Ökoluxus für alle Sinne

Auf der Malediveninsel Soneva Fushi wurde vor 25 Jahren der ultimative Luxus-Inselurlaub erfunden. Heute bedeutet ein Aufenthalt in der Keimzelle des Barefoot Luxury vor allem auch fantastische Kulinarik in einer CO2-neutralen Bubble. Das schlechte Klimagewissen darf daheimbleiben.

Text von Christian Grünwald Foto: Soneva Fushi, Rocketman/Alicia Warner

Es gibt sehr viele Gründe für eine Reise auf die Malediven. Gerne wird für die Flitterwochen gebucht. Oder man ist schon einen Schritt weiter und versucht, in der Idylle die kaputte Ehe zu reparieren. Schnorcheln oder zumindest kurz in die Unterwasserwelt tauchen. Diese betörenden Farben wie eine bewusstseinserweiternde Droge auf sich einwirken lassen. Dieser wunderbare blaue Himmel, dieses unglaubliche türkisfarben glitzernde Wasser, dieser feine weiße Sand. Wer auf die Malediven reist, hat die Illusion vom endgültigen Paradies, luxuriös bis ins letzte Detail.

Der Luxus ist nicht auf allen Inseln der Malediven daheim. Auf den Inseln der Einheimischen lebt es sich bei allem Sonnenschein nicht annähernd so paradiesisch. Es ist noch finstere Nacht auf dem Baa Atoll, wenn Rocket, der Fischer, um fünf Uhr früh aufsteht und mit dem Fahrrad zu seinem Boot im Hafen fährt. Wie Rocket wirklich heißt, weiß keiner so genau. Aber sein Boot heißt so, und das ist seit mehr als dreißig Jahren das ­Leben des Fischers. Es war damals das erste motorbetriebene Fischerboot in der Gegend. Davor ist auch Rocket noch ganz traditionell mit einem Segelboot für den Fischfang hinausge­fahren. Das luxuriöse Resort Soneva Fushi auf der Insel Kunfunadhoo hat damals noch gar nicht existiert.

Seither hat sich viel geändert. Rocket ist der Versuchung, Fischfang im großen kommerziellen Stil zu betreiben, nicht erlegen. „Wir haben unseren Ozean mit mächtigen Werkzeugen nachhaltig beschädigt. Dabei wollte ich nicht in der ersten Reihe stehen und mitmachen.“ Das größte Unglück war, dass die großen Flotten mit Netzen gearbeitet und so die Riffe unwiederbringlich zerstört haben. Das hat auch kleine Fischer wie Rocket in Existenznöte gebracht, weil die Riffe dadurch komplett abgefischt wurden und einige Fischpopulationen zur Gänze verschwunden sind.

Rocket kennt das Atoll wie kein Zweiter und weiß alle Plätze für einen guten Fang. Er erkannte recht früh, dass das Beliefern eines Resorts wie Soneva Fushi kommerziell viel einträglicher ist, als seine Ware bei der großen Handelssammelstelle abzugeben. Gefischt wird ausschließlich mit Rute und Leine, als Köder dienen kleine Fische.

Ein paar große Wahoos haben angebissen. Der mit Thunfisch und Makrele verwandte silbrige Räuber ist vor allem mit einer Länge von etwa einem Meter perfekt. Er ist neben Gelbflossen-Thunfisch und den prächtigen Doraden das schwimmende Fischkapital im Meer der Malediven. Die Anzahl der gefangenen Fische variiert, aber sie sind da und nähren nicht nur die Einheimischen, sondern auch hungrige Touristen.

Rocket liefert seinen Fang so wie ­jeden Tag an Abdulla Sobah. Der Chef der Soneva Fushi-Hauptküche weiß wie kein anderer in der Region mit Fisch umzugehen. Schon als Kind hat er beim Fischfang mitgeholfen. Sobah ist auf Eydhafushi, der Nachbarinsel, geboren und aufgewachsen. Früher ist Sobah regelmäßig – wenn er gerade bei Laune war und der Wellengang passte – ganz einfach die paar Kilometer in die Arbeit geschwommen. Heute nimmt er lieber das Boot oder bleibt gleich für eine Woche im Dienst. Es ist ja viel zu tun, sagt er. Auf der Insel gibt es insgesamt sieben Restaurants, die zumindest indirekt unter seiner Verantwortung stehen. Hin und wieder steigt er auch noch ins Flugzeug und geht auf große Reise. Sobah ist als vielprämierter Küchenchef das kulinarische Aushängeschild der Malediven.

Das in einem mächtigen Überwasser-Pfahlbau untergebrachte Restaurant Out of the Blue serviert mittags asiatische Fusion Cuisine, man darf sich das als ein Best-of aus Vietnam, Indonesien, Thailand und Japan vorstellen. Abends gibt es dann zeitgemäß verfeinerte maledivische Küche à la Sobah.

Man kann auch einen Raum weitergehen, wo Akira Koba wahre ­Sushi-Preziosen anfertigt. Ein auf sechs Plätze limitiertes Vergnügen an der Sake-polierten Holzbar, das japanischer nicht sein könnte. Akira Koba fertigt die Nigiri gefühlvoll mit der traditionellen Hontegaeshi-Technik. Passenderweise heißt das Restaurant auch So Hands On. Serviert wird ­direkt auf der Holztheke, da braucht es nicht mehr an Tischkultur. Kenji Gyoten, der für sein Sushirestaurant in Fukuoka drei Michelin-Sterne erhielt, kümmert sich hier um die Qualitätsstandards und schaut auch regelmäßig vorbei. Die servierten Stücke von Brasse, Tuna, Makrele etc. sind tatsächlich überirdisch gut. Dass man im Hintergrund auch noch einen ­fantastischen Blick aufs offene Meer hat, ist die perfekte passende Würze.

So adrett wie Akira die Fischfilets in seiner Arbeitslade vorbereitet hat, könnte man meinen, dass die Stücke aus dem morgens von Rocket angelieferten Fang stammen. Was dann aber doch zu romantisch gedacht ist. Japaner sind da eigen. Man setzt lieber auf Ware in beständig guter Qualität aus Tokio. Weil die Malediven den Import von Frischfisch eigentlich nicht erlauben, fliegt ein extra Beauftragter die feinen Stücke persönlich im Handgepäck auf die Insel.

In der Luxuswelt von Soneva sind derlei Extras nur einer von vielen Mosaiksteinen. Kreiert hat das alles Sonu Shivdasani. Der smarte Hotelier mit indischen Wurzeln ist in Großbritannien und der Schweiz aufgewachsen und hatte das Eton College und später Oxford als Ausbildungs-Bio­tope. Boris Johnson war damals unter seinen Schulfreunden. Die zerraufte Wuschelfrisur hatte der heutige Premierminister übrigens schon damals.

Als Sonu Shivdasani gemeinsam mit seiner Frau Anfang der Neunzigerjahre die Malediven bereiste, gefiel den beiden die damals unbewohnte Insel Kunfunadhoo so gut, dass sie unbedingt dort ein Haus bauen wollten. Weil Privatpersonen für derlei keine Genehmigung bekommen, eröffneten die beiden 1995 praktisch notgedrungen eine kleine Hotelanlage und nannten diese nach ihren Vornamen Son-eva. Parallel dazu bauten die beiden die luxuriöse Hotelkette Six Senses mit Standorten in Asien, dem Nahen Osten und Europa auf.

„Die Inseln waren schon damals ein Traum, die Hotels allerdings auf tristem Ein- oder Zwei-Stern-Niveau. Plastikstühle, Neonleuchten und wirklich trauriges Essen. Die Abwasser wurden direkt ins Meer gepumpt“, erinnert sich Shivdasani. Von der Gründung weg verordnete er seinen Gästen für die Zeit des Aufenthalts „no news, no shoes“. „Wenn Sie bei uns mit dem Wasserflugzeug landen, nimmt Ihnen Ihr Butler die Schuhe ab und steckt sie in einen Beutel. Die Schuhe erhalten Sie erst bei der Abreise zurück. Damit versinnbildlichen wir unser Haupt­angebot: Luxus und Entschleunigung.“

Anfangs bedeutete das auch keine Internet­anbindung in den Unterkünften, als News-Update wurde zum Frühstück ein Zettel mit den wichtigsten Weltnachrichten verteilt. All das war vor zehn Jahren noch irgendwie cool und angesagt. Heute hat jeder im Resort Wi-Fi-Empfang, ein Leben ohne Mobiltelefon in der Hand scheint undenkbar zu sein, eine ­Limitierung wäre nicht durchsetzbar. Das ­digitale Netzwerk hält auch jeder abendlichen Belastungsspitze stand, wenn die Gäste bei Netflix einchecken.

Immerhin, das mit dem „no shoes“ klappt auch heute noch. Zwar bedauern immer wieder weibliche Gäste, dass sie ihre High Heels beim Abendessen nicht vorführen können, aber auf den sandigen Wegen würden sie wohl ohnehin kapitale Bänderzerrungen riskieren. „Eine Kleiderordnung schafft Distanz, barfuß zu sein überwindet Barrieren. Niemand hat Hemmungen, jemanden anzusprechen, und es entsteht das Gefühl, einer Gemeinschaft anzugehören.“

Zimmer gibt es keine. Man wohnt in ­individuell gestalteten Villen, von denen selbst die kleinste durchaus mit dem Adjektiv palast­artig versehen werden darf.

Eva Shivdasani kümmert sich um das kreative Design in den mittlerweile 65 Häusern unterschiedlichster Größe, beaufsichtigt jeden Grundriss, checkt jeden Stoff, jeden Tisch, die Farben und das Licht. Es heißt, dass sie die Erste war, die eine Leiter als Badezimmermöbel benutzte und damit einen weltweiten Trend auslöste.

Dass jedes Detail des Soneva Fushi-Resorts dermaßen sympathisch perfekt erscheint, hat vielleicht auch damit zu tun, dass Eva und Sonu Shivdasani hier ihren Hauptwohnsitz haben.

Die günstigsten Tarife starten in der Region von 1.300 Euro pro Villa und Nacht, da darf das gebotene Rundum schon reichlich ausfallen. Die Liste der möglichen kostenpflichtigen Extras ist lang. Und weil das manchmal auch noch nicht genug ist, wird das kulinarische Entertainment mit zahlreichen Extras bereichert. Etwa wenn Tim Raue, Gert De Mangeleer, Heiko Nieder, Kamilla Seidler, Cédric Vongerichten oder Filip Langhoff im präch­tigen Open-Air-Restaurant Once Upon a Table Gast-kochen oder Jancis Robinson exklusive Weinverkostungen abhält.

Genuss und Wohlgefühl liegen hier eng beieinander. Es gibt auf Soneva Fushi sieben verschiedene Restaurants, dazu einen exquisiten Weinschatz, Natural Wines sind bevorzugt. Die Menüs bieten alles Erdenkliche, von ausgewiesen Gesundem bis zu sündhaft Gutem. Was für ein Glück, dass auch das Spa alle nur denkbaren Möglichkeiten bietet.

Die Malediven, das sind 1.200 kleine Inseln mit etwa 400.000 Einwohnern. 220 werden von den Einheimischen bewohnt, rund 150 wurden zu Hotelresorts umfunktioniert.

Der paradiesische, nach westlichen Maßstäben geformte Luxustourismus steht in großem Gegensatz zur Alltagsrealität. Der muslimische Staat hat neben dem Tourismus gerade noch Fischfang als ungleich kleinere Einnahmequelle. Und so nebenbei gesagt: Der Staat hatte die größte Anzahl von IS-Kämpfern, gemessen an der Einwohnerzahl.

Während auf den Touristeninseln das Bikini­tragen, Cocktails am Pool und Wein zum Essen Selbstverständlichkeiten sind, ist das alles auf den ­Inseln den Einheimischen streng verboten. Die ­Realitäten sind tunlichst separiert. Touristen halten sich in den Resorts auf und treffen nur die Einheimischen, die dort arbeiten.

Etwa ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts kommt direkt aus dem Tourismus. Transport und Kommunikationswirtschaft dazugerechnet, macht der Sektor knapp die Hälfte aus. 1,6 Millionen Gäste zählte man 2019. Schwarzmaler warnen davor, dass die glorreiche Entwicklung enden wollend ist, und da ist gar nicht die aktuelle Corona-Krise gemeint. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnten die Inseln weitestgehend ­unter dem durch die globale Erwärmung angestiegenen Meeresspiegel verschwunden sein.

Die steigenden Temperaturen werden für die mancherorts konstatierte Ko­rallenbleiche verantwortlich gemacht, und auch Schlechtwetterphasen zu unüblichen Zeiten sollen dadurch verursacht werden. Früher gab es eine klare Trockenzeit und eine klare Regenzeit. Jetzt fehlt die Sicherheit für derlei ­Voraussagen. Eine Woche Regen im Dezember? This shit happens …

Über Ursachen und Auswirkungen streitet die Welt, und auch auf den Malediven gibt es allerlei Meinungen dazu. Da sind jene, die modern leben und nicht auf derlei Annehmlichkeiten verzichten wollen. Und da sind jene, die eindringlich darauf hinweisen, dass sie als einzige aktive Ressource eine möglichst intakte Natur besitzen. Das verträgt sich schlecht mit Dieselaggregaten, Plastikmüll und Meeresstrandbegradigungen, die das empfindliche Riff-Ökosystem über Gebühr stressen.

Müll war früher auf den Malediven kein Thema. Man aß hauptsächlich Kokosnüsse, Fisch, etwas Obst und Gemüse. Was übrig blieb, warf man ins Meer, aber das störte nicht. Als vieles in Plastik verpackt wurde, störte das sehr wohl.

Jede Insel hat diese schmutzigen Spots, dort, wo der Müll gesammelt wird. Aber immerhin, jetzt wird er gesammelt und nicht mehr wie früher achtlos am Strand weggeworfen.

Wenn man mit Menschen wie Rocket dem Fischer spricht, die mehrheitlich am Meer arbeiten, scheint der Pessimismus von Klimaforschern unangebracht. Inseln, die im Meer versinken? Das haben sie schon unseren Großeltern erzählt, aber schau her, wir haben immer noch festen ­Boden unter den Füßen. Man erzählt von kleiner und größer werdenden ­Inseln, deren Strandverlauf sich über Halbjahre oft dramatisch ändert. Wirklich beunruhigend findet das niemand hier. Vielleicht will man darüber aber auch nicht sprechen, denn natürlich weiß jeder auch von der ­einen oder anderen Insel, die bis zur Unbewohnbarkeit überflutet wurde.

Mangroven in vielen Inselbereichen sind der effektivste Schutz gegen derlei Veränderungen. Eine Koexistenz mit blendend weißem Sandstrand erscheint allerdings unmöglich.

Je weniger Grün auf der Insel, desto heißer. Auf Soneva Fushi pendeln die Temperaturen angenehmen um die knapp 30 Grad. Auf Wasservillen-­Inseln ohne üppige Vegetation sind es gefühlte zwei bis drei Grad mehr.

Malediven-Widersprüche ohne Ende. Viele Touristen kommen wegen des Meeres. Viele Malediviens können gar nicht schwimmen. Das Wasser als Respektzone. Wer einmal die bunten Fischschwärme, die majestätischen Rochen, die quirligen Delfine und die prächtigen Korallenriffe bestaunt hat, ist uneingeschränkter Malediven-Fan. – Wer könnte da etwas zutun, dass so etwas Wunderschönes Schaden nimmt? Wenn dann in der Idylle ein Plastiksackerl oder eine Trinkflasche an einem vorbeischwimmt, ist man doppelt negativ betroffen.

Recycling ist das Gebot der Stunde. Auf Soneva Fushi ist man so stolz auf das Öko-Müllcenter, dass man es gerne jedem Besucher in all seinen Details zeigt. Nachhaltigkeit steht hier nicht nur im Werbeprospekt, sie ist mehr als ein Lippenbekenntnis. Speiseöl wird als Biobrennstoff recycelt, Wasser mehrfach wiederverwendet, und das Kompostierungssystem ist ausgeklügelt.

Soneva hat durch verschiedene Maßnahmen erreicht, dass das komplette Resort kohlenstoffneutral bilanziert. Dazu gehört die inseleigene Trinkwasseraufbereitung, die ohne Plastikflaschen auskommt und ausschließlich Glasflaschen oder Permanent­behälter füllt. Durch das Recycling von Kartonagen konnte eine enorme Menge an Müll eingespart werden, der sonst auf der Müllinsel verbrannt worden wäre. Da geht es aber auch darum, wie Obst und Gemüse in einem Kreislauf vom Anbau über die Ernte bis zur Kompostierung verwendet werden. Oder wie jede Villa auf der Insel mit Holz (Bambus, Eukalyptus, Kiefer) aus nachhaltig vor Ort bewirtschafteten Wäldern gebaut wird und man die Bausteine aus recycelten Abfällen herstellt. Tatsächlich entstehen hier aus einer Mischung von vermahlenem Glas und Styropor stabile Ziegelelemente für die nächsten Häuser.

Gäste aus Indien, China oder dem Nahen Osten sind mit den Öko-Dingen weniger zu beeindrucken. Für sie stehen die Klimaanlage und ein eis­gekühltes Zimmer im Vordergrund. Auch dass die meisten Toilettenartikel individuell in Glasflaschen oder Papier abgepackt sind, ist ihnen eher egal. Immerhin, das spart Tonnen von Plastikmüll.

Ein großer Teil der Emissionen entsteht durch die Anreise der Gäste mit dem Flugzeug. Daran lässt sich nichts ändern, aber man kann es kompensieren. Mit der Finanzierung von ökologischen und sozialen Projekten in Darfur, Myanmar und Thailand.

Etwa 380 Menschen arbeiten auf der Insel, 45 davon stehen in den Küchen. Sie kommen entweder von den Malediven oder aus dem nahen Sri Lanka. Von dort bzw. aus Südindien stammt auch die Stilistik der Haupt­küche, also zahlreiche Currys, Reisgerichte, viel Gemüse sowie Fleisch und Fisch vom Grill. Teilweise ist es schon die zweite Generation in einer Familie, die auf der Insel arbeitet. Darum begreifen viele Mitarbeiter das Resort als „ihre“ Insel und sind entsprechend ­engagiert in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen.

Die Zutaten für die Regionalküche der Malediven sind recht frugal. Kokosnuss, Fisch und Reis sind die bestimmenden Hauptingredienzen. Küchenchef Sobah sieht darin kein Hindernis für authentische Speisen: „Klar kann man sagen, dass es auf den Inseln nicht viele Produkte gibt, aber hey, was gibt es denn in Skandinavien im Winter?“

Wenn Sobah klassische maledivische Rezepturen modernisiert, geschieht das auf dem Niveau von Küchenstars, die in Europa den Regionalismus pflegen. Etwa wenn frisch gefangener Rifffisch schnell angebraten und dann ­unter Meeressand geräuchert wird. Oder wenn er für das Traditionsgericht Kandu Kukulhu scharf gewürzte Thunfischfilets in Kokosmilch kocht. Was im Original wenig verführerisch aussieht und durchgekocht schwer daherkommt, wird in Sobahs Küche zu einem Gericht mit kurz angebratenem Tuna, serviert auf Curryreis, begleitet von würzigem Kokosschaum und einigen Blüten als Garnierung.

Dafür stellt Sobah auch die typische Havaadhu-Gewürzmischung selbst her. Für diese maledivische Currypaste werden unter anderen Koriander, Fenchelsamen, Kreuzkümmel, Zwiebel, Kardamom, Zimt, Chili, Curryblätter, Pandan, Kurkuma und viele andere Gewürze stundenlang ganz langsam geröstet und mit geriebener Kokosnuss vermischt. Havaadhu könnte man auch als das typische Malediven-Aroma bezeichnen. Geht mit Thunfisch genauso wie mit Bondibaiy-Reispudding, den Sobah als geeistes Parfait serviert.

Vielleicht am meisten stolz sind alle Inselmenschen auf die beiden Gemüsegärten. Der Kompost wird aus Küchenabfällen generiert. Das macht den Inselboden äußerst fruchtbar. Nicht selten wird mehr produziert, als die Küche verarbeiten kann. In den Gärten werden 35 Prozent des be­nötigten Gemüses und praktisch alle Salate und Kräuter produziert.

Eine komplett autarke Versorgung der Insel ist natürlich illusorisch. Zu viele Produkte kann man nur von außerhalb beziehen, sie werden im Regelfall ein Mal pro Woche per Schiff im Kühlcontainer angeliefert. Acht Stunden braucht das Boot für den Weg aus Male. Durch den Tiefgang können nur genau definierte Routen, es sind sozusagen natürliche Kanäle zwischen den einzelnen Riffen, befahren werden.

Da kommen dann etwa Wagyu-Beef aus Australien, Bresse-Hühner aus einer Zucht in Dubai, Käse und Wein aus Europa und vieles mehr, was der auf Luxus orientierte Gaumen auch hier nicht missen möchte. Es gibt aber auch eine Art No-Go-Liste von Produkten, die weder auf den Tisch noch in den Transportcontainer kommen. Wildfang-Hummer etwa, Foie gras, Bluefin-Tuna, Hai, Marlin oder auch Rindfleisch aus Argentinien, das einfach zu lange auf Reise wäre.

Wie vielfältig die regionale Lebensmitteldiversität mittlerweile ist, kann man bei einem Menü im Shades of Green erfahren. Man sitzt mitten im Garten und freut sich über fantastische vegetarische Gerichte und staunt über deren erfrischenden Fruchtsäureappeal, der von den zu Kombucha verarbeiteten Überbleibseln der Früchte am Frühstücksbuffet kommt.

Verblüffend vor allem, was alles aus dem Garten kommt: Fenchelblüten, Rucola, Bohnen, Wasserspinat, Melanzani, Gurken, Kürbis. Verschiedene Basilikumsorten wuchern förmlich. Neuerdings werden auch Pilze in speziell klimatisierten Bunkern gezüchtet.

Ebenfalls am Plan für zukünftige Herausforderungen: die Herstellung von Käse mit Weiß- und Rotschimmelkulturen – keine Kleinigkeit bei diesen Temperaturen. Als regional wird hier so einiges geführt, zum Beispiel auch der Soneva-Kaviar, für den Störrogen aus einer chinesischen Zucht in einer kleinen dänischen Manufaktur mit Meersalz von der Malediveninsel versehen wird.

Und da wäre auch noch das Honigprojekt. Seit ­einigen Jahren schon hat praktisch kein Gast mehr Moskitostiche abbekommen. Sie wurden durch schonende biochemische Maßnahmen mittels Enzymen mehr oder minder komplett eliminiert. Als nächster Schritt werden nun Hummeln und Bienen auf der ­Insel angesiedelt, um einerseits für die Bestäubung der Pflanzen zu sorgen und in Folge dann eben auch für den eigenen Inselhonig. Das Öko-Paradies ist also noch lange nicht vollendet.
www.soneva.com