Kleine Region, große Weine

Die Traisental-DAC-Weine zeigen auch 2024 eindeutigen Herkunftscharakter. A la Carte hat die besten für Sie probiert.

(c) ÖWM

Text & Verkostung: Willi Balanjuk

Das Weinbaugebiet Traisental erlebt seit Jahren einen enormen Aufschwung. Die mehrheitlich jungen Winzer konzentrieren sich gezielt auf die Qualitätssteigerung ihrer Weine. Viele, auch kleinere gemischt-wirtschaftliche Betriebe, haben dafür großartige Voraussetzungen und setzen diese auch erfolgreich um. Motivierend könnten auch die 100 Punkte von Stuart Pigott für Markus Hubers 2023 Riesling Ried Berg 1 ÖTW Traisental DAC sein, der mit der Auszeichnung dem Terroir des Traisentals höchstes Potenzial attestiert. Die geologischen Voraussetzungen bilden Schotter-Kalk-Konglomeratsböden, Löss, Granit und Kalk sind die prägenden Elemente. Klimatisch kommen die Höhendifferenzen (250 bis 420 Meter Seehöhe) und terrassierte Weingärten zum Tragen. Auf den rund 860 Hektar umfassenden Anbauflächen entfallen mehr als 60 % auf Grünen Veltliner und rund 12 % auf Riesling. Grüner Veltliner ist auf allen Bodentypen und Höhenlagen zu finden. Das Grand der Top-Rieslinge steht auf Terrassen und kalkhaltigen, schottrigen Böden. Die führenden Weinorte sind Wagram, Nussdorf, Reichersdorf,
Inzersdorf, Traismauer und Herzogenburg.

Was kennzeichnet die Weine des Traisentals? Die Grünen Veltliner der letzten Jahre präsentieren sich mehrheitlich mit kühlerer und Zitrus-geprägter Frucht. Die Rieslinge vereinen vielschichtige, kühle, reife Frucht, wie etwa Weingartenpfirsich und gelbe Steinobst-Noten. Frische und kühlere Aromatik sind meine Marker für das Traisental im Vergleich zu den angrenzenden Weinbau­gebieten.

Im Traisental wurde der Jahrgang 2024 sehr gut gemeistert. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre – kühle Witterung 2021, lange Trockenheit 2022, balancierte Vegetation 2023 – brachte 2024 sowohl ausreichend Niederschlag als auch kühle und trockene Phasen. Galt früher „Wer zuletzt erntet, hat den besten Wein“, sind heute der angestrebte Weinstil sowie riedenspezifische Anforderungen Entscheidungskriterien für den Lesezeitpunkt. Die Zäsur markierten 2024 die großen Niederschläge um den 9. September. Rund 40 % der Weingärten waren, Winzern zufolge, zu diesem Zeitpunkt bereits gelesen. Diese Trauben hatten eine gute bis mittlere Reife und manche dieser Weine präsentieren leichten Gerbstoff. Nach dem Regen war die Fäulnisgefahr für den Grünen Veltliner geringer als für den Riesling. Die meisten Weine später gelesener Trauben wirken balanciert und harmonisch. Wer traditionell spät gelesen hat, erntete Trauben mit enormer Zuckergradation – und Weine mit geringer Säure und enormem Alkoholgehalt.

Die Herausforderung des sehr engen Zeitfensters wurde erfolgreich ­gemeistert und mehrheitlich der richtige Lesezeitpunkt gewählt. Der Grüne Veltliner vereint eine offene, reife Frucht mit Lagen unterschiedlicher Würzekomponenten. Die Mehrheit der Weine präsentiert sich zugänglich in der Aromatik und kann auch schon jung getrunken werden. Die Rieslinge 2024 präsentieren sich jugendlich-fruchtig, Terroir-geprägt und zeigen ihre Herkunft. —

Zu den Verkostungsergebnissen:
Grüner Veltliner 2024
Grüner Veltliner 2023
Riesling 2024
Riesling 2023