Der Messertest

Aktion Scharf


Es ist das wichtigste Werkzeug in jeder Küche. A la Carte hat europäische und asiatische Kochmesser auf ihre Qualitäten überprüft.

Text: Claudia Schemerl-Streben

Restaurantbesitzer Ugo schleift die Messer aus seinem massiven Lederkoffer deutscher Fabrikation – sein Vater hat einst zwei Kühe dafür bezahlt –, schlichtet sie wieder behutsam ein, verschließt den Koffer mit zwei Lederriemen und verlässt damit sein Haus um gemeinsam mit drei Freunden durch Völlerei kollektiven Suizid zu begehenImmer wieder hat Christian Domschitz, Küchenchef im Wiener Restaurant Vestibül, in Jugendjahren die Videokassette zu dieser Szene des Spielfilms Das große Fressen zurückgespult: „Einen solchen Koffer wollte ich unbedingt einmal besitzen,“ bekennt er sich zu seinem Fetischismus, den nur wenige Sequenzen bei ihm ausgelöst haben. Jahre später setzte er den ersten Schritt und kaufte sich in der Ausbildungszeit ein deutsches Kochmesser – sein ganzer Stolz. Bis er in Japan in einer Restaurantküche stand und erstmals mit Werkzeugen deutlich höheren Schärfegrads hantierte und in die Kunst des Schleifens auf Wassersteinen eingeweiht wurde. Noch vor seinem Rückflug nach Europa erstand er ein japanisches Gemüse-, ein Fisch- und ein traditionelles, einseitig geschliffenes Sashimimesser mit lang gezogener Klinge. Vor fast zehn Jahren gönnte er sich dann 25 Messer der Marke Global – charakteristisch ist ihr schlichtes Design nach den Entwürfen von Professor Komin Yamanda und der gestanzte, mit Sandkörnern gefüllte Edelstahl-Griff –, die in der Spitzengastronomie aufgrund extremer Schärfe und Langlebigkeit einen hohen Stellenwert genießen und Domschitz bis heute begleiten und auf Hochglanz poliert aneinandergereiht auf Magnetleisten in der Vestibül-Küche zu finden sind. Eine weitere Anschaffung: Die aus mehreren gefalteten Stahllagen geschmiedeten Damaszenermesser, die durch ihre besondere Verarbeitung die Vorteile von unterschiedlichem Spezialstahl kombinieren und sich durch besonders hohe Schnitthaltigkeit auszeichnen, die angibt, wie lange die Klinge ihre Schärfe über einen bestimmten Gebrauchszeitraum durch mechanische, thermische oder chemische Abnützung behält. Fasziniert haben den Koch nicht zuletzt die durch Ätzen und Polieren erkennbar gemachten organischen Muster der etlichen Stahlschichten, durch die jedes einzelne Messer an ästhetischen Wert gewinnt.

Heute lässt sich Domschitz Messer anfertigen. Wünsche deponiert er bei Bildhauer und Messerschmied Michael Blank in der Wiener Leopoldstadt, der sich darauf spezialisiert hat, archaisch anmutende Klingen mit ergonomisch angepassten Griffen aus Edel-Materialien wie Rentierhorn, Ebenholz, Palisander und Leinen-Mikarta (in Phenolharz getränktes Leinen, das ausgehärtet und geschliffen wird; bei der Verwendung unterschiedlicher Materialfarben entsteht ein Muster, das verzogenen konzentrischen Ellipsen ähnelt) zu verbinden. Jedes Messer, das Blank meist aus nicht rostfreiem Carbonstahl anfertigt wird, ist ein Einzelstück und von Hand geschmiedet. Der neueste Auftrag: Ein Tranchiermesser, mit dem er Filet Wellington – Rindslungenbraten vom Waldviertler Bio-Angusrind mit Kräutern und Wiesenchampignons in Blätterteig knusprig gebacken – für vier Personen vor dem Gast aufschneiden will. „Dazu braucht es natürlich nicht nur ein schönes Holzbrett mit Metallunterlage sondern auch ein schönes Messer.“

Die unterschiedlichen Messertypen sind in der Restaurantküche auf jedem Posten auf Bambusmatten penibel nebeneinander aufgelegt. Bis zu sechs Stück verwendet jeder einzelne Koch, um im Stakkato Gemüse zu zerkleinern, Fleisch zu portionieren, Fisch zu filetieren oder Kräuter zu hacken. Damit jedes Messer seine Schärfe behält, wurden Schleifsteine gekauft, auf denen abgestumpftes Werkzeug von Domschitz’ Souschef wieder in Form gebracht wird und die bis zur ihrer Verwendung auf standby ständig im Wasser liegen. „Nichts ist schlimmer als ein stumpfes Messer. Ich kann es nicht hören, wenn jemand damit aufs Schneidbrett schlägt.“ Leiden muss dann nicht nur der Küchenchef, sondern auch das Schneidgut. Durch größeren Druckaufwand, den man mit stumpfen Messern reflexartig ausübt, entsteht keine saubere Schnittfläche. Das Beef Tatar etwa wird in der Vestibül-Küche von Hand geschnitten. „Mit einem stumpfen Messer zerquetsche ich das Fleisch, der Saft tritt aus und die Würfeln werden fasrig. Das kann mit einem scharfen nie passieren.“ Ein scharfes Messer hat für Domschitz aber auch einen gesundheitlichen Aspekt: „Schneidet man sich damit, entsteht ein feiner Schnitt, die Wunde heilt schnell ab. Mit einem stumpfen Messer schneidet man sich nicht sondern hackt in die Haut hinein, die Wunde klafft auf und der Heilprozess dauert viel länger.“

Omnipräsent ist das Thema Schärfe für den Spitzenkoch auch im Urlaub, in dem er es sich ebenfalls nicht nehmen lässt in der Küche zu stehen und dafür entsprechendes Equipment im Gepäck zu führen. Zelebriert werden bereits die Einkäufe wie etwa letzten Sommer am Wochenmarkt, auf dem er eine überdimensionierte Fleischparadeiser mit 20 Zentimetern Durchmesser und 600 Gramm Gewicht erstanden hat, die er in der Küche angekommen sofort mit einem Damaststahlmesser zerlegen musste. „Ich habe zum Messer gegriffen, angesetzt und es durchgezogen als wäre die Paradeiser Butter. Die erste Scheibe ist umgefallen und es ist nicht einmal Saft ausgetreten.“

Einen anderen Zugang zu Messern hat Steirereck-Küchenchef Heinz Reitbauer. Ein Arsenal an Messern sucht man bei ihm vergebens. Auf seinem Posten liegen drei Filetiermesser und zwei Gemüse-Tourniermesser mit säbelförmiger Klinge. Mehr braucht es nicht. Dafür hat er spezielle Anforderungen an ein Messer: „Ich bin ein Fan von Messern, die nicht zu schwer sind und eine relativ lange Klinge zwischen 25 bis 30 Zentimetern haben. Am Anfang ist es ein bisschen schwierig damit umzugehen, aber wenn man es beherrscht, hat es den Vorteil, dass man sehr fein schneiden kann und beim Portionieren von Fleisch ein dünner, exakter Schnitt entsteht.“ Jeder Koch, der seinen Job im Luxus-Restaurant antritt, bringt sein eigenes Werkzeug mit. Dabei macht Reitbauer immer wieder dieselbe Beobachtung: „Jeder, der bei uns beginnt, schleppt am ersten Tag einen Koffer mit 30 Messern an. Im Lauf der ersten drei Wochen kommt er dann aber drauf, dass er nicht mehr als fünf davon braucht.“ Verstaut werden die insgesamt 150 bis 200 Messer der 30-köpfigen Kochbrigade, die unter der Leitung von Heinz Reitbauer mit ihren Gerichten für Höchst- Bewertungen in heimischen wie internationalen Gourmetführern sorgt, in eigens getischlerten Laden, die versperrt werden können und aus zwei Ebenen bestehen. Für die Pflege der Messer ist jeder Besitzer selbst verantwortlich. Schärfen kann man sein Werkzeug beim Lieferanteneingang, wo ein professionelles Messerschleifgerät aufgestellt wurde, auf dem Heinz Reitbauer vor jedem Gang in die Küche seine Messer abzieht. „Ich mache das genauso automatisch wie mir die Schürze umzubinden.“

So wichtig ihm auch der richtige Umgang mit seinem Eigentum ist und es auch seiner Crew vorlebt, rät Reitbauer davon ab, für den Einsatz in der Großküche mehrere hundert Euro in ein Messer zu investieren. „Wenn man einmal nachlässig ist und in einem unaufmerksamen Moment das Messer zu Boden fällt, ist das schmerzhaft. Und zwar nicht nur finanziell, sondern auch zwischenmenschlich, weil es meistens nicht dem Koch hinunter fällt, dem es gehört.“

Christian Domschitz hingegen hat es sich seit längerem zur Gewohnheit gemacht, Neuzugängen ein teures Messer als Einstand zu schenken. „Spätestens dann hab’ ich ihn mit meinem Spleen infiziert,“ sagt er und lacht. Seinen Traum, einmal einen großen Messerkoffer wie aus der Szene Das große Fressen zu besitzen, hat sich der Koch, der seine Sammlung an über dreißig Messern bescheiden als Grundausstattung bezeichnet, übrigens bis heute nicht erfüllt. Stattdessen findet man in seinem Kofferraum neben dem Erste-Hilfe-Set stets eine kleine Version mit den vier wichtigsten Messern, die man braucht. Man kann ja nie wissen.

Zeitlos schön – ein Messer mit schlichtem, elegantem Design. Hersteller ist das japanische Unternehmen Yoshikin, das mit über 100 unterschiedlichen Messern eine der weltweit umfangreichsten Serien anbietet, die von Industrial-Designer Komin Yamanda entworfen wurde und unter anderem im Shop des Museum of

Modern Art in New York erstanden werden kann. Aufgrund ihrer langen Schnitthaltigkeit und ihrer Schärfe sind Global-Messer vor allem in der Spitzengastronomie populär. Das japanische Kochmesser mit 18 Zentimeter Klingenlänge besteht aus Molybdän-Vanadium-Stahl und einem gestanzten Griff aus Edelstahl, der mit Sandkörnern gefüllt ist. Die Eishärtung auf 56 Rockwell (= HRC und gilt als Maß für die Härte des Messers) macht die beidseitig geschliffene Klinge extrem scharf und langlebig. Auffallend ist die fugenlose Verarbeitung des Messers, die nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch hygienische Bedenken ausschließt. Die Klinge ist mit Kullen versehen, also Lufteinschlüssen, die verhindern sollen, dass Schnittgut beim Schneiden am Messer haften bleibt. Plus: Das Messer lässt sich gut führen, der Griff liegt gut in der Hand, ist selbst für Frauenhände geeignet und durch seine Einstanzungen im Gegensatz zu glatten Metallgriffen nicht unangenehm kalt. Nicht zu schwer und nicht zu leicht lässt das Modell bei längerem Schneiden keine Ermüdung aufkommen und zerteilt Paradeiser ohne jeglichen Druckaufwand. Artischocken putzen gelingt mühelos und schnell. Den Schärfetest, eine Paradeiser aus 50 Zentimetern Höhe auf die nach oben gerichtete Klinge fallen zu lassen, besteht das Messer bravourös – es entsteht ein glatter Schnitt.

Formschönes Werkzeug, rasierklingenscharf, funktionell, perfekt ausbalanciert und auf Platz 1 im Test.

Schärfe sehr gut – gut
Ergonomie Sehr gut
Design Sehr gut
Preis/Leistung Sehr gut
Euro 124,–
www.global-messer.at

Designer- und Lieblingsstück eines Testers. Tadellose Verarbeitung von Damaststahl (100 Lagen zweier Stahlsorten umgeben einen harten Kern aus MicroCarbide Pulverstahl), dessen Oberfläche durch spezielle Bearbeitung mit einem ausgesprochen schönen Mäandermuster – vom deutschen Hersteller Zwilling „Flower-Damast“ bezeichnet – beeindruckt. Der Anspruch des Unternehmens: Ein elegantes, authentisch japanisches Messer zu fertigen, das der Schönheit eines japanischen Schwertes um nichts nachsteht. Produziert werden Messer der Marke Miyabi in einer Manufaktur in Seki (der Ort gilt seit dem 14. Jahrhundert als Zentrum für japanische Schmiedekunst), die 2004 von Zwilling übernommen wurde. Die Klinge wird mittels speziellem Verfahren und bei minus 196 °C gehärtet, der Griff besteht aus hochwertiger Masur-Birke. Zwiebeln schneiden wird mit dem skalpellscharfen Santuko-Kochmesser ohne tränende Augen bewältigt: Die Struktur wird nicht zerquetscht, das Schneidgut gibt kaum reizende ätherische Öle ab. Während das Zerteilen von Kürbis mit minderwertigen Messern zu einem Kraftakt ausufert, der eine große Unfallgefahr in sich birgt, lässt sich ein Hokkaido-Kürbis mit dem Damaststahlmesser ohne jegliche Anstrengung schneiden. Minus: Das Modell liegt nicht gut in Hand und führt rasch zu Ermüdung, unangenehm im Handling. Plus: Hochwertiges, sinnliches Messer mit zu Respekt mahnender, extrem scharfer Schneide und hervorragender Ergonomie für die Männerhand. Ein Luxuswerkzeug, für das es sich lohnt, besonders sorgsam damit umzugehen.

Typisch japanisches Klingenprofil, außergewöhnlich schönes Flower-Damast-Muster, extrem scharf, ergonomisch für Männer, für Frauen suboptimal.

Schärfe Sehr gut
Ergonomie gut
Design Sehr gut
Preis/Leistung gut
Euro 349,–
www.zwilling-messer.de

Kochmesser aus High-Tech-Keramik, das sich auch als Material für Raumfahrt und Medizin erfolgreich bewiesen hat. Keramikmesser sind härter als Stahl und besitzen so gut wie kein Gewicht. Vorbehalte bei Messerkäufern gibt es hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit, denn hartes Material ist spröde und somit bruchgefährdet. Die im Geschäft am häufigsten gestellte Frage zu Keramikmessern „Was passiert, wenn es hinunterfällt?“, beantwortet Martin Blümner mit der Gegenfrage „Wann ist Ihnen das letzte Mal ein Messer aus der Hand gefallen?“ Die Klinge besteht aus Zirkonia-Keramik, ist hauchdünn, hygienisch, rostfrei und säurebeständig. Anfänglich ungewohnt: das Minimalgewicht des Messers. Bei ersten Schneideversuchen ist die Angst auszurutschen und sich zu verletzen allgegenwärtig. Hat man diese Bedenken verdrängt, ist man von dem Messer begeistert: Artischocken werden in Rekordzeit geputzt, auch einen ziehenden Schnitt durch Erdäpfel meistern sie perfekt und gleiten wie Butter durch das Schneidgut. Minus: Die weiße Keramikklinge verfärbt durch das Zuputzen der Artischocken und wird durch Abspülen mit Spülmittel unter fließendem Wasser nicht sauber (laut Hersteller lassen sich die Messer bei gegen Spülmittel resistenten Flecken mittels milder Bleichlösung reinigen). Berührt man mit dem Keramikmesser einen Knochen und zieht es nicht wieder exakt gerade heraus, bricht eine kleine Scholle aus (ein Missgeschick, das auch beim A la Carte-Test passiert ist und durch Nachschleifen auf Diamantsteinen korrigiert werden kann). Plus: Hohe Schneidfähigkeit, geringer Abrieb, wendig. Der Kunststoffgriff – in den Farben Schwarz, Rot, Gelb, Grün, Orange und Blau erhältlich – entspricht zwar nicht den ästhetischen Ansprüchen der Tester, sorgt aber in der praktischen Anwendung für perfekte Balance.

Skalpellartig scharf, in der Anwendung wendig, sehr gut ausbalanciert, bruchgefährdet, kein Designerstück

Schärfe Sehr gut
Ergonomie gut
Design Gut – Befriedigend
Preis/Leistung gut
16 cm Messer Euro 89,–
www.kyocera.at

Weltweit zählt die Kochmesserserie Shun des japanischen Unternehmens Kai, das sich auch im medizinischen Sektor mit Skalpellinstrumenten einen Namen gemacht hat, zu den umfangreichsten Damastmesserserien. Shun-Messer werden aus 32 Lagen Damaszenerstahl gefertigt, der rostfrei ist. Ihr Kern besteht aus V-Gold-10-Stahl, der die Klinge besonders korrosionbeständig macht und mit einer Härte von +/-61 Rockwell mit extremer Schärfe und hoher Schnitthaltigkeit punkten kann. Rockwell (=HRC) misst die Härte des Stahls, das Kürzel HRC steht für Hardness (H), das Prüfverfahren Rockwell (R) und die Skala Cone (C). Zum Vergleich: Der Rockwell-Wert bei normalen Küchenmessern liegt zwischen 52 und 55 HRC, bei hochwertigen Klingen zwischen 55 und 58 HRC. Das chinesische Kochmesser, wird im westlichen Raum oft als Hackbeil missverstanden. Tatsächlich wird dieses Werkzeug, in China Chai Dao genannt, hauptsächlich zum Schneiden von Gemüse und Kräutern verwendet. Das Modell liegt sehr gut in der Hand, sein hohes Gewicht ist im Vergleich zu anderen Messern sehr gut ausbalanciert. Nach anfänglichen Schwierigkeiten für Ungeübte, lässt sich das traditionelle Messer mit konvexem Klingenschliff gut führen, die Schneidfähigkeit ist enorm, das Messer zerteilt Gemüse jeglicher Härte spielend. Schwierigkeiten entstehen nur bei kleinem Schneidgut, präzises Arbeiten gelingt bei größeren Fleisch- und Gemüsestücken mühelos. Plus: Die knapp 9 Zentimeter breite Klinge des Messers kann dazu verwendet werden, Schneidgut aufzuladen und zum Kochtopf oder zur Pfanne zu transportieren. Aufgrund seiner einzigartigen Klingenmaserung zählt das Messer zu den schönsten im Test. Die Klinge mit 19,5 Zentimeter Länge ist am Klingenrücken gerade einmal 2, 3 Millimeter breit und fugenlos mit einem ergonomischen Griff aus laminierten Pakkaholz versehen.

Massiv und trotzdem gut ausbalanciert, in Schnittführung anfangs ungewohnt, für Fans asiatischer Kochkunst

Schärfe Sehr gut

Ergonomie gut

Design Sehr gut

Preis/Leistung gut

Euro 285,– 

www.kai-europe.bagodiwa.com

„Use at your on risk“ prangt auf der schmalen Holzkiste, in der das in einer limitierten Edition entwickelte Santoku-Messer liegt, für das TV-Koch und Patron des Hamburger Szenehotspots Bullerei Tim Mälzer Pate steht. 5.555 Stück gibt es weltweit, dann ist Schluss. Optisch kann keines der anderen getesteten Messer mit diesem mithalten. Die Damastklinge mit 18 Zentimeter Länge weist nicht nur eine wunderschöne Musterung durch Ätzen der 32 übereinander gefalteten und geschmiedeten Stahl-Lagen auf, sondern auch eine von Hand gefertigte Hammerschlagoberfläche, die sich knapp vor der Mitte der Klinge über die ganze Länge in Richtung Klingenrücken zieht. Der Griff aus laminiertem Walnussholz liegt gut in Männer- wie in Frauenhand und ist für Links- wie Rechtshänder geeignet. Eine integrierte Ausbuchtung am vorderen Griffbereich (in der Nähe des Kropfs, der als Verbindungsstück zwischen Klinge und Griff fungiert) macht ein Abrutschen – selbst bei nassen Händen – unmöglich. Das Klingenprofil mutet nicht nur elegant an, sondern überzeugt durch Funktionalität: Das Präzisionswerkzeug mit typischer Shun-Schärfe von 61 +/- 1 HRC zerteilt kleines wie großes Schneidgut skalpellartig, Hokkaidokürbisse werden innerhalb kürzester Zeit enthauptet und portioniert.

Klassische japanische Klingenform, enorm scharf, leicht zu handeln und nicht nur aufgrund des Designs gemeinsam mit Global am Siegerpodest.

Schärfe Sehr gut
Ergonomie Sehr gut
Design Sehr gut
Preis/Leistung gut
Euro 299,–
www.kai-europe.bagodiwa.com

Das deutsche Unternehmen WMF hat schon viele österreichische Haushalte mit Messern bestückt. Mit der Serie Damsteel nach dem Design von Makio Hasuike hat WMF auf die Vorliebe der Konsumenten für japanische Messer reagiert. Das Kochmesser verbindet die Vorteile der japanischen Verarbeitung von Damaststahl mit der Geometrie eines europäischen Kochmessers und besteht aus 120 Schichten Stahl, die unter Druck und Vakuum miteinander verbunden wurden. Die einzelnen Lagen der Mittelspitzklinge mit einer Härte von 60 HCR werden wie auch bei Damaststahlmessern anderer Hersteller durch Ätzung optisch hervorgehoben, ziehen sich aber im Gegensatz zu anderen getesteten Messern bis zur Schneide durch. Durch ein spezielles Verfahren entsteht ein prägnantes grau-schwarzes Meandermuster. Mit 20 Zentimetern Klingenlänge (WMF bietet das Modell auch in der 16-Zentimeter langen Version an) zählt das Kochmesser zu den längsten im Test, ist nicht so wendig wie manch anderes Exemplar, ermöglicht aber einen langen, sauberen Schnitt. Für das Zerkleinern von Kräutern ist die Länge optimal. Plus: Die Schneidfähigkeit ist hoch, die Balance ausgewogen. Minus: Das kalte Material des Edelstahlgriffs stört die Nutzer, der Griff ist für Frauenhände zu lang und ergonomisch nicht optimal.

Originelle Machart, exzentrische Maserung, unangenehm kalter Stahlgriff, nur bedingt angenehm im Handling.

Schärfe Sehr gut
Ergonomie gut
Design gut
Preis/Leistung Befriedigend
Euro 359,–
www.wmf.at

Formschönes Damaststahlmesser mit Kullenschliff, der verhindern soll, das Schneidgut am Messer haften bleibt. Die traditionelle japanische Klinge ist 16,5 Zentimeter lang, mit einem Gewicht von 210 Gramm angenehm leicht und garantiert in Kombination mit seiner hohen Schneidfähigkeit ermüdungsfreies Arbeiten. Der Griff besteht aus laminiertem Pakka-Holz und nimmt im Querschnitt die typisch japanische Kastanienform an. Das Messer liegt sicher und rutschfest in der Hand, lässt sich gut führen und punktet nicht nur durch die schöne Maserung auf der Klinge, sondern auch durch hohe Schnitthaltigkeit. Der 32-Lagen-Damaststahl und die enorme Härte von 61 +/- 1 HRC machen aus dem Schneidevorgang ein Erlebnis. Das Werkzeug steht dem Modell der limitierten Tim-Mälzer-Edition in Hinsicht auf Funktionalität und Verarbeitung um nichts nach.

Hochwertig verarbeitet, extrem scharf, leicht, gewährleistet ermüdungsfreies Arbeiten

Schärfe Sehr gut
Ergonomie Sehr gut
Design gut
Preis/Leistung gut
Euro 189,–
www.kai-europe.bagodiwa.com

Aufgrund seines einseitigen Schliffs (er resultiert aus den Anforderung japanischer Kochkultur), bei dem sich ein abfallender Verlauf von der sogenannten Shinogi-suji-Linie zur Schneide zieht, ist das Messer der japanischen Firma Chroma Cutlery das außergewöhnlichste Modell im Test. Spitzenköche wie der Küchenchef des Berliner Restaurants Vau Kolja Kleeberg zählen zu den Fans von Haiku-Messern, deren Logo ein Falke ist. Das Messer wird in kleinen japanischen Manufakturen aus hochwertigem, rostfreiem Molybdän-Stahl hergestellt und weist eine Härte von 58 HRC auf. Der Griff besteht aus Honoki-Holz und wird auf die Klinge gesteckt. Für Linkshänder ist das traditionelle Messer mit seinem asymmetrischen Schliff ungeeignet. Das Haiku Chroma H5, ein beidseitig geschliffenes Santokumesser, wurde von Stiftung Warentest mit der Note Gut ausgezeichnet. Das Modell H4, auch Debamesser genannt, eignet sich laut Hersteller zum Wiegen und Hacken von Kräutern und Gemüsen und zum Zerteilen von Fleisch. Im praktischen Test konnte uns die dicke, einseitig geschliffene Klinge beim Schneiden nicht gänzlich überzeugen. Es erfordert Übung mit dem für Europäer ungewöhnlichen Klingenschliff und dem enormen Gewicht umzugehen. Selbst nach mehreren Anläufen, sind die Vorteile dieses Messers für uns nicht erkennbar. Plus: Fleisch wird durch einen schönen, klaren Schnitt durchtrennt. Der starke Rücken ermöglicht das Hacken dünner Knochen. Minus: Schneiden von Gemüse erweist sich allerdings aufgrund seiner Geometrie für das Test-Team als schwierig und erfordert mehr Druckaufwand.

Spezielle Klingenform, massiv, in Schnittführung gewöhnungsbedürftig, unpraktisch, für Linkshänder nicht geeignet

Schärfe Sehr gut
Ergonomie Befriedigend
Design Gu
Preis/Leistung Gut
Euro 131,–
www.chroma-kochmesser.at

©

Die Traditionsmarke. Jeder kennt den Dreizack, der Symbol für Wüsthof-Produkte ist, deren Qualität sich mit stetig neuen technologischen Entwicklungen steigert und dem deutschen Hersteller einen fixen Platz am Weltmarkt eingeräumt hat. Seit 1814 produziert das Familienunternehmen in Solingen Schneidwerkzeug, darunter elf unterschiedliche Messerserien. Geführt wird die Firma in 7. Generation von Harald Wüsthof, unter dessen Führung 300 Mitarbeiter in zwei Produktionsstätten in Solingen Messer anfertigen. Mit 16-Zentimeter-Klingenlänge (erhältlich auch ab einer Länge von 12 und bis zu 36 (!) Zentimetern) ist das deutsche Fabrikat das kürzeste Messer im Test. Unaufgeregtes Design, aber praktisches Schneidutensil: Das aus einem Stück Edelstahl geschmiedete Modell der Serie Classic lässt sich leicht handeln und liegt gut in Männer- wie in Frauenhand. Es besteht den Schärfetest mittels herab fallender Paradeiser auf die Klinge mit einem sauberen Schnitt und erweist sich aufgrund der kompakten Größe als multifunktionales, wendiges Werkzeug. Minus: Mit der enorm hohen Schneidfähigkeit japanischer Messer kann das Wüsthof-Produkt nicht mithalten: Artischocken lassen sich nur unter Anwendung von Druck putzen, auch das Zerteilen von Kürbissen artet zum Kraftakt aus. Feinarbeit gelingt mit der kurzen Klinge jedoch gut. Die Griffe sind fugenlos mit der Klinge verbunden und mit drei Nieten versehen, bestehen aus schwarzem Spezialkunststoff. Das Messer ist Spülmaschinen geeignet.

Klein, kompakt, praktisch, gut

Schärfe Gut
Ergonomie Gut
Design Gut
Preis/Leistung Gut
Euro 64,–
www.wusthof.com

1731 gegründetes Familienunternehmen, dessen Logo sich im Laufe seines Bestehens von einem üppigen Zwilling mit weichen Konturen zu einem schlanken, eckigen Zwillings-Symbol entwickelt hat. 1976 wurde die erste Messerserie unter dem Namen Vier Sterne entwickelt, die bis heute zur meistverkaufte Serie weltweit zählt. 2004 übernimmt Zwilling die japanische Messermanufaktur Nippa in Seki, in der unter der Marke Miyabi seither traditionell gefertigte Damaststahl-Messer entstehen. Die deutsche Serie Twin Four Star gilt als der Klassiker aus dem Hause Zwilling J. H. Henkels. Im Test: Ein Kochmesser aus der weiterentwickelten Serie Twin Four Star II. Besonderes Augenmerk wurde vom Hersteller auf die Ergonomie des rutschfesten Kunststoff-Griffs gelegt, der durch eine Edelstahlapplikation mehr Sicherheit und Balance gewährleisten soll und nahtlos mit der Klinge verbunden ist. Als unauffällig wurde das Design von einem der Tester bezeichnet, andere können dem nostalgischen Entwurf des typischen deutschen Kochmessers durchaus etwas abgewinnen. Trotz seiner Klingenlänge liegt das Messer außerordentlich gut in der Hand, die Schneidfähigkeit ist hoch. Ein Durchschnittsmesser, das in jedem Haushalt seine Berechtigung hat.

Atbewährt klassisches und unaufgeregtes Design, griffig, universell einsetzbar

Schärfe Sehr gut – Gut
Ergonomie Gut
Design Befriedigend
Preis/Leistung Gut
Euro 92,50
www.zwilling.com

Die Pflege

Ausschlaggebend für die Halbwertszeit eines Messers ist die Unterlage, auf der man schneidet. „Der Tod jedes Messers ist das falsche Brett,“ mahnt Blümner. Schneidbretter aus Glas, Stein oder Marmor sind Tabu. Stattdessen sollte man zu Unterlagen aus Holz (Akazie, Bambus, Eiche, Eukalyptus, Lorbeer) oder hochwertigem Kunststoff – die Bandbreite umfasst Modelle aus hoch verdichteten Materialien bis hin zu Brettern mit Silber-ionen, die Bakterien abtöten – greifen. Schönheitswettbewerbe gewinnen Plastikunterlagen nicht, aber das muss man in Kauf nehmen. Die weitaus ästhetischeren Holzbretter hingegen geraten immer wieder in Verruf, nicht hygienisch zu sein. „Dafür sind Holzbretter nach wie vor das Beste für das Messer.“ Obwohl einige Messertypen Spülmaschinen geeignet sind, sollte man hochwertig verarbeitete Messer nicht darin reinigen. Die thermische und chemische Belastung durch konstante Temperaturen von teilweise 90 °C sowie aggressive Spülmittel können die Schneide beschädigen und wirken sich negativ auf die Verbindung von Klinge und Griff aus. Griffe aus Holz oder Horn werden im Geschirrspüler zerstört. Es empfiehlt sich, die Messer nach Beendigung der Arbeitsgangs mit einem weichen Schwamm unter lauwarmem Wasser und mit etwas Spülmittel abzuwaschen und sofort abzutrocknen. Klingen aus nicht rostfreiem Kohlenstoffstahl sollten nach der Reinigung besonders sorgfältig trockengerieben werden und regelmäßig mit einem speziellen Klingenöl gepflegt werden.

Das Schleifen

Sobald ein Messer an Schärfe verliert, muss es geschliffen werden. Dass Wetzstähle – man unterscheidet zwischen europäischen, Keramik- und Diamantstäben – sich dazu eignen, stumpfe Klingen zu schärfen ist eine Urban Legend. Sie gewährleisten nur, dass die Schärfe des Messers beibehalten wird beziehungsweise verhindern, dass sich ein Grat (eine Kante oder Auffaserung) bildet. Um die ursprüngliche Gebrauchsschärfe eines Messers wieder herzustellen, vertraut man es dem Fachmann an, der es auf einem professionellen Messerschleifgerät schärft oder investiert in Schleifsteine. „Das macht allerdings nur Sinn, wenn man Zeit, Muße und Interesse für diese Materie hat.“ Benötigt wird ein Stein mit einer Körnung von 300, um stumpfe Klingen vorzuschleifen sowie ein Stein mit einer Körnung von 1000, um die Gebrauchsschärfe herzustellen. Eine extrascharfe Klinge erzielt man mit einen Stein mit einer 4000er-Körnung, die von noch feineren Körnungen zwischen 6000 und 8000 übertroffen werden kann und eine noch höhere Schnitthaltigkeit gewährleistet. Vor dem Schleifvorgang muss der Stein 15 Min. im Wasserbad getränkt werden. Danach spannt man ihn in einen rutschfesten Sockel ein, setzt die Klinge in einem Winkel zwischen 10 und 20% an und zieht sie gleichmäßig von hinten bis vorne in einer abwechselnden Push-Vorwärts- und Relax-Rückwärtsbewegung zuerst auf einer Seite zu, dann auf der anderen Seite von sich weg, bis die gewünschte Schärfe erreicht ist. Als gebrauchsfreundliche Alternative eignen sich Schleifgeräte in Miniaturausführung. Sie sind mit einem vorgegeben Schleifwinkel versehen, das Messer muss lediglich durch ein Schärfemodul gezogen worden, bis die gewünschte Schärfe erreicht ist. Ein funktionales, international mehrfach ausgezeichnetes Gerät ist Mino Sharp: Mit zwei Keramikrädern unterschiedlicher Körnung ausgestattet, bei Verwendung mit Wasser befüllt wird die Klinge mehrmals durchgezogen. Trotz der vergleichsweise einfach und schnell erzielten Schärfe, sind die Ergebnisse nicht von Dauer, die Schnitthaltigkeit ist gering. Und: Für Messer aus Damaststahl eignen sich derartige Schleifgeräte nicht.

Die Eckdaten

Zu den Messern, die in keinem Haushalt fehlen dürfen, zählt das Kochmesser. Es gilt als Universalwerkzeug, eignet sich zum Schneiden von Gemüse, Fisch und Fleisch sowie zum Hacken von Kräutern. Die Klingenlänge misst zwischen 14 und 32 Zentimeter, „wobei man bei der Maximallänge aufgrund der Materialstärke das Gefühl hat, ein Schwert in der Hand zu halten.“ Während der Profikoch für das Portionieren von großen Fleischstücken bevorzugt zu längeren Modellen greift, liegen die gängigen Maße für den Haushalt bei einer Klingenlänge von 20 Zentimetern. Charakteristikum des europäischen Kochmessers ist die breite Mittelspitzklinge, der Rücken und die Schneide sind leicht gekrümmt und laufen spitz zusammen. Die japanische Version, auch als Santokumesser bekannt, hat hingegen eine fast gerade Schneide, der Klingenrücken vollzieht im vorderen Bereich der Klinge eine starke Krümmung zur Schneide. Das Santokumesser gilt als das Allzweckmesser in der japanischen Küche – das Wort Santoku steht für die drei Tugenden Fisch, Fleisch und Gemüse. Chai Dao, übersetzt chinesisches Kochmesser, wird im westlichen Raum oft als Beil missverstanden. In seiner Form scheint es auf den ersten Blick identisch, ist aber konvex geschliffen und im Gegensatz zum Hackmesser nicht zum Zertrümmern von Knochen und Knorpeln geeignet. In Asien wird es zum Schneiden von Gemüse und Kräutern verwendet, die Klinge wird durch das Schneidgut gezogen und nicht gehackt.

Der Fachmann

Martin Blümner ist Spezialist in Sachen Messer. Neben seinem Flagshipstore Cuisinarum in der Wiener Innenstadt, in dem von der 45-Euro-Pfanne bis zur 950-Euro-Küchenmaschine alles zu finden ist, was ein kochaffiner Haushalt braucht, besitzt er auch drei Solinger Stahl- und Schneidwaren-Shops. Das Urgeschäft in der Wiener Mariahilferstraße wurde von Blümners Großvater in der Nachkriegszeit gegründet, hieß Zum Selbstraseur und führte ausschließlich Rasiermesser. Heute versammeln sich in dem Schaufenster neben Rasiersets Abziehriemen, Hautscheren, Taschenmesser, Samuraischwerte und Küchenmesser. Rund 200 Messer von Wüsthof, Zwilling, Shun Damast, Kyocera, Global und Haiku umfasst Blümners Sortiment: Vertreten sind Messer in unterschiedlichen Formen, Materialien und für jeden Anwendungsbereich: Spickmesser mit kurzer Klingenlänge, klassisch schlanke Schinkenmesser, elastische Filetiermesser, Paradeisermesser mit Sägeschliffklinge, japanische Messer mit Kullenschliff, traditionell einseitig geschliffene Debamesser und Messer aus rasierklingenscharfen Materialien wie Keramik oder Damaststahl. Für den A la Carte-Messertest hat Martin Blümner Kochmesser verschiedener Hersteller und unterschiedlicher Machart zur Verfügung gestellt und A la Carte mit wertvollen Informationen versorgt.

Scharfe Shops und Messerschleifer
Wiener Klinge
Rauhensteingasse 5/1
1010 WienT 01/ 512 81 74
www.viennablade.at


Michael Blank
Mayergasse 5
1020 Wien
T 0699/192 53 035
www.michaelblank.at

Cuisinarium
Singerstrasse 14
1010 Wien
T 01/ 890 21 41
www.cuisinarum.at

Deckenbacher & Blümner
Mariahilferstraße 70
1070 Wien
T 01/ 523 71 07-0
www.solinger.at