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Die Herstellung von Blätterteig gilt als eine Königsdisziplin in der Patisserie. Besonders das oftmalige Tourieren des Teigs ist mühevoll, belohnt aber mit unvergleichlich zarter Knusprigkeit.

Text von Andrea Karrer Illustration von Peter Jani

Die oft verbreitete Annahme, dass Blätterteig aus über tausend Schichten bestünde, kommt vermutlich von der französischen Bezeichnung „mille-feuilles“, was so viel wie tausend Blätter bedeutet. Das ist jedoch eine jener zahlreichen kleinen Übertreibungen, die in der Geschichte der Grande Cuisine recht häufig vorkommen. In Wahrheit verfügt ein richtig hergestellter Blätterteig über 145 Schichten – immer noch genug, um den Teig durch die darin eingeschlossene Luft sowie die entstehenden Wasseranteile beim Ausbacken vielblättrig aufgehen zu lassen. Der dafür nötige Vorgang, den Blätterteig mehrmals auszurollen und wieder zusammenzulegen, wird in der Sprache der Konditoren als Tourieren bezeichnet. Und es bedarf traditionell einer vierfachen Anstrengung, damit der Blätterteig wirklich voll „auf ­Touren kommt“. Die klassische Zubereitung mit sechs einfachen Touren hat allerdings schon 730 Teigschichten. Doch Blätterteig ist nicht gleich Blätterteig. Denn es gibt den Französischen, Holländischen und Deutschen Blätterteig. Alle drei Varianten unterscheiden sich in der Einarbeitungsart der Butter. Beim sogenannten Deutschen Blätterteig liegen die Fettschichten innerhalb des Teiges, beim Französischen Blätterteig hingegen wird der Teig von den Fettschichten umschlossen (da diese Herstellung schwierig ist, wird Französischer Blätterteig eher selten hergestellt), beim Holländischen Blätterteig (auch Blitzblätterteig genannt) wird das kühle Fett nur würfelförmig in den Teig gearbeitet, ohne ­Ruhepausen touriert und vor allem zu Blätterteigböden verarbeitet.

Für die Herstellung von Deutschem Blätterteig wird ein fester Teig aus Mehl, Salz und Wasser hergestellt, dem manchmal ein paar Tropfen Essig zugegeben werden, um die Kleberstruktur des Teigs zu schwächen und ihn leichter ausrollen zu können. Dieser Teig wird zu einem Rechteck ausgerollt, auf dem eine Schicht mit etwas Mehl verknetete Butter oder Margarine, die sogenannte Ziehbutter oder Ziehmargarine, aufgelegt wird. Anschließend wird der Teig ähnlich wie ein DIN-A4-Brief dreifach gefaltet, der Teig besteht also aus drei Schichten. Man spricht hier von einer „einfachen Tour“. Anschließend wird der Teig um 90 Grad gedreht und wieder zu einem Rechteck ausgerollt. Dann werden die beiden schmalen Seiten des Rechtecks nach innen gefaltet, sodass sie sich in der Mitte treffen, und der Teig noch einmal in der Mitte gefaltet, sodass die beiden gefalteten Seiten innen liegen und sich insgesamt vier Schichten bilden. Hier spricht man von der „doppelten Tour“. Der Vorgang des Tourierens, also des Faltens, Ausrollens und wieder Faltens, wird mehrfach wiederholt. Ein Blätterteig bekommt in der Regel zwei einfache und zwei doppelte Touren. Am Ende besteht er aus 3 x 3 x 4 x 4 = 144 Fettschichten und 288 Teigschichten, von denen die innen liegenden paarweise zu einer verbunden werden – es bleiben also 145. Die klassische Blätterteigverarbeitung sieht sechs einfache Touren vor, sodass 720 Teigschichten entstehen. Es gibt aber auch Blätterteige, die mehr Touren erhalten. Zwischen den einzelnen Arbeitsschritten muss der Teig ruhen und gekühlt werden, denn zu warm darf die Butter nicht werden, sie würde auslaufen und sich mit den Teigschichten verbinden, und das soll sie schließlich nicht. Sie dient vielmehr als „Trennschicht“: Beim Backen verdunstet das Wasser in der Butter, sorgt so für die Trennung und bläht die Schichten auf. „In unserem Fall, dem Französischen Blätterteig, umschließt der Teig die Butter“, erklärt Rémi Soulier von der französischen Bäckerei-Konditorei Parémi in der Wiener Innenstadt. Der Name Parémi setzt sich aus den Vornamen von Rémi und Patricia zusammen. Patricia kümmert sich um die Patisserie, und Rémi hat sich ganz dem Brot verschrieben. „Pâte feuilletée inversée oder Blätterteig inversée (vertauscht bzw. verkehrt herum), ist der absolute König unter den Blätterteigen und aus Rezepten für die französische Patisserie nicht wegzudenken. Zart knuspriger und feiner geht es nicht. Danach kommt nichts mehr“, schwärmt Patricia.

„Die Butter liegt also beim Ausrollen außen. „Da sich aber Butter alleine nur schwer ausrollen lassen würde, wird hier eine Beurre manié (Mehlbutter) hergestellt, um das Ausrollen zu erleichtern. Auch der Détrempe (Mehlteig) ist für die Methode inversée etwas unterschiedlich, er beinhaltet ebenfalls Butter und ist somit kein reiner Mehl-Wasser-Teig,“ erklärt Rémi und fährt fort: „Wichtig ist, dass man den Teig immer in möglichst kleinen Vor- und Rückwärtsbewegungen mit dem Nudelholz ausrollt, damit sich die Butter gleichmäßig verteilt. Unbedingt nach jeder Tour die Oberfläche mit einem Pinsel von den Mehlresten befreien, dadurch verbinden sich die Teigschichten besser mitei­nander. Den Teig nach jedem Mal ausrollen um 90 Grad drehen – auch das ermöglicht eine optimale Verteilung der Butter und sorgt dafür, dass der Teig überall gleichmäßig bearbeitet wird. Während des Backprozesesses entwickelt sich dann Dampf zwischen den einzelnen Teiglagen, der sie auseinandertreibt.“ Blätterteig ist perfekt, wenn alle Lagen bis ins Innere gebräunt sind, also bei 180 bis 200 °C Umluft 25 bis 30 Minuten backen.

Der luftige Blätterteig wird zur Herstellung ­allerlei Gebäcke wie Apfeltaschen, Pasteten, Mille-feuille, Palmblättern, Strudel, Vol-au-vent, Fleurons (meist halbmondförmige Ziergebäcke zu Suppen oder Ragouts) oder Baklava (türkisches/ orientalisches Gebäck aus Blätter- bzw. Filoteig, gefüllt mit gehackten Walnüssen, Mandeln oder Pistazien und in Zucker- und Rosenwasser getränkt) verwendet. Außerdem wird Blätterteig als Boden für Kuchen und Tartes wie die Tarte fine aux pommes (siehe Rezept) verwendet. Auch Wurst- und Fleischgerichte werden in Blätterteig eingeschlagen, wie etwa Würstchen im Schlafrock, Schweinsfilet im Blätterteig und Filet Wellington.

Blätterteig hat noch einige Verwandte, die nach einem ähnlichen Verfahren hergestellt werden. Dem Plunderteig wird noch Germ beigefügt, bevor er wie Blätterteig touriert wird. Die Lockerung beim Plunderteig entsteht also nicht nur durch den Wasserdampf, sondern auch durch die Germ. Plunderteig ist meistens schwerer als Blätterteig, und er wird u. a. zur Herstellung von größeren Gebäckstücken wie Plundergebäck oder Croissants verwendet. Der in der türkischen, griechischen und arabischen Küche verbreitete ebenfalls tourierte Yufka-, Filo- oder Masoukateig wird meist mit Olivenöl anstelle von Butter oder Margarine hergestellt.

Parémi
Bäckerstraße 10, 1010 Wien
www.paremi.at

Für Blätterteig-Liebhaber, denen kein Weg zu weit ist. Bei G. Detou in Paris bekommt man den besten frischen Blätterteig (100 % Butter) in der 3-kg-Packung (Kühltasche mitnehmen). Der Hersteller ist SARL François, er stellt auch für die besten Patisserien in Frankreich den Blätterteig her.
G. Detou
58 Rue Tiquetonne, 75002 Paris

Tarte fine aux pommes

Rezept von Patricia Petschenig und Rémi Soulier
Parémi, 1010 Wien

Zutaten

Feuilletage Inversée (Französischer Blätterteig)

Teig 1 – Mehlteig (Détrempe)
250 g Wasser
10 g Salz
5 g Essig (optional)
40 g Butter
500 g Mehl (Typ 45 oder 65, entspricht T 480 oder T 700)

Teig 2 – Butterteig (Beurre manié)
250 g Butter
100 g Mehl (Typ 45 oder 65)

Mandelcreme
200 g Butter
200 g geriebene Mandeln
200 g Zucker
200 g Eier
50 g Mehl
10 g Rum

Zubereitung

Butterteig etwa 4 mm dick ausrollen und mit einem Ausstecher (etwa 12 cm Durchmesser) Kreise ausstechen. Blätterteigkreise auf ein mit Backtrennpapier ausgelegtes Backblech legen und mit einer Gabel gleichmäßig einstechen.

Butter, Mandeln und Zucker mit einem Bischof (Flachrührer) verrühren. Anschließend die Eier dazugeben und die Masse 10 Minuten schaumig rühren. Dann Mehl und Rum beifügen und kurz rühren.

Die Masse auf die vorbereiteten Blätterteigscheiben geben und die Apfelscheiben dekorativ darauf anordnen. Im vorgeheizten Backrohr bei 180 °C Umluft 30 Minuten backen.

Teig 1: Wasser, Salz und eventuell Essig in eine Rührschüssel geben, danach die Butter beifügen. Gesiebtes Mehl zur Wasser-Butter-Mischung geben und 5 Minuten entweder händisch oder mit dem Knetarm der Küchenmaschine langsam kneten. Anschließend den Teig flach drücken und zu einem etwa 1 cm hohen Rechteck formen. In Frischhaltefolie wickeln und im Kühlschrank 2 Stunden+ rasten lassen.

Teig 2: Die Butter mit dem Mehl etwa 3 Minuten wie beim Teig 1 entweder händisch oder mit dem Knetarm in der Küchenmaschine kneten. Ebenfalls flach drücken und rechteckig formen. Die Höhe beträgt ebenfalls 1 cm. Folieren und 2 Stunden im ­Kühlschrank rasten lassen.

Anschließend Mehlteig (Teig 1) auf bemehlter Arbeitsfläche zu einem Rechteck ausrollen und den Butterteig (Teig 2) in der doppelten Länge ausrollen.

Den Mehlteig in die Mitte des ausgerollten Butterteigs legen.

Den Butterteig so über den Mehlteig einschlagen, dass eine Schicht Butterteig, eine Schicht Mehlteig, eine Schicht Butterteig übereinanderliegen.

Den Teig um 90 Grad drehen und 8–10 mm dick ausrollen. Den ­unteren Teil bis zur Mitte einschlagen, den oberen Teil darüberschlagen, sodass drei Schichten entstehen. Dies nennt man eine einfache Tour.

Diesen Prozess vier Mal wiederholen, damit insgesamt fünf einfache Touren entstehen.

Wichtig! Zwischen den Touren muss der Teig mindestens 2–3 Stunden im Kühlschrank ruhen.

Danach den Teig beliebig ausrollen, 4–5 mm, und weiter verarbeiten.

Blätterteig ist perfekt, wenn alle Lagen bis ins Innere gebräunt sind: Bei 180–200 °C Umluft 25–30 Minuten backen.