Wie kommt das Salz in den Fisch

Auch wenn der erste Geruchskontakt mehr als nur gewöhnungsbedürftig ist, Fischsauce kann süchtig machen. Und Fischsauce kommt jetzt nicht mehr nur aus Asien, sondern auch aus Österreich.

Text von Florian Holzer · Fotos von Michael Reidinger

Thailändische und vietnamesische Köche gehen mitunter nicht so wahnsinnig subtil mit der Essenz um. Besser mehr als weniger, scheint die Devise zu sein, und das kann jemandem, der mit dieser bräunlichen, salzigen Flüssigkeit noch wenig oder keinen Kontakt hatte, auch einigermaßen zu schaffen machen. Denn das Aroma dieser Essenz kann man – freundlich beschrieben – in die Kategorie „fermentierter Fisch“ einordnen, und na ja, das ist definitiv was anderes als Rosengarten oder Vanillepudding.

Aber da muss man einfach durch. Nicht nur, weil die Fischsauce eine der wesentlichen von den vielen Nuancen ist, die die südostasiatischen Küchen so großartig machen, sondern auch, weil – hat man sich erst einmal ein bisschen daran gewöhnt – jedes Essen ohne Fischsauce langweilig und fade schmeckt. Also zumindest jedes südostasiatische. Nuoc Mam, die vietnamesische Fischsauce, kommt in den unterschiedlichsten Mischungen in die Schälchen, mit Limette, mit Knoblauch, mit Ingwer, und dient als Dip, das Fläschchen Nam Pla fehlt in Thailand auf keinem Tisch. In Korea heißt sie Eo-ganjang, wenn sie aus dem fermentierten Fischeintopf Jeotgal hergestellt wird, oder Myeolchi-aekjeot, wenn – wie bei den meisten Fischsaucen – ­Sardellen die Basis sind. Auf den Philippinen heißt der salzige Saft der fermentierten Fische Patis, in Kambodscha Toek Trei, und in China hat jede Küstenregion ihre eigenen Varianten, es sind unzählige.

Und ob man’s glaubt oder nicht, aber: Europa, zumindest der Mittelmeerraum, war in der Zeit von den Punischen Kriegen bis ins frühe Mittelalter genauso süchtig danach. Ob die von den Römern Garum und später Liquamen genannte Fischsauce ursprünglich aus Griechenland oder von den Karthagern stammte, ist heute nur mehr schwer festzustellen, Tatsache aber ist, dass die Römer völlig verrückt danach waren und eine Speise ohne salzige Fischsauce in Rom bald nicht mehr in Frage kam, egal ob salzig oder süß.

Wenn man sich vorstellt, dass dieses Garum hergestellt wurde, indem ­Fische mitsamt ihren Innereien in Salzlake in offenen Zisternen fermentiert wurden, kann man sich den Geruch, der die damaligen römischen Städte prägte, einigermaßen vorstellen. Besonders interessant ist aber, dass es auch beim römischen Garum schon ­starke qualitative Unterschiede gab. Je nachdem, welcher Fisch für die Sauce verarbeitet wurde – Thunfisch, ­Makrele, Aal, Sardelle oder Sardine –, woher die Sauce stammte und ob es sich um 1. Pressung, 2. Pressung oder schließlich Resteverwertung handelte, war Garum ein prestigeträchtiges Luxusprodukt oder Junk Food. Besonders edle Produkte wurden komponiert, indem verschiedene Edelfische gemeinsam mit Gewürzen zur Fermentation gebracht wurden, ein Fläschchen solch einer Topsauce war den Römern so viel wert wie das teuerste damals verfügbare Parfüm.

Die Herstellung von Fischsauce mag von Land zu Land ein wenig variieren, letztlich funktionierte sie aber immer schon nach folgendem Prinzip: Fische, in den meisten Fällen handelt es sich um solche aus der 90 Arten umfassenden Sardellen-Familie, werden gemeinsam mit grobem Meersalz im Verhältnis 1:1 bis 5:1 in große Ballons aus gebranntem Ton oder in hölzerne Zuber gefüllt. Dank der Wärme in den Herstellungsländern, unterstützt oft durch direkte Sonneneinstrahlung, fermentieren die Fische dank körpereigener Enzyme, und es findet eine sogenannte Hydrolyse des Fischproteins statt, also eine Aufspaltung. Durch das Salz löst sich einerseits die Flüssigkeit, andererseits wird die Verwesung verhindert. Nach einer gewissen Zeit, die von unterschiedlichen Faktoren abhängt und von ein paar Wochen bis zu ein paar Monaten dauern kann, wird die Flüssigkeit abgezogen, ob durch Eigendruck oder mit Hilfe von Pressung bestimmt den Qualitätsgrad der Fischsauce. Filtrierung und Pasteurisierung machen die Essenz schließlich marktfähig und nahezu endlos haltbar.

Eine besondere Form der Fischsauce existiert tatsächlich auch in Europa immer noch, und zwar die sogenannte Colatura di Alici, die konkret im kleinen Fischerort Cetara an der Amalfiküste Tradition hat. Die Legende besagt, dass mittelalterliche Mönche eine Version des römischen Liquamen entwickelten, die sich mit der Salz-Konservierung der hier gefangenen Anchovis gut vereinbaren ließ: Nachdem die im Frühsommer gefangenen frischen Sardellen geputzt, also von Kopf und Innereien befreit werden, legt man sie traditionell Schicht für Schicht mit grobem Meersalz bedeckt in Holzfässer ein. Der Holzdeckel wird beschwert, die Fisch-Flüssigkeit setzt sich ab. Im Mittelalter wurde die Colatura wahrscheinlich zufällig entdeckt, als man feststellte, dass die im Laufe der Zeit durch die undichten Fässer austretende Flüssigkeit einen angenehmen Geschmack besitzt. Das Prinzip wurde über die Jahrhunderte hinweg verfeinert, die sich absetzende Salz-Fisch-Lake wird heute in großen Glasballons aufgefangen, um sie in der Sommersonne durch Verdunstung konzentrieren zu lassen, bis sie im Herbst noch einmal in die Fässer gelangt und über die nun bereits fermentierten Alici gegossen wird. Dort sickert sie dann langsam auf den Fassboden, nimmt bei dieser Gelegenheit noch einmal Aromastoffe auf und ist schließlich für die endgültige Gewinnung bereit – die stattfindet, indem man das Fass am Boden anbohrt und die mittlerweile bernsteinfarbene salzige Fisch-Essenz abzapft. Wie bei Bottarga haben die Italiener auch für die Colatura di Alici eine ebenso einfache wie kaum zu verbessernde Verwendungsmöglichkeit kreiert: auf die Pasta, und zwar zu Weihnachten! Slow Food attestierte der Colatura di Alici di Cetara ein sogenanntes „Presidio“, seit März 2016 besitzt die süditalienische Fischsauce sogar den D.O.P.-Status.

So weit ist man mit geschützten Herkunftsbezeichnungen in Vietnam zwar noch nicht, dass es einen Ort gibt, woher die beste Sauce stammt, weiß dort allerdings trotzdem jeder: von der Phú Quôc im Golf von Thailand, 12 km vor der Küste Kambodschas.

Dort werden schon seit etwa 200 Jahren die besten Fischsaucen Vietnams gebraut, weshalb auch Cuong Pham, Sohn einer vietnamesischen Familie, die 1979 nach Kalifornien floh, beschloss, hier seine Red Boat-Fischsauce herzustellen, die den Anspruch hat, die beste der Welt zu sein. Was in Verkostungen immer wieder bestätigt wird, auch in unserer. Ob es an den ganz speziellen, hier in Schwärmen vorkommenden winzigen Sardellen namens Cá com liegt oder am speziellen, ein Jahr lang gelagerten Salz aus Vung Tàu, ist schwer zu sagen, wahrscheinlich sowohl als auch. Selbst die Größe der Holz-Zisternen – sie fassen 16 Tonnen – und die Fermentationsdauer von etwa einem Jahr spielen mit Sicherheit eine Rolle, das sorgt für reichlich Eigendruck, der eine Gewinnung ohne Pressung ermöglicht, kaltgepresst quasi. Der Proteingehalt dieser unter Foodies weltweit höchst verehrten Sauce, die erst seit einigen Jahren auch in Europa zu bekommen ist, rangiert im sehr hohen Bereich, ausgedrückt durch die Gra­dation von 40 °N, den Stickstoffgehalt. Generell gilt: ­Unter 25 °N hat eine Fischsauce nur wenig Sinn oder zumindest wenig Umami, und je mehr desto besser. Red Boat bringt in sehr kleinen Chargen auch eine 50 °N-Version auf den Markt, die etwa zehn Mal so teuer ist und um ein Vielfaches begehrter, ihren Weg nach Europa fand diese Sauce einstweilen noch nicht.

Lukas Nagl braut sie daher selbst. Auf die Idee sei er erstmals in Sansibar gekommen, erzählt er, wo er ein Jahr lang versuchte, für einen Freund ein Hotel-Projekt aufzubauen, und zwar auf Anregung von ­Sohyi Kim, die ihn dort besuchte: hohe Temperaturen, jede Menge kleine Schwarmfische – könnte funktionieren. Als er nach Österreich zurückgekehrt war, als Küchenchef im Das Bootshaus am Traunsee, hatte er aber so einiges aus Ostafrika mitgebracht, unter anderem das dort praktizierte Prinzip, dass man dem Fischer nicht vielleicht den einen oder anderen Fisch abkauft, sondern entweder den ganzen Fang oder nichts. So hielt er das auch im Salzkammergut, wobei er sich immer für „alles“ und nie für „nichts“ entschied, aus Flussbarschen kleine Röllchen machte, aus Wildkarpfen Sashimi, sogar die eingeschleppten und am Traunsee-Boden wild wuchernden Süßwassermuscheln verarbeitete er. Aber eines Tages im Jahr 2012 seien die Fische einfach zu viel und zu klein gewesen, um sich für ein À-la-carte-Gericht sinnvoll damit beschäftigen zu können. Und da fiel ihm die Sache mit der Fischsauce wieder ein.

Ein Zehn-Liter-Holzfässchen enthielt den ersten Versuch, erinnert sich Nagl, „und das hat wunderbar funktioniert“. In weiterer Folge zwar nicht immer, aber oft genug, um Erfahrungen zu sammeln, um Gäste des ­Restaurants immer wieder zumindest zu verblüffen, meistens aber zu ­begeistern, und auf jeden Fall oft genug, um das Ganze mit einem ­befreundeten Lebensmittel-Techniker in operative Formen zu gießen: Genau das passierte heuer, ab Oktober wird es die Fischsauce vom Traunsee regulär im Handel geben. Schwärme von Rotaugen, Rot­federn und anderen kleinen Fischen mit vielen Gräten sind es nun natürlich nicht mehr, die die Grundlage des Gebräus darstellen. Nagl verwertet über die Fischsauce mittlerweile sämtliche ­Fischreste seiner Küche. Und nachdem er vor einiger Zeit auch damit begann, eine Art Inländer-Sojasauce zu ­machen, für die er den essenziellen Koji-Pilz in einem eigenen Klimaraum züchtet, kommt auch der in die Traunsee-Fischsauce hinein. Was ihr neben reichlich Umami vom fermentierten Fisch auch noch solches vom ­Hefepilz mitgibt, alles andere als ein Geschmacks-Leichtgewicht.

Die Fischsauce, die Peter Troißinger im Hotel Malerwinkl seit einiger Zeit herstellt, ist da sehr, sehr viel dezenter, heller und auch der geschmacklichen Natur des Süßwasserfischs näher. Troißinger kochte im Steirereck, ging dann unter ­anderem nach Shanghai, wo eine Küche ohne Fischsauce schlichtweg unvorstellbar ist, und übernahm vergangenes Jahr den elterlichen Betrieb im steirischen Fehring. Saucenmäßig für Aufmerksamkeit sorgte er freilich vor allem mit seiner definitiv bemerkenswerten, nussig-röstigen „Basis-Würzsauce“ von der Süßlupine, quasi Steiermarks Antwort auf die Sojasauce. Die Fischsauce wird nicht im gleichen Umfang hergestellt, bot sich – da im Restaurant des Hotels Malerwinkl jede Menge Abschnitte, Innereien und Karkassen feiner Süßwasserfische anfallen – aber schlichtweg an.

Und apropos Steirereck: Es wäre natürlich nicht Heinz Reitbauer, wenn er das Thema Fischsauce nicht ebenfalls längst thematisiert hätte. Seit etwa fünf Jahren werden Süß­wasserfische und Flusskrebse mittels Salz und Temperatur in Aroma-intensive Essenzen verwandelt – und zwar reinsortig! Das Reinanken-Garum etwa wurde am 16. 12. 2015 angesetzt und erst vor ein paar Monaten in ein kleines Apothekerfläschchen abgefüllt, das hellere ­Garum von der Bergforelle brauchte zur Reifung nur etwa eineinhalb Jahre, wie lange der Stör fermentierte, um seine dunkelbraune Farbe zu bekommen, verrät das Fläschchen nicht. Innereien, Karkassen, Köpfe und auch die Bauchlappen kämen mit etwa 17 % Salz in ein Glasgefäß, kein Zucker, kein Ferment, kein Sonnenlicht, gar nichts, nur bei etwa 40 °C in den Holdomaten, um die Fermentation zu starten, und dann in den Heizraum, wo’s ja auch eher wärmer ist. Das Ergebnis ist fantastisch, im direkten Vergleich und mit etwas Fantasie kann man die einzelnen Fischarten durchaus erkennen, der Stör ein wenig metallisch, die Reinanke klassisch intensiv, die Bergforelle nachgerade frisch. Und dann der Flusskrebs, ­intensive Schalen-Noten, ein Tröpflein reicht, um das Thema Krebs sehr, sehr präsent zu machen, großartig. Übertroffen nur noch vom Kaisergranat-Garum, wow, sehr viel mehr Aroma geht in salzige Flüssigkeit wohl nicht mehr hinein, großartig, er ­gehe sehr sorgfältig damit um, versichert Heinz Reitbauer, und er produziere zwar immer ­wieder nach, komme mit den Apothekerfläschchen aber auch sehr lange aus.

Das Maggi des Meeres
Ja, sie riecht nicht unbedingt gut. Muss sie aber auch nicht. Denn ihre Aufgabe ist nicht, Gerichten einen feinen Duft zu verpassen, sondern ihnen umamimäßig ordentlich einzuheizen. Also auch Zutaten wie frischem Gemüse, Nudeln oder leichten Saucen einen Anflug von Fülle, Reichhaltigkeit und geschmacklicher Tiefe zu verleihen. Ist Fischsauce also ein Geschmacksverstärker? Ja, Fischsauce ist ein Geschmacksverstärker, aber neben Salz der wahrscheinlich älteste der Welt, dessen verblüffend simple Herstellungsweise sich bis heute kaum verändert hat.

Die A la Carte-Jury, diesmal bestehend aus Karin Schnegdar, Kulinarik-Zuständige der Kronen Zeitung, Bui Thi Tham, Köchin im ­Bistro Goldfisch, Marwan Saba, Besitzer des Fischdosen-Kompetenzzentrums Hans Reh, sowie Chefredakteur Christian Grünwald und Autor Florian Holzer vom Magazin A la Carte, verkostete 15 Fischsaucen aus Thailand, Vietnam, Japan, Italien und – trara! – Österreich. Das geschmackliche Spektrum war erstaunlich und die Befürchtung so manches Jury-Mitglieds, dass die alle gleich grauslich seien, wurde definitiv widerlegt.

Verkostet wurde blind, Goldfisch-Küchenchef Sebastian Slavicek stellte zwar Reisnudeln und Salatblätter zur Verfügung, es ging sich aber auch pur ganz gut aus.

1
Red Boat Fish Sauce 40° (75 %) 8
Die Red-Boat-Fischsauce stammt aus Vietnam, ist erst seit einiger Zeit in Österreich zu bekommen, wird um einen deutlich höheren Preis als thailändische Saucen verkauft und besitzt unter Foodies und Umami-Freunden nahezu Kult-Status. Die Sauce ist eine sogenannte Erstpressung und verfügt über einen Nitrogengehalt von 40 °, was auf eine extrem hohe Proteinsättigung zurückzuführen ist. „Erinnert in der Nase an alten Burgunder, definitiv nicht unangenehm“, „sauber, dicht, ­nussig, Biskuitnoten“, „tiefer, reicher Geschmack, angenehm im Abgang“, „Brioche, vielschichtig, gute Balance zwischen pikant und cremig“.
250 ml, 8,90 €, bei Asia Market, Heumühlgasse 20, 1040 Wien, oder Hans Reh, Burggasse 20, 1070 Wien, www.hansreh.com

2
Shottsuru „Yakusen“ 2001 7,1
Die japanische Shottsuru-Fischsauce von der Halbinsel Oga im Norden der Insel Honshu ist eine der speziellsten Fischsaucen der Welt. In der „Yakusen“-Version wird die traditionell hergestellte Sauce mindestens zehn Jahre gereift, uns stand für die Verkostung sogar eine Flasche des Jahrgangs 2001 zur Verfügung. Frau Ayumi Kondo, Besitzerin des japanischen Spezialitätengeschäfts Nippon Ya, die uns diese Sauce vermittelte, ­meinte, sie sei sogar in Japan extrem schwer zu bekommen. Was nichts daran ändert, dass der Geschmack dieser Sauce, die aus einem lokalen Fisch namens Hatahata (Familie der Trichodontidae) hergestellt wird, absolut fantastisch ist: „reif, nussig, mürbe, feine Balance, zartgliedrig, elegant“, „extrem komplex“, „kratzt stark am Hals, Geruch erinnert an Schalentiere, Geschmack fein“, „intensiv, würzig, vielschichtig, angenehm in der Nase, tolles Aroma auch am Gaumen“.
200 ml, 3.240 Yen/26,33 €, www.shottsuru.jp

3
Shottsuru (drei Jahre gereift) 6,9
Die drei Jahre gereifte Version der Shottsuru-Sauce wird zwar nicht in eine edle Flasche gefüllt wie die „Yakusen“, kann mit ihrer Aufmachung, die an ein kleines Sake-Fläschchen erinnert, aber immer noch punkten (was die Jury allerdings nicht sehen konnte). Die Sauce zeigt sich intensiver als die lange gereifte Version: „dicht, klassisch, nussig, lang, geballtes Umami“, „tolle Fischsauce“, „wirkt garnelig-fischig, sehr sauber“, „salzig, wenig Körper“, „klar, sauber, deutlich, frisch, keine störenden Töne“.
130 ml, 756 Yen/6,14 €, www.shottsuru.jp

4
Campisi, Garum di Tonno (76 %) 6,5
Ein sehr spezielles Produkt, das beweist, dass man sich auch in Italien vermehrt mit der eigenen Fischsaucen-Vergangenheit auseinandersetzt. Die Fischverarbeitung bei Campisi umfasst ein breites Spektrum an diversen Formen der Fisch-Konservierung, und nachdem Thunfisch-Garum aus Byzanz in der Antike ein begehrtes Luxusgut war, nahm man diese Idee offenbar als Vorbild. Diese Sauce ist nicht klar, sondern erinnert ein bisschen an eine Tapenade, verfügt mit 76 % aber über einen hohen Proteinanteil. „Salzige Fischcreme mit ­Basilikum, Pfeffer, Gewürzen, nicht uninteressant“, „Optik eher katastrophal, dunkle, trübe Sauce, fettig, geschmacklich toll“, „ganz anders, starke Kräuternote, wenig Umami, wenig Salz“, „pfeffrig, Kräuter­würze, angenehm, vielschichtig“.
100 ml, 16,99 €, über www.amazon.de, www.tipiliano.com

5
Squid Brand Fish Sauce (77 %) 6,1
Wenn man eine Fischsauce zu Hause hat, dann mit hoher Wahrscheinlichkeit dieses thailändische Produkt. Anders als der Name vermuten ließe, wird diese Sauce nicht aus Tintenfischen, sondern ebenfalls aus Sardellen hergestellt und reift 18 Monate. Der Fisch-Anteil ist mit 77 % sehr hoch. „Leichte Stockfisch-Note, wirkt sehr ‚reif‘, komplex, dicht, interessant“, „deutliche, süße Aromen, Reifung“, „etwas ­salzig, am Gaumen flach“, „reif, erinnert an Portwein, ­komplex, ausgewogen“.
60 ml, 0,60 €, bei Asia Market, Heumühlgasse 20, 1040 Wien

6
Delfino, Colatura di Alici 6
Ein in den vergangenen Jahren verstärkt angebotenes Produkt, die Colatura ist ein Nebenprodukt bei der Herstellung von Alici-Sardellenfilets. Das Interessante daran: Fermentation findet hier eigentlich nicht statt, nur Auslaugung. Dem Wert dieses süditalienischen Traditionsprodukts wird man seit Kurzem mit Abfüllung in edle Flakons gerecht. „Sehr deutlich, typische Fischsauce, intensiv, sauber, bernsteinfarben“, „intensiv, aber wenig Umami-Gefühl“, „salzig, sauber, klassisch“, „leicht, angenehm, floral“, „zart in der Nase, am Gaumen salzig, könnte ­komplexer sein“.
100 ml, 12,80 € bei Monte Ofelio, Obere Augartenstraße 70, 1020 Wien, www.monteofelio.com

7
Campisi, Colatura di Alici 5,9
Wie kann man sich den Geschmack von Colatura di Alici vorstellen? So ähnlich wie Sardellenpaste, salzig, appetitanregend, auch ein wenig mit dem Duft eines südlichen Fischereihafens ausgestattet. Knapp 30 Euro Lieferkosten machen dieses Produkt allerdings nicht gerade zum Preis-Leistungs-Sieger der Verkostung. „Man riecht in ein Fass mit eingesalzenen, fermentierten Sardellen“, „recht eindeutig im Geruch, salzig, Sardellenpaste“, „schmeckt besser, als es riecht“.
100 ml, 19,63 €, über www.amazon.de, www.tipiliano.com

8
Cock Brand Fish Sauce (68 %) 5,8
Eine der billigsten Saucen am Markt, auch diese Fischsauce wird ausschließlich aus Sardellen hergestellt, die am Etikett abgebildeten Tiere – Krabbe, Tintenfisch, Shrimp und Pomfret – sind explizit nicht enthalten, auch wenn das vielleicht etwas verwirrend sein mag. Auch wenn hier auf einem anderen Qualitätsniveau als etwa bei Red Boat ge­arbeitet wird, die Sauce ist immer noch sehr okay. „Wirkt etwas unsauber, Geschmack von Schalentieren, hell“, „schlampig, authentisch, fischig“, „Salz-Garage“, „Krustentiergeschmack, angenehmer Geruch, wenig ­Nachhall“, „verhalten, aber ausgewogen, Schalentiere“.
200 ml, 1,20 €, bei Asia Market, Heumühl­gasse 20, 1040 Wien

9
Blue Elephant, Royal Thai Cuisine, Thai Fischsoße (72 %) 5,7
Die Fischsauce des bekannten Thai-Spezialitätenhändlers Blue Elephant ist verhältnis­mäßig kostspielig und liegt mit ihrem ­Fischanteil im mittleren Bereich. Dem euro­päischen ­Geschmack angepasst, versucht ­diese Sauce laut Firmen-Angabe möglichst neutral zu schmecken. „In der Nase Frolic-Aromen, Tierfutter, sehr intensiv, viel Umami, ­Geschmacksverstärker“, „Gräten, Schalen, Augen, alles drin“, „Salz-Umami“, „typische Thai-Fischsauce, angenehm, Umami“, „­stechend, intensiver Fischgeschmack, kaum Abgang, probates Würzmittel“.
200 ml, 3,39 €, bei Merkur, www.merkurmarkt.at

10
Megachef, Nuoc Mam Nhi, Premium Anchovi Sauce (72 %) 5,6
Megachef hat schon viele Medaillen gewonnen und sogar den genialen David Thompson als Testimonial verpflichtet. Die Sauce reift zwei Jahre lang und ist frei von jeglichen Zusätzen. „Süß, salzig, erstaunlich intensives Krabben-Aroma“, „fast aufdringlich süß, wenig Umami“, „süß, unangenehm, indifferent“, „süß, hängt etwas im Rachen, angenehm“, „komplex am Gaumen, in der Nase etwas stumpf, süßliche Noten“.
200 ml, 2,90 €, bei Asia Market, Heumühlgasse 20, 1040 Wien

11
Giù Giù, Colatura di Alici 5
Eine weitere Colatura, hellgelb, mit 1 g Protein pro 100 g Sauce und einem Salzgehalt von 29,3 allerdings eher eine Einsteiger-Qualität. „Hell, seltsam, Liebstöckel-Noten, dünn“, „Salz, Pfefferminz, vielleicht für Salat und Gemüse …“, „vorwiegend salzig, wenig Umami“, „erinnert an einen Badezusatz, Limoncello“.
200 ml, 26 €, über www.amazon.de, www.prezzemoloevitale.co.uk

12
Youki 4,6
Über diese Sauce, die uns ebenfalls Ayumi Kondo vom Nippon Ya zur Verfügung stellte, war nur wenig herauszubekommen, es handelt sich offenbar um ein chinesisches Produkt, das für den japanischen Markt hergestellt wird. „Klassisch, grob, scharf, wenig Spiel“, „seltsam“, „komplex“, „scharf, salzig“.
75 ml, Preis k. A., bei Nippon Ya

13
Nam Pla, Oyster Brand (67 %) 4,4
Noch einmal ein kleiner Beitrag zur Fischsaucen-Verwirrung: Diese Sauce ist weder eine Austernsauce noch eine Fischsauce, die aus Austern hergestellt wird, sondern eine Fischsauce, die einfach „Oyster“ heißt. Sie verfügt über einen relativ geringen Fischanteil und enthält als einzige in der Verkostung Zucker. „Süß, intensiv, aber kaum komplex“, „Salz dominiert, sauber, klar“, „sehr tierisch, unangenehmer Geruch“, „sehr salzig, ­intensiv, verdünnte Sardellenpaste“.
200 ml, 1,59 €, bei Merkur, www.merkurmarkt.at

14
Fischsauce vom Traunsee 4,1
Dass die beiden österreichischen Fischsaucen, die sich freilich wacker schlugen, am Ende des Rankings zu liegen kamen, ist schade, muss einen angesichts der Jugend der beiden Projekte aber nicht wundern. „Salzig, sauer, vom Geruch her fordernd, intensiv, Fermentation pur, sehr dunkel“, „Fisch, Salz, Fermentation“, „sehr intensiv, sehr salzig, hängt nach“, „bissig, stechend, unangenehm“.
100 ml, 5 bis 7 € (Preis stand bei Redaktionsschluss noch nicht genau fest),
www.dastraunsee.at/kulinarik/restaurant-bootshaus

15
Fischsauce Malerwinkl 2,7
Der letzte Platz für die Sauce von Peter Troißinger ist undankbar und auch nicht ganz gerecht. Das Produkt ist hochinteressant, die Abfüllung in Phiolen originell, seine Herstellung nachhaltig und sein Einsatzgebiet sicher noch nicht gänzlich ausgeforscht. „Riecht nach Tier, Forelle, würzig, aber eher schlank“, „slim“, „zart, fischig, Salz im mittleren Bereich“, „in der Nase intensiv, Algen, Fischfutter“.
200 ml, 15,90 €, www.malerwinkl.at