Lokalaugenschein Tops & Flops

sowie Leistungen, die dazwischenliegen. Der A la Carte-Lokalaugenschein präsentiert aktuelle Momentaufnahmen der Gastronomieszene. Deshalb müssen die Wertungen auch nicht mit jenen im Guide A la Carte 2022 übereinstimmen.

Foto von Fabios
Text von Alexander Rabl

Fabios
Die gute Nachricht

Wien im Herbst. Es wird kälter, das Wort Krise schleicht durch die Stadt wie ein lästiger Gläubiger, gekommen, der Gesellschaft die Rechnung zu legen. Die Wiener kriegen nach zwei Jahren Pandemie schon wieder Lust, sich in ihre Schneckenhäuser zurückzuziehen, die aber leider ­heuer nur zu Höchstpreisen beheizt werden können. Dann doch lieber gleich ins Wirtshaus. Doch die Wirte jammern. Nur wenige stehen wie gallische Dörfer gegen die Tristezza.

Etwa das Fabios, montagmittags, volle Bude, und das geht jetzt seit dem Frühsommer an den anderen Tagen auch so. An den günstigen Preisen kann es nicht liegen, die sind in Richtung City of London und Downtown Manhattan unterwegs. An der Qualität und am Personal hingegen liegt es offenkundig sehr wohl. Wie schafft es Herr Giacobello, der nach mehreren Schlankheitskuren mittlerweile aussieht wie eine Giacometti-Figur, so viele gute Serviceleute um sich zu scharen, vom Empfang, von den ­exzellent auftretenden Damen und Herren an der Bar bis zum eigent­lichen Restaurant? Weiß er etwas über sie und ihre Familien, sodass sie gezwungen sind, ihm die Treue zu halten, und das in vielen Fällen seit mehr als zehn Jahren? Im Frühjahr ließ Fabio sein Restaurant zum x-ten Mal faceliften, dem Architekten Burghardt muss vor allem für die Neugestaltung der Bar und der Waschräume großer Respekt gezollt werden. Auch die Terrasse ist ein wenig schöner geworden, was zum Erscheinen dieses Textes nur noch eine geringe Rolle spielen wird. (Gespannt sein darf man, ob es Klimaschützer-Demos gegen die innerstädtischen Heizstrahler geben und ob es zu Handgreiflichkeiten kommen wird.) Küchenchef Christoph Brunnhuber erweist sich als Fels in der Brandung, auch bei „stormy weather“, wenn das Lokal drei Mal überbucht ist.

Er war es schon vor zwanzig Jahren. Crevetten von sagenhafter Qualität kommen mit weißen Bohnen und einer Creme aus Algen, gefüllte Zucchiniblüten mit Tomaten, Vi­tel­lo ton­na­to und andere Vorspeisen sind immer noch Innenstadt-Referenzgerichte. Im Frühsommer gab es Safranrisotto mit dünn geschnittenem, rohem Kaisergranat vulgo Scampi aka Langoustine, ein so einfaches wie delikates Gericht. Bei den Risottos und den Teigwaren erweist sich die Küche immer als Meisterin. Knallgrün die Gnocchi mit ligurischem Pesto und Bohnen. Nur die neu ­interpretierte, zweifellos fotogene Lasagne wirkt etwas anämisch. Wenn schon Lasagne, dann auch Mut zur Herzhaftigkeit und Hässlichkeit. Findet der Autor halt. Ein gebratenes Hendl mit Gemüse und Ricotta ist vorbildliches und überhaupt nicht blässliches Low Carb. Als Belohnung dann, ebenfalls neu interpretiert, das Tiramisu, so elegant wie cremig und köstlich, ein Mai­länder Dom von einer Nachspeise. Weine top, Cocktails ebenso. Lieber hier einkehren und dafür im kommenden Winter einen Abend die Wohnung (oder die Villa) kalt lassen.

Küche: 3,5
Atmosphäre: 4,5
Weine: 3,5

Fabios
Tuchlauben 4/6, 1010 Wien, T 01/532 22 22
fabios.at


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