Heimische Global Player

Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Syrah sind als Solisten eine Bereicherung der österreichischen Rotweinszene.

(c) ÖWM

Text & Verkostung: Willi Balanjuk

Die Mehrheit der internationalen Rotweinsorten findet man in den Spitzen-Cuvées heimischer Winzer. Robert Schlumberger hat schon sehr früh Cabernet Sauvignon und Merlot in Bad Vöslau gepflanzt und damit einen Bordeaux-geprägten Rotwein gekeltert. Anfang der 1980er setzte die ältere Generation der burgenländischen Spitzenwinzer wie Wachter-Wiesler, Kollwentz, Gesellmann, Igler, Prieler, Triebaumer und Leberl auf Cabernet Sauvignon (heute 570 Hektar) und/oder Merlot (heute 810 Hektar). Dem Beispiel folgten Nittnaus, Pöckl, Feiler-Artinger, Malat und Fischer. Erste Topweine wurden aus den Jahrgängen 1988, 1990 und 1992, 1993, 1994 reinsortig und als Cuvée vermarktet. Meine beste Cabernet-Sauvignon-Erfahrung dieser Zeit war und ist der 1997er-­Cabernet ­Sauvignon von Paul Kerschbaum. Ab 1990 wird auch Syrah (heute 150 Hektar) ausgepflanzt, ­wobei viele Weingärten dem Frostwinter 94/95 zum Opfer fielen. Während in den 90er-Jahren Cuvées Furore machten, rücken mit den 2000ern autochthone Rebsorten in den Fokus. Viele Winzer behielten die älteren Rebanlagen der internationalen Rebsorten für Cuvées. Cabernet Franc (ca. 110 Hektar) ist die letzte der Bordeaux-Rebsorten, die in Österreich Fuß gefasst hat. Engagierte Winzer wie Günter Triebaumer testen Global-Player-Rebsorten wie Carmenere (Chile), Nebbiolo (Piemont), Tempranillo (Spanien) und Petit Verdot (Bordeaux). Die Familie Gager versucht es mit Tannat (Madiran). Heute pflegen die erfolgreichen Rotweinwinzer diese Rebsorten reinsortig wie auch für ihre etablierten Cuvées. Mit Global Warming stehen die Chancen für Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc relativ gut. Für Merlot etwas weniger gut, da die gute physiologische Reife sehr hohen Alkoholgehalt ergibt. Die Frostgefahr für Syrah ist schwer einzuschätzen.

A la Carte hat eine Grand-Cru-Verkostung mit den internationalen Rebsorten ausgeschrieben.
Die Kategorie Cabernet Sauvignon: Ältere Rebanlagen und Erfahrung mit der Rebsorte erlauben höchste Qualitäten. Der 2022er von Kollwentz ist zwar noch sehr jung, dennoch schmeckt man die hohe Reife und elegante Struktur des Weins bereits sehr gut. Das feinkörnige Tannin wird den Wein in seiner Reifung in den nächsten zehn Jahren wunderbar abrunden.
Die Kategorie Cabernet Franc steht für dunkle Beeren und zarte Würze, Gewürznelke und/oder Efeu. Die Interpretation der Rebsorte durch René Pöckl steht relativ eigenständig für sich. Enorme Intensität, Dichte und Konzentration mit ausreichend Sortencharakter machen diesen Wein sehr beeindruckend. Die Familie Zehetbauer keltert die Rebsorte schon seit Jahrzehnten. Die letzten Jahrgänge ihrer Cabernet-Franc-Weine werden immer feiner und eleganter.
Kategorie Merlot: Die Bordeaux-Hauptsorte wird in Österreich auf rund 810 Hektar angebaut. Die Aromatik von Schwarzkirsche, Heidelbeere, Blutorange und Nougat harmoniert wunderbar mit Barrique-Noten (Bitterschokolade) und den österreichischen Rebsorten Zweigelt und Blaufränkisch. Die Mehrheit der Winzer cuvéetiert diese Rebsorte. Reinsortig wird sie eher selten gefühlt. Leo Aumann hat mit seinem Merlot Harterberg einen klassischen Sortenvertreter gekeltert.
Kategorie Syrah/Shiraz: Diese Rebsorte wird in erster Linie mit dem Rhônetal und Australien assoziiert und steht in Österreich auf rund 150 Hektar Rebfläche. Sowohl reinsortig als auch als Cuvée-Partner ergibt sie komplexe Weine, deren dunkelbeerige Fruchtaromatik von „pfeffrigen“ und würzigen Noten begleitet wird. Der Stil der eingereichten Weine ist nicht homogen. Während einige durch Würze und lebendige Struktur – wie das nördliche Rhônetal – geprägt sind, schmecken andere nach saftigen, kandierten Fruchtnoten à la Barossa Valley.
Die Weine der Kategorie Weitere internationale Rebsorten sind in ihrer Stilistik und Sortentypizität schwer zu fassen. Nur wenige Winzer wagen sich über diese Herausforderung.
Die nach wie vor wichtigste Kategorie sind die Cuvées. In diesem Segment versuchen alle Winzer, ihr individuelles Geschmacksbild zu vinifizieren, und das Niveau war sehr hoch. 2022 Rêve de Jeunesse von René Pöckl und der 2021 Reserve von Grassl stehen am Podest. Beide Weine sind sensationell; beide haben Anteile von Zweigelt und Merlot in der Cuvée. René Pöckl spielt mit Syrah und Cabernet Sauvignon, um die Komplexität zu erzielen, Philipp Grassl rundet seine Cuvée mit Blaufränkisch ab.

Zusammenfassend bereichern die internationalen Rebsorten die österreichische Rotweinstilistik. Reinsortige Weine werden vor allem für die Gastronomie gekeltert. Durch das zunehmende Alter der Anlagen und die Erfahrung im Umgang mit diesen Rebsorten sind viele großartige Weine sowohl reinsortig als auch als Cuvées zu erwarten. —

Verkostet und bewertet wurden die eingereichten Weine vom Autor in Zalto-Universalgläsern. Im Anschluss wurden die besten Weine in den sechs Kategorien von einer Fachjury in einer Blindverkostung bewertet.
Jurymitglieder sind: Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Del Fabro KolarikWeinhandel), Dragos Pavelescu (Önologe), Philipp Schäfer (Weinakademiker und Weinhandel Schäfer), Simon Schubert (Gasthaus Reznicek), Johannes Tremel (Weinhandel) und der Autor.

Zu den Verkostungsergebnissen:
Kategorie Cabernet Sauvignon
Kategorie Cabernet Franc
Kategorie Merlot
Kategorie Syrah/Shiraz
Kategorie Weitere internationale Rebsorten
Kategorie Cuvées