New York

Wer wirklich wissen will, wohin der internationale Gourmettrend geht, der muss zumindest einmal pro Jahr nach New York reisen.

New York

Text von Hans Mahr Fotos: beigestellt
In Spanien gibt es die kreativeren Köche, und in Frankreich erlebt die "Grande Cuisine" eine Renaissance. London etabliert sich als kulinarisches Zentrum der Commonwealth-Küchen, und in Hongkong und Shanghai entsteht eine faszinierende "Nouvelle Cuisine Chinoise". Stimmt alles – aber die großen Küchentrends werden in New York gesetzt.
Nirgendwo gibt’s mehr Innovation – was heute in New York "in" ist, setzt sich mit zeitlicher Verzögerung schlussendlich weltweit durch. Das sind die Trends, die 2007 aus New York kommen: Gut und teuer. Offensichtlich gibt es immer mehr Menschen, die bereit sind, für gutes Essen ein kleines Vermögen zu zahlen. Vorreiter des Teuer-Trends sind in New York die Prunklokale des neuen Time-Warner-Centers am Central Park: Das "Per Se" des im Napa Valley ansässigen Kochgenies Thomas Keller verfügt nur über 16 Tische, ohne Reservierung zwei Monate im Voraus geht gar nichts. Dafür gibt es ein 5- oder 9-Gänge-Menü mit Minikreationen von Gänseleber bis Lobster zwischen 250 und 350 Dollar pro Nase.
Ein Preis, den das im gleichen Gebäude befindliche japanische "MASA" noch toppen kann. Bis zu 400 Dollar muss der geneigte Gourmet auf den Tisch legen, wenn er ein Omakase-Menü bucht. Dafür bekommt er tatsächlich Exquisites: Tuna-Bauch mit Kaviar, Rogen von der Seegurke, Trüffelsalat und den frischesten Fisch, direkt aus Tokio eingeflogen. Ob es das wert ist, zu zweit knapp unter 1.000 Dollar zu zahlen und hungrig zu bleiben, steht auf einem anderen Blatt.
Die Rückkehr des Steakhauses
Fast waren sie schon abgeschrieben – die amerikanischen Steakhäuser mit ihren Viertelkilo-Filets und Halbkilo-Porterhouses. Doch Retro ist auch in der Küchenbranche angesagt. Natürlich bleibt das "Peter Luger" auf der anderen Seite der Williamsburg Bridge in Brooklyn unschlagbar. Wer eine halbe Stunde Anreise von Manhattan und – trotz Reservierung – bis zu einer Stunde Wartezeit in Kauf nimmt, bekommt einfach die besten Steaks von New York. Aber es gibt immer mehr Alternativen.
Am Beginn der Park Avenue hat der ehemalige Chefkellner des "Luger" sein "Wolfgang’s" eröffnet. Die Steaks kommen aus derselben Quelle und auch das Rundherum ist ähnlich wie in Brooklyn, nur eben bequem in Midtown erreichbar. Ein zweites "Wolfgang’s" hat soeben in TriBeCa aufgemacht – ein Beweis, dass das Geschäft blüht.
Für den Feinspitz eine weitere neue Adresse: Das "Craftsteak" auf der 10th Avenue ist allein schon vom Design her eine Sensation. In dem ehemaligen Lagerhaus wird in einer vier Meter hohen, gläsernen Weinbar per computergesteuertem Greifarm die richtige Flasche zum Steak abgeholt. Hufeisenförmige Tische, ein Lichtdesign, das auf wundersame Art und Weise nur an den Tischen genügend Licht spendet und ansonsten die Architektur im Halbschatten wirken lässt. Und die Steaks? Serviert wird alles, was die große, weite Welt zu bieten hat: Wague Beef aus Japan (Achtung: Irrsinnspreis!), Filets aus Argentinien und Brasilien, das beste Fleisch aus den USA, ob Bison oder Prairie Beef.
Es lebe der Asia-Mix
Keine Frage, die asiatische Küche ist heute die dominanteste weltweit. China, Japan, Vietnam, Thailand – die neuen Feinschmeckerplätze setzen auf einen Asia-Mix. Top "in" ist im Moment das neue "Buddakan" in Chelsea mit einer riesigen, lauten Dining Hall (der Luster misst mehr als zwei Meter) und drei originell designten Nebenräumen, wo der Geräuschpegel immerhin so ist, dass man zumindest seinen direkten Nachbarn versteht. Serviert wird vor allem neu interpretierte chinesische Küche mit Thai-Einsprengseln wie einem herrlichen Spicy Beef-Salad. Man glaubt es kaum, trotz Riesenhype ein hervorragender Platz für gutes Essen.
Auch originell im Kolonialstil: der "Spice Market" von Jean-Georges Vongerichten mit thailändisch-malaiisch-vietnamesischer Straßenküche zwischen Laternen und Papiervorhängen. Alles zu sehr moderaten Preisen um die 50 Dollar pro Person.
Sehr trendy das "MEGU", das vor allem auf Japan getrimmt ist. In TriBeCa wird von Sushi bis zum unvermeidlichen Kobe Beef alles serviert, was sich der Internationalist von der japanischen Küche wünscht. Achtung: Das Lokal hat jetzt auch einen Ableger im neuen Trump World Tower bei der UNO – schaut ungefähr gleich aus, ist aber deutlich teurer.
Für alle, für die der Name "Nobu" von New York bis London das Beste von Sushi und Co. repräsentiert, nur kurz zur Info: Das neue "Nobu 57" auf der 57. Straße – gleiche Karte, gleiche Preise wie in Downtown – ist das derzeit beste "Nobu" in New York und der ideale Platz für einen Power-Lunch.
Wer mehr auf "echte" Chinaküche setzt, sollte einen Abstecher in die "Chinatown Brasserie" machen. Auf den ersten Blick eine Asia-Kantine für die Jungen und Schönen, aber mit wirklich sensationeller Küche: Dim Sum mit Seafood, Nudeln mit Lobster, gebratene Ente mit Sojasprossen – und sogar die Frühlingsrollen sind vom Feinsten.
Upstairs, downstairs
Im ersten Stock gibt’s hohe Küche und hohe Preise – und im Bistro im Erdgeschoß einfachere Küche für weniger Geld. Dieses Konzept setzt sich in New York immer mehr durch. Schließlich gilt es in wirtschaftlich angespannten Zeiten, die Küche (die natürlich die gleiche ist) möglichst effizient auszulasten. Bei "BLT Fish" wird oben der neuseeländische Pink Snapper um 70 Dollar pro Kilo im Ganzen serviert und …
… unten gibt’s Clam Chowder (Muschelsuppe) und ein halbes Kilo Shrimps zum Selberauslösen für 15 Dollar.
Ähnlich bei "Upstairs at Bouley": Gegenüber dem originalen Stammhaus von David Bouley im Meatpacking District werden Sushi und Pasta zu Höchstpreisen an die Werbeleute der Umgebung vertickt und "Downstairs" kann man Pizza, Quiche und Salate um weniger als zehn Dollar genießen. Schließlich das "Country" auf der unteren Madison Avenue im Carlton Hotel: Während das Café im Souterrain ordentliche Hausmannsküche vom Brathendl mit Erdäpfelpüree bis zum Lammkotelett mit marokkanischen Gewürzen serviert, erwartet einen am Ende der Marmortreppe Ausgefalleneres: ein Trüffelmenü um 70 Dollar oder erstklassiges Seafood von Jakobsmuscheln mit Rucola bis Heilbutt mit Spinat.
A little bit of Austria
Auch die österreichische Küche bekommt in New York einen höheren Stellenwert. Neben dem Evergreen "Danube", wo Walter Krajnc für perfekten Service in Jugendstilatmosphäre sorgt, macht vor allem der Salzburger Kurt Gutenbrunner Furore. Sein erstes Lokal, das "Wallse" ("Das zweite e meiner Heimatstadt habe ich gestrichen, sonst könnten die Amerikaner den Namen nicht aussprechen.") erhielt zum zweiten Mal einen Michelin-Stern für die austriakisch-internationale Küche, und nun hat er mit der "Blauen Gans" am West Broadway ein richtiges Wiener Wirtshaus aufgesperrt. Mit Schnitzel und Schweinsbraten, mit Blunze und Bratwürsteln, mit Gulasch und Beuschel. Und siehe da, der Laden brummt, sogar ein Beisel kann im heutigen New York hip sein.
Natürlich kommt auch die Mehlspeisküche bei Gutenbrunner zu Ehren. Dass man in seinem "Café Sabarski" – im Erdgeschoß der "Neuen Galerie" von Ronald Lauder (dort, wo der teure Klimt hängt) – den besten Apfelstrudel der Stadt bekommt, weiß inzwischen jeder New Yorker Gourmet.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich auch dieser Trend zur österreichischen Küche über New York hinaus in der großen, weiten Welt durchsetzt. Denn dann hätten wir wieder etwas, auf das wir stolz sein können …

Adressen

BLT Fish
21 W. 17th St. (betw. 5th & 6th Ave.)
Tel.: +1/212/691 8888,
www.bltfish.com

Chinatown Brasserie
380 Lafayette St. (Great Jones St.)
Tel.: +1/212/533 7000
www.chinatownbrasserie.com

Per Se
Time Warner Ctr., 10 Columbus Circle
4th floor (60th Str. at Broadway)
Tel.: +1/212/823 9335,
www.perseny.com

Peter Luger Steak House
178 Broadway (Driggs Ave.) Brooklyn,
Tel.: +1/718/387 7400
www.peterluger.com

Spice Market
403 W. 13th St. (9th Ave.)
Tel.: +1/212/675 2322
www.jean-georges.com

Wolfgang’s Park Avenue
4 Park Avenue
Tel.: +1/212/889-3369

Wolfgang’s TriBeCa
409 Greenwich Street
Tel.: +1/212/925-0350
www.wolfgangssteakhouse.com

Buddakan
75, 9th Ave. (16th St.)
Tel.: +1/212/989 6699
www.buddakannyc.com

MEGU
62 Thomas St. (betw. Church St. & W. Broadway),
Tel.: +1/212/964-7777

MEGU Midtown
Trump World Tower
845 United Nations Plaza (1st Ave. & 47th St.)
Tel.: +1/212/964 7777
www.megunyc.com

Nobu
105 Hudson St. (Franklin St.)
Tel.: +1/212/219 0500

Nobu 57
40 W. 57th Str. (betw. 5th & 6th Ave.)
Tel.: +1/212/757 3000
www.myriadrestaurantgroup.com

Upstairs at Bouley
Bouley Bakery & Mkt. 130 W. Broadway (Duane St.),
Tel.: +1/212/608 5829

Bouley
120 W. Broadway (Duane St.)
Tel.: +1/212/964 2525
www.davidbouley.com

Craftsteak
85, 10th Ave. (betw. 15th & 16th St.)
Tel.: +1/212/400 6699
www.craftsteaknyc.com

Café Sabarsky
Neue Galerie, 1048, 5th Avenue (86th St.)
Tel.: +1/212/288 0665

MASA
Time Warner Ctr., 10 Columbus Circle, 4th floor (60th Street at Broadway)
Tel.: +1/212/823 9800
www.masanyc.com