic. Hier widmet man sich nicht nur der Sojabohne, sondern auch der Wolfsbohne aka Lupine. „Früher hat man sie geröstet oder einen Eintopf zubereitet.“ Troißinger und Winkler-Hermaden ergeben eine Kombination aus Geschmack und Wissenschaft. Peter Troißinger sagt: „Als wir anfingen, sagten wir uns, in der Südost­steiermark gibt es vieles, Essige, Öle, aber keine anderen Gewürze. Das ­haben wir gewollt und mit der Lupine auch erreicht. Die Sauce aus der Lupine unterscheidet sich von der Sojasauce insofern, als sie nicht ganz so asiatisch daherkommt. Aromen von Ei und Umami sind hier prägnant. Wir haben auch viele einheimische Kunden, die damit europäische und österreichische Küche würzen, wie Ragouts und Suppen.“ Die Gewürzsaucen aus dem kleinen Unternehmen („nicht unser Brotberuf“) setzt Troißinger auch in der Küche seines Restaurants ein.

Der Boden als Kraftfutter für Gemüse
Viel war die Rede von Wollschweinen, Hühnern und Enten. Gibt es da unten auch Gemüse dazu? Der Biohof Pranger beliefert etwa Köche wie Richard Rauch oder Christoph Mandl. Selbstverständlich kaufen dort auch die Leute aus der ­Umgebung ein. Erziehung des Geschmacks und ein bisschen Grund­lagenwissen erwirbt der Besucher bei einem Rundgang durch den Hof und einer kleinen Verkostung der saisonalen Gemüse. ­Essiggurkerl, Paprika, Zucchini und Tomaten werden für den Winter eingelegt. Biologische Landwirtschaft findet hier seit 30 Jahren statt. „Kein Schickimicki-Gemüse, sondern das, was man täglich braucht“, sagt dazu der Kunde Christoph Mandl. Der Hof der Familie Pranger, auf dem bereits die junge ­Generation sät und erntet, zählt zum kulinarischen Landschaftsbild der Region, so wie der erloschene Vulkan. Patrick Pranger erzählt: „Unser Boden ist mit Mineralien sehr gut bestückt, das ist ein Vorteil. Die Bodenstruktur ist allerdings herausfordernd. Der Boden ist schwer, und wenn es regnet, nimmt die Erde viel Wasser auf, was die Feldarbeit schwierig macht, aber einen Vorteil hat bei Trockenperioden. Alles, was oberhalb der Erde wächst, profitiert von diesem Boden. Wir haben uns ­spezialisiert auf Gewächshausbau. Von klassischen Tomaten über Chili und Melanzani bauen wir ­alles an. Auf dem Feld gibt es Rote Rüben, die füllen wir ins Glas, außerdem Salate, Chinakohl, Lauch.“ Die Familie Pranger beliefert den lokalen Lebensmittelhandel, führt einen Hofladen und isst gerne in den Restaurants der Umgebung. „Mit den Köchen rede ich ein Mal im Jahr über Anbauplanung. Die wollen dann am liebsten von mir überrascht werden. Ich baue auch Raritäten an, zum Beispiel zum Thema Paprika und Tomaten.“ In den Restaurants ihrer Kunden kosten Prangers, was die Küchenchefs daraus zubereitet haben. „Der Austausch macht mir besonderen Spaß. Man kommt dann gemeinsam auf neue Ideen und Wege.“ Beim Locknbauer werden die Gurken eingelegt, die ­Patrick Pranger (er macht den Anbau) und seine Schwester Sabrina (sie macht den Vertrieb) liefern. Peter ist hier für das Essen zuständig, Lukas für den Weinbau. Buschenschank des 21. Jahrhunderts könnte man das nennen. Strenge Linien, kein Kitsch, wunderschöne Lage. Ein ehemaliger Kuhstall dient als Kernstück des Betriebs. Sharing und Fermentation ge­hören zum Konzept dieser ­Buschenschank. Damit liegt der Locknbauer in der Tradition der Region. Die in Gesellschaft gemeinsam verspeiste kalte Jausenplatte, dazu saures, eingelegtes Gemüse, war immer schon Teil des Angebots der Buschenschank, ja eigentlich fixer Teil ihrer DNA. Beim Locknbauer hat sich bloß die Gewichtung verschoben: vom Fleisch hin zu mehr Gemüse. Was der Boden halt so hergibt. —

Imposante Truthähne und Puten haben auf dem Geflügelhof Hütter ein gutes Leben.
Auch die Wollschweine auf dem Weingut ­Krispel werden unter besten Bedingungen gezüchtet, bevor ihre feisten Koteletts auf dem Feuer landen
Ein Interieur zum Verlieben: Das Restaurant Saziani hat es auch Ruth Heusch und Christoph Mandl angetan.
Katharina Winkler-Hermaden führt das Schloss Kapfenstein im Sinne einer langen familiären Tradition.
Richard Rauch findet nur selten Zeit, um die Schweine zu be­suchen, die in Nachbarschaft des Betriebs der Familie Rauch leben; und so ­leben, als wäre es ein Aufenthalt in einem Wald-Wellnesshotel.
Der Hecht kommt vom ­Attersee, die Idee für das Gericht aus der Küche von Richard Rauch.
Aromen aus heimischem Terroir: Kürbis, Frischkäse und Rüben im Schloss Kapfenstein, Wein und Speck im Weingut Krispel, nur der Kaffee in der Rösterei Maitz stammt nicht aus der Umgebung.
Christoph Mandl flutet die Südoststeiermark mit atlantischem Ozean: Moules-frites, und man glaubt, es wäre Saint-Malo und nicht Straden.
Nahversorgung: Patrick und Sabrina Pranger ­beliefern Haushalte und Spitzenköche mit Gemüse.