Tapas für alle Fälle
Spanische Tapas-Lokale, die internationalen Küchenstandard in kleinen Portionen anbieten, sind Mallorcas neuer Hit. Wer ein wenig sucht, findet auf der Insel aber auch großartige Mittelmeerküche, serviert in wunderbaren Locations.
Der Eigentümer heißt Maxim, und er kommt aus Russland. Der freundliche Kellner Daniel ist ein waschechter Schotte. Der Koch stammt aus Deutschland und ist ein gebürtiger Leipziger. Und gemeinsam führt diese bunte Crew den wahrscheinlich besten Tapas-Laden von Palma, das
Ja, das ist bezeichnend, nicht nur für Palma, sondern für ganz Mallorca. Die Gäste aus Österreich, Deutschland, England und Schweden haben die Insel praktisch übernommen – erst recht im ersten Sommer nach der Pandemie. Rein spanische Küche ist nur noch selten zu finden, Mallorca ist eine internationale Insel geworden und Palma das Epizentrum. Aber kulinarisch kommt man damit trotzdem ganz gut zurecht.
Das Bazaar liegt nur 200 Meter von der Plaza Mayor an einem kleinen, ruhigen Platz auf halbem Weg zum Rathaus. Natürlich kocht Falk Hubert, 39, auch als Deutscher die spanische Tapas-Liga auf und ab: die Bratpaprika (Pimientos de Padrón), den Tintenfisch (Pulpo, gefüllt mit Chorizo), die Hackfleischbällchen (Albondigas) oder die Knoblauch-Garnelen (Gambas al ajillo) sind von keiner Karte wegzudenken. Aber Koch Hubert erweitert auf International. Chicken in Grünes-Curry-Joghurt-Sauce, Kabeljau mit Karfiol-
püree und chinesische Schweineripperln. „Ich koch einfach, was den Kunden am besten schmeckt“, beschreibt er seine Küchenphilosophie, internationale Hausmannskost, ein bisschen leichter, ein bisschen bekömmlicher. Für die Kinder stehen noch Miniburger auf der Karte, der Erfolg lässt sich auf einen Blick nachvollziehen. An allen Tischen mit den Jüngsten sind die Burger der Hit. Und vielleicht gibt’s nächstes Jahr auch noch kleine Schnitzerln …
Die anderen beliebten Tapas-Lokale setzen ebenfalls auf internationale Kost-Erweiterung, im Forn de Sant Joan in der verwinkelten Altstadt, im Ombu am Plaza de la Reina, dem Königinnenplatz, oder im originellen Tast (zwei Mal in Palma). Die Wünsche des Publikums aus aller Welt werden umgesetzt und ergeben eine neue Tapas-Kultur – Beliebtes aus aller Welt in Miniportionen.
Auch die Küchenikone des deutschsprachigen Publikums auf Mallorca, Emilio Innobar, brilliert mit Fusions-Köstlichkeiten und tischt eine grandiose spanisch-mexikanisch-asiatische Küche in seinem gleichnamigen Lokal auf. Der geborene Mexikaner hat lange in Deutschland gekocht (deshalb auch sein von den Gästen akklamiertes gutes Deutsch), betreut die Besucher nicht nur mit guter Küche, sondern mit Bussi-Bussi-Charme dazwischen und serviert am Schluss – wer hätte das gedacht – original Salzburger Nockerln. „Die habe ich in Österreich entdeckt und hierher importiert. Da es keinen spanischen Namen dafür gibt, heißen sie auch hier … Salzburger Nockerln“, lacht Emilio.
Zuvor erfreut man sich an Tatar und Ceviche vom frischen Fisch oder Langostinos, an einem Hummer in Tamarindensauce oder einem koreanischen Fleischteller. Die Weinliste ist eine der besten in Palma, natürlich mit Schwerpunkt auf Spanien. Anschließend wandert der Gast oder die Gästin beschwingt von der oberen Altstadt nach Hause oder steigt ins Taxi. Denn parken mit dem eigenen Auto ist praktisch unmöglich, und neuerdings passt auch die Polizei verstärkt auf, dass weder Einheimische noch Touristen mit über 0,5 Promille auf vier oder zwei Rädern unterwegs sind.
Noch eine Bemerkung zum spanischen Wein, nicht dieses Restaurant allein betreffend, sondern die gesamte mallorquinische Gastronomie: Die Restaurants, Bodegas und Bars verkaufen die einheimischen Produkte mit einem Aufschlag von 100 Prozent zum Einkaufspreis – eine Mezzie im Vergleich zu den in einheimischen Gefilden üblichen 300 und 400 Prozent. Man kann also getrost, je nach Größe der Tischgesellschaft, auch zwei oder drei Weine verkosten, ohne bankrott zu gehen.
Aber zurück zu den Küchen-Gelüsten. Wer gute und hochklassige spanische Küche genießen will, der muss 25 Kilometer gen Westen fahren. Ins Schlosshotel Castell Son Claret, wo Mallorcas neuer Starkoch Jordi Cantó im Restaurant Sa Clastra mit moderner Cuisine Mallorquine Furore macht. Fisch und Fleisch, Gemüse und Obst, alles stammt fast ausschließlich aus der Gegend – und diese Frische schmeckt man auch auf dem Teller. Seeigel mit Seefenchel, Rotbarbe mit Safran, Seegurke mit Reis, Lamm mit Hummus, das Spanferkel mit Kraut und zum Schluss Marillen von der Insel mit Milchreis und weißer Schokolade – das Menü um 120 Euro pro Person ist zwar nicht wohlfeil, aber bei dieser Qualität gerechtfertigt. Inklusive des Services im wunderschönen Innenhof (der ja auf Mallorquin „sa clastra“ heißt, nomen est omen) wird der Abend zu einem romantischen Erlebnis, zum neu Verlieben oder zur Feier, dass die Liebe erhalten geblieben ist.
Ein zweites, relativ junges Restaurant setzt auf spanisches Fine Dining in einem ruhigen Innenhof direkt in der Altstadt von Palma, zehn Gehminuten von der Kathedrale entfernt. Andreu Genestra, gebürtig aus Inca in der Mitte Mallorcas, hat bei den besten spanischen Chefs gelernt, in San Sebastián, Barcelona und bei Ferran Adrià, der fast ein Jahrzehnt alle Restaurantlisten als Nummer eins angeführt hat. Jetzt hat Andreu in seiner mallorquinischen Heimat sein erstes eigenes Restaurant eröffnet.
Im Aromata kann man zu wirklich zivilen Preisen die neue spanische Küche goutieren. Der Mittagstisch kostet 20 Euro, und abends gibt’s um 50 Euro fünf Gänge, die sein Können aufblitzen lassen – von der Rote-Beete-und-Morchel-Tarte über den geräucherten Paprika mit Mandeln bis zum lackierten Seeteufel mit schwarzen Oliven und Rapitos de porc negre (auf Deutsch Schweineschwänzchen!) mit einem Shrimp-Tatar. Manchmal verwegen, manchmal große Klasse, jedenfalls einen Besuch wert – auch wenn zu hoffen ist, dass der überforderte Service im Laufe des Sommers in die Gänge kommt, denn Wartezeiten von mehr als einer halben Stunde zwischen den Gängen sind frustrierend …
Noch eine spanische Neuentdeckung: Neben dem alten Schmalspurbahnhof (führt von Palma nach Sóller) hat Maca de Castro, eine der besten Insel-Köchinnen, ein legeres Wirtshaus aufgemacht. Eigentlich kommt sie ja aus dem Norden, aus Port d’Alcúdia, musste dort aber wegen der Pandemie ihr Lokal zusperren und versucht nunmehr in Palma ihr Glück. Und die Gastro-Interessierten sollten sie besuchen, damit ihr Wirtshaus erhalten bleibt. Eingelegte Sardellen mit Zitrone und Petersilie, Muschelkroketten, Spanferkel mit eingelegten Zwiebeln, Kabeljau mit Kichererbsen, Tintenfisch mit weißen Bohnen aus der Paella-Pfanne und eine Lammkeule, deren Fleisch vom Knochen fällt. Und alle Gerichte unter 20 Euro, das geht sich auch mit der Familie aus.
Aber natürlich will man auf einer Insel den frischesten Fisch, das frischeste Seafood, den besten Ausblick aufs Meer. Zwei Restaurants kommen da in die engere Auswahl. Eines im alten Hafen von Palma, das andere mit viel Chichi und einer Terrasse direkt über dem Meer in Port d’Andratx im Süden. Bleiben wir noch in Palma, das Ca n’Eduardo im ersten Stock der Hafenverwaltung schaut nach nichts Besonderem aus, aber das Besondere kommt aus der Küche. Am besten bestellt man für den ganzen Tisch und lässt die Köstlichkeiten in der Mitte zum Teilen servieren. Pulpo alla gallega, Gambas alla plancha, Almejas, Pescatitos fritos zur Vorspeise und dann einen Lubina in der Salzkruste – herrlich, so schmeckt das Meer; und das tatsächlich mitten unter lauter Einheimischen, die Kellner sprechen nur Spanisch, und der kleine Schnaps nachher geht aufs Haus.
Etwas vornehmer geht’s im Rocamar im Hafen von Andratx zu. Kein Wunder, dort haben die betuchten Deutschen ihre Villen und Appartements, und die können es sich leisten, mehr Kleingeld auf den Tisch zu legen. Aber es muss ja nicht unbedingt Languste oder Hummer sein, dann ist der grandiose Meerblick auch für Normalos bezahlbar. Die Grillplatte mit frischem Fisch und Meeresfrüchten, da werden auch zwei Personen satt, um 43 Euro, und die diversen Paellas (mit Fisch, Garnelen oder Huhn, alles zu empfehlen) alle um die 20 Euro.
Weitere Tipps für schöne Terrassen am Meer, aber außerhalb von Palma: das Ritzi in Portals Nous, das El Passeig am Strand und das Béns d’Avall weiter oben in Sóller sowie das La Terraza in Port d’Alcúdia mit einem feineren Restaurant und einem gemütlichen Bistro. Da sitzt man wunderbar, schaut aufs blaue Meer und bekommt nichts Außergewöhnliches, aber etwas Ordentliches.
Den dramatischsten Meerblick Mallorcas gibt’s aber nur für jene, die ein Boot haben oder einen dreißigminütigen Fußmarsch, im wahrsten Sinn des Wortes über Stock und Stein, in Kauf nehmen. Sa Foradada heißt der berühmte Felsvorsprung mit dem Loch im Stein im Nordwesten der Insel, und das ist auch der Name des Lokals, das sich darunter verbirgt. Die Bootsleute ankern in der Bucht davor, für die anderen ist’s beschwerlicher, aber es zahlt sich aus, versprochen.
Vom Landgut Son Marroig, dort kann man parken, weist ein Holzschild den Weg – den Bergpfad hinunter, an uralten Olivenbäumen vorbei, erreicht man dann das urige Wirtshaus. Viel Einrichtung gibt’s nicht, ein paar Tische und wackelige Sesseln halt, aber sicher die beste Paella der Insel. Sie wird wie einstmals in der Riesenpfanne über dem offenen Feuer angerichtet. Und diese Paella und der Blick aufs Meer sind den dreißigminütigen Fußmarsch wert.
So muss Mallorca früher einmal gewesen sein …
Tapas Bars
Bazaar
www.facebook.com/bazaartapas
Tast
www.tast.com
Restaurants
PALMA
Emilio Innobar
www.emilioinnobar.com
Sa Clastra
www.castellsonclaret.com
Aromata
www.aromatarestaurant.com
Maca de Castro
www.macadecastro.com
Ca n’Eduardo
www.caneduardo.com
Port d’Andratx:
Rocamar
www.rocamar.eu
PORTALS NOUS
Ritzi
www.ritzigroup.com
PORT DE SÓLLER
Es Passeig
www.espasseig.com
Béns d’Avall
www.bensdavall.com
Port d’Alcúdia
La Terraza
www.laterrazaalcanada.com
Sa Foradada
www.restaurantesaforadada.com