Friss es

Auf der Suche nach der idealen Gulaschsuppe kreuz und quer durch Budapest

Text von Christian Seiler · Illustration von Markus Roost

Räume können sie in Budapest. Egal, ob du im „New York Café“ ein kleines Bier trinkst oder im Four Seasons die Lobby bestaunst, ob du im „Bookcafé“ eine überdimensionale Cremeschnitte in dich hineinschaufelst oder in der Großen Markthalle darüber nachdenkst, wer eigentlich die vielen Gänselebern essen soll, die hier an den Standeln verkauft werden – stets drehst du dich ungläubig im Kreis und erfasst Räume von einer Großzügigkeit, die du das letzte Mal beim Besuch des Petersdoms erlebt hast oder im Palast des türkischen Sultans Erdogan, falls du dort schon einmal eingeladen warst.

Bücken musst du dich in Budapest nie.

Die zweite Erkenntnis: Die Stadt ist noch schöner, als du sie vielleicht in Erinnerung hast. Sie ist sogar atemberaubend schön, und die Dramaturgie, wenn du zum Beispiel mit dem Railjet am Bahnhof ­Keleti ankommst, könnte nicht besser sein. Der Bahnhof ist noch genauso k. u. k.-mäßig abgerockt, wie er das vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war, und die Taxis sind klein und unbequem, und du hast ­automatisch wieder den Gestank der Zweitakter von damals in der Nase, so wie jeder Dachboden nach Kindheit riecht.

Aber sobald du dich in Richtung Zentrum bewegst, wird es langsam weniger abgerockt und immer prächtiger, und die Falle der Schönheit schnappt zu. Wenn du schließlich in der Prachtzone angekommen bist, die von Burg und Fischerbastei oben in Buda geprägt wird und vom Parlament und den schicken Hotels am Ufer von Pest, dazwischen die Donau und die großartige Kettenbrücke, dann ärgerst du dich darüber, dass du die Nummer des Wiener Bürgermeisters nicht eingesteckt hast, denn sonst würdest du ihn spätestens jetzt, Blick auf das Wasser, anrufen und ihm den Wahlkampfschlager für 2020 zuflüstern: „Die Donau, Michel, gehört in die Stadt und nicht raus nach Albern.“

Ich werde alt. Wenn ich bequem sitze, komme ich auf Ideen. Den Absatz von oben kritzelte ich mit Bleistift auf Büttenpapier, als ich im Four Seasons Gresham Palace am Fenster saß und auf die Kettenbrücke hinausstarrte. Doch, ich hatte etwas getrunken, die Minibar war mit gehobenem Gift gefüllt. Vor allem aber hatten mich die mitleidigen Rezeptionisten in ein Zimmer eingebucht, das normalerweise Reisenden zur Verfügung steht, die ihre Hotelrechnungen nicht selbst bezahlen müssen, und ich, überrascht und geschmeichelt, beschloss, vor dem Abendessen noch ein bisschen zu wohnen und zu sinnieren. Zwei herrlich gepolsterte Lehnstühle standen am bis zum Boden hinunterreichenden Fenster. Vom einen sah ich die Burg, vom anderen die Fischerbastei, von beiden die Kettenbrücke.

Das Ergebnis war erschütternd, siehe oben.

Das „Onyx“ befindet sich direkt neben dem berühmten „Café Gerbeaud“, doch während man von jenem Prunkstück einen herrlichen Blick auf den Vörösmarty tèr hat, sah man vom Fenster des „Onyx“ aus gerade auf die beleuchtete Fassade der Bank of China. Die Ausstattung des Restaurants war so bemüht modern, dass ich das schöne Wort „eklektizistisch“ in mein Notizbuch kritzelte, das ich am liebsten dann verwende, wenn ich viele verschiedene Stile beschreiben möchte, die eigentlich nicht zusammenpassen, aber doch im Rudel auftreten. Lassen wir es dabei: Eine Bar aus Onyx war auch dabei und Plüsch und asymmetrische Skulpturen anstelle von Wänden.

Dann kam aber schon die Karte, und ich wählte selbstverständlich das „Hungarian Evolution Menu“, das mir einen kreativen Umgang mit klassisch ungarischen ­Motiven wie Gänseleber, Gulaschsuppe und Schomlauer Nockerl versprach, und während ich noch darüber nachdachte, wie dieser Umgang wohl aussehen würde, kam als Vorgeschmack schon ein winziges Blini mit bemerkenswert würziger Salami, dazu Champagner. Kein schlechter Anfang.

Dann der erste Höhepunkt, ein Furmint aus Tokaj von Zoltán Demeter, Jahrgang 2009. Der Wein war elegant und beredt, er begleitete kleine, weniger aussagekräftige Snacks – Langostinos, gebackenes Bries – bis zur Vorspeise aus köstlichem Wasserbüffelschinken mit Schwarzwurzel und Roter Rübe und darüber hinaus zum Saibling mit Kürbis und Joghurt.

Was ich noch nicht wusste: In diesen Augenblicken fiel die Entscheidung darüber, wie ich die nächsten Tage verbringen würde. Denn die Gulaschsuppe aus der Küche von Szabina Szulló und Tamás Széll war nicht weniger als der Hammer. Nur ein kleines Tässchen, gekrönt von einem Raviolo, auf dem wiederum kleingeschnittene Staudensellerie, Schalotten, Gurken und eine Art Schupfnudel lagen, aber der Genuss war vollkommen. Bei der Suppe handelte es sich um eine Consommé, die mit Paprika rot gefärbt und entsprechend aromatisiert worden war, und diese Suppe verband sich mit dem samtig weichen Raviolo und seiner knackigen Bedeckung zu einem außerordentlichen Erlebnis, das mich beflügelte und beglückte. Wenn das die Evolution war, dann konnte sich die Evolution sehen lassen.

Nur der Wein war jetzt leer.

Der Hirsch mit Blutwurst war okay, und das „Schomlauer Nockerl des 21. Jahrhunderts“, das den Abend abschloss, machte durchaus Spaß – es kam elegant auf Biskuitkrümeln und einer rumaffinen Schokosauce. Aber der Höhepunkt war die Gulaschsuppe gewesen, und es passte in mein Bild, dass sich der Koch Tamás Széll damit beim Bocuse d’Or eine lobende Erwähnung und einen Platz unter den Top Ten abgeholt hatte.

Später am Abend rettete ich einen Selbstmörder. Er war gerade im Begriff, die Kettenbrücke zu besteigen und mit einem Satz ins Wasser seinem Leben ein Ende zu bereiten. Die klassizistische Brücke ist bekanntlich eine Hängebrücke, und ihre Seile, an denen die Hänger befestigt sind, die ihrerseits die Fahrbahn tragen, sind so leicht zu besteigen, dass die Stadt Budapest, läge sie in Amerika, längst durch Sonne und Mond geklagt worden wäre vor lauter Selbstmördern, denen das zu einfach ging. Hmm, vielleicht auch nicht.

Ich kam jedenfalls gerade von meinem Dinner im „Onyx“, das mich mit Schwung, aber auch Verantwortungsbewusstsein ausgestattet hatte, und sah, wie ein junger Mann mit einer Kamera in der Hand sich anschickte, das zwischen Gehsteig und Fahrbahn der Brücke befestigte Seil emporzuklettern.

„Hey“, rief ich, „komm herunter.“

„Vegye kép“, rief der junge Mann, „köszönöm.“

„Das hat doch keinen Sinn“, rief ich, schon etwas lauter, „mach doch keinen Scheiß.“

Er aber stieg langsam und bedächtig weiter hinauf.

„Nein!“, schrie ich. Es klang schrill. Ein paar Passanten wurden auf mich aufmerksam und blieben stehen.

„Vegye kép“, rief der junge Mann noch einmal. „Köszönöm.“

Ich fragte mein Smartphone, was „köszönöm“ heißen soll. Aber statt des erwarteten dramatischen Abschiedsgrußes erschien als Übersetzung bloß „danke“. „Vegye kép“ hingegen übersetzte mein schlaues Gerät mit: „Ich mache ein Foto.“ Der Kerl wollte sich also nicht nur umbringen, sondern dabei auch noch fotografieren und das Bild anschließend auf Facebook stellen.

Aber soweit kam es nicht, denn inzwischen beobachteten so viele Menschen den Kletterer bei seinem Tun, dass er die Lust verlor und wieder herunterstieg.

„Köszönom“, sagte ich.

Der Selbstmörder sagte gar nichts, sondern verschwand in der Finsternis der Nacht.

Am nächsten Tag trieb ich meine neu gewonnene Gulaschsuppenbegeisterung weiter. Ich lief kreuz und quer durch die Stadt und bettelte um Adressen. Der Tipp, es in der Großen Markthalle, dem Nagy Vásárcsarnok, zu versuchen, war nicht schlecht, denn die fußballfeldgroße Halle, stilistisch aus demselben Holz geschnitzt wie etwa die Franzensburg im Schlosspark Laxenburg, offenbarte tiefe Einblicke in die Seele ungarischer Marktstandler und -einkäufer. Es gab unendlich viele Fleisch- und Geflügelstände, an denen der Verdacht in mir aufkeimte, dass in Ungarn Gänse gezüchtet werden, die nur aus ihrer Leber bestehen. Außerdem belustigte mich, dass auf praktisch jedem Ladenschild die Beschreibung der Ware mit den Worten „Friss és …“ begann. (Ich werde zwar alt, bin aber deshalb nicht minder infantil. „Friss és“ bedeutet „frisch und …“ und wird meistens mit dem Wort „fagyasztott“ ergänzt, was „geforen“ heißt; mir reichte „friss és“ auch ohne Übersetzung. Ich finde sowas lustig, vor allem auf dem Markt.)

Natürlich gab es auch jede Menge Tschocherln in der riesigen, von einer Galerie im ersten Stock umkränzten Markthalle. Dort konnte man Langos essen und Meterwürste und natürlich auch Gulaschsuppe. Aber die schmeckte so wie in der Bahnhofswirtschaft von Wörgl (wenn es dort noch eine Bahnhofswirtschaft geben würde).

Ich wanderte durch die Innenstadt. Herrliche Jugendstilbauten, viele Ketten wie H & M. Mir fiel auf, dass sich einige internationale Konzerne hier angesiedelt hatten, die es in Wien gar nicht erst versucht hatten. In der Fußgängerzone gab es überall Devotionalien der russischen Armee zu kaufen. Dieselben lebenden Statuen wie in allen anderen europäischen Hauptstädten harrten ihres Trinkgelds.

Ich spazierte an der Großen Synagoge vorbei, sie glänzte frisch renoviert. Im gesamten Jüdischen Viertel sah ich keinen Juden, obwohl Sabbat war. Ich ging die Erzsébet körút entlang und bewunderte die majestätischen Gebäude, manche von ihnen piekfein überholt, andere ein bisschen abgerockt und in Erwartung ihrer Überholung.

Der Grat zwischen sympathischer Abgerocktheit und übertriebener, falsch gemeinter Sorgfalt ist schmal. Ich machte im „New York Café“ eine kurze Pause, um, bingo, eine Gulaschsuppe zu probieren, war sprachlos über das üppige, kathedralenmäßige Ambiente, in das irgendwelche Innenarchitekten, die besser etwas anderes studiert hätten, Möbel hineingebaut hatten, die bei irgendwelchen Planungssitzungen sicher als „heutige Akzente“ missverstanden worden waren. Jetzt störten sie die Aura des Ortes. Sicher, das Café war noch immer eindrucksvoll mit seiner gewaltigen Raumhöhe, den Fensterbögen und flächigen Verspiegelungen, den Säulen und barocken, golden lackierten Verzierungen. Aber es verströmte auch den Charme eines Schlosses, das mit ein paar Handgriffen in ein Gewerkschaftsheim verwandelt worden war.

Die Gulaschsuppe war deftig und gut. Es schwammen große Karotten- und Selleriestifte darin, kleine Teigwaren und gutes mürbes Fleisch. Frisch gehackte Petersilie gab der Suppe die nötige Frische.

Ich trank ein Bier dazu und zog weiter.

Ich weiß nicht, warum ich der Meinung gewesen war, dass es in Wien die schönsten Cafés der Welt gibt. Vielleicht, weil ich liebe, was mir nah ist. Vielleicht aber auch, weil ich auf die Propaganda der Wien-Besucher hereinfalle, die immer halb ohnmächtig sind, wenn sie auf einem Spaziergang durch die Stadt die heilige Dreifaltigkeit der Wiener Kaffeehäuser – Prückel-Sperl-Tirolerhof – abgeklappert haben und mir einreden wollen, so etwas gäbe es in keiner anderen Stadt der Welt.

Stimmt aber nicht. Ich marschierte maximal zwanzig Minuten vom „New York Café“ hinüber auf die Andrássy út und kehrte dort im „Book Café“ ein, dessen frühere Bestimmung es gewesen war, Ballsaal des Pariser Großwarenhauses (Párisi Nagyáruház) zu sein. Die Budapester hatten das Haus liebevoll „Modehalle“ genannt. Hinter der großartigen Jugendstilfassade befindet sich heute zwar eine ­Großbuchhandlung, durch deren Budapestensia-Abteilung man sich kämpfen muss, bevor sich himmelhoch der Saal des Cafés öffnet und eine Art von Bewusstseinserweiterung bewirkt: Kassettendecke, Kristallluster, Wandverspiegelungen und jede Menge weltlicher Malereien an der Decke vermitteln imperialen Eskapismus.

Dem Sphärischen trat ich durch die Bestellung einer Cremeschnitte entgegen, und damit war der Tag gelaufen. Die Portion war so groß, dass ich den Gedanken an weitere Gulaschsuppen aufgab und statt dessen die wesentlichen Touristenattraktionen der Stadt abklapperte.

Ich marschierte über die Kettenbrücke und nahm die Serpentinen ­hinauf ins Burgviertel. Ich besuchte die Ungarische Nationalgalerie und die Matthias-Kirche, stieß bei jeder Gelegenheit auf Bildnisse von Romy Schneider alias Kaiserin Elisabeth, fragte mich, ob die Amis das potthässliche Hilton-Hotel als Trojanisches Pferd an die historische Stätte gebaut hatten, um den Eindruck vollkommener historistischer Harmonie kaugummikauend zu stören, nahm in der Disneyland-Bar auf den Mauern der Fischerbastei einen Drink und wäre fast schon wieder in Laune gewesen, einen Imbiss zu nehmen, als mich im Basteiwirtshaus ein Kantinenduft empfing, der mir die Idee, noch eine Gulaschsuppe zu versuchen, plötzlich ranzig scheinen ließ.

(Wenn ihr es genau wissen wollt: Ich fuhr mit der Sikló-Standseilbahn wieder hinunter ans Donauufer und suchte das „Nobu“ im Hotel Kempinski auf, wo ich etwas Tuna Tataki, Yellowtail Sashimi mit Jalapeño und Toro Tartar naschte und den sengenden Geschmack des pannonischen Paprikapulvers für einen Augenblick gar nicht vermisste, sondern die Segnungen des interkontinentalen Fusion-Foods gar nicht so schlecht fand).

Am nächsten Morgen setzte ich meine Suche nach wahrer Gulaschkultur fort. Ich hatte abends noch ein bisschen Recherche betrieben und mir einen Tipp besorgt: Draußen im Stadtwäldchen finde an diesem Sonntag ein Fest statt, bei dem es Gulaschsuppe gebe, die sich von jeder anderen Suppe dadurch unterscheide, dass sie im angemessenen Gebinde zubereitet werde.

„Was meinen Sie mit angemessen?“, hatte ich gefragt.

„Sie werden es mit eigenen Augen sehen“, sagte mir der Informant, der geheim bleiben muss. Nur so viel: Er mixt exzentrische Gin Tonics an der Hotelbar.

Also machte ich mich auf den Weg ins Stadtwäldchen. Es befindet sich im vierzehnten Bezirk Budapests am ­Ende der Andrássy út. Die Andrássy út ist nach Gyula Andrássy dem Älteren benannt, einem österreich-ungarischen Politiker, hieß aber auch schon Stalin-Straße, Straße der Ungarischen Jugend und Straße der Volksrepublik. Sie symbolisiert den Wandel, dem sich die Stadt regelmäßig unterziehen muss. Ich hatte einige Zeit, über Veränderungen im Speziellen und im Allgemeinen nachzudenken, da die Andrássy út nicht nur als Metapher bedeutsam, sondern auch ganz schön lang ist – ich hatschte mir einen Satz Sohlen von meinen Nikes, bevor ich endlich am Heldenplatz ankam, wo mich fast ein Hop-On-Hop-Off-Bus überfuhr und ein Verkäufer mit mangelnder Menschenkenntnis ein Ticket für den Zoo andrehen wollte.

Hinter dem Heldenplatz erstreckt sich endlich das Stadtwäldchen. Es fiel mir nicht schwer, hinter einem entzückenden Eislaufplatz die Zeltstadt auszumachen, die der temporären Befriedigung kulinarischer Bedürfnisse diente.

Also marschierte ich an einer Reihe von Buden vorbei, an denen es alle möglichen Formen von Fisch gab, getrockneten Fisch, Steckerlfisch, Fisch auf dem Holzkohlengrill. Dann stieß ich zu einer Ecke vor, an der sich in einer Reihe nicht weniger als zwölf Stahlzylinder von siebzig Zentimeter Durchmesser und einem Meter Höhe befanden, in denen eine rote Flüssigkeit blubberte.

„Halászlé“, antwortete der voluminöse Standler, dessen T-Shirt mir verriet, dass hier eigentlich ein „Halfesztival“, ein „Fischfest“, ausgetragen werde, und ich begann mir bereits Sorgen zu machen, dass ich von meinem ursprünglichen Plan, Gulaschsuppe aus dem angemessenen Gebinde zu kosten, zugunsten einer ungeplanten Fischsuppe würde abrücken müssen.

Aber dann sah ich den Topf.

Stellt euch einen Topf in beliebiger Größe vor.

Meiner war größer. Er war genauso groß wie in den altmodischen Witzen, in denen schwarze Menschenfresser einen Missionar weich kochen. Darunter standen gleich zwei Bunsenbrenner, um den Topf – ich rechnete mir aus, dass er Platz für ungefähr drei Kubikmeter Inhalt haben musste – auf Betriebstemperatur zu bringen.

„Und das?“

Ich deutete auf den Kannibalentopf.

Der Standler grinste so breit, dass ich mehr über sein Gebiss erfuhr, als mir lieb war: „Gulyásleves“.

Gulaschsuppe.

Ich will nicht sagen, dass die Gulaschsuppe aus dem Stadtwäldchen ebenso delikat war wie die Evolutionsgulaschsuppe im „Onyx“, aber sie packte mich mit ihrem Charme. Es musste ein halbes Rindvieh für diese Portion verkocht worden sein, ganz zu schweigen von den Eimern kostbaren, süßen Paprikapulvers, und ich lüge nicht, wenn ich nicht mit dem armen Teufel tauschen wollte, der die Aufgabe übernommen hatte, die Zwiebeln zu schneiden und den Knoblauch zu schälen.

Die Suppe hatte Substanz und Dichte. Sie duftete nach Paprika und Fleisch, und der Spiegel aus Fett, der sich schnell auf der Oberfläche bildete, wies darauf hin, dass es niemand notwendig gefunden hatte, das Fett abzuschöpfen, so ein Glück.

Es war knapp elf Uhr vormittags. Irgendwo machte sich eine Band bereit, um das Publikum, für das ein riesiges Festzelt aufgestellt worden war, zu unterhalten, aber jetzt lief noch eine alte Platte von den „Kinks“ über die Boxen, „Waterloo Sunset“, wie wunderbar.

„Schmeckt?“, fragte der Standler, der plötzlich Deutsch konnte.

„Ja“, hauchte ich, „gut.“

„Ist noch zu früh“, sagte der Standler. „Am besten ist die Suppe am Nachmittag, wenn schon alle gegessen haben. Muss mindestens zehn Stunden köcheln, damit sie wirklich gut ist.“

„Aha“, sagte ich mit detektivischem Spürsinn. „Dann essen also Sie.“

„Dann esse ich“, nickte mein Freund mit dem Gebiss.

Dann nahm er den Schöpfer, füllte mit geübtem Schwung den Suppenteller aus Metall, der allein ihm zu gehören schien, mit Gulaschsuppe und setzte sich an die Budel seines Standes, um sich genüsslich darüber herzumachen.

„Aber jetzt“, sagte er, „esse ich auch.“

Vörösmarty tér 7–8
1051 Budapest
Tel.: +36-30-508-06 22
www.onyxrestaurant.hu

New York Café
Erzsébet körút 9–11
1073 Budapest
Tel.: +36-1-88 66-167
www.newyorkcafe.hu

Book Café
Andrássy út 39
1061 Budapest
Tel.: +36-1-461-58 30