Die Geheimnisse der Schafe aus Rutzenmoos

Text von Alexander Rabl · Fotos von Wolfgang Hummer

Pauillac, Sisteron, Sylt – die Herkunftsbezeichnungen von Nonplusultra-Lammfleisch wirken recht mondän. Jetzt muss man sich an einen neuen Ort gewöhnen: Rutzenmoos.

Der Ortsname klingt wie einem Thomas-Bernhard-Stück entnommen, wobei der Autor, in dessen Büchern immer wieder Orte auftauchen wie Ungenach, Utzbach oder Gaspoltshofen, nur ein paar Kilometer entfernt wohnte, in Ohlsdorf. In ­Rutzenmoos wohnen Christa und Gerhard Gnigler. Ihr Lammfleisch zählt zum Besten in puncto Zartheit und Geschmack.

Es entzückt Küchenchefs von Rang zwischen Golling, Traunkirchen und Wien und erfreut auch die Gäste vieler ehrbarer Wirtshäuser in der Umgebung. Ein Besuch am Hof der Familie Gnigler steht an. Gerhard und Christa Gnigler leben in einem sogenannten Ein-Haus-Hof, einem Gebäude, das Wohnhaus und Stall in einem beherbergt. Es ist ein wunderschön gelegener Erbhof, dessen Nachbarn Wald und Wiese heißen, fast 200 ­Jahre alt. „Früher hatten wir hier Gerberei, Färberei und Tischlerei“, erklärt Gerhard Gnigler die Geschichte des Hauses. Der Nebenerwerbsbauer arbeitet als Altenpfleger und nennt seine Patienten dort „Teenager-Spätlese“. Ein Mann voller Güte und Humor. Christa hat den ­ganzen Tag mit den Schafen und Lämmern zu tun, erst die Fütterung, später dann Verpackung und Versand des Fleisches und der Würste.

„Es begann mit dem Butterberg Anfang der 80er-Jahre“, erzählt Gerhard Gnigler. „Der Staat hat damals die Milchkontingente der Bauern abgelöst.“ Er, der Staat, bezahlte die Bauern dafür, weniger Milch zu produzieren, also sich von den Milchkühen zu trennen. „Die Kühe gingen, die Schafe kamen.“ Und mit ihnen kam die Idee der biologischen Landwirtschaft. „Dafür hat man uns lange Zeit ausgelacht.“ Jetzt sind es 250 Merino-Mutterschafe. Merino galt früher als besonders geschätzt wegen der Qualität der Schaf­wolle, neue Züchtungen haben das Talent der Schafe für besonders gutes Fleisch reifen lassen.

Gniglers Merino-Schafe und ihre Lämmer grasen auf ausgesucht schönen Weiden. Zum Beispiel am Wartberg oberhalb von Weyregg am Attersee. Drunten glitzert das Türkis des Attersees, darüber glänzen die Felsen des Höllengebirges im Sonnenlicht – das Höllengebirge, von dem Gustav Mahler einst sagte, er habe es „weg komponiert“. Es steht immer noch. „Wenn man ein Lamm gleich nach dem Leben auf der Wiese schlachtet, dann hat das Fleisch einen Geschmack, es greanelt.“ Diesen Geschmack gelte es loszuwerden, weshalb die Lämmer bei einem Gewicht von 25 Kilogramm von der Weide genommen werden, in die großen und luftigen Ställe am Bauernhof der Gniglers wandern und ab dann nur noch von Biogetreide und Wasser leben. Kraftfutter hat Stallverbot. Für zwei Monate pflegen die Lämmer die Muße und setzen sogar ein wenig Fett an.

Andreas Döllerer, vom ersten Versuch an begeistert von der Zartheit dieses Fleisches: „Das Fleisch wird zarter als das Lammfleisch von Tieren, die ihr ganzes Leben mit den Steigungen der Alpen zu kämpfen haben. Die Kräuter auf den Almwiesen ­geben den Geschmack. Doch oft fehlt die Zartheit.

Und das Fett. Die Lämmer der Gniglers haben alles: ­Geschmack, Zartheit und den notwendigen Anteil am delikaten Fett.“ Die Bekanntschaft mit dem Lamm der Gniglers verdankt Döllerer Katharina, der Tochter, die im Restaurant in Golling als Sommelière arbeitet. Auch Lukas Nagl arbeitet gerne mit dem Lamm aus Rutzenmoos. Es ist das einzige Fleischgericht auf der Speise­karte des Bootshauses in Traunkirchen. Nagl brät nicht nur den Rücken, sondern serviert auch eine Scheibe vom Schopf, leicht durchzogen, phantastisch gut.

„Es sind genau drei Meter vom Stall bis zum Schlachtraum“, sagt Gnigler. Eine kurze Betäubung, ein Schnitt, fertig, Häutung und Ausnehmen erfolgen vor Ort. Das Fleisch hängt vier bis fünf Tage, dann ­liefert Gerhard Gnigler persönlich an seine wichtigen Kunden. Den Kontakt mit der Gastronomie liebt er, plaudert dort ein wenig, genießt den Respekt für seine Arbeit, sein Lammfleisch. Gnigler sagt: „Jeder, der mein Fleisch haben will, ist mir genauso wichtig wie ein ­Andreas Döllerer oder ein Lukas Nagl. Lamm aus ­Österreich hat ja in vielen Teilen der Gastronomie einen problematischen Ruf“, erzählt Gnigler dann, während der Besucher am Hof der Gniglers die köstliche Lammwurst verzehrt, die Christa Gnigler aufgetischt hat. „Doch unser Lamm“, so Gnigler, „bildet die Ausnahme.“

Der Sohn des Hauses, Florian, wird kommendes Jahr den Betrieb übernehmen, und er macht sich Gedanken darüber, ob es möglich ist, einmal von der Schafzucht zu leben. Kann sein, dass sich die Kundschaft auf geringfügig höhere Preise wird einstellen müssen. Günstiger als die Kol­legen aus Pauillac und Sisteron werden die Lämmer aus Rutzenmoos gewiss immer noch sein. Und außerdem, wie Gerhard Gnigler sagt: „Es ist schade, dass Keule und Schulter weniger gut gehen als Stelze und Rücken.“ Hört Ihr die Botschaft,
Küchenchefs und Hobbyköche?

Biohof Achleitner
Unterm Regenbogen 1, 4070 Eferding
Tel.: 07272/25 97
www.biohof.at

Denn’s Bio-Märkte in Oberösterreich und Salzburg
www.denns-biomarkt.at

Mein Müli
Pfarrplatz 16, 4020 Linz
Tel.: 07327/756 88
www.meinmueli.wordpress.com

Rochushof
Rochusgasse 6, 5020 Salzburg
Tel.: 0662/83 27 98
www.oekohof.at

Naschmarkt am Graben
Am Graben 15, 4810 Gmunden
Tel.: 07612/621 24