VOI.bio

Voi super, Voi guat

Diskrete Nischen im Fine-Dining-Bereich des Voi.Bio, wo man sich nachgerade im Schlaraffenland wähnt

Zuerst einmal Grundsätzliches für alle, die mit dem Salzburger Idiom nicht ganz vertraut sind. „Voi“ unterstreicht die Wichtigkeit des da­rauffolgenden Wortes und bedeutet richtig viel. Wenn sich also das kürzlich neu eröffnete Restaurant in Puch-Urstein VOI.bio nennt, dann ist das auch genau so zu verstehen. Also nicht nur ein Feigenblatt-Gericht oder ein Getränk in Bio-Qualität auf der Karte. Nein, das ganze Lokal ist biozertifiziert. Dem nicht genug: Brot wird selbst gebacken, Essige werden selbst angesetzt, Kräuter vom Koch gesammelt und ein riesengroßer Korb an Lebensmitteln wird von kleinen Manufakturen aus der Umgebung bezogen. Als außergewöhnlich darf auch die alkoholfreie Getränkebegleitung bezeichnet werden, die der Weinkarte etwas den Rang abläuft. Und Hut ab vor dem Engagement der jungen Küchenmannschaft um den Steirer Erhard Schober und Mentor Maximilian Aichinger, der dem Team quasi den Rücken frei hält und es zu Höchstleistungen anspornt. Es gilt somit für alle Gourmets, die die Ausfahrt Puch-Urstein bislang ignorierten: ein Fehler, den sie bereuen könnten. Das Restaurant befindet sich im vierten Stock im außen etwas nüchtern wirkenden „Zentrum für Visionen“ und ist in drei Bereiche unterteilt: eine hippe Bar, ein cooles Bistro mit trendigen Wohlfühlgerichten und das Fine-Dining-Restaurant, wo man leistungsmäßig nochmals draufdrückt – „Voigas“ würden die Salzburger dazu sagen. Gemütliche Sitznischen vermitteln ein angenehmes Gefühl der Diskretion, lassen aber zugleich viel Freiheit, sodass man ungestört den Blick auf den mächtigen Untersberg schweifen lassen kann, der sich hinter den umliegenden Büro- und Geschäftshäusern aufbaut.

Zu Beginn begeistert eine feine Auswahl an mehreren Amuse-Bouches, gefolgt von selbst gebackenen Broten und zweierlei Butter. Tipp: Auch wenn das Gebäck verführerisch schmeckt, es empfiehlt sich, etwas davon für später aufzuheben. Der erste Gang, geeistes und getrüffeltes Ei, zeigt, dass es tatsächlich nie mehr als drei Komponenten benötigt, um glücklich zu sein: Eiercreme, Kaviar (von Grüll) und gehobelte Trüffel. Voilà – die Dreifaltigkeit des Geschmacks. Hirschrücken plattiert Schober und umgarnt ihn mit einer abartig guten Sauce mit Trüffel, Yuzu, schwarzer Knoblauch-Mayo, süßen roten Zwiebeln und Schnittlauchöl. Final reibt der Koch noch etwas Bergamottenschale über das Gericht.
Betörend. Die Küchen dieser Welt benötigen viel mehr von dieser schrumpeligen Schönheit, die ein Reiz des aromatisch Anmutigen umgibt und das Tor zum Wohlgeschmack öffnet. Spätestens jetzt wäre es auch an der Zeit, ein Stück Brot zu nehmen und die würzige und erfrischende Marinade aufzutunken. Als kleiner Zwischengang begeistert Schobers Schöberl. Eine Anlehnung an spanische Churros und chinesische Youtiaos, denen der Koch mit geräucherter und in saurem Sud ­eingelegter Rindszunge eine Portion Extravaganz verleiht. Sehr gut. Einfach in die Hand nehmen, abbeißen und sich auf den nächsten Gang freuen: Duck Wellington, eine moderne Interpretation der „never ending lovestory“ namens Filet Wellington. Blätterteig und Rohschinken umhüllen eine auf den Punkt ge­bratene Entenbrust. Statt klassisch Champignons spielen zweierlei Farcen aus Shiitakepilzen und Petersilie mit Spinat die Hauptrollen. Begleitet wird das Wohlfühlgericht von einer intensiven Morcheljus und einer Blaukrautessenz. Fast ertappt man sich beim Gedanken, dass man im Schlaraffenland kaum besser speisen könnte. Denn Milch und Honig fließen im Voi.bio ebenso. In Begleitung mit Tee, passend zur Jahreszeit, komponiert Schober ein Dessert aus knuspriger Milchhaut, Honigmousse-Törtchen, Teeeis und Mousse mit zweierlei ­Ganachen – sehr hübsch inszeniert und geschmacklich auf den Punkt ­gebracht.
Philipp Braun

Küche ●●●◐○
Atmosphäre ●●●●○
Weine ●●●◐○

VOI.bio
Urstein Nord 24, 5412 Puch-Urstein
T 06232/360 93 51
voi.bio