Dahoam – Local Hero

Foto von Lorenz Masser
Text von Alexander Rabl

Andreas Herbst wirkt sehr ernsthaft, wenn er über seine Arbeit in der Küche spricht, aber irgendwie hat er sich ein kindliches Wesen bewahrt. Das hat er mit Leuten wie Steven Spielberg gemeinsam, der solches auch einmal von sich behauptet haben soll. Herbst hat sich in seinem Dahoam im mächtigen und stets gut gebuchten Hotel Riederalm seinen Spielplatz geschaffen, wo er quasi im Alleingang Regie führt. Da fährt eine kleine Eisenbahn auf dem Tisch der Gäste ein, Matadorspielzeug, aber von einem befreundeten Tischler gezimmert. Statt Dampf und Pfeifen oder Passagiere gibt es ein paar feine Amuse-Bouches, die in den Wagons transportiert werden, und eine Geschichte, warum die – echte – Bahn zu den ­prägenden ­Erinnerungen aus des ­Küchenchefs Kindheit gehört.

Überhaupt: There is a lot of storytelling. Der allein reisende Gast findet das spannend, das verliebte Pärchen vielleicht eher weniger prickelnd. Andi Herbst hat selbst eine tolle Geschichte zu erzählen, und es benötigte gar keine Geschichten zu den einzelnen Tellern. Da ist ein kleiner Gang mit geräuchertem Ziegenherz, Wildhendl­haut und rehydrierter Urkarotte in einer würzigen Marinade. Alle Zutaten stammen aus der näheren Umgebung, vornehmlich aus Leogang und teilweise aus Saalfelden. Herbst hat sich kompromisslos ein Netzwerk an lokalen Produzenten aufgebaut und verfolgt die Idee der Regionalität kompromisslos. Eine Forelle wird in Zirbenholz-Dashi mariniert, dazu kommen die Aromen von ­Salzzitrone, gelber Chioggia-Rübe, in Veltliner-Essig marinierter roter Zwiebel und Ingweröl. Zu einem wie ein florales Kunstwerk angerichteten Parfait von der Wildhendlmastleber gibt es mit Stickstoff geeiste Himbeeren und Unsterblichkeitskraut (was für ein vielversprechender Name!).

Ein Tee aus den im Garten ums Hotel geernteten Aronia­blättern zieht am Tisch des Gastes. Sein aromatisch-­vanillig-süßes Aroma begleitet den perfekt gebratenen Saibling mit Grüll-Kaviar und einem Püree aus Topinambur, in dem sich selbiger Kaviar leider verliert. Die in Grünem Veltliner geschmorte Artischocke mit Steinpilzen, Wachtel­ei, Tatar von Artischockenblättern und Dahlienblüte ist große Klasse. Später dann, präzise gearbeitet, das Dessert mit wilden Heidelbeeren und Schokolade, eine Probe aus dem Juwelensortiment eines Patissiers. Bei den Petits Fours lässt Herbst wieder den Zug einfahren. Im Vergleich etwa zu Marc Veyrat wirkt diese alpine Verspieltheit ­geradezu ernsthaft. Beim Wein bemühen sich gleich zwei Sommeliers um den durstigen Gast, doch der bleibt ratlos, weil zu dieser wagemutigen Küche fast ausschließlich guter Mainstream ins Glas kommt, darunter Mittelklasse-Franzosen aus der Coravin-Abteilung. Am Weinsortiment wird zügig ge­arbeitet. Andreas Herbst erkennt Schwächen sofort und macht ihre ­Behebung zu seiner Mission.

Küche: 4
Atmosphäre: 3
Weine: 2,5

Dahoam
Rain 100, 5771 Leogang
T 06583/73 42
restaurant-dahoam.com