Prag, Budapest, Zagreb
Ein neues k. u. k. Feeling bestimmt derzeit die europäische Politik. Die ehemaligen Kronländer sind auf dem Sprung in die EU. Aber besitzt auch schon die dort gebotene Küche EU-Reife?
Prag, Budapest, Zagreb
Text: Hans Mahr Fotos: beigestellt
Für österreichische Manager – von den Banken bis zum Handel – ist Mittelosteuropa ohnehin längst zum neuen Exerzierfeld geworden. So erfolgreich, dass die deutsche Wirtschaftswoche kommentierte: „Wenn eine deutsche Firma dort weiterkommen will, dann holt sie sich Österreicher …“ Bei aller Euphorie – Gott sei’s geklagt – haben unsere Nachbarn in puncto Essen und Trinken noch einiges aufzuholen. Darüber können Besucher ein „traurig Lied“ singen. Für alle jene, die unverdrossen auf der Suche sind, auch kulinarisch etwas zu erleben, hier ein paar Tipps.
Beginnen wir mit Prag und Budapest, die beide am 1. Mai zu EU-Europa stoßen. Dort gibt es schon einige kulinarische Glanzpunkte. Im Kampa Park am westlichen Ende der Karlsbrücke findet man mit Sicherheit die gepflegteste Küche Prags. Direkt an der Moldau, im Sommer im wunderschönen großen Garten, wird eine sehr respektable internationale Küche serviert: Forelle und Seeteufel, schön kross gebratene Ente und viel internationaler Schnickschnack stehen auf der Karte. Echt böhmisch wird es allerdings nur bei den Nachspeisen, etwa mit Palatschinken aller Art. Nur ein paar hundert Meter weiter, auf dem Kampa-Platz, geht man ins U Karlova Mostu, ein gemütliches Wirtshaus mit solider Hausmannskost und frisch gebrautem Bier.
In der Prager Altstadt gibt’s leider nur Durchschnittliches. Das Duplex im sechsten Stock über dem Wenzelsplatz serviert etwas skurrile italienisch und asiatisch inspirierte Küche, während Heregetova Cihelna – das In-Lokal Nummer eins – nur auf mediterran, bis hin zur Pizza, abfährt. Echt böhmisch kann man eigentlich nur in Bierkneipen essen. Im U Kalicha wurde einst der brave Soldat Schweijk verhaftet. Dort findet man Ente und gutes Bier, aber auch allzu viele Touristen; im 500 Jahre alten U Flek˚u gibt’s ebenfalls viele Touristen und einen knusprigen Schweinsbraten.
Eine moderne, etwas leichtere böhmische Küche liegt etwas abseits. Im U Tˇrí Zlat´ych Hvˇezd sind sogar – und das ist die Ausnahme in Prag – die Ober freundlich und der Prager Schinken, kalt und warm, vorzüglich.
Über die älteste nicht-kommunistische Tradition verfügt Budapest. Doch leider hat sich nach der anfänglichen „Gourmet-Euphorie“ in den ersten Jahren nach der Öffnung nicht mehr viel getan.
Nach wie vor die Nummer eins ist das Gundel – in einem schönen kleinen Schlösschen mit Tradition und internationaler Küche zu Höchstpreisen.
Wer auf „Nummer sicher“ gehen will, ist im Restaurant des ehemaligen US-Botschafters in Wien, Ronald Lauder, am besten aufgehoben: eine wirklich hervorragende Fischsuppe, Kalbsgulasch mit Nockerln, ein richtig saftiger Fogosch und hervorragende Patisserie, die qualitativ fast aus Wien kommen könnte.
Im Unterschied zum „Gundel“ vor zehn Jahren sitzen dort nicht mehr ausschließlich ausländische Touristen und Business-Leute, sondern heute wird an jedem zweiten Tisch schon ungarisch gesprochen. Die besondere Attraktion im „Gundel“: eine wirklich exzellente Weinkarte mit ungarischen Spezialitäten (Rotwein von Bock)!
Das verwinkelte Alabárdos, mit viel Hungaro-Kitsch ausgestattet, hat sich mit einem neuen Küchenchef zur Nummer zwei „gemausert“. Hier bekommt man die beste Gänseleber von Budapest und hervorragende Fleischspeisen, von der gefüllten Paprika bis zur Gans. Wie auch beim „Gundel“ sollten fünf Euro genügen, um die lästige Musik in den nächsten Raum zu schicken.
Eine unkomplizierte, aber dennoch schmackhafte Küche gibt’s im Café Kör, einem schicken Bistro nahe der Stefanskirche (Spezialität Bohnensuppe, gebratene Gänseleber) und im stylischen Menza. Letzteres ist zwar laut und voll, liefert aber dafür um 25 Euro für zwei Personen eine preiswerte Küche und präsentiert sich noch dazu als In-Platz der ungarischen „Jung-Schickimickis“.
Auch in Zagreb, nur zwei Stunden von Graz entfernt, ist zwischenzeitlich eine „neue Zeit“ angebrochen. Nicht nur an der touristischen Küste, sondern auch in der alten Hauptstadt selbst haben sich einige Restaurants etabliert, die es vor allem beim Fisch mit ganz Mitteleuropa aufnehmen können. Denn nirgends im Mittelmeer wird noch so viel Frischfisch gefangen wie in der östlichen Adria, bis runter nach Albanien.
Im Gallo, in einem Hinterhof (im Sommer wunderbar zum Draußen-Sitzen) hat ein Deutsch-Kroate die beste Fischküche der Stadt etabliert: knackige Tintenfische (entweder nur gegrillt oder mit viel Knoblauch auf „Dubrovnik-Art“), klassische Risotti, ein Petersfisch, saftig und nur von frischem Rucola begleitet oder auch eine fangfrische Meerbrasse, deren festes Fleisch für vier bis sechs Personen ausreicht. Ebenso gut, aber in eher unterkühlter Hotelatmosphäre wird im AS im gleichnamigen Hotel gekocht. Der Vorteil dort: Für Business-Dinner kann man einen großen Raum mieten und bleibt unter sich.
Wer’s auch in Zagreb fröhlich-italienisch will, der geht ins Marcellino. Das In-Bistro schlechthin, wo von Teamtrainer Otto Baric bis zum Außenminister Zuzul alle Nobilitäten der kroatischen Hauptstadt verkehren. Für alle Lokale gilt: Unbedingt probieren sollte man den kroatischen Wein, der qualitativ schon langsam an das Collio und die Südsteiermark heranreicht. Die Besten: Riesling und Chardonnay von Krauthacker und den Plavac von Grgich, der aus Kalifornien in seine alte Heimat zurückgekehrt ist.
Adressen
Prag
Duplex, Wenzelsplatz 21,
Tel.: 00420/2/57 32 98 60
Hergetova Cihelna, Cihelna 2b,
Tel.: 00420/2/57 53 55 34
Kampa Park, Kleinseite, Na Kampˇe 8 b,
Tel.: 00420/2/57 53 26 85
U Karlova Mostu, Na Kampˇe 15,
Tel.: 00420/2/57 53 31 68
U Flek˚u Kˇremencova 11, Tel.: 00420/2/24 93 40 19
U Tˇrí Zlat´ych Hvˇezd, Malostranské nám. 8/263
Budapest
Café Kör, V, Sas u. 17, Tel.: 0036/1/311 00 53
Alabárdos, I, Országház u. 2, Tel.: 0036/1/356 08 51
Menza, Liszt Ferenc ter, 2, Tel.: 0036/1/342 03 67
Zagreb
AS, Zelengaj 2a, Tel.: 00385/1/460 91 11
Gallo, A. Hebranga 34, Tel.: 00385/1/481 40 14
Marcellino, Frankopanska 22,
Tel.: 00385/1/481 17 14