Belétage

Die Leuchttürme vom See

Max Deuker steuert die Küche des Belétage mit geschmackssicherer Hand durch jeden Wellengang.

Foto: Georg Kukuvec

Der Traunsee, der speziell in Traunkirchen wie ein norwegischer Fjord wirkt, kann auch wild und ungestüm sein. Richtige Wellen schlägt aktuell der Zubau beim Hotel Post inklusive des Lokals Belétage. Wer bislang meinte, dass die kulinarische Dreifaltigkeit mit dem Bootshaus, dem Wirtshaus Poststube 1327 und der Catch and Cook-Initiative abgeschlossen war, dachte falsch. Hotelier Wolfgang Gröller und Kochkapazunder Lukas Nagl schufen einen neuen Leuchtturm, der in Ausstattung und seiner an japanische Perfektion angelehnten Produktorientierung einzigartig ist. Das Lokal ist in mehrere Bereiche unterteilt: eine stylishe Bar, die mit einer Cocktailkarte punktet und Klassiker und kreative Drinks der Jetztzeit listet, dann Tische mit Seeblick, eine Lounge im Missoni-Stil, bis hin zum begehbaren Weinkeller und dem Herzstück, der offenen Küche mit acht Sitzplätzen an der Theke. Es erinnert an eine Mischung aus baskischer Tapas-Bar, Izakaya und Londoner Szenelokal. Ein Holzkohlegrill inklusive Tischherd und Selch zeigen, dass das Küchenteam unter der Leitung von Max Deuker nichts dem Zufall überlassen will. Dann der Blick in die Speisekarte: fünf Bereiche, unterteilt in Kalt, Eingelegt, Frittiert/Gedämpft, Holzkohlegrill, und Süß & Sauer. Jede Sparte listet circa sechs Gerichte auf, die zum Teilen animieren und nach dem ­Sharing-Gedanken konzipiert sind. Knapp zwanzig Weine, von Sprudel und regionalen Köstlichkeiten über weiße Burgunder aus Frankreich bis hin zu Roten aus dem Priorat und verführerischen Moscati, werden offen angeboten.

Beim Essen gibt Nagl die Marschroute vor. „Die Welt im Herzen, die Region am Teller“, sagt er, was so viel heißt wie, dass selbst Bananenblätter, in denen Fisch nach afrikanischem Vorbild gedämpft wird, aus Oberösterreich stammen. Die Sojasaucen sind selbstgemacht. Zu den Speisen: Frühlingsfrische Erbsen-Guacamole, ein Nagl-Klassiker aus seinem Salzkammergut-Kochbuch, ist ein Wohlfühlgericht, das man mit frisch getoasteter Focaccia zur Gänze auftunken muss, wenn man den Sinn des Lebens verstehen will. Große Fische wie Lachsforellen werden nach der Ikejime-Technik getötet, was für den verantwortungsvollen Gourmet nichts anderes bedeutet als: Besser wird Sashimi nie schmecken. Es wird gemunkelt, dass ja­panische Großmeister neidisch ins Salzkammergut blicken. Der Fisch reifte übrigens drei Wochen im Schrank, entwickelte dadurch noch mehr Profil und wird auf Schwarznesselblatt mit Sojasauce und Kren serviert. Kurzum: Wer Fisch in seiner Vollendung und Einfachheit kosten möchte – bitte bestellen. Frischer Steinpilz, mit Sojasauce mariniert und über dem Holzkohlegrill gegrillt, ist einfach nur mächtig; oder Lammspieße, von Gniglers ausgezeichneter Zucht als Kebab veredelt. Her damit. Wer kennt eigentlich Brachsen beziehungsweise hat sie schon einmal gegessen? Gebacken, mit Salsa verde und Fenchel ist der Dreiklang perfekt, und es wundert erneut niemanden, dass sich Nagl als der Fischkoch Österreichs rühmen darf. Mittelmaß kennt die Küche nicht, sie strebt nach Perfektion. Selbst Erdbeeren (Mieze Schindler) mit Schlag, ein kulinarischer Kindheitstraum, sind – mit geschlagenem Höflmaier-Obers und Hollerblütenzucker – aufregend wie der erste Kuss. An Ruhe ist vorab einmal nicht zu denken. Man ist aufgewühlt, die Belétage schlägt hohe Wellen – und doch fühlt man sich heimelig und gut aufgehoben wie im eigenen Wohnzimmer.

Philipp Braun

Küche ●●●●◐
Atmosphäre ●●●●●
Weine ●●●●◐

Belétage, Post am See
Ortsplatz 5, 4801 Traunkirchen
T 07617/23 07
hotel-post-traunkirchen.at/beletage