Sauce Hollandaise – Die Sauce mit zwei Reisepässen

Dem Namen nach eine Holländerin, aber im Herzen bleibt sie eine Französin, die gute alte Holländische Sauce oder Sauce Hollandaise. Aber warum überhaupt diese Doppelstaatsbürgerschaft?

Sauce Hollandaise – Die Sauce mit zwei Reisepässen

Text von Andrea Karrer Illustration: Peter Jani
Nach alten Quellen ist diese Sauce französischen Ursprungs und hieß zunächst Sauce isigny nach dem Ort Ville d’Isigny Sur Mer in der Normandie. Dieser war ein bekanntes Zentrum der französischen Butterherstellung und dort soll diese helle Sauce aus aufgeschlagener Butter und warm geschlagenen Dottern – die Sauce isigny – im 17. Jahrhundert kreiert worden sein. Sie hat einen relativ hohen Fettgehalt und wird deshalb zu Fisch, Meeresfrüchten und Gemüse (z. B. Spargel) gereicht und gehört zu den Grundsaucen der klassischen französischen Küche. Ähnliche Saucen könnte es aber auch in Belgien und Holland gegeben haben.
Die Umbenennung der Sauce isigny zur Sauce hollandaise erfolgte zur Zeit des Ersten Weltkrieges, als Butter auch in Frankreich knapp wurde und nun Butter unter anderem aus Holland importiert werden musste. So entstand der Name Sauce hollandaise, um Holland als die Quelle der Butter erkenntlich zu machen – und dies scheint doch für die Franzosen mit ihrem Nationalstolz recht ungewöhnlich.
Möglicherweise hat es aber auch den Grund, dass die Butter aus Holland nach Meinung der Franzosen von schlechterer Qualität war, und als Sauce hollandaise den Namen der Stadt Isigny nicht verunglimpfen sollte. Sei’s wie es sei! Hauptsache bleibt die SAUCE! Denn schon um 1650 veröffentlichte François-Pierre de La Varenne in seinem Kochbuch La cuisine françois ein Rezept (Spargel an duftender Sauce), das der Hollandaise sehr ähnlich ist: "Mache eine Soße aus guter frischer Butter, Essig, Salz und Muskat, sowie ein Eigelb zum Binden, passe auf, dass sie nicht gerinnt." Ob nun Varenne die Sauce selber erfunden hat, oder sie aus Isigny hat, bleibt unbeantwortet …
Und noch eine Anmerkung: … Sauce hollandaise lässt sich leichter aussprechen!
Zur Zubereitung wird zuerst Wasser (bzw. Weißweinessig oder je nach Rezept passender Gemüsefond oder auch Weißwein) in einem kleinen Topf mit Pfefferkörnern erhitzt und auf ein Drittel eingekocht. Diese Reduktion nun etwas abkühlen lassen. Inzwischen wird die Butter geklärt. Dafür die Butter in kleine Stücke schneiden, in einem Topf bei schwacher Hitze schmelzen und so lange erwärmen, bis sich oben eine dünne Schaumschicht aus Eiweißmolekülen gebildet hat. Diesen Schaum abschöpfen und das Butterfett behutsam durch ein Sieb in einen Messbecher seihen, sodass der milchige Bodensatz (=Molke) im Topf zurückbleibt.
Nun die Dotter mit der Reduktion mit einem Schneebesen gut durchschlagen und ganz langsam und vorsichtig erhitzen. Die Masse dabei ohne Unterlass kräftig schlagen, dabei darauf achten, dass der Schneebesen alle Stellen des Topfes erreicht, damit sich die Dotter nicht absetzen und gerinnen können. Dabei besteht die Gefahr, dass die Dotter zu stark bzw. zu lange erhitzt werden und somit stocken. Die erste und auch schwierigste Stufe dieser Saucenherstellung liegt also darin, die Dotter vollkommen luftig-schaumig zu schlagen und sie dabei einer ständig zunehmenden, gleich­mäßigen Hitze auszusetzen, die ein glattes und cremiges Dickwerden der Masse ermöglicht. Wolfram Siebeck empfiehlt deshalb in seiner Kochschule für Ausführende mit wenig Erfahrung, den Topf (besser noch einen Schneekessel) mit der Masse in ein heißes, jedoch nicht kochendes Wasserbad zu stellen. So erreicht man die notwendige schwache und gleichmäßige Hitze und der Erfolg ist sicher(er).
Erst wenn der Dotterschaum die Konsistenz einer Creme frâiche erreicht hat, gibt man nach und nach unter ständigem Schlagen die geklärte, leicht abgekühlte Butter zuerst in Tropfen dazu. Erst wenn die zugefügte Butter in der Mischung vollkommen emulgiert ist, die restliche Butter nach und nach in dünnem Strahl unterschlagen. Zum Schluss erst salzen und würzen!
Stellt man während des Aufschlagens fest, dass die Sauce zu dick wird, so gibt man währenddessen ab und zu einen Tropfen lauwarmes Wasser bzw. Fond dazu. Dieses Verfahren ist dem brutalen Zusatz einer verdünnenden Flüssigkeit zum Schluss der Zubereitung vorzuziehen.
Eine auf diese Weise hergestellte Sauce hollandaise ist neutral, doch schmackhaft, nicht zu flüssig, nicht zu fest und doch luftig leicht. Sie wird erst zum Schluss abgeschmeckt und im Wasserbad warmgehalten. Wird sie überhitzt, trennen sich Dotter und Butter wieder, die Sauce "läuft davon", fällt also auseinander. Sollte dies einmal eintreten, muss man die Sauce erneut aufschlagen. Dafür gibt man in einen Topf etwa einen Esslöffel heißes Wasser und schlägt die geronnene Sauce Tropfen für Tropfen unter ständigem Schlagen mit dem Schneebesen hinein.
Hinweis: Nach Geschmack kann man die Essig-Pfeffer-Reduktion zu Beginn weglassen und die Dotter nur mit Wasser aufschlagen. Bei dieser Art der Zubereitung wird die Sauce erst zum Schluss mit einigen Tropfen Zitronensaft gesäuert.
Das Wichtigste zum Schluss:
Eine wirklich köstliche Sauce steht und fällt mit der Butter! Also Butter allerbester Qualität nehmen – am besten frische Süßrahmbutter! Tipp: superschnelle Hollandaise: Die Butter nicht klären, sondern weiche Butterstücke (Stück à 60 g) nach und nach unterschlagen. Und zwar so: Wenn ein Stückchen Butter geschmolzen ist, das nächste zufügen.
Eine noch schnellere Variante zeigte Manfred Buchinger in einer Frisch gekocht-Sendung. Er füllte alle Zutaten in ein Isi-Sahne-Gerät (Espumaflasche) und stellte nach üblicher Methode laut Herstellerhinweis eine Sauce maltaise her.
Die Sauce hollandaise ist die Basis für einige eigenständige Abwandlungen.
Sauce mousseline (Oberssauce): Etwas mehr Zitronensaft verwenden und unter die fertige Sauce hollandaise aufgeschlagenes Obers ziehen oder auf die angerichtete Sauce dressieren.
Man serviert sie zu pochiertem oder gedünstetem Fisch, Krustentieren und Feingemüse.
Sauce maltaise (Orangenbuttersauce): Sauce hollandaise wird ohne Reduktion, dafür mit Saft von reifen Blutorangen aufschlagen; mit pochierten, julienne geschnittenen Orangenschalen als Ein­lage fertigstellen.
Die Malteser Sauce ist eine Spezialsauce, die man zu Spargel reicht.
Sauce bavaroise (Bayrische Sauce): Reduktion von Thymian, Lorbeerblatt und geriebenem Kren mit Butter aufschlagen, mit Krebsbutter, Obers sowie Krebsschwänzen vollenden.
Reicht man zu Fisch und Krustentieren.
Sauce au citron (Zitronenbuttersauce): Sauce hollandaise ohne Reduktion mit Zitronensaft aufschlagen; mit pochierter, fein gehackter Zitronenschale als Einlage.
Für Spargel und gekochte Fische.
Sauce divine (aufgeschlagene Portweinsauce): Sauce hollandaise mit Zitronensaft aufschlagen und mit Portwein fertigstellen.
Wird zu Spargel und Artischocken serviert.
Übrigens: Die mitunter fälschlich für eine Ableitung der Holländischen Sauce gehaltene Sauce Béarnaise ist eine eigenständige, aufgeschlagene Grundsauce!