„Schmeck’s!“, sagt das Gehirn

Es gibt mehr Wissenswertes, als man sich jemals vorstellen hätte wollen.

Hätten Sie, geschätzte Leserinnen und Leser, vielleicht fünf Minuten Zeit für eine kleine Umfrage?

Wir würden nämlich, unter dem Eindruck diverser Zeitungsartikel, die dem Einfluss von Präsentation und Umgebung auf den Genussfaktor beim Essen und Trinken gewidmet waren, gerne einmal herausfinden, wie sich diese Faktoren auf den Spaßquotienten beim Lesen von gastrosatirischen Kurztexten auswirken.

Beschreiben Sie also bitte in einer kurzen E-Mail, wo und wie Sie diesen Text konsumiert haben (z. B. in der gediegenen Lesechaiselongue, auf der Toilette – bitte spezifizieren: eigene oder öffentliche –, bei 180 km/h auf dem Bildschirm des Smartphones o. Ä.)

Wichtig wären auch die visuellen Begleitumstände. Es macht einen Unterschied, ob Sie diesen Text im hochwertigen A la Carte-Layout in innenarchitektonisch anspruchsvoller Umgebung konsumieren oder als mit Filzstift auf Klopapier geschmierten Kassiber in Ihrer Einzelzelle in Stein an der Donau. Und natürlich Ihre akustische Umgebung: Vogelgezwitscher? Ein zu Ihrer Privatunterhaltung engagierter Lautenvirtuose? Oder doch ein vom zwei Kilometer weit weg statt­findenden Feuerwehrfest herüberhallendes Andreas-Gabalier-Medley?

Nachdem Sie diese Basisinformationen notiert haben, seien Sie bitte so freundlich und lesen den gesamten Artikel noch einmal unter möglichst diametral entgegengesetzten Umständen.

Wir erwarten uns von den so generierten Datensätzen wertvolle Aufschlüsse darüber, mit was für Schas-Themen man es zu doppelseitigen Sonntagszeitungs-artikeln bringen kann.

Die in einem Kurier-Bericht zum Thema „Neuro-gastronomie“ enthaltene Enthüllung etwa, dass Duft, Geschmack und Konsistenz von Nahrungsmitteln gar nicht von Mund und Nase wahrgenommen, sondern von diesen lediglich als Signale ins Gehirn weitergegeben werden, ließ uns das Sonntagsfrühstückskipferl alles andere als vor Staunen aus dem Mund fallen. Viel eher wollten wir nach ähnlich gelagerten Artikeln suchen, die darlegen, dass es gar nicht das Auto ist, das irgendwo hinfährt, sondern dass die chauffierende Person – genauer: deren Gehirn – am Steuer ist.

Weitere Früchte vom Baum der neurogastronomischen Erkenntnis:

• „Knabbergebäck schmeckt aus blauen Schalen salziger.“
Zumindest wenn man nicht farbenblind ist und/oder einfach beim Fernsehen ohne zu schauen vor sich hin mampft.

• „Wer im Restaurant als erster bestellt, dem schmeckt das Essen besser.“
Was immerhin die klassische Bestell-Kakophonie erklären würde, wenn alle, nachdem sie sich gegenseitig „Sag du amal!“ zugerufen haben, gleichzeitig ihre unterschiedlichen Speisewünsche auszuposaunen beginnen.

• „Flugzeugessen schmeckt nicht so gut, weil es im Flugzeug so laut ist.“
Wir Ahnungslosen dachten bislang, es liegt daran, dass aufgewärmte Schnitzel tendenziell weniger super schmecken als frisch gemachte.

• „In blauer oder roter Umgebung schmeckt Wein besser als in grüner oder weißer.“
Das heißt wohl, dass man sich von einer Fête-blanche-Party in einer ­klassischen Bauhausvilla gehobenen Weingenuss ebensowenig erwarten ­sollte wie von einem Picknick im Grünen, dass aber dafür ein in einem Wahlkampf-Dreiecksständer der FPÖ eingenommener Schluck ebenso gesteigerten Genuss verheißt wie ein in einem farblich traditionell möblierten Bordell konsumierter.

• „Ein befriedigendes Mahl aktiviert im Gehirn dieselben Areale wie Sex.“
Apropos: Für die Bewerbung oraler Sexualpraktiken erscheint rote Reizwäsche wiederum als denkbar ungeeignet, da

• „rotes Geschirr nicht appetitförderlich ist“.
Nämlich weil „rot in der Natur Gefahr signalisiert“. Weshalb vermutlich auch kein halbwegs bei Sinnen befindlicher Mensch jemals freiwillig eine Erdbeere oder Kirsche verspeisen würde.

Wir dürfen annehmen, dass Sie mittlerweile Ihre Zweitlektüre dieses Artikels unter veränderten wissenschaftlichen Bedingungen abgeschlossen haben und bitten um Ihre werten Testergebnisse unter redaktion@alacarte.at. Einsendungen in unpassender Schriftfarbe werden nicht berücksichtigt.