Gasthof Hinterleithner – Donau-Thai

Foto von Niederösterreich Werbung/David Schreiber
Text von Philipp Braun

Nixen können einen schnell verzaubern. Eine Fahrt durch den Strudengau in den Abendstunden bewirkt das gleiche Wunder. Die früher wilde und ungestüme Donau schlängelt sich durch einen zu Hügeln geformten Mischwald, der direkt aus dem heute beschaulich mäandernden Fluss zu wachsen scheint. Seit sieben Jahren ist der Strudengau um eine weitere Attraktion reicher. Hans Jörg Hinterleithner übernahm das elterliche Wirtshaus und hext in Weins Speisen auf den Tisch, dass es einem nach der Fahrt durch die magische Natur schon wieder die Perlen in die Augen drückt. Kein Wunder. Der Koch brillierte lange Zeit an der Seite vom Ausnahmekoch Christian Petz, unter anderem im Palais Coburg. Seit 2015 führt er das elterliche Wirtshaus mit seiner Frau Angeli. Deren ­Eltern kommen aus dem Nordosten Thailands und liefern die Begründung, warum in der Speisekarte neben exklusiven Gerichten und Hausmannskost auch immer wieder thailändische Speisen wie Currys angeführt werden.

Hinterleithner ist kein lauter Marktschreier, er verwebt lieber Gewürze sanft mit den besten Zutaten und stimmt die Aromen harmonisch ab. Wie Oberflächenwellen auf dem Fluss immer weitere Kreise ziehen, so streifen die komponierten Aromen sanft den Gaumen. Man fühlt sich im Landgasthof sensorisch wie in einem sicheren Hafen und will den Aufenthalt zur Gänze auskosten. Das gelingt mit dem mehrgängigen Menü. Bei sechs Gängen um 80 Euro und überaus fair kalkulierten Weinen – eine Seite ist für Naturweine wie beispielsweise Christian Tschidas Himmel auf Erden reserviert – besteht sowieso keine Notwendigkeit, den Strudengau eher zu verlassen.

Also in das Vergnügen hüpfen. Sanfte Brisen von Thai-Aromatik zeigen sich beim Gedeck. Marinierter Chinakohl, eingelegter Rettich und Kohlrabi sind von eleganter und exotischer Raffinesse getragen und begeistern wie das Amuse: eine löffelgroße Gazpacho-Perle aus Kopfsalat, Eisbergsalat und Gurke, die wie ein Wassertropfen im Mund zerplatzt und die Aromen in den Gaumen sprudeln lässt. Lauwarmer Saibling mit eingelegten Hollerknospen und knusprigem Zartweizen bezirzt mit einer Gefährlichkeit, die einen unmäßig werden lassen könnte. Man will mehr in die Vielfalt eintauchen und bestellt sich in der Euphorie als Zwischengang den gegrillten Thai-Style-Schweinebauch. Der Nachbartisch hatte die gleiche Idee. Anscheinend Stammgäste – und bereits gefangen in Hinterleithners Aromenwelt. Kein Wunder.

Das Wammerl wurde gekocht, mit betörendem Gewürzlack aus Sojasauce, Apfelessig, Knofl, Zucker und scharf machenden Gewürzen eingepinselt und über Holzkohle gegrillt. Dazu gibt’s statt grüner Papaya pikanten Kohlrabisalat. Stimulierend, kitzelnd und trotzdem nie aufdringlich. Seidig und von buttriger Harmonie getragen sind die im ­Bambuskorb gedämpften und mit Kohlepulver gefärbten Ravioli. Der Teig (ohne Ei) umhüllt eine cremige Melange aus Erdäpfeln, Knoblauch und Butter, dazu zarte Zucchini­streifen und Liebstöckelschaum sowie Miniaturen von Nussbuttercroû­tons, die dem Gericht etwas Crunch verleihen. Hinterleithner, der Meistertrainer, kitzelt aus jeder Zutat das Beste heraus. Meistens liefern die Bauern aus der Umgebung. Aber er ist kein Dogmatiker, wenn es ihn „gustert“, dann beglückt er die Gäste auch mit einem Steinbutt. Beim Wild bleibt er im Radius von zwanzig Kilometern und kauft nicht irgendein Gatterwild, sondern Reh aus dem benachbarten Revier. Klassisch gebraten und geschmort, dazu Steinpilze und eine in Fond blanc gedünstete knackige Ochsenherzkarotte. Wer bis jetzt noch nicht verzaubert ist, könnte vielleicht noch vom Bananen-Yuzo-Sorbet probieren.

Küche: 3,5
Atmosphäre: 3
Weine: 4

Gasthof Hinterleithner
Weinserstraße 95, 3681 Weins, T 07414/72 03
hinterleithner.at