Bier oder nicht Bier

Alkoholfreies Bier ist ein Fall für sich: polarisierend, isotonisch, seinem Namen nicht wirklich gerecht werdend und den Erwartungen von Biertrinkern genauso wenig. Wir probierten trotzdem.

Bier oder nicht Bier

Text von Florian Holzer Foto: photocuisine
Die Verpackung ist ähnlich. Die Herstellung ist in gewisser Hinsicht zumindest vergleichbar und die Grundprodukte, aus denen alkoholfreies Bier gebraut wird, kommen einem vom "echten" Bier ebenfalls bekannt vor: Hopfen, Wasser, Malz, Hefe.
Im Wesentlichen unterscheidet sich das Getränk, das die an und für sich widersprüchlichen Bezeichnungen – alkoholfrei und Bier – in seinem Namen trägt, aber durch Geruch, Geschmack, Schaumbildung sowie Publikum von nicht-alkoholfreien Bieren: Es wird von denen getrunken, auf die das Los fiel, mit dem Auto fahren zu müssen; es wird von denen getrunken, die sich das aus irgendeinem Grund vorgenommen haben; und es wird von Sportlern getrunken, weil alkoholfreies Bier nämlich als isotonisch gilt, das heißt, in seinem Verhältnis gelöster Stoffe dem menschlichen Blut sehr nahe kommt und daher rasch und effektiv vom Körper aufgenommen werden kann. Was vom gesundheitlichen Aspekt gar nicht genug ausgelobt werden kann, was allerdings nur selten der Grund dafür ist, warum es vom Autofahrer innerhalb einer Biertrinkenden Runde genossen wird. Das habe soziale Gründe, erklärt Axel Kiesbye, Braumeister bei Trumer und Gründungsmitglied sowie Pressereferent des Vereins BierIG, "damit der Fahrer nicht zu sehr außen steht – alkoholfreies Bier ist ein Zweckprodukt, ein Hopfengetränk, das mit Bier an und für sich nichts zu tun hat."
Starke Worte für ein schwaches Getränk. Dennoch nimmt die Akzeptanz dieses Biers, das bis vor einigen Jahren ja ungefähr ebenso respektiert wurde wie führerscheinfreie Moped-Autos, merklich zu, wie auch Gastronom Karl Meixner bestätigt: "Bei Bier ist die Tendenz generell steigend, bei alkoholfreiem Bier sogar noch einmal höher." Auf drei Prozent Marktanteil wird alkoholfreies Bier geschätzt, das ist bei einem jährlichen Durchschnitts- und Pro-Kopf-Konsum in Österreich von 108 Litern immerhin auch kein Lercherl. Als Hoffnungsmärkte gelten neben Sportlern, Autofahrern und Abstinenzlern vor allem Fußballfans – ja, doch –, da etwa bei wichtigen Championsleague-Matches oft nur solches Bier ausgeschenkt werden darf.
Aber wie kommt der Alk aus dem Bier? Da gibt es zwei Methoden von unterschiedlicher Kompliziertheit: Die einfachere und ältere Variante ist es, Bier mit Hilfe spezieller Hefen, die zwar nur wenig Alkohol, aber dafür umso mehr Gäraromen produzieren, zu vergären oder die Gärung durch Pasteurisierung zu unterbrechen. Das Problem des übermäßigen Restzuckers löst man in diesem Fall entweder damit, dass man nur sehr leichtes Bier mit sehr geringer Stammwürze zur Vergärung heranzieht oder das fertig gegorene Bier anschließend noch ein bisschen mit Wasser verdünnt. Die andere Methode entzieht per Dialyse – das Bier wird mit hohem Druck durch eine semipermeable Membran gepresst – dem Bier den Alkohol. Da mit dem unerwünschten Stoff aber auch sehr viele Aromen mitgehen, wird dieser Extrakt durch Destillation noch einmal entalkoholisiert und dem Ursprungsbier wieder zugegeben. Sehr kompliziert und daher nur in wirklich großen Brauereien angewendet. In Deutschland sind es derzeit an die 70 verschiedene Produkte, in Österreich werden vier alkoholfreie Biere gebraut.
Tatsache ist, dass bei beiden Methoden ein Restalkohol von etwa 0,5% verbleibt, was das Gesetz auch vorsieht und toleriert. Zu wenig jedenfalls, um seiner Funktion als Konservierungsmittel gerecht zu werden, erklärt Axel Kiesbye, das werde bei diesen Bieren auf andere Weise erledigt.

Verkostung – Bier ja, Alk nein

Die A la Carte-Jury – Dagmar Gross, Diplom-Sommelière und Weinmarketing-Fachfrau, Gastronom Karl Meixner, Hofstetten-Brauer Peter Krammer, Trumer-Braumeister und BierIG-Mitbegründer Axel Kiesbye sowie Florian Holzer – verkosteten blind sieben alkoholfreie Biere: drei Exemplare aus Deutschland, die in Österreich erhältlich sind, und vier österreichische Produkte (das Ablaufdatum der Biere lag zwischen 04/07 und 11/07).

1) Löwenbräu Alkoholfrei 7,5/10
Ein beachtliches Ergebnis für ein alkoholfreies Bier, das noch dazu nach dem vergleichsweise "einfachen" Prinzip des Gärstopps durch Ultrahocherhitzung hergestellt wird. Das Bier ist von goldener Farbe, der Schaum ist dicht und stabil, der Duft verheißt Hopfen und Würze, am Gaumen harmonisch, würzig, im Abgang etwas zu süß. Das Bier wirkt cremig, der Kohlensäuredruck hält sich in Grenzen.
Löwenbräu, Nymphenburger Straße 7, 80335 München, Tel.: 0049/89/52 00-0, www.loewenbraeu.info

2) Beck’s Alkoholfrei 6,6/10
Ein pilsartiges Alkoholfreies, helle Farbe, kompakter Schaum, hopfig-herbe Note, die aber durchaus an echtes Bier erinnert. Spezielle Aromen, die man freundlicherweise als "Zigarrennoten" bezeichnen könnte, sorgten für eine individuelle Note, generell wurde das Bier als erfrischend empfunden, im Gegensatz zu den anderen Bieren seine Trockenheit und sein Mangel an Restsüße hervorgehoben.
Brauerei Beck, Am Deich 18/19, 28199 Bremen. Erhältlich über Kolarik & Buben, 1030 Wien, Modecenterstraße 4a, Tel: 01/799 99 99

3) Fohrenburger alkoholfrei 4,5/10
Für ein österreichisches Produkt erstaunlich unsüß, Märzentyp, Hopfen ist fein definiert, der Schaum erstaunlich fest (hält aber nicht lange), fein blumige Hopfennoten, angenehme Harmonie, im Abgang allerdings wieder die unvermeidlichen malzig-zuckrigen Noten.
Brauerei Fohrenburg, Fohrenburger Straße 5, 6700 Bludenz, Tel.: 05552/606-0, www.fohrenburg.at

4) Libero 4,2/10
Eines der ersten alkoholfreien Biere aus österreichischer Erzeugung, wenngleich ein Schweizer Lizenzprodukt (Hürlimann), von der Brauerei Schloss Eggenberg gebraut. Über das Verfahren hüllt man sich in Schweigen, es dürfte aber ein Produkt von schwach gärenden Hefen sein. Das Bier ist dunkel, bernsteingolden, der Schaum grobporig und hält kaum. Immerhin ist das Getränk kaum süß und beeindruckt durch Hopfenbittere, ist sonst aber eher leer.
Brauerei Schloss Eggenberg, Eggenberg 1, 4655 Vorchdorf, Tel.: 07614/6345-0, www.schloss-eggenberg.at

5) Null Komma Josef 4/10
Das Ottakringer Alkfreie mit dem guten Namen als drittbestes Austro-Bier. Grobporiger Schaum, sehr süß mit limonadeartigem Touch und leichtem Nebengeschmack von Styropor. Reichlich Body und ordentlich Restsüße. Von relativ geringer Stammwürze ausgehend (6,2%) wird dieses Bier im Fermenter kühl angegoren.
Ottakringer Brauerei AG, Ottakringer Straße 91, 1160 Wien, Tel.: 01/49 100-0, www.ottakringer.at

6) Schlossgold 2,8/10
Das alkoholfreie Bier des heimischen Marktführers Brau Union – wenig überraschend, dass dieses Produkt ebenfalls Marktfüher in seinem Segment ist (ca. 50% des Marktes für alkoholfreies Bier). Das Bier erwies sich bei der Verkostung primär als süß und malzig, erinnerte vom Duft her aber stark an Sudhausaromen, wirkte aber auch leicht abgestanden.
Brau Union, Poschacherstraße 35, 4021 Linz, Tel.: 0732/6979-0

6) Clausthaler 2,8/10
Ende der 70er Jahre entstanden, ist das Clausthaler der Frankfurter Binding-Brauerei (Radeberger Gruppe) eines der ältesten alkoholfreien Biere der Welt, in Deutschland unumstrittener Marktführer, in über 50 Ländern der Welt verbreitet und somit auch eines der erfolgreichsten. Im Sortiment befinden sich drei Sorten, ein "Classic" und ein pilsartiges "Extra Herb", beide untergärig und mit 7,1% Stammwürze, sowie ein obergäriges "Hefeweizen" mit immerhin 11% Stammwürze. In Österreich ist leider nur das "Classic" erhältlich: Beginnt toll, überzeugt durch festen, dichten Schaum und hopfig-blumigen Duft, geht dann mit der Zeit aber unangenehm und bitter in die Breite, wird von Schluck zu Schluck schwieriger.
Radeberger Gruppe, Darmstädter Landstraße 185, 60598 Frankfurt, Tel.: 0049/69/60 65-0