Zu unseren Diensten

Junge Persönlichkeiten verleihen dem Service in Österreichs besten Restaurants Charakter, sie geben uns das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein. Sie bringen uns spannende Weine näher oder begleiten uns durch ein paar wunderbare kulinarische Stunden. Die neuen Stars unter den Maîtres und Sommeliers. Glauben Sie uns eines: Die Auswahl war nicht leicht, sie fand nur aus Platzgründen überhaupt statt.

Text von Alexander Rabl · Fotos von Michael Reidinger

Nora Pain: Restaurant Konstantin Filippou

Ziemlich perfekt

Schön und nützlich, wenn man schon als Kind weiß, für welchen Beruf man später einmal brennen wird. „Meine Mutter wusste es sogar vor mir“, sagt Nora Pein. „Ich kochte für sie, als ich ein Kind war, und ich liebte es, in einem Spitzenrock vom Flohmarkt zu servieren.“ Während andere noch zwischen den Schulstufen sondieren, geht Nora mit 14 Jahren von Graz nach Wien und absolviert die Lehre im Intercontinental, wo sie sich jede Station anschaut, ­danach Kitzbühel, schließlich 14 Stunden sieben Mal die Woche auf der MS Europa I, wo sie unter anderem das Thema Wein im Restaurant Venezia über hat. Sie sagt: „Das Reisen am Schiff war fantastisch. Auch wenn wir oft nur eine Stunde Zeit am Tag hatten, um an Land zu gehen, die Eindrücke waren unvergänglich.“ Mit 22 Restaurantleiterin bei Konstantin Filippou. Nora Pein übernimmt demnächst die Leitung, Koordination und Organisation eines Filippou-Projekts in der steirischen Hauptstadt. „Die Trennung von Wien, meinem derzeitigen Job und den Gästen hier fällt mir nicht leicht“, sagt sie. Frau Pein hat beides gelernt: Koch und Kellner. Was bringt das, Frau Pein? „Wenn ein Gast ins Restaurant kommt, beginnt in der Küche ein Prozess, der schließlich auf dem Teller vor dem Gast endet. Wenn ich mich da ein wenig beim Kochen auskenne, hat der Gast auf jeden Fall etwas davon.“ Ein guter Kellner müsse die Basis des Kochens kennen, um den Gästen Gerichte näherbringen zu ­können, sagt sie. „Da kommt ein Gast, der schon beim Erwähnen des Namens Stockfisch ins Schwitzen gerät. Dann muss ich ihm erklären, das unsere Brandade doch etwas ganz anderes ist.“ Für Pein gibt es nur einen Schmerz: Es ist ihr Drang zur Perfektion. „Ich leide oft sehr darunter“, sagt sie. Die Gäste weniger. Denn das ehrgeizig Verbissene ist nicht Nora Peins Sache. Sie überzeugt auch die gerade mäßig gelaunten Gäste mit einem Lächeln davon, dass es eigentlich ein schöner Tag ist. „Von den älteren Kollegen im Intercont ­konnte ich viel lernen, zum Beispiel, worauf es im Umgang mit den Gästen ­ankommt.“ Strebertum und das Aufsagen von Auswendiggelerntem ist da nicht gefragt. „Sicherheit und Souveränität sind wichtig. Und wenn du weißt, du hast dein Bestes gegeben, bist du souverän.“ Die Berufsbezeichnung ­Maî­t­re mag Nora Pein übrigens überhaupt nicht. „Ich bin eher Mädchen für ­alles. Wenn die Heizung kaputt ist, und den Leuten ist kalt im Restaurant – kann ich es mir leisten zu sagen, das ist nicht mein Job, soll sich jemand ­anderer drum kümmern?“ Eine Frage, eigentlich keine Frage.

Matthias Berger: Restaurant Ikarus, Hangar-7

Der mit Kritik kein Problem hat

Was lernt man im Leben eines Maî­t­res? Zum Beispiel das: „Gut, wenn man die ­Leute nicht auf den ersten Blick beurteilt.“ Da war ein Gast, erzählt Matthias Berger, Amerikaner, die Frau Asiatin, beide in sehr sommerlicher Kleidung. Üblicherweise kann das zum Problem werden, doch Berger entschied: „Ich lass sie rein, ich kümmere persönlich um sie.“ Der Gast wollte auch den selbst gebrachten Wein trinken. Berger sagte: „Geht in Ordnung.“ Und dann holte Madame aus ihrer Hermes-Handtasche eine Flasche Screaming Eagle 1992. Sie sagte: „Nehmen Sie sich ein Glas, für Sie und Ihre Mitarbeiter zum Probieren.“ Immerhin: Einer der besonders teuer gehandelten Rotweine aus Kalifornien. Apropos Kleiderordnung: Die Restaurants, aus denen die Gastköche des Flaghshiprestaurants der Hangar-7-Betriebe kommen, ­haben Servicebrigaden in Jeans und Sneakern, und statt Krawatten tragen die Herren ­Tattoos und Bärte. Der Service in dunklen ­Anzügen wirkt da fast ein wenig wie aus der Zeit gefallen. „Vielleicht, aber uns macht der Auftritt so Spaß. Wir fühlen uns gut damit. Vielleicht ist unsere Garderobe das Einzige, was im Ikarus eher traditionell angelegt ist“, sagt Matthias Berger. Er ist nicht nur Maître, sondern für das Funk­tionieren aller Betriebe im Hangar-7 verantwortlich. Viele Zahlen, viel Betriebswirtschaft, macht das Spaß? „Mir schon. Es ist eine gute Mischung. Alle Outlets sind verschieden, nur der hohe Anspruch und der Teamspirit sind gleich.“ Das Vergnügen an der Arbeit erstens zu haben, und es sich zweitens auch anmerken zu lassen, charakterisiere guten Service. Wie wählt er ­seine Mitarbeiter? „Die Leidenschaft ist mir wichtiger als eine Liste von Zeugnissen aus Sternerestaurants.“ Und die Freude am Gespräch mit den Gästen. Gibt es unter diesen Gästen auch welche, die weniger Freude machen? „Wir haben selten Probleme. Und wenn ein Gast sich beschwert, steckt doch oft ein Körnchen Wahrheit in der Kritik.“ ­Darüber dürfe man sich dann nicht ärgern, sondern versuchen, den Gast am Ende doch zu einem glücklichen Gast zu machen. Was Berger ärgert, ist hingegen der Ruf, den die Branche hat: „Das ewige Gejam­mere nervt. Und das Kaputtmachen der Jungen während ihrer Praktika in der Zeit der Schule, wo sie die niedrigsten Arbeiten verrichten müssen. Die sagen dann: Sicher nicht Gastronomie. Kein Wunder.“ Doch der Beruf habe so viele schöne Seiten, über die gesprochen werden müsse. Das Feedback glücklicher, zufriedener Gäste zum Beispiel, das die Brigade im Ikarus beflügelt. Matthias Berger findet – wie seine Gäste – kaum Gründe zur Beschwerde: „Ich würde alles wieder genau so machen.“

Simon Schubert: Restaurant aend

Der Dogmen hasst

Simon Schubert gießt Champagner ein. Haben wir etwas zu feiern? Als ob es für Champagner eines Grundes bedürfe. Doch Simon Schubert und aend-Patron Fabian Günzel haben Anlass zur Feierlaune. Ihr Konzept ist aufgegangen. „Wien etwas Internationales zu geben“ sei der Plan gewesen. Das Ergebnis: „Sogar im Jänner waren wir super gebucht.“ Schubert und Günzel kennen sich seit der gemeinsamen Zeit bei Silvio Nickol. „Dass wir etwas gemeinsam machen würden, war immer schon klar.“ Pinzetten­küche, für manche mittlerweile ein Hassbegriff, mögen Schubert und Günzel nicht sehr. Dafür sind auch nicht genug Mitarbeiter da: „Wir haben nicht viele Leute im Team, aber die sind alle perfekt in dem, was sie tun.“ Kleines Restaurant, kleine Crew, kompakte Leistung. „Hat doch keinen Sinn, wenn du dir ein paar Studenten nimmst, denen es egal ist, ob sie beim Polieren ein halbes Dutzend Zalto-Gläser ruinieren.“ Besser: gute Leute für gutes Geld. Das Gejammere um den Nachwuchsmangel kann Schubert nicht hören. Es bringt ihn in Rage. „Wenn man den Jungen zu wenig zahlt, keine Visionen bietet, dafür unmög­liche Arbeitszeiten und dazu eine Portion an Hierarchie und Mangel an Respekt, wer soll das dann noch machen?“ Simon Schubert wollte es immer schon machen. Nach dem Gymnasium war für ihn die Berufswahl klar. Er sagt: „Ich bin jeden Tag glücklich darüber, in diesem Beruf arbeiten zu dürfen.“

Schubert, der viel unterwegs ist, wundert sich über die Gleichförmigkeit der Hochküche. Gibt es auch eine Gleichförmigkeit bei den Weinkarten? „Gibt es. Es sind die Moden. Früher Wachau und Bordeaux. Dann kam der Bruch, und es gab nur noch Naturweine. Doch ich selbst hasse Dogmen. Wir machen gerade die neue Weinkarte. Mit einem gehörigen Anteil Bordeaux.“ Bordeaux? Ist doch vollkommen out. „Welcher Sommelier das auch immer sagt, ist entweder ahnungslos oder hat noch nie etwas probieren dürfen“, sagt Schubert. Und schenkt einen Burgunder aus Sonora ein: „Unglaublich gut, die neuen schlanken Kalifornier.“ Damit könne man Gäste heute noch überraschen. Denn: „Wenn ich einen Wein anbiete, den der Gast am Vortag bei den Kollegen getrunken hat, was soll das werden?“

Manuel Mraz: Restaurant Mraz & Sohn

Sohn und Enkel, Bruder und Jazzgitarrist

„Vorher lernst einmal was Rich­tiges“, hatte Markus Mraz dem Buben gesagt, der eigentlich am liebsten Musiker geworden wäre. Zuerst Modul, das Musikkonservatorium danach. Von der Musikerkarriere geblieben ist die Gitarre, die Manuel Mraz nach der Arbeit als Entspannung dient. Musik oft bis vier Uhr früh. Der junge Restaurantleiter hat einen Tagesablauf wie ein Schauspieler. Oder eben ein Jazzmusiker, der bis spätabends im Club spielt. „Um drei Uhr nachmittags beginne ich, lese mal die E-Mails, lege den Käse heraus, bereite den Abend vor.“ Das Mraz & Sohn, vor Jahren einmal eine harte wirtschaftliche Übung für Patron Markus Mraz und seinen Papa, ist fast täglich ausgebucht. Im Restaurant Gäste aus Wien, der Schweiz, England, Deutschland. Die Warteliste ist lang, die ­Stimmung unter den Gästen auffallend großartig, laut; groß auch der Vorrat an Schallplatten, unter denen Manuel Mraz die akustische Begleitung des Abends wählt. Der junge Mraz empfängt, berät und serviert aus der Hüfte. An seiner Seite sein Bruder Lukas, beide ­könnten von den Coen-Brüdern gecastet worden sein. „Als der Papa anrief und sagte, ich ­brauche dich jetzt“, da kam der Sohn ohne langes Zögern. „Der Papa vertraut uns beiden total, das ist großartig.“ Immerhin: Markus Mraz ist gerade fünfzig, er hat die Größe zu erkennen, wann man die Jungen ranlassen muss. Besser früher als später. Manches ist neu, anderes bleibt. Zum Beispiel der Käsewagen. Ist der Käsewagen nicht démodé in der internationalen Top­liga? „Weiß ich nicht, mir aber auch egal, denn ich liebe Käse.“ Was ihm wichtig ist, hat er vor dem Käsegang schon gesagt: „Wir sind hier alle keine Götter, sondern Dienstleister.“ Und was für ihn ein gutes Restaurant ist, hat er ebenfalls klar gemacht: „Es muss menscheln, Weine, Essen, Spaß.“ Dazu gehört auch die Absenz für allerlei Ideologisches: „Die Belehrungen über die bei Vollmond geerntete ­Karotte – lächerlich. Es zählt der Geschmack.“ Manuel Mraz, ein Bauchmensch ohne Bauch.

Oszkár Gyarmati: Restaurant Fabios

Die Ruhe im Auge des Hurrikans

100 Reservierungen, kommt fast nie vor, 200 Reservierungen, das gibt es öfter, 300 Reservierungen, durchaus üblich. Wobei es viele gibt, zu deren Weltvorstellung es gehört, es ginge auch ohne, und die dann am Eingang mit den Banknoten gestikulieren. Walk-ins mit dicker Brief­tasche beeindrucken Oszkár Gyarmati nicht wirklich. Der Restaurantleiter des Fabios wirkt stets so entspannt, als käme er gerade von einer Yoga-Woche. Er sagt: „Negative Emotionen lasse ich einfach raus. Gute Laune ist bei ­unserem Beruf das Wichtigste.“ Dem gebürtigen Ungarn helfen seine dort erworbenen Sprachkenntnis in Wien wenig. „Wir haben viele Gäste aus dem Osten, aber die sind eigentlich froh, wenn sie hier englisch oder auch deutsch sprechen können.“ Das Fabios als kulinarisches Fort westlicher Lebensart. Bevor Gyarmati vor sechseinhalb Jahren in einer der zwei besten Servicecrews Wiens lan­dete, arbeitete er im Vestibül, ebenfalls eine Schule für ­hervorragenden Service. Was Oszkár, wie ihn hier alle nennen, und seine Mannschaft antreibt, ist leicht erklärt. „Der Gast muss am Ende zufrieden aufstehen.“ Warum die Übung fast immer gelingt, liegt hier nicht bloß an der ­guten Laune, sondern an einer offenbar perfekt einstudierten Kommunikation zwischen allen Teilnehmern, die Krisen im Service so selten scheinen lässt wie zerkochte Pasta. Krisen vorherzusehen gehört zu seinem Job. „Wenn jemand mit dem linken Fuß aufgestanden ist, ­merke ich das als Erster“, sagt Gyarmati, „und reagiere, indem ich ihn oder sie eventuell woanders einsetze.“ Fehler werden besprochen, aber erst nach dem Service. Das Wichtigste: Angstfreiheit. Wenn etwas schiefläuft, begibt man sich nicht auf die Suche nach „Schuldigen“. Die ­katholische Lehre von Schuld und Sühne bringt im Restaurantmanagement so wenig wie im übrigen Leben. „Wir klären die Dinge in entspannter Atmosphäre.“ Wobei die Fehlerquote nicht sehr hoch sein wird: „Es ist der Stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein“, sagt Oszkár und eilt ­davon. Das Telefon hat gerade geklingelt. Als er wiederkommt, erzählt er noch, was ihm wichtig ist, vom Verlust alter Servicequalitäten: Stil, Souveränität, Eloquenz, ­Kultur. „Etwas hat sich da geändert, und ich trauere dem Service alter Schule nach, den es kaum mehr gibt.“ ­Warum eigentlich? „Wenn ich das wüsste …“

René Antrag: Restaurant Steirereck

Der dem Schema F Lokalverbot erteilt

Zur Wachtel mit Chicorée und Périgord-Trüffel serviert er nicht das Naheliegende aus dem Burgund, sondern einen Wein mit dem vielversprechenden Titel „The Best of“, ein Pinot noir vom tschechischen Winzer Jaroslav Springer. Was René Antrags Sommelier-Persönlichkeit ausmacht, ist seine Liebe zur charmanten Unberechen­barkeit. Was Mode ist, interessiert ihn nicht. Was nicht bedeutet, dass es zur Tigerforelle nicht dennoch Sake sein darf oder zu den Kalbsnieren Le Bois Guyon von François Saint-Lô aus der It-Weinregion Saumur. „Du brauchst Jahre der Arbeit in einem Restaurant, um dein Profil, eine Persönlichkeit zu schärfen, du musst in dem Restaurant wirklich lange zu Hause sein“, sagt René Antrag. „Und brauchst dazu das Vertrauen der Besitzer des Restaurants.“ Antrag hat fast sein gesamtes ­Berufsleben im Steirereck im Stadtpark verbracht. Die Reitbauers und er haben sich gemeinsam weiterentwickelt. Er konnte sich in Ruhe in die verantwortungsvolle Position des Steirereck-Sommeliers einarbeiten, reiste unheimlich viel, setzte sich mit Winzern und Weinregionen auseinander. Nahm sich Zeit. Heinz und Birgit Reitbauer gaben ihm die Zeit. Druck hatte er nicht, denn da war ja Adi Schmid, auch so eine Persönlichkeit im österreichischen Service, wie fast alle, die seit Längerem im Steirereck dabei sind, Franz Stranz, der gerade den Käsewagenpark betreut, der unverzichtbare Brot-Andi und Maître Franz Auferbauer. Unter seinen österreichischen Kollegen, den Sommeliers der neuen Garde, gilt René Antrag als Primus inter Pares, als Leitfigur, ­Trendsetter. Wie lebt es sich damit, Herr Antrag? Auf die Frage geht das Gründungsmitglied der Gruppe Kalk & Kegel lieber nicht direkt ein, sagt lieber, dass das Steirereck-Team natürlich mehr unter Beobachtung stehe als andere Teams. „Wir haben eine große Verantwortung, die über das Steirereck hinausgeht.“ Antrag verwendet immer wieder die Worte „Persönlichkeit“, „vernetzt“, „Team“ und „Ausstrahlung“. Letztere würde der Gastronomie leider fehlen. „Es ist ja schön, wenn jemand vollgesogen ist mit Theorie, aber davon hat der Gast nichts.“ Den Tiefgang erarbeite man sich in der Praxis. Und dann wäre es zur Erkenntnis nicht weit, die da lautet: „Eine beliebige Weinbegleitung langweilt doch nur. Deshalb muss klar sein, dass man nicht ­jedem alles recht machen kann, nicht recht machen darf.“ Das Schema F hatte im Steirereck immer schon Hausverbot, René Antrag bittet es zuverlässig nicht zur Tür herein.

Michael Bauer: Burg Vital Resort

Zeitungsleser und Zuhörer

Gegen vier Uhr morgens ist Sommelier Michael Bauer immer noch im Dienst. Eine Runde Weinbegeisterter hat sich nach einem ausgiebigen Dinner mit den burgundischen Brüdern Benoît und Arnaud Ente in die Bar des Hotels zurück­gezogen. Quasi im Sekundentakt öffnet Michael Bauer weiße und rote Spitzenweine, der Keller des Hauses gibt einiges her. Dann auf einmal Hunger. Michael Bauer serviert Schnitzel, perfekt, so wie es die Mittagsgäste auf der Terrasse des Burg Vital gewohnt sind. „Ich hab Koch und Kellner gelernt“, wird der erst 26-jährige Sommelier, jüngstes Mitglied der Arlberg-Sommeliers, am kommenden Tag sagen. „Das hilft schon einigermaßen. Und ein Wiener Schnitzel ist ja auch keine Riesenaufgabe.“ Viel schwieriger ist es da schon, sich im riesenhaften Weinsortiment von Thomas Lucians Weinkeller zurechtzufinden. Aber auch die Gäste wollen kennengelernt und erkannt ­werden. „In einem Haus wie diesem brauchst du drei Jahre, bis du alle Gäste kennst.“ Und dann gilt es zu lernen, den Gästen zuzuhören. Das sei das Wichtigste in seinem Job. Ein Privileg, mit ­einem Keller wie diesem zu arbeiten? „Wenn ein Gast eine Flasche bestellt, probiere ich. Natürlich nur mit der Nase. Getrunken wird nichts während der Arbeit. Dabei lernt man große Weine kennen.“ Das hier sei es, wovon Sommeliers träumen. „­Dabei wundert es mich, wie schwer gute Leute zu kriegen sind“, sagt Michael Bauer. Sein Motto „Lieber mittendrin als nur dabei“ gilt für den Job, sagt er, privat habe er lieber seine Ruhe, zum ­Beispiel, um Zeitung zu lesen. Ein Kaffeehaus, das fehlt dem Steirer dann vermutlich in Oberlech. An Sommelier-Wettbewerben und -Awards habe er, wie Michael Bauer sagt, kein Interesse. Da verbringt Bauer seine Zeit lieber auf Reisen, demnächst in die Champagne, dieses Jahr auf ­jeden Fall auch noch ins Burgund. Der Burgund-Hype, woher kommt der? „Nun, zum einen gibt es halt davon nicht viel. Das heizt die Nachfrage an. Und zum anderen haben viele Gäste gerade die Nase voll vom Hype um Naturweine.“ Kurze Pause. „Das gilt natürlich nicht für Wien.“ Und, wie Bauer einräumt: „Letztens haben mich Gäste nach dem Gut Oggau gefragt.“ Bauer erzählt dann noch von den heimischen Weinsorten, die ihm ein Anliegen wären, die aber zu selten geschätzt und getrunken werden: Zierfandler und Rotgipfler. Oder Sankt Laurent. „Ich liebe die Sorte, er hat die ­Eleganz eines Pinots und die Kraft eines Cabernet Sauvignons.“ Bauer schwärmt von Achs und Reinisch. Doch heute Abend gibt es etwas anderes: „Ein Gast hat Masseto 92, Haut-Brion 86 und Unico 62 bestellt. Und lässt die Weine sozusagen gegeneinander antreten.“ Ja, wie Bauer schon sagte, manche Jobs in der ­Gastronomie haben ihre Vorzüge.