Post Lermoos

Foto von Günter Standl / Hotel Post Lermoos
Text von Alexander Rabl

Tirol von seiner besten Seite

Am Mittag des beabsichtigten Besuchs war das Restaurant geschlossen. Ein Leichenschmaus, der Verstorbene hatte sich gewünscht, dieser möge in der Post mit einem anständigen Wiener Schnitzel ­begangen werden, das er zeitlebens so liebte. Kein schlechtes Kompliment für eine Küche, die allerdings mehr draufhat als das Wiener. Der Augenschmaus, also der Blick auf Zugspitze und das Tal davor, den man von den Zimmern und vor ­allem der Terrasse der Post hat, ist ­gewaltig, man könnte dabei sogar aufs Essen und Trinken vergessen. Das wäre ein Fehler, denn Küchenchef Thomas Strasser versteht sein Handwerk, und mehr als das. Auch das Essen für die Hotelgäste liegt weit über dem landesüblichen Durchschnitt, und dann ist da natürlich das kleine, feine Angebot im À-la-carte-Restaurant.

Der bescheiden wirkende Thomas Strasser besitzt ein gutes Gefühl für Texturen und Aromen und verfügt über sehr gute Kontakte zu lokalen Fischern, Jägern und Käsern. Eine Vorspeise aus verschiedenen Rüben und ­gratiniertem Ziegenfrischkäse ist schon mal ausgezeichnet. Das ­Gemüsetatar mit Senfeis und einer hauchdünnen Scheibe geröstetem Brot ist die Antwort auf die Frage – falls sie je gestellt werden sollte –, wie ein Leben ohne Fleisch gelebt werden kann. Tatar aus Rind gibt es dann anderntags als Amuse-Bouche, verziert mit winzigen knackigen Gemüslein und Rübchen, ebenfalls sehr gut. Sommertrüffel kann man sich eigentlich fast immer sparen, mit dem Ei, den dazu servierten Croû­tons und mille-feuille-artigen Kartoffeln machen sie sich aber ganz ordentlich.

Fast ein kleines Meisterwerk ist die Tartelette mit Kingfisch (wunderbarer Biss), Kräutern und kleinen eingelegten Gemüsen. Und sehr schön dann der Saibling mit Artischocken, einmal eingebunden in eine buttrige Sauce, dann knackig als apart wirkende kleine Röllchen. Ungewiss erscheint im Rückblick, ob der Zwischengang aus Sorbet mit Beeren und Fenchel für einen solchen nicht doch zu süß war.

Sehr gelungen ist der Rehrücken, im Spinatblatt sanft gegart, mit einem präzise arrangierten Pilze-Zwetschken-Gemisch, wobei die Zwetschken an Dörrzwetschken erinnern und dem Wild und der dazu gereichten dunklen Sauce schön Kontra geben. Die Weinkarte, wie überhaupt das gesamte Getränkeangebot des bereits in der nächsten Generation geführten Familienbetriebs, ist legendär, und der Service weiß ziemlich genau, was er tut, und vor ­allem: was er zum Essen einschenkt. Ein Haus, in dem sich gut Zeit verbringen lässt, abseits des touristischen Trubels am Berg gegenüber.

Küche: 3
Atmosphäre: 3
Weine: 4

Post Lermoos
Kirchplatz 6, 6631 Lermoos
T 05673/228 10
post-lermoos.at

© Günter Standl
Thomas Strasser
© Günter Standl