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Bootshaus
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Es gab Zeiten, wo der Gast an solchen Orten gepflegtes Mittelmaß erwarten durfte. „Is eh sche bei uns, wos soi man no guat kochen?“ war das Motto der Wirtsleute, länger als eine Generation ist das nicht her. Doch erfreulich, dass es immer mehr Gastronomen vom Format der Familie Gröller gibt. Und dass auch die exzellenten Küchenchefs nicht weniger werden: Lukas Nagl, zur Zeit der Entstehung dieser Aufzeichnungen gerade auf Fact-Finding-Mission in Japan, ausgewiesener Kenner der lokalen Küche, Kochbuchautor und Insider in den Gewässern rund um Traunkirchen, also dem Traunsee, dem Attersee und dem Mondsee. Dort unterhält er ausgezeichnete Kontakte zu den lokalen Fischern. Wenn sich im Netz der Fischer Aalrutte findet, landen sie und die begehrte Leber dieses nicht gerade zu den Schönlingen zu zählenden Fischs bei Nagl auf den Tellern der Gäste. Gleiches gilt für Reinanken, die raren Atterseesaiblinge, Hechte und Barsche, je nach Fangsaison. Sogar winzige Muscheln aus dem Traunsee finden den Weg zu Nagls kleinem, beständig gut kochendem Team, das auch in Abwesenheit des Chefs stets nichts anderes kann, als eine Top-Performance abzuliefern. Vor dem Essen fährt ein kleiner Wagen vor, darauf Spitzpaprika, Reh, frische Fische, Pilze, alles, was gerade da ist und später zubereitet wird für die Gäste, die für den Blick auf dieses vielversprechende Arrangement für kurze Zeit die Augen vom Traunsee plus Traunstein-Panorama losreißen. Einige Gerichte sind so gut, dass man sie auch mehrmals essen kann, die Kombination aus Butternusskürbis, Physalis und Ochsenherzparadeiser zum Beispiel. Anderes ist neu: mit Amarant marinierte, geflämmte Traunsee-Reinanke, dazu Miso, Korianderöl und junger Sellerie. Dann ein lieb gewonnener Bekannter: Traunsee-Barsch mit grünen Bohnen und Pfirsich, „cuisine du soleil made in Salzkammergut“, wobei Sonne und Salzkammergut, wir wissen ja. Zum Hecht gibt es Molke und Hechtkaviar, Hühnergrammeln, grünen Spargel, Buddhas Hand und kandierte Rosenblüten. Aus den Muscheln des Traunsees gewinnt Nagl einen Saft, den er zu einem Schaum schlägt, mit Bottarga vom Hecht würzt und beides mit gekochtem Salat und Einkorn-Orzotto serviert. Saftiges Reh kommt mit gefülltem Spitzpaprika und Brennnesselcreme. Die Desserts sind immer nach dem Motto eines Löffelgerichts komponiert, beispielsweise aus Rhabarber, der mit Yuzu, Eischnee und Mürbteig-Crumbles serviert wird. Felix Schwaighofer leitet locker-elegant den Service, allesamt gute Leute, denen man anmerkt, dass hier zu arbeiten eine feine Sache ist.
