Kolm Restaurant Bärenstark

Foto von Gerdhard Wasserbauer
Text von Philipp Braun
Michael Kolm kombiniert im neuen Fine-Dine- Restaurant das Waldviertel gekonnt mit Huchen, Kaviar und Taube.

Wer Arbesbach sagt, muss auch Bär sagen. Die Auffangstation für Meister Petz stellt quasi das Wahrzeichen der 1.560-Einwohner-Gemeinde dar. Freilich gibt es noch andere triftige Gründe, in das verwunschene Eck des westlichen Waldviertels zu fahren. Der Volleyballverein zählt zu den besten in Österreich, die Schwammerlplätze in der Gegend sind begehrt und mit Michael Kolm (sieben Jahre Souschef bei Markus Mraz) führt ein kulinarischer Könner das Lokal gleich neben dem Gehege. Vor 14 Jahren übernahm er das Wirtshaus, das bis vor einem Jahr noch als Bärenhof bekannt war. Doch der rustikal klingende Name und die Mischung aus traditionellem Gasthaus und feinem Restaurant in einem Raum irritierte etwas. Viele Ausflügler fühlten sich angesichts der ausgefeilten Gerichte nicht wohl. Restaurantgäste hätten sich wiede­rum mehr Chic gewünscht.

Also legte Kolm sein „Bärenfell“ ab, baute um und zog eine klare Trennlinie. Im neu benannten Kolm Restaurant verpackt der Koch das ungestüme Waldviertel in wohlfeile Küche zu leistbaren Preisen. Die Fenster wurden etwas nach unten gezogen, lassen den Blick noch mehr in die Wälder schweifen und bieten als Nische eine angenehme Sitzgelegenheit. Ein schöner Holzboden (Eiche gebürstet), eine Schank, die zugleich Anrichteküche ist, sowie ein begehbarer Weinschrank beweisen, dass die Umgestaltung geglückt ist.

Kolm meint es auch mit dem Essen ernst. Das zeigt sich bereits beim ­Gedeck mit selbst gemachtem Brot, Nussknusperchip und erfrischender Zitronenbutter sowie drei verschiedenen Amuse-Bouches. Sehr nett der Gruß mit circa 30 Steinen in einer Schüssel. Einer davon ist essbar. Natürlich beißt man nicht bei jedem ab, sondern benutzt seine Menschentatzen, entdeckt eine weiche, als Stein getarnte Hummusspeise und genießt – sehr gut. Dem Waldviertel wird ­gehuldigt, ohne Exklusives wie Huchen, Schweizer Kaviar oder Taube zu vernachlässigen. Die kann man à la carte oder besser in Mehr-Gänge-Menüs (drei bis sechs Gänge) genießen. Dazu passt eine vielversprechende Weinbegleitung: beim JRE-Hauswein Ott Kirchthal angefangen über biodynamische Tropfen wie Aloers 2014 aus dem Penedès (Celler Credo) bis hin zur Welschriesling Freyheit von Gernot Heinrich. Wer will, kostet sich glasweise durch ­verschiedene Premium-Weine wie Batonnage 2016 oder tobt sich gleich bei Flaschen aus. Da bezaubernde kleine Lodges zum Übernachten mit Blick in den Wald gebaut worden sind, stellt sich die Frage – wieso eigentlich nicht?

Etwas brav und zurückhaltend ist der Einkornsalat mit Roastbeef, Rucola und eingelegten Zucchini. Also mehr Koala als Grizzly. Danach umgarnen lauwarme Erdäpfelcreme, gehobelte Steinpilzscheiben und fast dahinschmelzende Parmesanchips zu einem Türmchen geformte Kartoffelscheiben. Erinnert an Blätterteig in Form und Konsistenz. Ist aber „banaler“ Waldviertler Erdapfel, meisterhaft geschnitzt und von einem Gupf seidig glänzendem Oona-Caviar aus der Schweiz gekrönt.

Kolm verhilft den Knollen zu Ruhm und veredelt sie beim nächsten Gang in knusprigen Kartoffel-Cannelloni, gefüllt mit lauwarmer Erdäpfelcreme. Dazu zwei Karotten, dünn wie Sojasprossen, aber mit ­einer Urgewalt an Geschmack versehen – so, als hätte man sie direkt aus der Erde gezogen und vernascht. Erdig, knackig, leichte Süße. Dazu passend ein fast auf der Lippe schmelzendes Short Rib vom Donaulandrind – fantastisch.

Kolm kann auch Fisch. Huchen zum Beispiel. Der Koch bezieht ihn aus Gunskirchner Zucht, brät ihn auf der Hautseite und lässt dem Fisch seinen zarten Geschmack und seine Saftigkeit. Als Gegenspieler geben Croûtons, gebraten in ausgelassenem Markknochen, eine Portion geschmacklichen Wums mit. Passt gut. Dazu etwas Wilder Brokkoli, fein gehobelte Sommertrüffel, und das Bild ist komplett. So wie die gesamte Neuausrichtung des Restaurants.

Küche: 4
Atmosphäre: 4,5
Weine: 3

Kolm Restaurant
Schönfeld 18, 3925 Arbesbach
T 02813/242
kolm.restaurant