Alles kann man mieten

Zwischen Himmel und Erde gibt es kaum noch etwas, das sich nicht mieten lässt. 18.500 Events, die man an 1.810 Destinationen auf dem ganzen Globus erleben kann, hat die Zürcher Firma „Get your Guide“ zusammengetragen.


Text von Helga Baumgärtel Foto: Chloé Richards

Nichts scheint mehr unmöglich. Sich wie James Bond 220 Meter in die Tiefe stürzen? Auf Beethovens Spuren seine Lieblingsweine genießen? Eine Audienz beim Papst im Vatikan? Eine Stadtrundfahrt im Luxusbus durch Barcelona inklusive Sterne-Menu an Bord? Oder einfach nur kochen lernen in Paris?

Die Rue Ernest et Henri Rousselle ist eine ruhige Seitenstraße in Montmartre. Auf Nummer 6 steht das Haus von Madame Muriel Lenormand mit ihrer kleinen Kochschule „L’atelier de cuisine familiale“. Nur jeweils sechs Schüler können hier die Grundkenntnisse der bewährten französischen bürgerlichen Küche erfahren. Ob Gänseleber-Pâté, ein traditionelles Bœuf bourguignon oder Oeufs à la neige – alle Gerichte werden gemeinsam zubereitet. Zwei Stunden dauert der Kochkurs bei Muriel. Bevor alles fertig ist, gibt es eine Wein- und Käsedegustation mit jeweils vier Sorten. Dann sitzen alle an einem Tisch und genießen, natürlich mit einer guten Flasche Wein, die neu erlernten Kochkünste. 190 Euro kostet der Kurs. Und wer mitmachen will, sollte sich lange im Voraus anmelden. „Kochen und degustieren in Montmartre“ ist zur Zeit der Renner in Paris.

Was suchte Casanova in Dresden, so weit weg von seiner Heimat Italien? Natürlich Weibliches, das es zu verführen galt. Aber da gab’s noch etwas mehr, was den alten Schwerenöter in die Stadt führte. Seine Mutter Giovanna Maria war ein gefeierter Star an der Dresdner Oper und sein Bruder Giovanni Batista der Direktor der Kunstakademie. Casanova war im „Hotel Stadt Rom“ abgestiegen und verbrachte die Tage mit Kartenspielen und – als Komödienschreiber.

Casanova und ein paar seiner Zeitgenossen, dargestellt durch junge Schauspieler, werden Sie auf einen Rundgang durch Dresden führen. In den Zwinger, wo einst das Opernhaus stand, zur Prachtallee August des Starken, zur Dreikönigskirche, zu Kunsthandwerkerpassagen und zu den vielen kleinen Gassen des Barockviertels. Im Anschluss an den Rundgang trifft man sich bei einer Weinverkostung von drei sächsischen Weinen – einem Müller-Thurgau, einem Weißen Burgunder und einem Kerner – sowie einem kleinen Imbiss im romantischen Gewölbekeller der Dresdner Weinschule.

Pro Person kostet „Casanovas Rundgang im Barockviertel“ 35 Euro. Für Kinder unter 16 Jahren sind die etwas frivolen Geschichten des Frauenhelden allerdings kaum geeignet …

Auch nicht für Kinder geeignet ist eines der größten Abenteuer im Verzascatal nahe Locarno, im Schweizer Tessin. Wer sich nach Adrenalin pur sehnt, der stürzt sich am Bungee-Seil von der Krone des Condra Damms aus 220 Metern Höhe in die Tiefe. Pierce Brosnan alias 007 hat es in „Goldeneye“ vorgemacht. Nachmachen darf es aber nicht jeder. Kinder unter 10 Jahren sind ausgeschlossen und Personen über 65 müssen ein ärztliches Attest bringen. Trotzdem, der älteste, der sich von der Dammkrone stürzte, war 78 Jahre alt. 210 Euro kostet übrigens dieser Nervenkitzel.

Weniger Nervenkitzel, dafür Genuss pur erlebt man in Barcelona im Gourmet-Liner: eine Sightseeing-Bustour mit Gourmet-Menu. Während der dreistündigen Rundreise zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt wird im zweistöckigen Bus von Carles Gaig, dem umtriebigen Sternekoch der Stadt, ein Drei-Gänge-Menü gekocht und serviert.

Über ein Panorama-Glasdach gibt es atemberaubende Aussichten auf Barcelona, und auch audiovisuelle Technik ist mit an Bord. Die Gäste erhalten iPads, die mit Kameras am Bus verbunden sind, um Eindrücke individuell festhalten zu können. 95 Euro pro Person kostet die Fahrt im Gourmet-Liner.

Wer Barcelonas Essensgenüsse zu Fuß erkunden möchte, für den gibt es eine Tapas-Wanderung durch die Stadt. Keiner weiß so genau, woher das Wort „Tapa“ kommt. Zahllose Legenden ranken sich darum. Zum Beispiel, dass ein spanischer König nach schwerer Krankheit wieder ­genesen ward durch den Verzehr der kleinen Appetithappen. Von den Albóndigas, den kleinen würzigen Fleischklößchen bis hin zu den Puntillitas fritas, den frittierten Babytintenfischen – da kommt eine „Tapas-Stadtwanderung durch Barcelona“ für Feinschmecker gerade recht. 59 Euro kostet der Zweieinhalb-Stunden-Spaß und führt von den berühmten Ramblas, dem Pracht-Boulevard der Stadt, gesäumt von unzähligen kleinen Bars und Restaurants, direkt zum legendären, seit 1840 bestehenden Markt La Boqueria, wo man dann die „Deckel“ mit einem Glas Wein oder Bier genießen kann.

Weiter geht’s ins Gotische Viertel zu Feinkostläden, die bereits seit über 100 Jahren existieren. Dann zu einer Brasserie, die eine fantastische Auswahl an Tapas bietet. Hier gibt es drei dieser köstlichen Montaditos mit einem Glas Wein oder Bier.

Die Tapas-Tour, sie kostet übrigens 59 Euro, endet schließlich in einem Restaurant, wo Ihr gastronomischer Führer über Wein, die Küche Spaniens und natürlich die Tapas erzählt. ¡Buen Provecho. Guten Appetit!

Viva Italia! Für 59 Euro gibt es auch in Florenz einen kulinarischen Stadtspaziergang. Der beginnt bereits am Morgen um 9.30 Uhr und führt zuerst in eine typische Florentiner Bar. Zwei verschiedene Kaffees werden dort serviert, und der kulinarische Reiseleiter erklärt die Geheimnisse des italienischen Kaffeekults. Weiter geht es in ein Delikatessengeschäft, das älteste der Stadt. Das berühmte „Procacci“ in der Via Tornabuoni gibt es schon seit 1885. Dort serviert man unter anderem ein Panino Tartufato, die Spezialität des Trüffelgeschäfts, das übrigens Zweigniederlassungen in Wien in der Göttweihergasse und in Singapur unterhält.

Aceto Balsamico und feinstes Olivenöl aus der Toskana stehen als nächstes auf dem Gourmet-Programm. Sie werden am Markt von San Lorenzo, zusammen mit zwei Weinen aus der Toskana, verkostet. Die nächsten Weine sowie Käse, Wurst und Schinken der Region warten in einer der typischen kleinen „Enoteche“, wo unser „Fress-Cicerone“ von den Florentiner ­Spezialitäten erzählt. Und zum Abschluss wartet noch ein ganz frisch zubereitetes Eis im „La Carraia“, nahe dem Ponte Vecchio, der wahrscheinlich besten Gelateria der Stadt. Trotz aller Delikatessen soll die Kultur nicht zu kurz kommen. Also auf zur „Galleria degli Uffizi“ nahe dem Palazzo Vecchio, einer der berühmtesten Gemäldesammlungen der Welt. Doch wenn gerade Hochsaison ist in dieser Stadt, dann sind die Warteschlangen der Besucher schier unendlich. Wer Pech hat, wartet bis zu fünf Stunden vor der Eingangstür des Museums. Wer das nicht riskieren möchte, kann für 35 Euro das Programm „Uffizien ohne Anstehen“ buchen. Vorbei an der Warteschlange, hinein in die Sammlung mit den berühmtesten Kunstwerken der italienischen Renaissance. Kommentiert von einem fachkundigen Museumsführer, der die Geschichte und Geschichten der Meisterwerke von Giotto, Botticelli, da Vinci, Michelangelo, Raffael und Tizian erzählt. Zwei Stunden dauert die Führung und wenn sie die „Uffizien“ wieder verlassen, windet sich draußen vor der Türe immer noch die Warteschlange …

Und Rom im Sommer steht dem in nichts nach. Wer die Stadt am Tiber trotzdem in Ruhe genießen und außerdem noch eine Audienz beim neuen Papst erleben möchte, dem sei die 30-Euro-Stadtrundfahrt mit anschließendem Besuch der Audienz empfohlen. Garantiert wird ein sicherer Platz bei der Audienz. Im Winter im Vatikan, während der Sommermonate in Castel Gandolfo, der Sommerresidenz des Heiligen Vaters.

Wien durch die Augen beziehungsweise durch die Kehle Ludwig van Beethovens genießen? Leicht zu haben! Dort, wo er die Sommermonate verbrachte, wo er durch die Weingärten wanderte und abends ein oder auch mehrere Gläschen seiner Lieblingsweine trank. Denn dem Alkohol abgeneigt war der Meister nun wahrlich nicht.
„Auf ein Glas mit Beethoven“ heißt die fünfstündige Tour auf den Spuren Beethovens durch Wiens Weinberge (für 190 Euro).

Die Reise beginnt in Nussdorf mit der wundervollen Aussicht über die Stadt Wien und die Donau. Hier oben wachsen die Trauben von Riesling und Grünem Veltliner, nicht nur Beethovens Favoriten. Die 2. Symphonie, die „Eroica“, die „Pastorale“ und die „Ode an die Freude“ entstanden während seiner Sommerzeiten in den Wiener Weinbergen. Der Hausarzt hatte ihm überdies die heißen Mineralquellen in Heiligenstadt empfohlen. Denn Beethoven litt an einer schweren Gastritis, und außerdem wurde er immer schwerhöriger.

In Heiligenstadt verfasste er in tiefer Verzweiflung das sogenannte „Heiligenstädter Testament“: einen Brief an seine Brüder über sein schlechtes Gehör, seine Einsamkeit und seinen Nachlass. Ein erschütterndes Dokument, das er jedoch niemals abschickte.

All dies wird der Tourführer während der Weinbergwanderung – immer wieder unterbrochen durch Weinverkostungen – zu berichten wissen. Später trifft man sich dann in Heiligenstadt bei Schrammelmusik in einem der besten Heurigen Wiens zu einem traditionellen Abendessen. Hier im Mayer am Pfarrplatz – das Gasthaus gibt es seit 1638 – wohnte Beethoven während einiger seiner Sommeraufenthalte. Heute ist seine kleine Behausung ein Museum, in welchem auch eine Kopie des „Heiligenstädter Testaments“ zu sehen ist. Hier schrieb er einen Teil der 9. Symphonie, während nebenan die Schrammeln spielten. Aber er konnte sie ohnehin nicht hören. Seine Taubheit war zu weit fortgeschritten.

Nochmals Wien. Diesmal aber viel luftiger: Im Cockpit des Airbus A 320 sitzen, im Sonnenschein über die Alpen fliegen oder bei schlechtem Wetter den Flughafen von Rom ansteuern und das Flugzeug sicher landen. Alles möglich im Flugsimulator von „Viennaflight“. Ihnen zur Seite sitzt ein erfahrener Pilot, der Sie einweist in die Geheimnisse des Simulators und des Fliegens. Eine halbe Stunde lang. Und dann geht es los. Die Fluggeräusche, die Landschaft, wie im richtigen Flugzeug. 160 Euro kostet die fast echte Flugstunde im Simulator.

Noch echter allerdings ist eine Fahrt im Ferrari F430 F1 Spider entlang der französischen Riviera oder durch die Straßen von Monaco, wo jedes Jahr der Grand Prix gefahren wird. Wenn Sie selbst fahren, kostet die Stunde 390 Euro. Wenn Sie sich fahren lassen, nur 270 Euro. Weniger als Copilot deshalb, weil sie als Pilot mehr Versicherung brauchen, falls ihre Fahrkünste doch nicht ganz ausreichen, um den Boliden unfallfrei zu chauffieren.

Dagegen ist Heiraten in Amerika fast geschenkt. 165 Euro für zwei kostet das „Drive up Wedding“ in Las Vegas. Hotelabholung mit der Stretch­limousine, Rosenstrauß für die Braut, alle notwendigen Formalitäten (Pass nicht vergessen), angemessene Hochzeitsmusik (vom Band), Hochzeitszeremonie und zwölf Fotos vom – hoffentlich einmaligen – Ereignis: alles inklusive. Außer Braut beziehungsweise Bräutigam. Die/den muss man selbst mitbringen.
Denn: Alles kann man nun doch nicht mieten!
Sämtliche Infos unter: www.getyourguide.com