Kick in Carnuntum

Gerhard Markowitsch ist der bekannteste Winzer im Weinbaugebiet Carnuntum. Seine Weine erhalten Auszeichnungen ohne Ende.

Kick in Carnuntum

Text von Michael Prónay Foto: Manfred Klimek
"Es war eine unglaubliche Zeit: Die ersten 1990er Jahre waren die Zeit des extrem raschen Aufbaus. Jedes Jahr gab’s neue Erkenntnisse, man hat sich da auch technologisch hineingesteigert. Es war die Zeit, in der man begonnnen hat, auszudünnen und damit die Erträge zu reduzieren. Jedes Jahr gab’s unterschiedliche, aber richtige Ergebnisse. Dadurch waren unglaublich schnelle und große Sprünge vorwärts möglich. Es war tatsächlich so, dass mit dem Wissensvorsprung von nur einem Jahr die Roten im Jahr drauf plötzlich doppelt so gut waren", begeistert beschreibt Gerhard Markowitsch seine atemlosen Anfangsjahre. "Es war ja alles autodidaktisch, wir haben nur durch die Praxis gelernt, welche Rebsorte wo gut hinpasst. Wir haben damals ausgesetzt wie die Wilden, auch die verschiedensten Kombinationen von Rebsorte und Unterlagsrebe ausprobiert, aber auch ebenso rasch gerodet, wenn’s nicht hingehauen hat. Außerdem schmecken immer wieder Weine aus ganz jungen Anlagen merklich anders als mit 10, 15 Jahren auf dem Buckel."
Begonnen hat der 1969 geborene Winzer mit der konventionellen Klosterneuburg-Ausbildung im elterlichen Betrieb im Jahr 1990; damals waren’s 8 Hektar, heute sind es 31 plus Zukauf aus weiteren guten 20. "Die Riesensprünge wie vor 10, 15 Jahren, die gibt’s natürlich so nicht mehr. Heute arbeitet man fokussierter. Früher hat man kühl vergoren, und schon war man der Beste. Heute versuchen wir im Weingarten den Prozess übers Jahr zu optimieren, vom Rebschnitt im Winter bis zur Lese im Herbst. Und auch im Keller machen wir heute viel weniger Eingriffe als früher." Wie war das mit dem Konzentrator? "Ich sehe das völlig entspannt. Aus heutiger Sicht ist es klar: Wir brauchen ihn nicht. Mir ist Rosé als Saftabzug lieber. Der Gebrauch dieser Maschine geht übrigens tendenziell überall zurück."
Drei Viertel der Rebfläche sind rot, hauptsächlich Zweigelt, Pinot Noir und Merlot, auch etwas Blaufränkisch (mit tendenziell wachsender Tendenz), dazu wenig Cabernet, Syrah und St. Laurent. In Weiß gibt’s Grünen Veltliner, Chardonnay und Sauvignon Blanc. In Summe mag das viel scheinen, aber: "Unsere Palette war immer schon breit gestreut; wie ich begonnen habe, gab’s acht oder zehn Weine, heute sind’s 13."
Der beste Rote war einmal der Rosenberg, dann kam "M1", was kommt als nächstes? "Nein, nein, nein, der Rosenberg aus Zweigelt, Merlot und Cabernet ist nach wie vor der Topwein." Und der M1? "Der ist 2000 entstanden, aus zwei eigens gelesenen Parzellen. Der war so großartig, dass wir den unbedingt herzeigen wollten." Der Frage, wie viel es davon gibt, weicht Markowitsch ein wenig aus: "Das ist nicht die Frage. Mit so einem Wein kann man im Ausland beeindrucken, und da ist es wurscht, ob es tausend Flaschen gibt oder eine Million, das merkt sich sowieso niemand. Von Romanée-Conti oder Montrachet gibt’s ja schließlich auch nicht mehr."
Warum sind die Weine so gut? "Weil wir uns viel Mühe geben?" Gerhard lacht. "Im Ernst: Wenn man heute im Topbereich arbeitet und perfekt sein will, dann darf man sich keine Fehler leisten. Der Markt ist groß, aber durchaus sensibel. Und wenn dann doch Ausreißer passieren, dann darf man sie ganz einfach nicht in Flaschen füllen."