Keep cool
St. Laurent und Pinot noir aus heimischen Rieden sind für Burgunderliebhaber ein absolutes Must-have.
Text & Verkostung: Willi Balanjuk
Internationale Weinfachleute und Sommeliers sind sich einig: St. Laurent und Pinot noir sind Rotweinrebsorten mit großem Zukunftspotenzial. Noch etwas haben sie gemeinsam: Beide sind aromatisch vielschichtig und mit lebendiger Textur ausgestattet. St. Laurent findet man in Österreich auf rund 600 ha Rebflächen – vorrangig in der Thermenregion, im Carnuntum, am Leithaberg und auf der Parndorfer Platte. Unter dem Aspekt des Klimawandels offeriert der spät reifende St. Laurent viele Vorteile. Die Aromatik vereint verschiedene dunkle Beerenaromen, Wacholder und Gewürznelke in der Nase. Die Rebsorte hat eine gute Affinität zu Barriquenoten und auch bei höchster Reife bleibt der Säuregehalt sehr hoch. Der Zuckeraufbau und der daraus resultierende Alkohol sind gering und damit liegt die Sorte voll im Trend. 12 bis 13 Volumenprozent sind charakteristisch für die Weine. Bei so vielen Vorteilen fragt man sich natürlich, warum nicht mehr St. Laurent gepflanzt wird. Hohe Ansprüche an den Standort, große Fäulnisgefahr und die geringen Erträge machen die Rebsorte ökonomisch zu einer riskanten Wahl. Pinot noir steht für die teuersten und gefragtesten Weine der Welt. Romanée Conti, La Romanée, Musigny, Richebourg und Chambertin sind burgundische Grand-Cru-Lagen, für die Weinliebhaber bereit sind, bis zu 10.000 Euro zu bezahlen.
Die transparente, hellere Farbe und die saftigen, rotbeerigen Fruchtnoten sind für diese Rebsorte typisch und für ihre Liebhaber hochwertig. Die knapp 600 ha Rebflächen sind über alle Weinbaugebiete verteilt: Von der Steiermark über das Burgenland, Wien und das Weinviertel bis ins Krems- und Kamptal arbeiten Winzer mit der „Primadonna“. Kalk, Ton und Mergel sind wichtige Komponenten der Bodenbeschaffenheit, um mit Pinot noir erfolgreich zu arbeiten. Die wärmere Witterung macht es für ihn schwieriger, die aromatische Finesse zu bewahren. Veränderte Standortwahl, früherer Lesezeitpunkt und stärkeres Arbeiten mit Stängeln erlauben aber dennoch, straffe, dichte und lebendige Weine zu keltern.
A la Carte hat eine Grand-Cru-Probe ausgeschrieben, bei der rund 140 Weine aus St.-Laurent- und Pinot-noir-Trauben verkostet wurden.
In der Kategorie St. Laurent 2023 & 2022 klassischer Ausbau wurden 23 Weine verkostet. Die besten darunter verfügen über einen animierenden Trinkfluss und sind elegante Speisenbegleiter. Erwin Tinhof, der die jungen, rund 25-jährigen Reben seiner Spitzenlagen für den St. Laurent Eisenstadt verwendet, hatte die Nase vorn. Johanneshof Reinisch und Stift Klosterneuburg dokumentieren die große Bedeutung der Rebsorte in Tattendorf.
Die Kategorie 2022 St. Laurent gehaltvoll, Riedenweine & Reserven war mit 15 Weinen vertreten. Den Siegerwein stellt Philipp Grassl mit seinem St. Laurent Alte Reben.
Wie gut St. Laurent reifen kann, zeigt die Kategorie 2021 St. Laurent & älter. In dieser Kategorie wurden 19 Weine auf sehr hohem Niveau degustiert. Der Siegerwein – 2016 St. Laurent Ried Holzspur Late release vom Johanneshof Reinisch – beginnt sich gerade zu öffnen und vermittelt vielschichtige Aromen.
Die 22 Weine der Kategorie 2023 & 2022 Pinot noir klassisch präsentierten die gesamte Stilvielfalt, die diese Rebsorte erlaubt. Der Siegerwein 2022 Pinot noir von Tement überzeugt mit zarter Stilistik. Im Gegensatz dazu beeindruckt Gernot Heinrich mit dem Pinot noir Freyheit, der in Amphoren ausgebaut wurde.
Die Kategorie 2022 Pinot noir Riedenweine & Reserven war mit 17 Weinen vertreten. In dieser Kategorie gewinnt Fritz Wieninger mit seinem Pinot noir Grand Select, der seit Jahrzehnten zu den besten Pinot noirs Österreichs zählt. Der 2022er zeichnet sich durch etwas weniger Holzwürze als in der Vergangenheit aus, aber mit finessenreicher Aromatik. Der Herausforderer war Josef Scharls Pinot noir Reserve Scharlemanje mit großartiger Fruchtausprägung und elegantem Trinkfluss.
Die Kategorie Pinot noir 2021 & älter, in der 30 Weine verkostet wurden, war ein Heimspiel für die Brüder Reinisch. Sowohl der 2020 Pinot noir Ried Kästenbaum als auch der 2021 Pinot noir Ried Holzspur aus dem Hause Reinisch hatten die Nase vorne. Beide Weine stehen auch im internationalen Kontext auf höchstem Niveau.
In der Kategorie Cuvées mit St.-Laurent- oder Pinot-noir-Anteil wurden 13 Weine eingereicht. Beide Rebsorten sind in ihrer Jugend nicht ganz einfach in eine Cuvée zu integrieren. Lange Tradition und viel Erfahrung stecken im 2021 St. Georg Reserve der Familie Stieglmar-Weingut Juris und auch im zweiten Sieger, dem 2019 Lindbergh von Günther Dopler.
Zusammenfassend kann man heimischen St. Laurent und Pinot noir Burgunderfreunden nur empfehlen. Die Würze des St. Laurent dürfte auch Syrah- und Cabernet-Franc-Fans gefallen. Für Pinot noir gilt, wie auch im Burgund, die Wahl des bevorzugten Winzerstils als wichtigster Entscheidungsfaktor. Beide Weine sind zudem wahre Preis-Leistungs-Weine. —
Verkostet und bewertet wurden die Weine vom Autor in Zalto-Universalgläsern. Im Anschluss wurden die besten in den jeweiligen Kategorien von einer Fachjury in einer Blindverkostung bewertet und zum Grand-Cru-Wein nominiert.
Jurymitglieder sind: Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Weinhandel Del Fabro/Kolarik), Dragos Pavelescu (Önologe), Philipp Schäfer (Weinakademiker & Weinhandel Schäfer), Simon Schubert (Rest. Reznicek), Johannes Tremel (Weinhandel) und der Autor.
Zu den Bewertungen:
Kategorie St. Laurent 2023 & 2022 klassischer Ausbau
Kategorie 2022 St. Laurent gehaltvoll, Riedenweine & Reserven
Kategorie 2021 St. Laurent & älter
Kategorie 2023 & 2022 Pinot noir
Kategorie 2022 Pinot noir Riedenweine & Reserven
Kategorie Pinot noir 2021 & älter
Kategorie Cuvées mit St.-Laurent- oder Pinot-noir-Anteil