Meinl´s Best of
Die Societydame Spängi Meinl, die auch in der Küche eine gute Figur macht, über ihre Liebe zum Detail, ihren Hang zum Perfektionismus und ihre Leidenschaft für Hendlhaxen
Meinl´s Best of
Text von Ro Raftl Fotos: Monika Schrack
Blumen und Bienen sind das Thema der Saison. Nicht, dass Franziska "Spängi" Meinl ein Kind aufklären müsste. Sohn Julius VI. ist 21 und studiert in St. Gallen. Aber Blüten und Knospen sind dieses Jahr so verrückt herausgeschossen, dass der Imker den Bienen im steirischen Gut Lehenshofen viel früher als sonst das Zuckerwasser abgesetzt hat. "Nur im Winter darf man damit zufüttern", doziert die Ehefrau des fünften Julius aus der Dynastie der arbeitsamen Millionäre ernsthaft. "Später verändern Zuckerwasserzugaben die Qualität des Honigs. Natürlich wird die Ernte dadurch vergrößert. Aber weil wir es nicht tun, schmeckt der Meinl-Honig so sensationell." Das setzt sie stürmisch hinzu und lacht eine ganze Koloratur hinauf und hinunter.
Übrigens, der Apfelsaft kommt auch vom Meinl-Biogut. Und die Hirschbirnenmarmelade, fruchtigherbsüß, ihre persönliche Lieblingsmarmelade. "Alles speziell gemacht. Alles gekostet. Dafür bin ich in der Welt herumgefahren und hab‘ gesucht, wo es das Beste vom Besten gibt."
Als die Hietzinger Lachtaube Franziska, an der ihr Babykosename "Spängi" hängenblieb, vor 21 Jahren den Banker Julius Meinl heiratete, kultivierte sie ausschließlich den diskreten Charme der Bourgeoisie: "Ich bin dazu erzogen, nicht zu lügen, mich nicht wichtig zu machen und herzlich zu sein." Die Tochter des Werbegrafikers Preuschl von Haldenburg maturierte im Lycée Français, studierte Englisch in England, jobbte in einer Genfer Bank, in der Bandfirma ihrer Mutter Hilde und – honigblond mit 50 Kilo auf 1,70 Metern – als Fotomodell in Wien. Nicht wirklich das, was man eine Ausbildung zum Hausmütterchen nennen würde, aber: "Ich kann kochen. Es hat mich schon zu Hause immer interessiert."
Wer vermutet, das sei bloß alibizwänglerischer Smalltalk einer reichen Frau mit Personal, wird im Handumdrehen in eine engagierte Diskussion über Niedrigtemperaturherde verwickelt. Ein Rezept wird gratis mitgeliefert: "Lachs, in Scheiben aufschneiden, salzen, pfeffern, mit Butter bepinseln. Ins 70 °C erhitzte Rohr schieben. In zirka 20 Minuten ist er durch, aber er kriegt eine andere Konsistenz, glasig, und das schmeckt köstlich. Ich geb‘ Kartoffelpüree dazu, das ich mit grünen pürierten Lauchstückeln mische. Darüber gieß‘ ich braune Butter." Klingt heimelig altmodisch. Ganz nach dem Motto, mit dem Franziska Haldenburg die Ehe angetreten ist: "Emanzipieren kann man sich auch zu Hause. Mein Hauptberuf ist es, im Hintergrund zu stehen und meinem Mann das Leben schön zu machen." Ein Leben in einer Grinzinger Villa, mit Abendessen für 10 bis 40 Gäste, durchgeplant vom Blumenschmuck bis zur Kaffeecremetorte. In einem steirischen Landhaus, wo Rustikales vom Reiterschmaus bis zur Jagdjause angesagt ist. In einer gemieteten Ferienvilla an der Costa Smeralda Sardiniens. Elegante Arbeitsplätze. Um sie perfekt in Schuss zu halten, braucht’s dennoch disziplinierte Liebe zum Detail.
Professionelles Engagement für den Meinl am Graben, das traditionsreiche Filetstück der Familie, entfaltete sie erst nach dem Verkauf aller anderen Filialen der Lebensmittelkette an REWE. Vorher hatte sie bei Meinl nur eingekauft.
Doch Spängi ist Zwilling (mit Aszendent Stier), und weil sie horoskopgläubig ist (die Wiedergeburt wird stets einkalkuliert), führt sie ihre Beweglichkeit auf ihr Sternzeichen zurück. "Mir ist nie langweilig, mir fällt immer was ein. Man könnte mich überall auf der Welt aus dem Flugzeug schmeißen, ich fände immer was zu tun." Langwierige Prozesse sind allerdings nicht nach ihrem Geschmack. Obwohl sich die "tendenziell Schlampige" um Perfektion bemüht: "Mein Mann ist ein Ordnungsfanatiker. Streng. So viel beschäftigt. Wenn er heimkommt, muss alles organisiert sein. Er isst nicht viel, aber gerne sehr gut. Da ist er äußerst heikel. Zwiebel und Knoblauch verabscheut er."
Die kluge Frau, die Yoga macht, um "nach innen zu gelangen", lernte, das Nötige mit der Neigung zu verbinden: "So schnell wie möglich etwas so Kreatives wie möglich zu produzieren."
Sie sagt "sophisticated", weil sie mühelos zwischen sechs Sprachen switcht – die slawischen fehlen ihr, was sie tief bedauert – und schildert zum Beweis ihr Weihnachtsmenü: "Thunfischtatar mit Koriander-Schnittlauch-Ingwer-Sauce und Salat aus gebratenen Shiitakipilzen. Als Hauptspeise Truthahn, gefüllt mit Sellerie und Zwetschken – der liegt so lange im Rohr, wie er Kilos hat – dazu diverse Pürees, die kommen immer gut an, und unsere familienspezifische englische Weißbrotsauce. Zum Dessert Schokoladensoufflé, bei dem’s noch roh herausrinnt, mit Schlagobers und Himbeeren." Das kocht Spängi selbst, am Heiligen Abend hat die Köchin frei. Doch da alles perfekt vorbereitet ist und jeder Handgriff im Finale sitzt, kann sie leicht sagen: "Nix, bei dem man vor dem Augenblick des Anrichtens lange in der Küche stehen muss." – Einer großen weißen gemütlichen übrigens, mit altvaterischen Kasteln, aber dem ultimativen Gerät.
Man fragt sich, wieso ein Mensch mit so ausgeprägter Lust am Kochen und Essen so dünn sein kann. Aber Frau Meinl erklärt, dass sie erstens einen sehr guten Metabolismus und zweitens eine F.X.-Mayr-Kur hinter sich habe. Auf die schwört sie, obwohl sie sich gesund ernährt, viele Prinzipien der chinesischen Ernährungslehre befolgt und nie, niemals, in der Nacht aus dem Kühlschrank naschen würde. Beim Malen – ja, seit acht Jahren übt sie sich an der Porträtmalerei, wobei sie zugleich Geduld trainiert – trinkt sie nur Ginger-Lemongrass- und Grünen Tee. Unmengen Wasser sowieso. Sehr wenig Alkohol. Die Weinwahl überlässt sie dem Spezialisten, ihrem Mann, er kennt ihre Vorlieben. Weißweine mag sie gerne ganz leicht, bei den französischen Roten darf es ein Château Lafite sein, von den Spaniern schmecken ihr die Rijoas von Marqués de Riscal.
"Aber der beste Wein meines Lebens kam aus einem Kanister", erzählt die Sommelier-Verwöhnte träumerisch. "Das war vor 13 Jahren, als wir in Paxos, einer kleinen Insel vor Korfu, ein Haus gemietet hatten. Er war dunkel, frisch – und wie vom Himmel. Völlig naturbelassen. Er ist auch schnell gebrochen, war leider nicht transportfähig." Ein Jammer, denn sie mag das Einfache, qualitativ Hochwertige. Neulich, in Paris musste sie wieder feststellen, dass in jedem zweiten Bistro, jeder zweiten Brasserie sehr gut gekocht wird: "Man muss gar nicht in die tollsten Lokale gehen."
Gut gekocht? Ja, frisches Gemüse über Dampf beispielsweise. Leichte Pasta wie in diesem winzigen Lokal in Mailand, dessen Namen sie vergessen hat, Bollito misto in Bergamo oder die frischen Miesmuscheln, sommers in Sardinien, wo das Wasser so sauber ist, dass man sie sogar roh essen kann. Roh! Insgesamt natürlich den leicht asiatischen Touch, den sich sämtliche schicken Lokale weltweit geben. Obwohl Spängi klarerweise nicht wegen des Essens verreist, wenn sie alleine verreist. Es sei denn in Geschäften für Meinl am Graben. Dort sitzt sie im Eigentümerbeirat und kümmert sich um die ästhetischen Belange, um die Zusammenstellung der Geschenkkörbe sowie die Eigenmarken wie etwa Hirschbirnenmarmelade (siehe oben). Auf privaten Trips aber besucht Frau Meinl Museen, Galerien und Konzerte. Deshalb giftet sie’s ein bissel, wenn ihre Freundinnen ätzen: Du gehst doch ununterbrochen shoppen! In Wahrheit hasse sie nämlich Shopping, halte Garderobeauffüllung eher für eine lästige Pflicht. Es sei denn, ihr Eheliebster Julius – "Er mag schöne Kleider" – stattet sie wie vor ein paar Wochen in Paris mit einigen Haute-Couture-Modellen aus: "Das hat mich riesig gefreut!"
Oft begleitet sie ihn hochoffiziell zu geschäftlich-gesellschaftlichen Anlässen. Da gibt’s ohnehin Programm. Alleine aber, sagt sie, schlendere sie am liebsten durch fremde Straßen, inhaliere die Sprachmelodien, versuche Satzfetzen aufzuschnappen. Ist wiederum ihr Mann auf Reisen, gönnt sie sich etwas ganz Besonderes. Zu Hause. Sie kocht für sich und den Hund dasselbe Menü: Hendl mit Karotten und Zucchini. Er kriegt die Brust und das Knorpelzeugs, sie nagt an den Knochen: "An Hendlhaxen nagen – es dürfen auch Backhendln sein – ist überhaupt das Allerschönste auf der Welt!"