Entrecôte Café de Paris

"Oft kopiert, doch nie erreicht!"

Entrecôte Café de Paris

Text von Andrea Karrer Illustration: Peter Jani

Achtzig Jahre sind vergangen, seit der tüchtige Monsieur Boubier – in einigen Quellen auch Madame Boubier –, damals Eigentümer des Restaurants "Coq d’Or" in Genf, eine Sauce erfand, die weltberühmt werden sollte. Er mischte Butter mit vermutlich bis zu 24 Zutaten wie Estragon, Kapern, Senf, Schalotten, Sardellen und anderem und schlug das Ganze zu einer schaumigen Masse auf. Als Familiengeheimnis wird das Rezept bis heute so streng gehütet wie der Heilige Gral.

Und so wird die exklusive Spezialität heute immer noch serviert, allerdings nicht mehr im "Coq d’Or", sondern im Restaurant "Café de Paris" in der Rue du Mont-Blanc 26 in Genf, das heute von François Vouillamoz, einem Nachkommen der Familie Boubier, geführt wird. Auf eine Karte verzichtet man im "Café de Paris", die ist auch gar nicht nötig, denn hier gibt es nur eins: Entrecôte Café de Paris und grünen Salat – nur beim Dessert hat man die Wahl …

Und so wird dort die Legende zelebriert: Zuerst bringt der Kellner ein kleines Réchaud an den Tisch, darauf stellt er eine Platte mit einer kleinen Vertiefung. Darin liegen zwei Entrecotes, die – je länger man ihnen zuschaut – immer tiefer in die grüne, brutzelnde Sauce eintauchen. Dazu gibt es "Pommes Allumettes" – "Streichhölzer" – eine feine Variante der "vulgären" Pommes, und die zünden, taucht man sie kurz in die berühmte Sauce, ein wahres geschmackliches Feuerwerk!

Die berühmte Sauce wird bis heute immer nach demselben, streng gehüteten Rezept zubereitet. Sicher ist lediglich, dass es neben Butter und diversen Kräutern Worcestersauce und Currypulver enthält.

Das einzige, was sich in den Jahren verändert hat, ist der Preis: Während das zarte Stück Fleisch mit der edlen Kräuterbuttersauce anfänglich noch CHF 3,50 kostete, bezahlt man inzwischen rund das Zehnfache.

Diese Café-de-Paris-Sauce wurde oft kopiert, aber die überall angebotene Kräuterbutter, die so gerne auf ein grilliertes Stück Fleisch gegeben wird, hat mit dem Originalrezept des Genfer Lokals nur wenig gemein. Sie wird nämlich als Saucenbett (!) serviert, in dem die Entrecotes ruhen. Und manch "unbedarfter Gourmet (?)" übt kopfschüttelnd Kritik.

Das Rezept von Monsieur Boubier ist, wie gesagt, geheim, deshalb bat ich meinen großartigen Lehrmeister Christian Petz um sein exklusives Rezept:

Zuerst werden Schalotten feinst würfelig (= brunoise) geschnitten und in einem Teil der angegebenen Buttermenge (etwa 3–4 EL) glasig angeröstet, eher mehr gedünstet als geröstet, und zwar so lange, bis sie weich sind – das kann schon zehn Minuten dauern. Dann wird mit Cognac und Madeira abgelöscht und so lange eingekocht, bis die Schalotten trocken sind. Man lässt sie dann vollständig auskühlen.

Inzwischen werden die Kräuter – Christian Petz empfiehlt Petersilie, Estragon, Thymian und Rosmarin – abgezupft und fein gehackt, ebenso der Knoblauch, die Sardellen sowie die Zitronenschale. Die zimmerwarme, weiche Butter wird so lange gerührt, bis sie schaumig ist, also weiß wird und kleine Spitzchen bildet. Nun rührt man die ausgekühlte Schalottenröstung sowie die vorbereiteten Kräuter und restlichen Zutaten dazu und würzt mit Curry und einem Dash Worcestersauce (beide obligatorisch), weiters Paprikapulver, Zitronensaft, Ketchup, Dijonsenf, Salz sowie schwarzem Pfeffer. Am besten rührt man die Butter jetzt nochmals schön schaumig auf. Die Butter in einen Spritzsack ohne Tülle füllen. Ein Stück Alufolie auf die Arbeitsfläche legen und mit einem Stück Klarsichtfolie belegen. Butter mittig aufspritzen, zusammenrollen und kalt stellen. Folien entfernen und die Butter in Scheiben schneiden.

Und nun zur Fleischwahl: Das Entrecote ist ein Steak aus dem Zwischen­rippenstück (der Name leitet sich vom franz. entre = zwischen und côte = Rippe ab) oder der Hochrippe des Rindes (im englischen"Rib-Eye"). In Österreich wird es von der niederen Beiried geschnitten. Da dieses Stück Fleisch direkt am Knochen liegt, ist es besonders würzig. Vorerst wird von der Beiried die Kette ausgelöst und am oberen dicken Teil die starke Sehne entfernt. Dann werden stark fingerdicke Schnitten im Gewicht von etwa 200 g pro Person geschnitten. Für zwei Personen wird das Entrecote als ein Stück mit 360 g, für drei Personen mit 500 g geschnitten.

Die fingerdicken Schnitten jeweils leicht plattieren und am Rand etwas einschneiden.

Wie erreicht man das perfekte Entrecote, nämlich mit einer wohlschmeckenden Kruste und innen, je nach Geschmack well, medium oder done?

Es beginnt bei der Wahl der Bratpfanne: Unbedingt eine schwere, guss­eiserne Pfanne verwenden, denn nur die hält der Hitze stand. Andere Pfannen (Teflon o. ä.) erreichen nur eine Temperatur von 140 °C. Zum Braten NUR geschmacksneutrales Öl oder Butter­schmalz nehmen, Butter verbrennt! Nicht zu viel Fett nehmen, damit das Fleisch nicht im Fett schwimmt. Ideal ist, nach dem Erhitzen das Fett aus der Pfanne abzuschütten, denn der Fettfilm, welcher in der Pfanne bleibt, ist ideal zum Braten des Entrecotes. Also, die Pfanne stark erhitzen, ehe man Öl bzw. Butterschmalz darin auf etwa 175 °C bringt.

Tipp: Die Temperatur ist richtig, wenn beim Einlegen der Steaks ein deutliches Zischen zu vernehmen ist. Nun das Fleisch bei starker Hitze anbraten und es dabei nicht bewegen (!), denn sonst gibt es keine Krustenbildung. Anschließend das Steak wenden und mit der anderen Seite gleichfalls verfahren. Beim Wenden niemals mit einer Gabel anstechen – dabei würde wertvoller Saft verloren gehen. Nun etwas Butter beifügen und Steaks während des Bratens immer wieder mit Bratfett übergießen, so garen sie gleichmäßig. Damit man das Steak genau "am Punkt" erwischt, sind eine Portion Fingerspitzen­gefühl und etwas Erfahrung von Vorteil. Hier als Anhaltspunkt die Garzeiten für ein Fleisch von etwa 2 cm Höhe (200 g):

Nach 1 Minute: stark blutig / bleu / rare
Unter einer dünnen Kruste ist das Steak noch roh. Fingerdruckprobe: Das Fleisch ist weich und gibt stark nach.

Nach 2 Minuten: blutig / saignant / medium rare
Unter der Kruste ist das Fleisch rosa, im Kern noch "blutig". Fingerdruckprobe: Das Fleisch gibt leicht nach, aber merklicher Widerstand ist spürbar.

Nach 4 Minuten: rosa (halb durch) / à point / medium
Das Fleisch ist fast durchgebraten, im Kern aber noch rosa. Fingerdruckprobe: deutlicher Widerstand, der zur Mitte hin nachlässt.

Nach 5 Minuten: durchgebraten / bien cuit / well done
Das Fleisch ist durchgebraten, aber noch saftig. Fingerdruckprobe: fester Widerstand im gesamten Bereich.

Jetzt erst wird das Entrecote gesalzen und gepfeffert! Anschließend das Fleisch aus der Pfanne nehmen und im vorgeheizten Rohr bei 70 bis 90 °C zwei bis drei Minuten rasten lassen.

In vielen Rezepten wird nun folgende Zubereitungs­- art weiter empfohlen: Das Bratfett aus der Pfanne gießen, pro Portion mindestens 50 g Café de Paris Butter in der Pfanne schmelzen lassen und etwa 2 EL geschlagenen Obers zügig einrühren. Diese Sauce sogleich mit den Entrecotes anrichten.

Hinweis: Das Entrecote für zwei und mehr Portionen wird vor dem Gast in 1 cm dicke, schräge Tran­chen geschnitten und mit der Café de Paris Sauce serviert.

Aber nicht nur in der Schweiz ist der 80-jährige "Oldie" – Entrecôte Café de Paris – ein Evergreen, sondern auch in London, Lissabon, Dubai und Riad. Wenn Sie das Original ausprobieren möchten, können Sie das an folgenden Adressen tun:
Café de Paris
Rue du Mont-Blanc 26, Genf
www.cafe-de-paris.ch
Café de Paris
Place St-François 5, Lausanne
www.cafe-de-paris-lausanne.ch
Restaurant L’Entrecôte
Grand-Pont 10, Sion
www.restaurant-entrecote.ch
Und: demnächst auch bei
Christian Petz im holy moly!
www.badeschiff.at
Café de Paris Butter nach Christian Petz
Zutaten für etwa 1, 25 kg Butter
250 g Schalotten
1 kg Butter
50 ml Cognac
100 ml Madeira
70 g Petersilie, abgezupft
20 g Estragon, abgezupft
10 g Thymian, abgezupft
5 g Rosmarin
4 Knoblauchzehen
8 Sardellenfilets
1 Stück unbehandelte Zitronenschale
Saft von 1 ½ Zitronen
10 g Paprikapulver
5 g Currypulver
40 g Salz
2 EL Ketchup
2 EL Dijonsenf
1 Dash Worcestersauce
schwarzer Pfeffer a. d. Mühle
Schalotten schälen und fein hacken. Einen Teil der Butter erhitzen, Schalotten darin ohne Farbe glasig und weich rösten; mit Cognac sowie Madeira ablöschen, einkochen, bis die Schalotten trocken sind; abkühlen lassen. Kräuter, Knoblauch, Sardellen und Zitronenschale fein hacken und mit der restlichen weichen Butter, den Gewürzen, der Schalottenröstung sowie den restlichen Zutaten schaumig rühren. Butter auf Frischhaltefolie mittig aufspritzen, einrollen, bis zur Verwendung mindestens 30 Minuten kalt stellen.
Hinweis: Man rechnet pro Portion etwa 50 g Café de Paris Butter. Es zahlt sich aus, gleich eine große Menge zuzubereiten, in Portionen tiefgekühlt hält die Butter mindestens 2 bis 3 Monate ohne Qualitätsverlust.
Entrecôte Café de Paris
Zutaten für 4 Portionen
4 Entrecotes (à etwa 200 g und 2 cm dick)
1 EL geschmacksneutrales Öl oder Butterschmalz
½ TL Salz
schwarzer Pfeffer a. d. Mühle
zum Fertigstellen:8 EL geschlagener Obers
Entrecotes etwa 30 Minuten vor dem Braten aus dem Kühlschrank nehmen. Öl oder Butterschmalz in einer heißen Pfanne erhitzen, Fleisch darin bei großer Hitze beidseitig jeweils etwa 1 Minute anbraten, bei mittlerer Hitze beidseitig jeweils noch etwa 1 Minuten fertig braten, dabei Butter beifügen. Hinweis: Nach dieser Bratzeit ist das Entrecote à point = innen rosa und gibt auf Fingerdruck nur leicht nach. Der Fleischsaft ist ebenfalls rosa. Nun das Fleisch mit Salz und wenig Pfeffer würzen, aus der Pfanne nehmen und warm stellen. Café de Paris Butter im Bratrückstand schmelzen, Obers unterrühren und Buttersauce großzügig mit den Entrecotes anrichten, sofort servieren.