Harry Brunner, Frenchman

Foto von Sandra Photo-Art-Design

Machen wir uns nichts vor. Aus Harald Brunner, dem stets farblich auffallend gekleideten Urwiener mit Gerer-Hintergrund und hinreichend beeindruckender Laufbahn, wird kein Franzose mehr. Doch seine Arbeit im Servitenviertel, der einzigen Rückzugsmöglichkeit für frankophile Wienbewohner in Nachbarschaft zum französischen Kulturinstitut, Studio Molière und dem Lycée, nimmt den Genius Loci einfühlsam ins Programm, und das schmeckt alles sehr gut. Vielleicht schmeckt es hier auch noch ein bisschen besser, denn Brunner scheint angekommen zu sein.

Ein kleines Baguette zum Einstieg, gefüllt mit Schinken, und schon hat sich der Patron seine Fangemeinde geschaffen. Der kleine Nizzasalat ist knackig, frisch und ansonsten mehr ein Zitat als ein echter Salade niçoise. Die Bisque aus Krustentieren, in der manchmal ein Stück Hummer oder Seeteufel zu schwimmen kommen, ist köstlich, vor allem, wenn der Meister beim Cognac nicht gespart hat. Ein Klecks Rouille dazu, passt. Tête de veau gibt es in Paris meistens gekocht, hier ist der Kalbskopf gebacken, die Sauce gribiche ist immerhin typisch französisch, dazu Erdäpfelsalat, allesamt mustergültig. Grandios: eine gebratene Entenleber mit Zwiebelkuchen, Zwiebel und glaciertem Apfel. Noch grandioser: das Kalbsbries mit Entenzungen, Trüffel und einem Klecks gekonnt zubereitetem Erdäpfelpüree, Buttergehalt genau zwischen Wien und Paris.

Für Unentwegte hält Brunner auch seine Ente mit Grammelknödeln bereit, für die ihm seine Fans bis ans Ende der Welt nachreisen würden. Als Nachspeise dann eine eingewienerte Version einer Crêpe Suzette, souffliert, aber auch Topfenknödel, Schmarren und ein Best-of-Zwetschkenröster. Der gute Koch Brunner feiert gerade seinen Sechzigsten, und man muss ihm für den Mut, sich in diesem schön auf Wiener Bistro eingerichteten Lokal (fantastischer Garten) nochmal aufs Neue selbstständig zu machen, ehrlichen Respekt zollen. Für die Idee, auch sonntagmittags zu öffnen, wo der Wiener Esser ansonsten zum Hotelbrunch verurteilt ist, muss man Brunner hingegen lieben.
Alexander Rabl

Küche ●●●◐○
Atmosphäre ●●●◐○
Weine ●●●◐○

Harald Brunner im Servitenviertel
Servitengasse 7, 1090 Wien
T 01/413 03 13
haraldbrunner.at