Der einfache Luxus

Während anderswo in Skandinavien Seafood in möglichst elaborierter Form zu Tisch gelangt, setzt Mathias Dahlgren im Grand Hotel Stockholm auf den möglichst unverfälschten, direkten Geschmack.

Text von Christian Grünwald

Das Grand Hotel hat in jeder Hinsicht Stil und Größe. Es beherbergt seit 1874 Berühmtheiten, bedeutende Veranstaltungen und bemerkens­wert viele Gäste des täglichen Lebens. Es befindet sich in bester Lage am Stockholmer Hafen und bietet einen Blick auf die Altstadt und den Königspalast. Letzterer, so haben einmal Vermessungen ergeben, ist in der Gesamtfläche sogar etwas kleiner als das Grand Hotel. Man spricht darüber aber nicht so gerne. Lieber verweist man auf die tatsächlich formidablen Zimmer, die Beliebtheit des Afternoon Tea (mindestens einen Monat im Voraus reservieren) und die ausgezeichnete Gastronomie, die von Mathias Dahlgren gleich mit zwei Restaurants bespielt wird.

Im Matbaren darf man sich kreative schwedische Everyday-Klassiker mit den im Norden so beliebten mediterranen Noten erwarten. Ein wenig formeller geht es im Restaurant Seafood Gastro zu, das neben einer grandiosen Weinkarte den Fokus auf alles legt, was auf, neben oder im Wasser lebt. Mathias Dahlgren schafft es mit erstaunlich wenigen, dafür stets umso sorgfältiger ausgewählten Produkten, die großen Töne anzuschlagen. Etwa beim Heilbutt-Sashimi, das mit Kaviar vom Weißfisch und etwas frischem Wasabi vermeintlich exklusivere Zutaten bei Weitem hinter sich lässt. Rohe Shrimps aus Norwegen finden in einer buttrigen Sauce mit etwas Gurke und Apfel die optimale Begleitung. Die riesigsten Kaisergranaten, die man sich vorstellen kann (Kaliber 1/1), kommen selbstverständlich in einer Sauce aus Kopf und Schale. So schlicht, so exzellent. Weshalb reichlich Kaviar ganz einfach auf gebuttertem Kartoffelstampf serviert wird. Ein würdiger Hauptgang in so einem Menü ist ein dickes Stück vom Zehn-Kilo-Steinbutt, etwa zwei Wochen dry-aged. Dazu Eierschwammerl und Seehasenrogen.

Nein, es muss nicht immer Kaviar sein. „Das Ziel besteht für mich darin, immer etwas zu kochen, das wirklich verdammt gut schmeckt, unabhängig vom Status der Zutaten“, sagt Mathias Dahlgren mit dem ihm typischen Hang zum Understatement. Wobei: Die im Herbst in Schweden am meisten begehrte Spezialität ist Kalix Löjrom, ein sehr feinkörniger Rogen, der von kleinen Maränen stammt. Mathias Dahlgren serviert im Seafood Gastro tagesfrischen Kalix in der Silberschüssel, an der Seite frisch gebackenes Brot aus der eigenen Bäckerei und etwas Sauerrahm. So einfach geht wahrer Luxus: „Ich denke, der Schlüssel zur Magie liegt oft darin, die Umsetzung in so wenigen Zutaten wie nur möglich zu finden.“

grandhotel.se