Die weisse Palette

Weil es gesund ist. Oder weil man zumindest glaubt, dass es gesund ist. Seit ungefähr hundert Jahren ist es das traurige Schicksal von Joghurt, nicht seines Wohlgeschmacks wegen gegessen zu werden.

Text von Florian Holzer · Foto von Luzia Ellert

Joghurt-Assoziationen von früher: Joghurtbecher sammeln. Die Aludeckel der Joghurtbecher sammeln. Joghurt mit Erdbeeren beziehungsweise idealerweise Erdbeeren mit Joghurt. Nöm-Mix Fruchtjoghurt in unendlich leicht verletzlichen Becherchen aus hauchdünnem Plastik, kaum unbeschadet nach Hause zu bekommen. Es ist gesund.

Joghurt ist zweifellos das Stiefkind der so genannten „weißen Palette“, mit der Molkereien die Produktgruppen Frisch- und H-Milch, Rahm, Obers, Sauer- und Buttermilch, Butter und eben Joghurt zusammenfassen. Nie genoss und genießt man Joghurt aus ursächlicher Ambition, immer musste und muss es sich einer anderen Zutat, einer erhofften Wirkung oder eben sogar der Verwertung seiner Verpackung unterordnen, ein hartes Los für die weiche, dick gelegte Milch.
Aber egal, diese wie auch immer untergeordnete Strategie scheint zu wirken: Wurde früher, also in Zeiten, als es noch Testbild und nach dem Nachtfilm die Bundeshymne gab, gerade mal Joghurt der Kategorie „normal“ und der Kategorie „mager“ angeboten, und zwar von einer einzigen, mehr oder weniger regionalen Molkerei, in deren Rayon man nun mal lebte und damit praktischerweise jeglicher Wahlmöglichkeit entbunden war, sieht die Sache heute definitiv anders aus. Das „Facing“ in den Supermarktregalen ist beeindruckend, aus dem normalen, weißen Joghurt im 0,25-Liter-Becher wurde eine eigene und nicht gerade kleine Produktgruppe, die endlose Varianten der Leicht- und Extraleicht-Kategorie, der probiotischen Abteilung, der lactosefreien Welt, dann natürlich alles auch noch in biologischer und konventioneller Ausführung und zu guter Letzt auch noch von Ziege und Schaf anbietet. Von Fruchtjoghurts noch ganz zu schweigen, dem Supermarktkunden wird gefühltermaßen die Möglichkeit gegeben, jeden Tag des Jahres ein anderes Joghurtprodukt zu verzehren.

Und der von Marketingspezialisten weidlich strapazierte Gesundheitseffekt ist dabei nicht einmal neu. Denn zuerst einmal ging es den Erfindern des Joghurts wohl darum, Milch überhaupt einmal haltbar zu machen und an ihrem Genuss nicht zu krepieren. Auf der Balkaninsel im Bereich des heutigen Bulgarien, schätzen die Molkerei-Historiker, soll Joghurt seinen Ursprung haben. Schafmilch, in keramischen ­Gefäßen aufbewahrt, wird dort bei verhältnismäßig hoher Umgebungstemperatur gerne von Streptokokken und Laktobazillen infiziert und sodann zum Fermentieren gebracht, was die Milch einerseits sauer, andererseits „stichfest“ macht alias „dick legt“.

Das Verfahren ist uralt, war den thrakischen Hirten wahrscheinlich schon in der Eisenzeit zwischen sechstem und viertem vorchristlichem Jahrhundert bekannt und nur eine von vielen verschiedenen und überall in Europa angewendeten Möglichkeiten, Milch zu fermentieren.
So weit, so unspektakulär. Der Gesundheitshype begann mit den Thesen des davor schon extrem erfolgreichen (Nobelpreis für Medizin 1908) russischen Bakteriologen Ilja Iljitsch Metschnikow, Begründer der modernen Immunologie, Empiriker und Entwickler der Therapie gegen die Cholera. Dieser beschäftigte sich in seinen späten Jahren nämlich mit Methoden der Lebensverlängerung und Altersverzögerung und entdeckte bei diesen Forschungen, dass die Bewohner bulgarischer Bergregionen ein überdurchschnittlich hohes Alter erreichten. Seine Theorie: Die gutartigen Bakterien in Joghurt, saurer Milch und Kefir, die von diesen Hirten oft und gerne konsumiert wurden, verdrängen im menschlichen Darm bösartige Bakterien, die Entzündungen hervorrufen und das Immunsystem schwächen. Die „Probiotik“ war erfunden, gewissermaßen die Mittelmeer-Diät des frühen 20. Jahrhunderts.

Und Lebensverlängerung ließ schon damals die Marketingexperten nicht kalt. Die Produktion lief blitzartig an, Joghurt wurde quasi als Elixier und Gesundheitsprophylaxe verkauft, ein Status, den Joghurt noch bis weit in die 50er Jahre innehatte. Eine der wenigen Filmszenen, in denen Joghurt eine Rolle spielen darf, zeigt etwa den alten Jean Gabin in „Le Tatoué“ („Balduin – das Nachtgespenst“, auch „Ein Giftzwerg macht Rabatz“ und „Oscar lässt das Sausen nicht“) in der Rolle eines Veteranen aus dem Ersten Weltkrieg, der auf seinem Rücken eine Modigliani-Tätowierung trägt, die ihm Louis de Funès in der Rolle eines Kunsthändlers abluchsen will. Gabins Haushälterin zwingt ihn quasi dazu, Joghurt aus medizinischen Zwecken zu essen, „die ganze Welt isst jetzt Joghurt“, was seine Abneigung gegen eine derartig herbeigeführte Lebensverlängerung aber nicht beeinträchtigt …

Neues Futter bekam die Joghurt-Gesundheitswelle Mitte der 90er Jahre, als der multinational-französische Molkereikonzern Danone (Umsatz etwa 20 Milliarden Euro) ein süßes Joghurtgetränk namens Actimel auf den Markt brachte, das suggerierte, dank der patentierten Bakterienkultur „Lactobacillus casei“, auch als „Lactobacillus casei defensis“ bezeichnet, die Immunabwehr des Menschen stärken zu können. Der Erfolg war enorm, in 120 Ländern trank man das gesüßte Joghurtgetränk aus den kleinen 100ml-Plastikampullen und fühlte sich aus dem Darm heraus völlig gesund. Ein stark gesteigertes Interesse am menschlichen Darm, an einer „Bauch-Intelligenz“ war die Folge, ein Darm-Hype startete, ähnliche Produkte überschwemmten den Markt, darunter auch eines von Danone selbst, ein vergleichsweise „klassisches“ Joghurt namens Aktivia.

Nach einer drastischen Verschärfung der Gesetze in der EU, die es nun nicht mehr erlauben, gesundheitliche Wirkungen zu suggerieren, wenn sie medizinisch nicht nachweisbar sind, zog der Konzern seine Anträge bei der Europäischen Agentur für Lebensmittel-
sicherheit zurück. Damit geht eine jahrzehntelange und unterhaltsame Chronik von Studien und Gegenstudien zu Ende, Danone bewirbt sein Joghurt Activia jetzt nur noch damit, Wohlgefühl zu erlangen, indem man seinen Rhythmus besser spüren kann. Was genau damit gemeint ist, und ob das in einem Zusammenhang mit der „speziellen Bifidus-Kultur Actiregularis®“ steht, kann sich jeder selbst ausdenken.

Bleibt jetzt noch die Frage zu klären: stichfest oder cremig? Beziehungsweise, eigentlich bleibt diese Frage nicht zu klären, denn „echt“ ist Joghurt natürlich nur stichfest. Diese von Grund auf sympathische Konsistenz, die in der gastronomischen Wildbahn nur verhältnismäßig selten vorkommt – bei Pudding, bei Crème brûlée –, zeugt davon, dass das Joghurt im Becher oder im Glas fermentierte. Also quasi Flaschen-vergoren ist. Cremig gerührtes Joghurt dürfte zwar bei einer etwas breiteren Konsumentenschicht auf Zustimmung stoßen, erfordert aber zumindest einen weiteren Arbeitsschritt und ist um die Nuance weniger natürlich, als das bei stichfestem Joghurt der Fall ist. Abgesehen davon, dass als Stabilisator und zur Bindung oftmals Magermilchpulver zugesetzt wird, was allerdings nicht deklarationspflichtig ist.

Die Haltbarmachung von Milch ist jedenfalls längst kein Problem mehr. Und die Vorstellung, unser Lebensalter durch Genuss gestockter Milch dramatisch zu verlängern, lässt sich in dieser Form auch nicht mehr so leicht verkaufen. Trotzdem isst die ganze Welt immer noch Joghurt. Gäbe es die fermentierte Milch also nicht, man müsste sie offenbar erfinden.

Joe versus Kurt
Gibt es geschmackliche Unterschiede bei ­Joghurt? Also mehr als bloß „cremig“ und „stichfest“, mehr als bloß „probiotisch“ und „besonders probiotisch“? Nachdem wir im Laufe der
Jahre schon ein dramatisch divergierendes ­Geschmacksspektrum bei Produkten feststellten, wo so gar nicht damit zu rechnen war, Salz, zum Beispiel, Butter, Eier oder Ketchup, war die Fragestellung Joghurt also durchaus ­interessant.

Wir verkosteten nicht jedes Joghurt, das in ­Österreich hergestellt wird, sondern versuchten „repräsentativ“ zu probieren: also klassische Handelsware in normaler und magerer Fett­stufe, von mittleren und großen Molkereien, Joghurt von bäuerlichen Kleinproduzenten ebenso wie solche von französischen Gourmandisen-Molkereien, Joghurts aus Italien und Griechenland, Joghurts aus Milch von Kuh, Schaf und Ziege, also ein ziemliches Spektrum; Gemeinsamkeit gab es nur eine: die weiße ­Farbe. Ein zweifellos köstliches Produkt mit hohem Büffelmilch-Anteil bewerteten wir nicht, weil es eher Kefir als Joghurt war, und das halt schon was ganz anderes ist.

An der Verkostung und Bewertung teilgenommen haben diesmal: Dagmar Gross, Diplomsommelière, Käse-Sommelière und Besitzerin der auf Kunst und Kulinarik spezialisierten Agentur Grosswerk; Mag. Karin Schnegdar, Maître fromager und Gastronomie- und Gesellschafts-Korrespondentin der Kronen-Zeitung; Christian Grünwald, Chefredakteur bei A la Carte sowie Autor Florian Holzer. Die Verkostung fand im besten denkbaren Rahmen statt, in der Steirereck Meierei im Stadtpark, ­einer ehemaligen Milchbar.

Das Joghurt, das aus der Kälte kam
Was ist eigentlich „Frozen Yoghurt“ – und soll man es essen?
Man weiß: Es kommt aus den USA, wurde in Korea zum Hit, und seit zwei Jahren poppen die Shops auch in Österreichs Städten aus dem Boden wie sonst nur Bubbletea-Bars. Und das weiße Zeug, das man da bekommt, ist irrwitzig kalt.

„Frozen Yogurt“ vermittelt ein Gefühl zeitgemäßer Urbanität, gewürzt mit „Style“, „Healthyness“ und natürlich „Sustainability“. Die Kundschaft im hippen „Kurt Frozen Yogurt“ in der schmalen Schultergasse in Wiens City besteht jedenfalls zu etwa 85 % aus jungen Frauen mit kosmopolitischer Attitüde, ­wobei sich das von Outlet zu Outlet ein bisschen unterscheide, meint Yong-­Beom Kang, einer der drei „Kurt“-Gründer.

Drei essenzielle Faktoren gebe es beim Frozen Yogurt, so Kang, die Technik, die Rezeptur und die Qualität der Zutaten. Bei der Technik greife man auf amerikanische Geräte zurück, Softeis-Maschinen nicht unähnlich, die eine vorgefertigte Joghurt-Zucker-Johannisbrotkernmehl-Mischung zuerst einmal cremig rühren und dann in einen – ebenfalls rührenden – Kühlraum verfrachten, von wo frisch abgezapft wird. Da die Hauptzutat Magerjoghurt ist, bleibt der Fettgehalt deutlich unter jenem von Gelato, und obwohl mit Zucker anstatt mit Süßstoff gesüßt werde, entstehe nach Verzehr einer Portion Frier-Joghurt kein Insulinschock-bedingtes Hungergefühl, so Kang, sondern „man fühlt sich wohl“. Vor allem aber fühlt man sich cool, die weiße Tiefkühl-Creme kommt mit –8 bis –6 °C in die selbstverständlich nachhaltigen und abbaubaren Becher, die Temperatur sei auch einer der Gründe, warum Frozen Yogurt eigentlich kaum nach Joghurt schmecke, erklärt Kang, „wenn es schmilzt, wird es sowohl süßer als auch saurer“. Attraktiv wird die kalte weiße Masse, die nach nichts schmeckt, dann durch die „Toppings“: Früchte, Beeren, Nüsse, süße Saucen oder Keksbrösel, von der Generation „Lecker“ gerne als „Crumbles“ ­bezeichnet. Dass es mit der Kalorienarmut spätestens dann wieder vorbei ist, wird großzügig ignoriert.
www.foxyfrozenyogurt.at
www.kurtfrozenyogurt.com

Die Verkostung

kasKistl
Bio-Schafjoghurt natur 4,8 %
8,1
Die Kooperative „Kaskistl“ ­wurde schon 1990 gegründet, knapp ein Dutzend Milchbauern beziehungsweise Kleingenossenschaften aus dem Mostviertel vermarkten unter dieser Bezeichnung Milchprodukte und Obstsäfte. „Inhomogen, buttrig, Aroma von grünen Nüssen, Joghurt mit Gourmet-Appeal“, „sauber, fett, nussig, vanillig“, „süßlich, cremig, karamellig, Nussaromen, schöne Konsistenz“, „reichhaltig im Duft, cremig-rahmig, geröstete Walnuss und Maroni, dabei angenehm frisch“.
500 g/€ 4,25 bei Naturkost Spittelberg
www.kaskistl.at

Die Käsemacher Schafjoghurt 5,5 % 8,1
Zwei Schafjoghurts auf Platz eins, das darf man schon als Hinweis betrachten, dass diese Milchgattung und die bakterielle Verarbeitungsweise ganz gut zueinander passen. Auch das Schafjoghurt der Käsemacher aus dem Waldviertel erwies sich als delikat, „extrem fett und reichhaltig, fast wie Topfen, milchig frisch, nur ganz zarte Säure, extrem gut“, „starker Karamellton, ausdrucksstark, optisch fast schon Topfen“, „optisch sehr animierend, ganz locker,
sauber, milchig-rahmig mit dezent spürbarer Säure im Finish“.
160 g/€ 0,99, € 6,19/kg bei Meinl am Graben
www.kaesemacher.at

Landliebe
cremiges Joghurt mild 3,8 % 6,6
Diese hohe Wertung war dann doch ein wenig überraschend, handelte es sich bei diesem eher preisgünstigen Kuhmilch-Joghurt aus einer deutschen Industrie-Molkerei doch eher um einen Außenseiter. Was allerdings nichts daran änderte, dass es sich als bestes Joghurt aus Kuhmilch zeigte, „strahlend weiß, cremig gerührt, kompakt, wirkt fast so, also ob Gelatine drin wäre“, „Designerjoghurt, das auf edel macht“, „schöne Konsistenz, cremig, harmonisch, vollmundig“, „Konsistenz wie steif geschlagenes Obers, Duft von Buttermilch und Trauben, gutes Mundgefühl, perfekt gemacht“.
500 g/1,29, € 2,58/kg bei Merkur
www.landliebe.de

Toni’s
pipifeines Schafmilchjoghurt 4,4 % 6,2
Das nächste Schafmilchjoghurt, dessen größte Schwäche wohl seine fragwürdige Bezeichnung ist, seine größte Stärke das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das ­Joghurt des mittlerweile als Eier-Pro­duzent bekannten Toni Hubmann, der seine Karriere allerdings als Schafmilch-Bauer begann. Enthalten sind auch ­Acidophilus- und Bifidus-Bakterien, falls das für wen wichtig ist: „cremig, fett, gut, allerdings völlig neutral, als Schafmilchjoghurt nicht zu erkennen“, „cremig, harmonisch, keine störenden Nebentöne“, „cremig, eher dünnflüssig, charmant“, „sauber und technisch gut gemacht, allerdings nichtssagend“.
180 g/€ 0,99, € 5,50/kg bei Merkur
www.tonis.at

Marie Morin
Yaourts 100 % lait de Brebis 6,2
Das zweitteuerste Produkt im Bewerb: die in kleine Doppelpack-Gläschen gefüllten Schafmilchjoghurts von Marie und Antoine Morin. Die Milch für dieses Joghurt stammt aus dem Département Aveyron, also aus Südfrankreich, Region Midi-Pyrénées. Was ein wenig irritiert, ist die Tatsache, dass es dennoch als Produkt der Bretagne deklariert, dass kein Fettanteil angegeben und dass für die Herstellung Milchpulver verwendet wird. „Fett, frischkäsig, Duft von Blüten und Karamell, seltsam süßlich, etwas unfrisch“, „extrem cremig-fest, fettig“, „leichter Stall-Ton, wirkt irgendwie nicht ganz sauber“.
2 x 125 g/€ 3,99, € 15,96/kg bei Meinl
am Graben, www.marie-morin.fr

Bergerie, griechisches Schafmilchjoghurt 10 % 6,1
Das nächste Schafmilchjoghurt in fast ununterbrochener Reihenfolge, ein in Frankreich hergestelltes Biojoghurt nach griechischer Art, die Joghurt-Globalisierung quasi. „Cremig, fett, dicht, neutral, Tsatsiki ­ohne Knoblauch und Gurke“, „säuerlich, milchig, extrem cremig gerührt, geschmacksneutral“, „sehr animierend, sauber, milchig, rahmig“, „­bitter, salzig“.
250 g/€ 2,15 bei Naturkost ­Spittelberg, Spittelberggasse 24 1070 Wien
www.naturkost-spittelberg.at

Die Hoflieferanten Naturjoghurt 3,8 % 5,9
Die Hoflieferanten sind eine mittlerweile recht erfolgreiche Erzeugergemeinschaft aus dem Mostviertel, nahezu alle Bioläden und -supermärkte werden von ihnen beliefert, das Hoflieferanten-Joghurt hat sich in den vergangenen Jahren zuverlässig als eines der besten Kuhmilchjoghurts aus Ostösterreich erwiesen: „etwas inhomogen, buttrig, milchig, dicht, dezent, angenehm – Designerjoghurt?“, „fettig, buttrig, gut, urtypisch Joghurt“, „uneinheitliche ­Konsistenz, flockig, rahmig, Duft von Milch und Äpfeln, am Gaumen unerwartet mild und neutral“.
500 g/€ 1,95 bei Naturkost Spittelberg
www.diehoflieferanten.at

Bio +
Naturjoghurt 1 % 5,7
Bio + ist die Biolinie der Kärntnermilch, und es ist schon ­erstaunlich, dass ein Mager­joghurt im Becher einige der wirklich prominenten Edel-Joghurts so deutlich abhängen konnte. „Typischer Joghurtgeschmack, frisch, saftig, cremig, milchig, unaufdringliche ­Säure“, „mollig, harmonisch, nicht unangenehm“, „cremig, milchige Anmutung, schöne Viskosität“.
200 g/€ 0,85, € 4,25/kg bei Meinl am Graben
www.bioplus.at

Nuart
Naturjoghurt Schafmilch 5,4
Der Star unter den Schafkäsemachern macht auch Joghurt, sicher eines der prestigeträchtigsten Joghurts, die man derzeit in Österreich bekommen kann, allerdings auch eines der indi­viduellsten und handwerklichsten. „Zieht Fäden, seltsam, extrem sauer, wirkt sehr ,natürlich‘, frisch, animierend“, „Assoziation: bulgarische Karpaten-Alm“, „Konsistenz wie Käsefondue, sauer“, „seltsam zähflüssig, säuerlich, rahmig, zäh – seltsam“.
180 g/€ 2,70, € 15/kg, bei Joseph Brot Naglergasse 9, 1010 Wien
www.joseph.co.at
www.nuart.at

Die Käsemacher
Ziegenjoghurt 3,2 % 5,2
Mit Nr. 10 das erste Ziegenjoghurt im Bewerb; geizt ein wenig mit Infos über die Herkunft der Milch, mehr als „aus Ö“ wird nicht verraten. Immerhin, das ­Joghurt ist „radikal, sehr deutliches Ziegenmilcharoma, frisch, gut definiert“, „vordergründig Ziege, im Geschmack dann eher neutral, frisch“, „typisch kalkiges Ziegenmilch-Weiß, flockige ­Konsistenz, typischer Geschmack mit leicht animalischem Beiton“.
160 g/€ 0,99, € 6,19/kg bei Meinl am Graben
www.kaesemacher.at

Ja! Natürlich Ziegenmilchjoghurt 4,7 % 5,2
Ein biologisches Ziegenmilchjoghurt um diesen Preis ist schon ein wenig verwunderlich, aber offenbar dennoch möglich. „Designer-Ziegen-joghurt, cremig, zart säuerlich, frisch, aber geschmacklich indifferent“, „gelungen cremig, die Ziege dezent eingebunden, unaufdringlich“, „am Gaumen topfig, durchaus auch für Leute geeignet, die keine Ziegen-Fans sind“.
180 g/€ 0,79, € 4,38/kg bei ­Merkur
www.janatuerlich.at

ferme de peupliers
Yaourt Nature 4 % 5,1
Ein weiteres Edel-Joghurt aus dem wirklich äußerst breiten Regal bei Meinl am Graben. Ein sonst auf Desserts spezialisierter Familienbetrieb mit 120 Milchkühen im Herzen der Normandie sorgt für dieses Produkt: „bröckelige Konsistenz, milchig, süß, aber auch recht bitter“, „geschmacklich recht viele Nebengeräusche, leicht metallisch, Fermentationsgeschmack“, „flockig, säuerlich, metallisch“, „animierend, typisch, am Gaumen eher bitter, unangenehm“.
2 x 125 g/€ 2,89, € 11,56/kg bei Meinl am Graben
www.fermedespeupliers.fr

Höfer
Cremejoghurt natur 5
Ein Familienbetrieb zwischen Feldkirchen und St. Veit an der Glan, der sich auf fruchtige Milchverarbeitung in hübschen Gläsern spezialisiert hat. Auch ein Naturjoghurt wird abgefüllt. „Cremig, ein wenig ­neu­tral, leichter Gelatine-­Geschmack“, „anregend, ­appetitlich, dezente Säure“, „hinterlässt wenig Spuren“.
350 g/€ 3,40, € 9,71/kg
bei Joseph, Naglergasse 9
www.naturkoestlichkeiten.at
Ja! Natürlich Joghurt 3,6 % 5
Gewissermaßen das Basis­joghurt unter den biologischen Joghurts in Österreich, ein absolutes Standardprodukt. „Irrsinnig flüssig, sauber, beziehungsweise neutral. Kaum von Buttermilch zu ­unterscheiden“, „dünnflüssig, cremig, sauber“, „animierend, fein säuerlich“, „dünnflüssige Konsistenz“.
200 g/€ 0,59, € 2,95/kg bei ­Merkur
www.janatuerlich.at

San Giusto
yogurt intero 3,7 % 5
Die San Giusto-Joghurts aus Campoformido bei Udine haben nicht wenige Fans. In unserer Verkostung stießen die in kleine Gläschen hübsch verpackten Edel-Joghurts auf geteilte Begeisterung, „sehr topfig, extrem sauer, frisch, milchig, gehaltvoll“, „total ausgeflockt, sauer, wie Hüttenkäse“, „altmodisch, sauberes, feinsäuerliches Aroma, viel Volumen, locker und erfrischend“.
2 x 125 g/€ 2,59, € 10,36/kg bei Meinl am Graben
www.latteriefriulane.com

Marie Morin
Maourt 100% lait de Chèvre 4,4
Die Ziegen-Variante des Morin-Joghurts war das mit Abstand teuerste Produkt im Rennen, die Ziegenmilch stammt aus der Bretagne, konkret aus Côtes d’Armor, auch hier wird durch Trockenmilchpulver zusätzliches ­Volumen generiert. „Extrem fett, ­süßlich, klebrig, künstlich. Erinnert ein bisschen an Gjetost-Käse“, „wie Creme fraîche mit Ziege, extrem dick, süßlich“, „Weißbrotaufstrich“, „rahmig, zart animalisch, Bitterschoko­lade, Ziege nur dezent erkennbar“.
2 x 125 g/€ 4,19, € 16,76/kg bei Meinl am Graben
www.marie-morin.fr

Stainzer Naturjoghurt 4 % 4,1
Ein klassisches Joghurt einer mittelgroßen Regionalmolkerei; wird in stichfest und cremig angeboten. „Neutral, schmeckt nach gar nichts beziehungsweise nach H-Milch und Plastiksackerl“, „ausdruckslos, neutral“, „feinsäuerlich, wenig ausdrucksstark“. 2
50 g/€ 0,75, € 3,–/kg bei Meinl am Graben
www.stainzer.at

NÖM Joghurt 3,2 % 3,9
Eines der klassischen öster­reichischen Alltags-Joghurts, „flüssig, indifferentes Molkereiprodukt, Styropor-Geschmack“, „unaufdringlich, gutes Basis­produkt, braucht Ergänzung durch Früchte“, „wenig Ausdruck, dafür etwas bitter“.
250 g/€ 0,59, € 2,36/kg bei Merkur
www.noem.at
Mevgal
Griechische Schafmilch 6 % 3,9
Dieses griechische Joghurt ist im österreichischen Handel weit­flächig vertreten, erwies sich in der Verkostung allerdings als das schwächste aller Schafmilchjoghurts. „Käsig, säuerlich, Brimsen“, „bröckelig, Frischkäse-artig, schmeckt auch nicht wie Joghurt“.
200 g/1,69, € 8,45/kg bei Meinl am Graben und Merkur
www.mevgal.gr

Die Hoflieferanten
Magerjoghurt 1 % 3,7
So überzeugend das Hoflieferanten-Joghurt in seiner natürlichen Variante ist, so wenig begeisternd erwies es sich in der Mager-Version. „Bäuerlich, Stall-Note, für Freunde der etwas brutaleren Aromen“, „Bio im negativen Sinn, total misslungen“, „ausgeflockt, eher wild, technisch nicht ganz ausgereift“.
500 g/€ 1,79 bei Naturkost Spittelberg
www.diehoflieferanten.at

Clever
Joghurt natur 0,1 % 3,4
Das billigste Produkt im Rennen, immerhin nicht einmal 6,5% des Preises, das für das teuerste Joghurt im Sample bezahlt werden muss. Über den kulinarischen Sinn von Magerjoghurts muss man nicht diskutieren, „flüssig, verdünnt, neutrale Joghurt-Flüssigkeit“, „keine Spuren der Freude“, „frisch, milchig, wässrig“, „dezent bis indifferent“.
250 g/€ 0,27, € 1,08/kg bei Merkur

Danone
Activia 3,5 % 3,2
Einer der Pioniere der „probiotischen“ Joghurts, „flüssig, süßlich, Stall-Aroma, eigenartige Karamell-Note“, „schmeckt irgendwie bakteriell“, „klebrig, störende Nebentöne“, „träge, zähflüssig, breiig“.
4 x 120 g/€ 2,39, € 3,94/kg bei Merkur
www.activia.at

NÖM
fasten 0,1 % 2,6
Noch ein Joghurt mit nahezu keinem Fettgehalt, „schmeckt nach Plastikbecher, nach Styropor und nach Entbehrung“, „künstlich, Plastik, unangenehm“, „säurebetont“.
200 g/€ 0,79, €3,95/kg z. B. bei Meinl am Graben, Graben 19, 1010 Wien www.meinlamgraben.at
www.noem.at

Natura Plus
4,1 % 1,4
Die Biovariante des friulanischen Joghurts im Gläschen, „dick, rahmig, irrsinnig sauer“, „anregend, aber zu sauer“, „cremig dicklich, aber unangenehme Säure“, „bitter, unangenehm säuerlich, wirkt wie fehlentwickelte Kulturen“.
2 x 125 g/€ 2,79, € 11,16/kg bei Meinl am Graben
www.latteriefriulane.com

Die weisse Palette

Weil es gesund ist. Oder weil man zumindest glaubt, dass es gesund ist. Seit ungefähr hundert Jahren ist es das traurige Schicksal von Joghurt, nicht seines Wohlgeschmacks wegen gegessen zu werden.

Text von Florian Holzer · Foto von Luzia Ellert

Joghurt-Assoziationen von früher: Joghurtbecher sammeln. Die Aludeckel der Joghurtbecher sammeln. Joghurt mit Erdbeeren beziehungsweise idealerweise Erdbeeren mit Joghurt. Nöm-Mix Fruchtjoghurt in unendlich leicht verletzlichen Becherchen aus hauchdünnem Plastik, kaum unbeschadet nach Hause zu bekommen. Es ist gesund.

Joghurt ist zweifellos das Stiefkind der so genannten „weißen Palette“, mit der Molkereien die Produktgruppen Frisch- und H-Milch, Rahm, Obers, Sauer- und Buttermilch, Butter und eben Joghurt zusammenfassen. Nie genoss und genießt man Joghurt aus ursächlicher Ambition, immer musste und muss es sich einer anderen Zutat, einer erhofften Wirkung oder eben sogar der Verwertung seiner Verpackung unterordnen, ein hartes Los für die weiche, dick gelegte Milch.
Aber egal, diese wie auch immer untergeordnete Strategie scheint zu wirken: Wurde früher, also in Zeiten, als es noch Testbild und nach dem Nachtfilm die Bundeshymne gab, gerade mal Joghurt der Kategorie „normal“ und der Kategorie „mager“ angeboten, und zwar von einer einzigen, mehr oder weniger regionalen Molkerei, in deren Rayon man nun mal lebte und damit praktischerweise jeglicher Wahlmöglichkeit entbunden war, sieht die Sache heute definitiv anders aus. Das „Facing“ in den Supermarktregalen ist beeindruckend, aus dem normalen, weißen Joghurt im 0,25-Liter-Becher wurde eine eigene und nicht gerade kleine Produktgruppe, die endlose Varianten der Leicht- und Extraleicht-Kategorie, der probiotischen Abteilung, der lactosefreien Welt, dann natürlich alles auch noch in biologischer und konventioneller Ausführung und zu guter Letzt auch noch von Ziege und Schaf anbietet. Von Fruchtjoghurts noch ganz zu schweigen, dem Supermarktkunden wird gefühltermaßen die Möglichkeit gegeben, jeden Tag des Jahres ein anderes Joghurtprodukt zu verzehren.

Und der von Marketingspezialisten weidlich strapazierte Gesundheitseffekt ist dabei nicht einmal neu. Denn zuerst einmal ging es den Erfindern des Joghurts wohl darum, Milch überhaupt einmal haltbar zu machen und an ihrem Genuss nicht zu krepieren. Auf der Balkaninsel im Bereich des heutigen Bulgarien, schätzen die Molkerei-Historiker, soll Joghurt seinen Ursprung haben. Schafmilch, in keramischen ­Gefäßen aufbewahrt, wird dort bei verhältnismäßig hoher Umgebungstemperatur gerne von Streptokokken und Laktobazillen infiziert und sodann zum Fermentieren gebracht, was die Milch einerseits sauer, andererseits „stichfest“ macht alias „dick legt“.

Das Verfahren ist uralt, war den thrakischen Hirten wahrscheinlich schon in der Eisenzeit zwischen sechstem und viertem vorchristlichem Jahrhundert bekannt und nur eine von vielen verschiedenen und überall in Europa angewendeten Möglichkeiten, Milch zu fermentieren.
So weit, so unspektakulär. Der Gesundheitshype begann mit den Thesen des davor schon extrem erfolgreichen (Nobelpreis für Medizin 1908) russischen Bakteriologen Ilja Iljitsch Metschnikow, Begründer der modernen Immunologie, Empiriker und Entwickler der Therapie gegen die Cholera. Dieser beschäftigte sich in seinen späten Jahren nämlich mit Methoden der Lebensverlängerung und Altersverzögerung und entdeckte bei diesen Forschungen, dass die Bewohner bulgarischer Bergregionen ein überdurchschnittlich hohes Alter erreichten. Seine Theorie: Die gutartigen Bakterien in Joghurt, saurer Milch und Kefir, die von diesen Hirten oft und gerne konsumiert wurden, verdrängen im menschlichen Darm bösartige Bakterien, die Entzündungen hervorrufen und das Immunsystem schwächen. Die „Probiotik“ war erfunden, gewissermaßen die Mittelmeer-Diät des frühen 20. Jahrhunderts.

Und Lebensverlängerung ließ schon damals die Marketingexperten nicht kalt. Die Produktion lief blitzartig an, Joghurt wurde quasi als Elixier und Gesundheitsprophylaxe verkauft, ein Status, den Joghurt noch bis weit in die 50er Jahre innehatte. Eine der wenigen Filmszenen, in denen Joghurt eine Rolle spielen darf, zeigt etwa den alten Jean Gabin in „Le Tatoué“ („Balduin – das Nachtgespenst“, auch „Ein Giftzwerg macht Rabatz“ und „Oscar lässt das Sausen nicht“) in der Rolle eines Veteranen aus dem Ersten Weltkrieg, der auf seinem Rücken eine Modigliani-Tätowierung trägt, die ihm Louis de Funès in der Rolle eines Kunsthändlers abluchsen will. Gabins Haushälterin zwingt ihn quasi dazu, Joghurt aus medizinischen Zwecken zu essen, „die ganze Welt isst jetzt Joghurt“, was seine Abneigung gegen eine derartig herbeigeführte Lebensverlängerung aber nicht beeinträchtigt …

Neues Futter bekam die Joghurt-Gesundheitswelle Mitte der 90er Jahre, als der multinational-französische Molkereikonzern Danone (Umsatz etwa 20 Milliarden Euro) ein süßes Joghurtgetränk namens Actimel auf den Markt brachte, das suggerierte, dank der patentierten Bakterienkultur „Lactobacillus casei“, auch als „Lactobacillus casei defensis“ bezeichnet, die Immunabwehr des Menschen stärken zu können. Der Erfolg war enorm, in 120 Ländern trank man das gesüßte Joghurtgetränk aus den kleinen 100ml-Plastikampullen und fühlte sich aus dem Darm heraus völlig gesund. Ein stark gesteigertes Interesse am menschlichen Darm, an einer „Bauch-Intelligenz“ war die Folge, ein Darm-Hype startete, ähnliche Produkte überschwemmten den Markt, darunter auch eines von Danone selbst, ein vergleichsweise „klassisches“ Joghurt namens Aktivia.

Nach einer drastischen Verschärfung der Gesetze in der EU, die es nun nicht mehr erlauben, gesundheitliche Wirkungen zu suggerieren, wenn sie medizinisch nicht nachweisbar sind, zog der Konzern seine Anträge bei der Europäischen Agentur für Lebensmittel-
sicherheit zurück. Damit geht eine jahrzehntelange und unterhaltsame Chronik von Studien und Gegenstudien zu Ende, Danone bewirbt sein Joghurt Activia jetzt nur noch damit, Wohlgefühl zu erlangen, indem man seinen Rhythmus besser spüren kann. Was genau damit gemeint ist, und ob das in einem Zusammenhang mit der „speziellen Bifidus-Kultur Actiregularis®“ steht, kann sich jeder selbst ausdenken.

Bleibt jetzt noch die Frage zu klären: stichfest oder cremig? Beziehungsweise, eigentlich bleibt diese Frage nicht zu klären, denn „echt“ ist Joghurt natürlich nur stichfest. Diese von Grund auf sympathische Konsistenz, die in der gastronomischen Wildbahn nur verhältnismäßig selten vorkommt – bei Pudding, bei Crème brûlée –, zeugt davon, dass das Joghurt im Becher oder im Glas fermentierte. Also quasi Flaschen-vergoren ist. Cremig gerührtes Joghurt dürfte zwar bei einer etwas breiteren Konsumentenschicht auf Zustimmung stoßen, erfordert aber zumindest einen weiteren Arbeitsschritt und ist um die Nuance weniger natürlich, als das bei stichfestem Joghurt der Fall ist. Abgesehen davon, dass als Stabilisator und zur Bindung oftmals Magermilchpulver zugesetzt wird, was allerdings nicht deklarationspflichtig ist.

Die Haltbarmachung von Milch ist jedenfalls längst kein Problem mehr. Und die Vorstellung, unser Lebensalter durch Genuss gestockter Milch dramatisch zu verlängern, lässt sich in dieser Form auch nicht mehr so leicht verkaufen. Trotzdem isst die ganze Welt immer noch Joghurt. Gäbe es die fermentierte Milch also nicht, man müsste sie offenbar erfinden.

Joe versus Kurt
Gibt es geschmackliche Unterschiede bei ­Joghurt? Also mehr als bloß „cremig“ und „stichfest“, mehr als bloß „probiotisch“ und „besonders probiotisch“? Nachdem wir im Laufe der
Jahre schon ein dramatisch divergierendes ­Geschmacksspektrum bei Produkten feststellten, wo so gar nicht damit zu rechnen war, Salz, zum Beispiel, Butter, Eier oder Ketchup, war die Fragestellung Joghurt also durchaus ­interessant.

Wir verkosteten nicht jedes Joghurt, das in ­Österreich hergestellt wird, sondern versuchten „repräsentativ“ zu probieren: also klassische Handelsware in normaler und magerer Fett­stufe, von mittleren und großen Molkereien, Joghurt von bäuerlichen Kleinproduzenten ebenso wie solche von französischen Gourmandisen-Molkereien, Joghurts aus Italien und Griechenland, Joghurts aus Milch von Kuh, Schaf und Ziege, also ein ziemliches Spektrum; Gemeinsamkeit gab es nur eine: die weiße ­Farbe. Ein zweifellos köstliches Produkt mit hohem Büffelmilch-Anteil bewerteten wir nicht, weil es eher Kefir als Joghurt war, und das halt schon was ganz anderes ist.

An der Verkostung und Bewertung teilgenommen haben diesmal: Dagmar Gross, Diplomsommelière, Käse-Sommelière und Besitzerin der auf Kunst und Kulinarik spezialisierten Agentur Grosswerk; Mag. Karin Schnegdar, Maître fromager und Gastronomie- und Gesellschafts-Korrespondentin der Kronen-Zeitung; Christian Grünwald, Chefredakteur bei A la Carte sowie Autor Florian Holzer. Die Verkostung fand im besten denkbaren Rahmen statt, in der Steirereck Meierei im Stadtpark, ­einer ehemaligen Milchbar.

Das Joghurt, das aus der Kälte kam
Was ist eigentlich „Frozen Yoghurt“ – und soll man es essen?
Man weiß: Es kommt aus den USA, wurde in Korea zum Hit, und seit zwei Jahren poppen die Shops auch in Österreichs Städten aus dem Boden wie sonst nur Bubbletea-Bars. Und das weiße Zeug, das man da bekommt, ist irrwitzig kalt.

„Frozen Yogurt“ vermittelt ein Gefühl zeitgemäßer Urbanität, gewürzt mit „Style“, „Healthyness“ und natürlich „Sustainability“. Die Kundschaft im hippen „Kurt Frozen Yogurt“ in der schmalen Schultergasse in Wiens City besteht jedenfalls zu etwa 85 % aus jungen Frauen mit kosmopolitischer Attitüde, ­wobei sich das von Outlet zu Outlet ein bisschen unterscheide, meint Yong-­Beom Kang, einer der drei „Kurt“-Gründer.

Drei essenzielle Faktoren gebe es beim Frozen Yogurt, so Kang, die Technik, die Rezeptur und die Qualität der Zutaten. Bei der Technik greife man auf amerikanische Geräte zurück, Softeis-Maschinen nicht unähnlich, die eine vorgefertigte Joghurt-Zucker-Johannisbrotkernmehl-Mischung zuerst einmal cremig rühren und dann in einen – ebenfalls rührenden – Kühlraum verfrachten, von wo frisch abgezapft wird. Da die Hauptzutat Magerjoghurt ist, bleibt der Fettgehalt deutlich unter jenem von Gelato, und obwohl mit Zucker anstatt mit Süßstoff gesüßt werde, entstehe nach Verzehr einer Portion Frier-Joghurt kein Insulinschock-bedingtes Hungergefühl, so Kang, sondern „man fühlt sich wohl“. Vor allem aber fühlt man sich cool, die weiße Tiefkühl-Creme kommt mit –8 bis –6 °C in die selbstverständlich nachhaltigen und abbaubaren Becher, die Temperatur sei auch einer der Gründe, warum Frozen Yogurt eigentlich kaum nach Joghurt schmecke, erklärt Kang, „wenn es schmilzt, wird es sowohl süßer als auch saurer“. Attraktiv wird die kalte weiße Masse, die nach nichts schmeckt, dann durch die „Toppings“: Früchte, Beeren, Nüsse, süße Saucen oder Keksbrösel, von der Generation „Lecker“ gerne als „Crumbles“ ­bezeichnet. Dass es mit der Kalorienarmut spätestens dann wieder vorbei ist, wird großzügig ignoriert.
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