Rotes Gold für viele Anlässe

Kein anderes Gewürz ist so rar und begehrt wie Safran. Zwischen vier und zehn Euro zahlt der Endverbraucher derzeit für ein Gramm echten Safran guter Qualität.

Text von Andrea Karrer · Illustration von Peter Jani

Weltweit werden pro Jahr etwa 300 Tonnen Safran produziert, das Gros davon stammt aus dem Iran. Mit seinen kräftigen Fäden von fast purpurroter Farbe und starkem Geruch gilt der persische Safran seit Langem als der beste. Als teuerstes Gewürz der Welt hinlänglich bekannt, vermag ein Aspekt doch zu überraschen: wie eng die zarten Fäden mit der Geschichte Österreichs verwoben sind. Jeden Herbst standen die Fluren in Melk und Loosdorf sowie der heutige Albertinaplatz im ersten Wiener ­Gemeindebezirk vom 15. Jahrhundert an in violetter Blüte. Großflächig kultivierten Landwirte das Kuchengelb in derartiger Vollendung, dass man vom reinsten und qualitativ hochwertigsten Safran Europas – dem „Crocus austriacus“ – sprach. Und doch sollte der im Zeichen von Qualität und Reinheit betriebene Aufwand unrentabel werden, da Importware billiger wurde als die Produktion im eigenen Land. Mit Ende des 19. Jahrhunderts kam das vormals profitable Geschäft langsam zum Erliegen. Letzte Versuche, die Safranwirtschaft zu bewahren, scheiterten an den verfrühten Wintern der Zwischenkriegszeit, die mit Frühfrost im Herbst die sensiblen Blüten reihenweise zerstörten. Schließlich resignierten die wenigen verbliebenen Safran­bauern, und die Tradition ihrer Zunft geriet in Vergessenheit. Bis Johannes Pinterits knapp hundert ­Jahre später einen neuen Anlauf wagte. Pannonischer Safran wird nun wieder auf einigen Feldern in Klingenbach, in der Nähe des Neusiedler Sees im Burgenland, angebaut. Überhaupt greift gerade eine Safran-Renaissance um sich. Das Gewürz wird unter anderem auch in der nieder­österreichischen Wachau und im Schweizer Kanton Aargau angebaut. Als regelrechtes Alpen-Safran-Pilgerziel gilt das Walliser Bergdorf Mund, oberhalb von Brig. Es liegt auf 1.200 Metern in für den Safran günstiger Sonnenlage. Vor hundert Jahren galt das Wallis mit seinen kargen Böden noch als Armenhaus – da waren die Safranfäden ein kostbares Gut, das sich gegen Tee oder Mais tauschen ließ. Der Safran wird auf den Hängen unterhalb des Dorfs angebaut und von den Munder Bauern geerntet. ­Etwa fünf Kilo sind es pro Saison – viel weniger, als sie an die Gäste verkaufen könnten.

„Wenn es heißt, Safran ist das teuerste Gewürz der Welt, dann sollte man das relativieren. Wie viel braucht man denn davon im Jahr? Mit ­einem Gramm, das sind 500 bis 600 getrocknete Fäden, kann ein Zweipersonenhaushalt ein halbes oder gar ein Jahr auskommen“, sagt Pinterits. Es braucht mehr als 200.000 Blüten, die von Hand gepflückt werden müssen, für ein einziges Kilogramm Safran. Die Ernte der Narben, also der Fäden, erfolgt im Herbst, wenn die glockigen lila Blüten des Krokus geöffnet sind. Die Produktion erfolgt in reiner Handarbeit. Drei Mal werden die Blüten von Hand selektiert, um sicherzustellen, dass die roten Narben von den gelbgrünen Griffeln gelöst werden. Nur die Narben enthalten das einzigartige Aroma, den intensiven Geschmack und die vielen Heilstoffe.

Heute spielt das herb-bitter schmeckende Gewürz, dessen Aroma manche an Trockenfrüchte oder Honig mit metallischer Nuance erinnert, eine wichtige Rolle in den Speisen vor allem der persischen und indischen ­Küche. In beiden Ländern werden Reisgerichte mit Safran zubereitet. Auch die wunderbare Kombination aus getrockneter Minze und Safran ist im Iran sehr gängig. Für indische Biryanis ist die gelbe Würze unverzichtbar, in Marokko ist sie Bestandteil vieler Tajines (Schmorgerichte), in Italien kommt man im berühmten Risotto Milanese nicht ohne sie aus und ebenso nicht in der spanischen Paella.

Natürlich beschränkt sich die Verwendung von Safran als Gewürz nicht nur auf warme Gerichte aus dem Bereich Hauptspeise, sondern eignet sich auch für Süßigkeiten auf Milchbasis. „Mein indisches Grießflammeri ist eine Interpretation eines klassischen Flammeri, aber laktosefrei. Ich ersetze die Kuhmilch durch Kokosmilch, das Schlagobers durch gekochte Meringue und aromatisiere es mit zwei der zehn Königsgewürze des Ayurveda, mit Safran und Kardamom. Diese Gewürzkombination ist in Indien für Desserts sehr gebräuchlich“, erklärt Nathalie Pernstich, Buchautorin, Gewürzexpertin und Besitzerin von Babette’s – Spice & Books for Cooks: „Safran ist ein tolles Gewürz für Fischgerichte und auch für Saucen. Eine Tomatensauce für die Pasta gewinnt unheimlich durch Safran. Safran wirkt dabei aber vor allem als Geschmacksverstärker. Das ist auch sein Hauptanwendungsgrund, gar nicht so sehr sein eigenes Aroma. Durch seine Bitterstoffe hebt er den Eigengeschmack aller verwendeten Zutaten hervor. Ein einfaches Beispiel ist eine Kürbissuppe, die vermehrt nach Kürbis schmeckt, wenn man sie mit Safran zubereitet.“

Auch einige alkoholische Getränke enthalten Safran, wie der baskische Kräuterlikör Izarra oder der italienische Digestif Strega. Safran entfaltet sein Aroma tatsächlich am besten in Kontakt mit Flüssigkeit. Er ist wasserlöslich und nicht fettlöslich. Milch- und Weinsäure greifen die ­Zellen der Safranfäden an und schließen so Aroma und Farbkraft besser auf. Nach etwa 20 Minuten hat man eine stark aromatische gelbe Lösung. Diese fügt man dann den Speisen zu. Safran sollte nie von Beginn an mitgekocht werden, da beim Erhitzen die Aromen verloren gehen und dann letztlich nur die beeindruckende Gelbfärbung bleibt. „Safran kommt als reines Gewürz in zwei verschiedenen Formen zur Verwendung. Zum einen können die reinen getrockneten Stempelfäden verwendet werden, zum anderen gibt es dieses Gewürz in Form eines Pulvers“, weiß die Gewürzexpertin. Ganz gleich, mit welcher der beiden Varianten gekocht ­werden soll, im Umgang mit Safran ist in jedem Fall Vorsicht geboten. Zum einen sollte natürlich unbedingt bedacht werden, dass Safran auch zum Färben von Seide verwendet wurde und Flecken verursachen kann, die sich nur schwer, meist jedoch gar nicht entfernen lassen. Dies gilt nicht nur für Bekleidung, sondern vielmehr auch für nicht versiegelte Arbeitsplatten, für Bretter und dergleichen mehr. Auch einmal an den Händen, lässt sich Safran nur schwer und nicht mit einmaligem Waschen wieder entfernen. Doch auch beim Würzen beziehungsweise beim Verfeinern von Speisen mit Safran sollten absolute Vorsicht und Fingerspitzengefühl vorherrschen.

Wer zum ersten Mal mit Safran kocht und hierfür die getrockneten Fäden nutzt, sollte je nach Rezept zunächst einmal nur drei bis vier Fäden hinzugeben. Da der Geschmack des Gerichts extrem verstärkt wird, sollte jeder erst einmal schmecken, wie intensiv er das Essen denn haben möchte. Schon alleine der Duft, der beim Würzen verbreitet wird, lässt auf ein intensives Geschmackserlebnis der ganz besonderen Art schließen.

Ebenfalls entscheidend, um erfolgreich mit Safran zu kochen oder zu backen, ist der Zeitpunkt, wann er zu der gewünschten Speise gegeben wird. Safran zählt zu den Gewürzen, deren Aroma zwar intensiv ist, aber sich schnell verflüchtigt. Während er daher zu Gerichten wie Paella bereits zu Beginn des Kochprozesses hinzugegeben wird, damit die Farbe möglichst lang in den Reis einzieht, sollte Safran als Gewürz möglichst spät oder erst nach dem Kochen zu dem gewünschten ­Gericht gegeben werden. Ansonsten könnte sich das Aroma vollkommen verflüchtigt haben und das edle Gewürz hätte keinerlei Einfluss auf den Geschmack. „Damit sich Geschmack und Farbe besser entfalten, empfehle ich, die Safranfäden zu mörsern“, weiß ­Na­thalie Pernstich. „Verwenden Sie einen möglichst kleinen Mörser, damit wenig Safran im Mörser verbleibt. Mörsern Sie den Safran immer mit einer Prise Salz oder Zucker, damit die öligen Inhaltsstoffe nicht an der Mörserwand kleben bleiben. Verwenden Sie immer einen Porzellan-, Steingut- oder Glasmörser. Nie einen Metallmörser verwenden, da das Metall den Geschmack des Safrans verändern könnte.“

Indisches Grießflammeri

Rezept von Nathalie Pernstich

Zutaten für 8–10 Portionen (als Dessert)
6 Blätter Gelatine
1 l Kokosmilch
1 Prise Safranfäden (0,2 g), gemörsert und
in 50 ml warmem Wasser eingeweicht
8 Kardamomkapseln, im Mörser grob zerstoßen
½ Vanilleschote, aufgeschlitzt
100 g Zucker
100 g Grieß
2 Eiklar
Gelatine in kaltem Wasser einweichen.
Die Kokosmilch mit den Gewürzen und 50 g ­Zucker langsam aufkochen und danach 10 bis 15 Minuten auf kleinster Flamme ziehen lassen. Danach abseihen bzw. Kardamomkapseln und Vanilleschote herausnehmen. Die Kokosmilch erneut erhitzen und den Grieß langsam einrühren, ein Mal aufkochen und zugedeckt auf kleinster Flamme weitere 10 Minuten quellen lassen, dabei ab und zu umrühren. Von der Flamme nehmen, die ausgedrückte Gelatine darin auflösen, den Topf dann beiseitestellen und überkühlen lassen.
Den restlichen Zucker mit etwas Wasser leicht anfeuchten und zu einem Sirup aufkochen (118 °C: Wenn man eine Gabel eintaucht und ­herauszieht, entsteht ein feiner Zuckerfaden). ­Eiklar leicht aufschlagen und dann den Sirup einlaufen lassen, weiterschlagen, bis der Eischnee sehr fest, glänzend und wieder kühl ist. Unter die Grießmasse heben, in Gläser portionieren und im Kühlschrank stocken lassen.
Alternativ kann man dieses Rezept auch als Grießpudding zubereiten: Grießmenge auf 150 g ­erhöhen, Gelatine und Meringue (= geschlagenes Eiklar mit Zuckersirup) weglassen und den Kokos-Grießbrei mit 100 g Zucker zubereiten, dann ­direkt nach dem Quellen in Schälchen füllen.
Dazu passt gebratenes, leicht karamellisiertes Obst der Saison (vorzugsweise leicht säuerlich) mit Pistazien oder Mandeln, z. B. Kumquats:
Kumquats vierteln, Zucker in einer Pfanne ­karamellisieren, dann einen guten Esslöffel Ghee oder Butter zugeben und die Kumquats sowie ein paar Pistazien darin schwenken. Mit etwas Orangensaft aufgießen und leicht köcheln ­lassen, bis die Karamellsauce sämig eingekocht ist und die Kumquats wie konfiert aussehen.

Burgenland
www.pannonischer-safran.at

Wachau
www.safranmanufaktur.com

Wallis
www.safranmund.ch

www.babettes.at