Gast-Nackt-Gschnas

Text von Florian Scheuba & Thomas Maurer

Was Satire eigentlich ist und was sie eigentlich darf, ist eine sehr alte Frage, die immer wieder einmal anlassbezogen gestellt wird.

Den jüngsten Anlass lieferte Heinz Christian Strache, Vizekanzler der Republik Österreich.

Und ja, es ist noch gar nicht so lange her, da wäre ein Text, in dem die Wortfolge „Heinz Christian Strache, Vizekanzler der Republik Österreich“ vorkommt, ohne Frage ein satirisch gemeinter gewesen. Hätte nun Autor oder Autorin dieses Textes im Weiteren gemutmaßt, der im Rahmen dieser satirischen Negativutopie zu Vizekanzlerwürden gekommene Heinz Christian Strache würde diese Position dazu benutzen, per
Facebook-Posting dem ORF im Allgemeinen und Armin Wolf im Besonderen gewohnheitsmäßiges Lügen zu unterstellen, sich aber beim Erheben dieses strafrechtlich relevanten Vorwurfs dummschlau mit der Präambel „Satire“ absichern, hätte man Herrn oder Frau Satiriker vermutlich den Vorwurf gemacht, ein wenig mit dem polemischen Holzhammer zu arbeiten, und vermutlich wäre auch von FPÖ-kritischer Seite der Einwand gekommen: „So deppert is ned amal der Strache.“

„Difficile est, satiram non scribere“, behauptete Juvenal, schwierig sei es, keine Satire zu schreiben. Hier irrt der alte Römer. Es reicht ja augenscheinlich völlig, eine schreiben zu wollen, es aber nicht zu können, und schwupp! ist die Nichtsatire fertig.

Davon einmal abgesehen, dass es auch grobe, blöde und schlechte Satire gibt. In den sumpfigen Ausläufern dieser Kunstform wimmelt es ja nach wie vor von drachenhaften Schwiegermüttern, drolligen Pantoffelhelden und auf Missionare spezialisierten Kannibalen.

Auch der sich als Weinkenner wichtig machende Snob ist ein gängiger Topos. Um einen solchen darzustellen, schnüffle man affektiert an einem Glas, spreche eine Terz höher und vierzig Prozent nasaler als sonst und sage einen Satz, in dem das Wort „Südhang“ vorkommt.

Nach wie vor vermag eine solche Darbietung, Menschen in befreites Gelächter ausbrechen zu lassen. Weinliebhaber werden da allerdings kaum drunter sein.

Was nicht zwingend daran liegt, dass die keinen Humor hätten.

(Obwohl das unbestreitbar schon auch vorkommt.)

Aber wer mit einer Leidenschaft vertraut ist, macht sich ganz anders, empathischer und fachkundiger darüber lustig. So zum Beispiel:
„Der Connaisseur von Weinwelt kennt das Dilemma: Im Keller stapeln sich originale Holzkisten vom linken Ufer und IGTs in bedrohlicher Höhe, notdürftig von Blue-Chip-Salmanazars am Umkippen gehindert. Man könnte dem drohenden Unglück entkommen, trinkt aber ‚eigentlich‘ nur mehr elegante Burgunder, deutsche Rieslinge und Winzerchampagner. Dieser Leidenschaft frönt man selbstredend im Stillen, denn in Gesellschaft gibt es allerhöchstens diesen einen einzigen Chenin blanc, den unvermeidlichen Savagnin oder einen ­georgischen Rkaziteli aus der Quevri …“

Hier wird nicht nur elegant dokumentiert, dass auch Wein-Nerds einen Schmäh haben können, sondern im selben Aufwaschen auch gleich, dass Werbung nicht zwangsläufig blöd sein muss. Kathi Tinnacher und Christoph Neumeister werben so für ihre als ­Nebenprodukt einer Eheschließung entstandenen ­Gemeinschaftsweine, von denen Sie – Satire! – anregend abraten: „Gönnen Sie sich diese einzigartigen, absolut kreierten, nicht herkunftsorientierten, garantiert traditionsfreien, bunt zusammengewürfelten und trendigen Weine. Zumindest bis der nächste ­Hype kommt.“

Nun könnte man einwenden, dass bei dieser Art Satire Nichtauskenner nichts zu lachen haben. Gegen diesen Einwand könnte man nun wiederum ein gepflegtes „Na und?“ in Stellung bringen.

Und angesichts der Tatsache, dass der untere Rand dieser Satireseite allmählich näher und näher rückt, könnten wir jetzt noch eine Art satirische Klammer setzen, etwa indem wir uns freuen, dass der Vizekanzler der Republik Österreich nicht als Texter bei Neumeister & Tinnacher arbeitet. Aber irgendwie ist uns sogar das zu deppert.