Absolute Spitzengewächse

Die „heimischen Burgunder“ etablieren sich als Topweine in allen Qualitätsstufen.

Text & Verkostung: Willi Balanjuk

Dass Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder zu den Gewinnern der letzten Jahre zählen, bestätigt sich erneut in der großen A la Carte-Burgunder-Verkostung. Die Probe wurde in acht Kategorien ausgeschrieben, es wurden 360 Weine verkostet. Die Ausbaustile bei Chardonnay und Weißburgunder sind mit Gebiets- und Ortswein auf einem sehr hohen Niveau angekommen. Reife, gelbe Frucht, gut integrierter biologischer Säureabbau (BSA) und fein verwobenes Holz kennzeichnen die besten dieser Weine. Rund 50 Prozent der eingereichten Weine sind vom Jahrgang 2023, der nach dem von Trockenheit geprägten 2022er wieder eine einladende, saftige Fruchtprägung bietet.

In der Kategorie Chardonnay/Morillon 2023, Klassik- und Ortsweine waren 56 Weine eingereicht. Stahltank, großes Holzfass und gebrauchte Barriquefässer für die Kelterung und den Ausbau machen diese Kategorie sehr abwechslungsreich. Die besten Weine stammen von Philipp Grassl und der Familie Reinisch. Beide Weingüter vinifizieren ihre Spitzengewächse im großen neutralen Holzfass.
Die Kategorie Chardonnay/Morillon, Reserven und Riedenweine war mit 21 eingereichten Weinen eher gering besetzt. Die Bandbreite der Ausbaustilistik reicht auch hier von Barrique bis Stahltank. Die Mehrheit der Weine wurde im Barrique ausgebaut, das teils noch vordergründige Holz wird sich durch ein bis zwei Jahre Flaschenreife enorm verbessern. Die zartere Stilistik von Katharina LacknerTinnacher wurde von der Verkostungsjury den etwas kräftigeren Weinen ­renommierter Chardonnay-Winzer vorgezogen. Allen gemeinsam ist ein ausgezeichnetes Potenzial.
Die Kategorie Chardonnay 2022, 2021 & älter, in der 108 Weine verkostet wurden, untermauert das hohe Niveau der heimischen Chardonnays. Reinisch und Erwin Sabathi erzielten mit der Ried Kästenbaum und der Pössnitzberger Kapelle jeweils 100 Punkte für Weine, die sich mit dem Besten aus dem Burgund messen können. Mehrheitlich steht der straffe Jahrgang 2021 vorne. Doch Kollwentz mit 2020 und Heinz Velich mit 2022 zeigen, dass erfahrene Chardonnay-Winzer höchste Qualität auch unabhängig vom Jahrgang meistern. LacknerTinnacher, Bründlmayer, Frauwallner, Neumeister, Scharl und Polz kelterten Weine auf Topniveau mit und über 96 Punkten.
In der Kategorie Weißburgunder 2023 Klassik- und Ortsweine waren 41 Weine in der Verkostung. In dieser fruchtbetonten Stilistik ist die Rebsorte besonders verführerisch. Prieler, Frauwallner, Kodolitsch, Tinhof und Weixelbaum decken mit ihren Weinen die gesamte Aromenvielfalt dieser Rebsorte ab.
Die Kategorie Weißburgunder 2023 Reserven und Riedenweine war mit 30 Weinen, wie schon beim Chardonnay, eher gering besetzt. Erwin Tinhof, Kodolitsch, Ebner-Ebenauer, Roman Gritsch, Krispel und Wagentristel belegen, wie gut Weißburgunder auf unterschiedlichem Terroir gedeiht. Der Siegerwein von Tinhof wurde in gebrauchten Pièce (228-Liter-Fass aus dem Burgund) und gebrauchten 500-Liter-Fässern ausgebaut.
Die Kategorie Weißburgunder 2022, 2021 & älter, in der 62 Weine verkostet wurden, zeigt den Trend zum längeren Ausbau. „Gib den Weinen mehr Zeit!“, lautet das neue Credo bei den Burgundersorten. Die Bandbreite der Interpretation reicht vom vulkanischen Siegerwein – Weißburgunder Ried Buch G STK von Frauwallner – über den sandigeren Boden vom Steinbach Kogel von LacknerTinnacher bis hin zum Leithaberg-Kalk von Tinhof und Prieler.
Die Kategorie Grauburgunder 2023 & älter war mit 28 Weinen vertreten. Der Grauburgunder, Ruländer, Pinot gris, Pinot Grigio ist mit rund 325 ha eine österreichische Rarität. Die Mehrheit der Reben wird von Traditionsbetrieben und vor allem im Vulkanland bearbeitet. Die Weine dieser Rebsorte benötigen einige Jahre Flaschenreife, um ihre Vielschichtigkeit zu zeigen. LacknerTinnacher verfügt über einige Reihen, die schon in den 1950ern gepflanzt wurden, was die Tiefe und Konzentration des
Siegerweins erklärt.
In der Kategorie Burgunder-Cuvée 2023, 2022 & 2021 wurden 14 Weine degustiert. Die Vielfalt und die unterschiedlichen Ausbaustile machten den Vergleich sehr schwer. Der Siegerwein 2021 Ried Pfarrweingarten vom Sattlerhof mit mehrheitlich Morillon sowie Weiß- und Grauburgunder stellt eine eigene Dimension innerhalb der Burgunder-Cuvées dar.

Zusammenfassend können sich Burgunderliebhaber über die Entwicklung der heimischen Weine freuen. Chardonnay/Morillon drückt auf allen Qualitätsstufen den Sorten- und Jahrgangscharakter aus. Der Umgang mit Holz und BSA ist heute wesentlich gekonnter als vor zwanzig Jahren. Beim Weißburgunder vereinen die meisten Weine Fruchtprägung mit enormer Tiefe und feinem Gerbstoff. Mit 2020, 2021, 2022 und 2023 ist eine Serie von ausgezeichneten Jahrgängen am Markt, die ein exzellentes Preis-Qualitäts-Verhältnis aufweisen. Wir empfehlen, sie zu probieren. —

Verkostet und bewertet wurden die Weine vom Autor in Zalto-Universalgläsern. Im Anschluss wurden die besten Weine der Kategorien von einer Kostjury in einer Blindverkostung bewertet und die Grand-Cru-Sieger ermittelt.
Mitglieder dieser Jury sind: Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Del Fabro-Kolarik), Dragos Pavelescu (Önologe), Johannes Tremel (Weinhandel), Philipp Schäfer (Weinakademiker und Weinhandel), Simon Schubert (Sommelier Gasthaus Reznicek) und der Autor.

Zu den Bewertungen:
Kategorie Chardonnay/Morillon 2023, Klassik- und Ortsweine
Kategorie Chardonnay/Morillon, Reserven und Riedenweine
Kategorie Chardonnay 2022, 2021 & älter
Kategorie Weißburgunder 2023 Klassik- und Ortsweine
Kategorie Weißburgunder 2023 Reserven und Riedenweine
Kategorie Weißburgunder 2022, 2021 & älter
Kategorie Grauburgunder 2023 & älter
Kategorie Burgunder-Cuvée 2023, 2022 & 2021