Auf zu neuen Ufern
Gastronomen benötigten in den vergangenen Jahren eine hohe Frustrationstoleranz. Der Rückgang der Wirtshäuser mit ehrlicher Hausmannskost ging schneller voran, als einem lieb war. Zudem knabberten einige noch an der tiefdunklen Corona-Zeit. Und aktuell überlegen auch viele Kochkapazunder, ob sich Fine Dining überhaupt noch rechnet. Und dann gibt es die Rossbarths. Also eigentlich sind es Marco Barth und Sebastian Rossbach, die anscheinend imprägnierte Allwetter-Koch-jacken anhaben, an denen jede Krise wie Regentropfen abperlt. Während der Lockdowns begeisterten sie mit ihren hochwertigen Pizzen. Was folgte, war die Eröffnung von 22k, einer stylischen Pizzeria in der Tabakfabrik, die ideal zum edlen Stammhaus in der Klammstraße passt. Wer gedacht hat, den zwei Dauerläufern geht die Puste aus, irrt. Seit April führen sie das Schwarze Schiff in Alt-Urfahr. Das Wirtshaus mit zauberhaftem Gastgarten gilt als Institution, die davor liegende Schotterbank an der Donau wurde behutsam saniert und ist mit dem Kieselstrand und den Weiden ein Paradies für Freizeitweltmeister.
Olympioniken in der Küche sind Rossbach und Barth. Sie beherrschen die „Fine-Dining Klinge“ wie nur wenige in Oberösterreich. Dennoch war es ihnen eine Herzensangelegenheit, das Schiff als traditionelles Wirtshaus weiterzuführen. Ehrlich, bodenständig, ohne Firlefanz. Da sie nicht in allen drei Lokalen gleichzeitig auftanzen können, holten sie sich Kochkompetenz: Thomas Bitomsky (davor Landhaus Bacher) und Markus Gumpinger (ehemals Bootshaus) steuern das Schiff in die richtige Richtung. Das Credo der ganzen Crew lautet: Handwerk, enge Kooperation mit Bauern wie Simon Humer (Biohof Thomabauer) oder Familie Gegenleitner vom Gutshof Midanaund. Faire Löhne, Handwerk und beste Bio-Lebensmittel schlagen sich naturgemäß im Preis der Gerichte des Schwarzen Schiffs nieder, der für anspruchsvolle Gourmets aus Salzburg oder Wien nachvollziehbar ist, für Linzer hingegen noch etwas ungewohnt erscheint. Egal, es geht um die Qualitätsführerschaft. Die ordentlich angesetzte Rindsuppe mit Frittaten und mächtig viel Schnittlauch verleiht Kraft und Optimismus, dass es ruhig so weitergehen darf. Räucherforelle mit wachrüttelnder Krenschärfe, erfrischender Säure von Äpfelstücken, Gurkenwürfeln und animierendem Dillaroma stellt ein gelungenes Beispiel dar, wie einfach ein Gericht komponiert werden kann, ohne unnötig zu verwirren.
Leinölerdäpfel, das Mühlviertler Kultgericht, werden modern interpretiert: Die Rossbarths setzen das Gericht mit speckigen Erdäpfeln modulartig zusammen, statt die Erdäpfel blättrig zu schneiden und mit Milch langsam sämig einzukochen. Dafür heben sie einen Klassiker, Faschierte Laibchen, aufs Podest. Schön angebraten, zartes, saftiges Fleisch, aber nicht mit zu viel eingeweichten Semmelwürfeln gestreckt. Dazu buttriges Püree und ein herzzerreißendes Safterl. Den ersten knackigen Spargel würdigt die Küche mit Schupfnudeln, knusprigen Croûtons und einer angenehm leichten Sauce hollandaise, die, dem Berufsethos der Köche entsprechend, selbst gemacht ist. Desserts sind mit Somlauer Nockerl oder Streuselkuchen vielleicht noch unterbesetzt, dafür ist die Weinkarte, speziell für ein Wirtshaus, mehr als ordentlich bestückt. Gleich neun Sprudel stehen zur Auswahl: Schampus, Pet Nat von Lichtenberger González, richtig lässige Weißweine wie vom jungen Wachauer Weingut Von der Vogelwaide sowie eine kleine, aber exzellente Auswahl an Roten. Frust war einmal, jetzt beginnt zuerst einmal die Freude.
Philipp Braun
Küche ●●●◐○
Atmosphäre ●●●●○
Weine ●●●●◐
Zum Schwarzen Schiff
Obere Donaustraße 36, 4040 Linz
T 0660/410 61 21
zumschwarzenschiff.at