Die Panamaconnection

Der Begriff Offshore steht in Panama nicht nur für dubiose Firmengründungen, sondern auch für eine nachhaltigere Form der Fischzucht. Und für den Cobia, einen Fisch, wie ihn die Welt bald brauchen wird.

Text& Fotos Georges Desrues­

Plötzlich tauchen mitten aus dem Nichts vor dem Hubschrauberfenster die Fischgehege auf. Pyramidenförmig scheinen sie auf der Oberfläche des blauen Ozeans zu schweben, so weit draußen, dass die Küste mit freiem Auge kaum noch zu erkennen ist. „Für Fischzucht sind die Küsten überall auf der Welt einfach zu überlaufen“, sagt Brian O’Hanlon, „dort gibt es Fischer, Anrainer, Touristen, alle möglichen Aktivitäten, durch die man sich in die Quere kommen könnte.“ Darum hat er seine Fischfarm weit draußen im karibischen Meer eingerichtet, in zwölf Kilometern Entfernung vom Festland. Sichtbar sind freilich nur die obersten Spitzen der Gehege. „Es ist wie bei einem Eisberg: Der größte Teil liegt unter Wasser“, sagt O’Hanlon. Und zwar so tief abgehängt, dass den Gehegen auch starker Sturm und heftiger Wellengang nichts anhaben können. Herausgezogen werden die kugelförmigen Fischkäfige nur zur Fütterung. Und um sie zu reinigen, von Algen- und Muschelbefall zu befreien. Marikultur nennt sich diese noch neuartige Form der Aquakultur, die sich in die Weite des Ozeans zurückzieht, und deren weltweit größte Anlage hier vor der Küste Panamas liegt.

Im Vergleich zu konventioneller Fischzucht in Küstennähe habe sein neuartiges Offshore-System nur Vorteile, ist der Fischzüchter und Gründer von Open Blue, der Betreiberfirma dieser Anlage, überzeugt. „Die Käfige sind ständig durchspült von frischem Meerwasser. Bei der starken Strömung hier draußen gibt es keine Konzentration von Fäkalien und von übrig gebliebenem Futter, welche die Küsten und Küstengewässer belasten könnte“, erklärt O’Hanlon. Zudem bewirkt die starke Strömung, dass die Fische ständig in Bewegung bleiben, was ihr Fleisch muskulöser und saftiger mache. Doch in Wahrheit hat das Ganze selbstverständlich auch Nachteile, wenngleich diese vorwiegend wirtschaftlicher Natur sind. Wie etwa die weiten Wege, die zur Fütterung und Reinigung zurückzulegen sind. Oder die komplizierte, aufwendige und entsprechend teure Technik, die in den Anlagen und ihrer Verankerung steckt.

Um das Ganze rentabel zu machen, braucht es folglich auch einen Fisch, der sich hochpreisig verkaufen lässt. Einen, wie ihn der Markt verlangt und die gesamte Fischzucht-Branche schon seit Langem sucht. Nämlich mit weißem Fleisch, fester Konsistenz und nicht allzu anspruchsvollem beziehungsweise „fischigem“ Geschmack. Zudem sollte er sich freilich so schnell, unkompliziert und umweltverträglich wie möglich züchten lassen. Für O’Hanlon besteht kein Zweifel, dass der Cobia ein solcher Fisch ist. „Der Cobia wächst dreimal so schnell wie ein Lachs und enthält gleichzeitig doppelt so viele der begehrten Omega-3-Fettsäuren“, versichert der Züchter. Außerdem würden ihm keine Farbstoffe und keinerlei Chemikalien zugesetzt und auch keine Antibiotika verwendet. Lediglich ein Mal in seinem Leben müsse jedes einzelne Exemplar geimpft werden.

Das Hauptproblem des Cobia besteht darin, dass ihn bisher kaum wer kennt. In freier Natur ist er ein Einzelgänger, der etwa gerne vor der Küste Floridas von Sportfischern geangelt wird. Bis zu zwei Meter lang und 70 Kilogramm schwer können die prächtigsten und bei den Anglern begehrtesten Exemplare werden. Seine natürliche Heimat sind tropische Gewässer wie zum Beispiel die Karibik im Norden Panamas. Das ist ein bedeutender Punkt, denn auf der Südseite des Landes, also im pazifischen Ozean, ist er nicht heimisch. Was wiederum in Ländern wie beispielsweise Ecuador vor wenigen Wochen zu schweren Problemen führte. Dort gibt es nämlich gleichfalls Zuchtbetriebe, allerdings in konventioneller Form, also in Küstennähe. Aus ihnen sind tausende Exemplare ausgebrochen und haben infolge das maritime Ökosystem in diesen ihnen fremden Gewässern durcheinandergebracht. Vor einer solchen Katastrophe sei man in der Karibik, einem natürlichen Umfeld der Spezies, zum Glück gefeit, beteuert O’Hanlon. „Das ist einer der Gründe, warum wir uns hier vor der Karibikküste Panamas niedergelassen haben, wo der Fisch jene Bedingungen vorfindet, die er gewohnt ist.“ Ein weiterer Grund ist der einfache Zugang zu den beiden Weltmeeren, die einerseits die Einfuhr von Futter und Materialien und andererseits die Ausfuhr des Fisches mühelos ermöglichten. Und schließlich hätten die panamaischen Behörden ihm für seine neuartige Methoden auch weniger bürokratische Hürden in den Weg gelegt, als das in den USA zu erwarten gewesen wäre.

Während die breite Öffentlichkeit mit dem Begriff Cobia bisher noch wenig anfangen kann – sein offizieller deutscher Name lautet übrigens Offiziersbarsch – zeigt sich die Gastronomie weitgehend begeistert von dem Fisch. Und tatsächlich ist es kaum vorstellbar, dass er jemandem nicht schmecken könnte. Von der Konsistenz her liegt das Fleisch des Cobia irgendwo zwischen jenem von Kabeljau und Seeteufel, etwas dichter als das des einen, nicht ganz so fest wie jenes des anderen. Sein Geschmack indessen ist eher unaufgeregt und verlangt nach Würzung beziehungsweise Aufwertung durch Saucen, Marinaden oder Jus. In Panama selbst findet er sich in den meisten der zahlreichen anspruchsvollen Restaurants der Hauptstadt, wo man ja bekanntlich mit einer größeren Menge zahlungskräftiger internationaler Gäste rechnen kann. „Der Fisch eignet sich für so ziemlich alles“, sagt etwa der junge Küchenchef Hernan Correa vom Restaurant Riesen im Zentrum von Panama-Stadt, „sein festes Fleisch kommt gut als Sashimi oder Ceviche, kurz gegrillt oder gebraten, oder aber in Sauce beziehungsweise in einem Eintopf, weil es auch da die Konsistenz gut hält.“

Der Wiener Koch Christian Petz indessen zeigt sich vorwiegend von den Qualitäten des Fischs in rohen oder marinierten Zubereitungen angetan. „Als Sashimi, Tatar oder Carpaccio ist er tatsächlich hervorragend, perfekt im Biss und mit herrlichem Mund­gefühl“, so der Chefkoch des Restaurants Petz im Gußhaus, „als Ceviche muss man allerdings aufpassen, dass er durch die Säure nicht austrocknet.“ Wichtig sei für ihn aber auch, fügt der Koch hinzu, nur solchen Fisch zu verarbeiten, der höchsten Ansprüchen gerecht wird, was die Nachhaltigkeit der Bestände oder eben die Umweltverträglichkeit der Aufzucht anlangt. Und diesbezüglich scheint ihm der Cobia aus Panama eine gute Wahl zu sein. „Natürlich stellt sich die Frage der langen Transportwege, aber wenn man in Betracht zieht, was in Europa und also viel näher für minderwertige Ware etwa in manchen Farmen in Griechenland oder Norwegen erzeugt wird, hat diese Form der Aufzucht mit Sicherheit ihre Vorteile“, so Petz.

Das bestätigt auch der Wissenschaftler und Spezialist für Aquakultur Peter Bridson.

„Die Anlage in Panama ist durchaus fortschrittlich und zukunftsorientiert. Man hat hier ganz offensichtlich viel Energie und finanzielle Mittel in die Forschung und Entwicklung einer nachhaltigen Form der Fischzucht gesteckt“, so der Gründer von Seagreen Research, eines unabhängigen Unternehmens, das sich mit Beratung und Bewertung von Fischfarmen beschäftigt. Dennoch findet der Experte, dass noch einige Fortschritte zu machen seien. „Der Cobia ist ein Fleischfresser und braucht folglich einen ziemlich hohen Anteil an tierischem Protein im Futter, was bedeutet, dass große Mengen an anderem Fisch gefangen und an ihn verfüttert werden müssen“, so Bridson. Allerdings gehe er auch davon aus, dass konsequent betriebene Forschung diesen Anteil reduzieren werde. Genau das versichert auch der Fischzüchter O’Hanlon. „Immerhin darf man nicht vergessen, dass Lachs gleichfalls ein Fleischfresser ist, im Unterschied zu Cobia aber bereits seit mehreren Jahrzehnten gezüchtet wird, in denen er sukzessive an pflanzliches Eiweiß gewöhnt wurde. Wir arbeiten intensiv mit der Universität Miami zusammen, um auch unseren Fisch an pflanzliche Alternativen zu gewöhnen.“ Und ab dem Moment, wo das gelingt, ist der Cobia end­gültig der weiße und festfleischige Zuchtfisch, den die Welt schon so lange sucht.

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