Unsere Sterne an der Algarve

Zwei österreichische 2-Michelin-Stern-Köche, Hans Neuner und Dieter Koschina, machen die Algarve-Küste zu einer Feinschmeckerdestination.

Text von Christian Grünwald Foto Paulo Barata/Via Vita Parc

Die Farben der Algarve wirken zu jeder Tageszeit betörend schön. Das satte Blau von Wasser und Himmel, das intensive Grün der Gartenlandschaften, die kupferfarbenen Sandstrände und Klippenabrisse an der Atlantikküste. Wer dann noch im Restaurant Ocean im Vila Vita Parc-Resort das leuchtende Rot von frischgefangenen Carabineros am Teller hat, verfügt über eine beglückende Farbpalette, die nichts missen lässt. Die Panoramafenster im frisch renovierten Luxusrestaurant bieten nicht nur den Gästen einen spektakulären Ausblick auf den Atlantik, auch das Team um Küchenchef Hans Neuner hat diesen grandiosen Meerblick, der die Ocean-Küche wohl weltweit zu einem der schönsten Arbeitsplätze macht.

Der prunkvolle Hotelkomplex in einer gigantischen, subtropisch wirkenden Parkanlange befindet sich im Besitz der deutschen Vermögensberatung und ist schon seit einer gefühlten Ewigkeit einer der Luxus-Hotspots an der Algarve. Die Gäste in den rund 200 Zimmern und Suiten sind nicht selten auch aus den Sport-, Wirtschaft- oder Kultur-Sektionen der Medien bekannt. Sie genießen einen internationalen 5-Sterne-Standard, der neben Wellness, Golf, Tennis, hauseigener Jacht, modernsten Zimmerausstattungen, auch jedes nur erdenkliche gastronomische Feature umfasst: acht Restaurants, ein ausgedehnter Weinkeller, der nicht zuletzt auch von den Weinen des eigenen Guts „Herdade dos Grous“ im Alentejo gespeist wird und mit alten Ziegeln aus Österreich errichtet wurde.

Die wohltuende Individualität des Hauses hinsichtlich Service und Ausstattung ist dem Generalmanager Kurt Gillig zu verdanken, der seit rund eineinhalb Jahrzehnten das Projekt wie ein Lebenswerk hütet und weiterentwickelt. Der gebürtige Kärntner, mittlerweile mit einer Portugiesin verheiratet, hatte als ehemaliger F&B-Manager immer schon ein Faible für Spitzengastronomie. So konnte Hans Neuner als Küchenchef von Beginn an aus dem Vollen schöpfen, was sich auch bald in den Bewertungen niederschlug. 2009 bekam er seinen ersten Michelin-Stern, 2011 folgte der zweite, der seither jährlich bestätigt wurde. Neuerdings wird auch dem Trend zur Regionalität nachgegangen. Auf dem Landgut werden Rind- und Schweinefleisch, Gemüse, Oliven und Obst produziert. Man beschäftigt sogar einen eigenen Metzger, der unter anderem fantastische Bratwürste herstellt.

Der gebürtige Tiroler Hans Neuner hat sich längst an die paradiesischen Zustände hinsichtlich Wetter, die Algarve hat mit rund 300 Sonnentagen im Jahr das beste Wetter Europas, und die grandiose Rohstoffversorgung gewöhnt. „Vor allem Fisch und Seafood gibt es hier in unglaublich toller Qualität“, schwärmt Neuner. Die Fische aus dem Atlantik brillieren mit enorm festem aromatischen Fleisch, Spezialitäten wie Entenmuscheln, Muränen oder auch Seeteufelleber sorgen für den besonderen Kick. „Das isst und kocht man einfach nur hier.“ Vieles hat hier praktischerweise das ganze Jahr über Saison, auch für Europa so Exotisches wie Mangos, Kaffirlimetten oder die Buddhas Hand-Zitronen.

Hans Neuners Ocean-Küchenkonzept hat all die großartigen Zutaten des Küstensstreifens im Mittelpunkt, ohne dabei vor Zutaten aus jedem anderen Teil der Welt zurückzuschrecken. In jedem Fall darf man sich optisch extrovertierte und verblüffende Kreationen erwarten, die dann hin und wieder auch traditionelle portugiesische Rezeptwurzeln aufweisen. Das Bluthuhn etwa, das mit Essig und etwas Blut zu einem köstlichen Eintopf geschmort wird. Oder die Rippen vom schwarzen Schwein mit Zwiebeln und Äpfeln – klingt banal, ist aber in jedem aufwendigen Detail ganz große Küche. In der Küchenbrigade wird ein Mix aus Deutsch-Englisch-Portugiesisch gesprochen. Hans Neuner ist es wichtig, dass viele Einheimische mitarbeiten. „Küche ist bei mir Teamarbeit und durch die Menschen von hier bekomme ich enorm viele Inputs.“
Die tolle Versorgungssituation mit besten Rohstoffen am südwestlichen Endzipfel Europas hat aber ein anderer österreichischer 2-Michelin-Sterne-Küchenchef aufgebaut: Dieter Koschina. Als er 1990 als Küchenchef in der Villa Joya in Albufeira begann, war die Algarve noch kulinarisches Brachland. Koschina begann lokale Produzenten auf die erforderlichen Qualitätsstandards der High-Level-Cuisine einzuschwören. Nach einigen Jahren wussten Fischer und Bauern, wohin sie ihre besten Stücke zu liefern hatten.

Was Koschina und Neuner eint, ist neben der österreichischen Nationalität und der mittlerweile stabilen Liebe zur Algarve die Leidenschaft für schwere Motorräder. Beide verbringen ihre karge Freizeit gerne auf ihren Harley Davidsons. Auf den Küstenstraßen der Region zu fahren, hat auch wirklich noch etwas mit dem vielstrapazierten Freiheitsbegriff zu tun.

Die Entfernung zwischen Vila Vita Parc und Vila Joya beträgt gerade mal 20 Minuten Fahrzeit. Ein Katzensprung, der letztlich aber doch eine schmeckbare Grenze zwischen zwei verschiedenen Küchenphilosophien markiert. Während Hans Neuner mit viel Feingefühl und Teamspirit auch sehr traditionelle portugiesische Küche in seine Menüs einbaut, frönt Dieter Koschina seit jeher einem äußerst luxuriösen international-mediterranen Stil, bei dem Trüffel, Kaviar, Gänseleber oder Wagyu durchaus als fixe Bestandteile anzusehen sind. Koschina kocht einfach, was gut ist, die vielbeschworene Regionalität ist für ihn sekundär. „Viel wichtiger ist, dass man die Qualität riechen und schmecken kann.“ Was zum Beispiel auch ein grandioses, stilechtes Cataplana nicht ausschließt: Dafür werden in einem Topf Gemüse Fisch, Meeresfrüchte und Fleisch gemeinsam gedämpft.

Die Architektur der Vila Joya ist genauso individuell wie die hier gebotene Küche. Das elegante Anwesen im maurischen Baustil ist von einer wunderschönen mediterranen Gartenanlage umrahmt, thront auf einer Klippe mit Atlantik-Blick. Die Atmosphäre mit 17 Zimmern und 5 Suiten ist betont freundschaftlich-familiär. In kulinarischer Hinsicht besitzt das Anwesen zwei magische Orte: Da trumpft einmal die Terrasse mit großartigem Meerblick auf. Und dann ist da auch noch der Küchentisch mit Blick auf das etwa 15-köpfige Köcheballett, das Dieter Koschina im Tagesgeschäft mit Matteo Ferrantino leitet. Der Italiener ist seit einigen Jahren gleichberechtigter Küchenchef und man darf ihm nicht zuletzt auch einige der fantastischen mediterranen Geschmäcker zuschreieben. Man pflegt einen portugiesisch-englischen Sprachstil, dazu einzelne deutsche Reizworte. „Vollgas“ mag Matteo als deutschen Begriff sehr gerne. Wer einmal zusehen durfte, mit wie viel Leidenschaft, Emotion und Theatralik gearbeitet wird, weiß um wahre Passion Bescheid.

Dass es in der Küche heiß hergeht, dafür sorgt auch ein riesiger Molteni-Herd. Das blaue Prunkstück gilt als einer der größten und kostspieligsten seiner Klasse – man spricht von etwa 120.000 Euro. Die maßgefertigten Herde aus der französischen Edelmanufaktur gelten mit ihrer aus einer riesigen Gasflamme entstehenden Hitze als eine Art Rolls Royce der Küche. Die gusseiserne Platte hat in der Mitte enorme Hitze, die nach außen hin geringer wird. Kochvorgänge werden am Molteni nicht mit Schaltern geregelt, sondern einfach durch Verschieben des Geschirrs. Wer es kann, kocht mit diesem Herd ungemein feinfühlig, weiß, wo die Zonen zum Anbraten oder zum Warmhalten sind.

Dieter Koschina hat die Gastronomie bei großen Namen gelernt. „Ich habe bei Heinz Winkler und Eckart Witzigmann gekocht, war im Imperial Wien und bei Gerhard Schwaiger auf Mallorca. Als ich dann im Vienna Plaza bei Werner Matt war, hat Claudia Jung, die mittlerweile verstorbene Gründerin der Vila.

Joya aus Portugal angerufen. Sie suchte einen Küchenchef. Ich habe dann gesagt, da haben Sie eh den Richtigen am Telefon und bin kurz danach an die Algarve gefahren.“ Das ist mittlerweile 25 Jahre her …

Wer in einem der beiden hochbewerteten Algarve Res-taurants Essen möchte, muss speziell in der Hochsaison frühzeitig reservieren. „Mittags bekommt man bei mir meistens einen Platz, an den Abenden ist es oft schwieriger“, meint Koschina, während Hans Neuner zu seinem Leidwesen oft sogar Vila Vita Parc-Gäste aus Platzgründen nicht empfangen kann: „Viele reservieren ihren Tisch schon gemeinsam mit dem Zimmer.“ – Eine Strategie, die man angesichts des Gebotenen nur empfehlen kann.

Hans Neuners Haute Cuisine mit vielen portugiesischen Akzenten und Produkten in vier oder auch sieben Gängen. Das frisch renovierte Restaurant bietet einen fantastischen Atlantik-Blick, aber nur etwa 30 Sitzplätze. Wer keinen Platz bekommt, muss in einem der sieben anderen Vila Vita Parc-Res-taurants speisen. Ein Indiz mehr dafür, dass dieses führende Resort-Hotel einfach alles hat.
Vila Vita Parc, Alporchinos, Porches
www.restauranteocean.com
www.vilavitaparc.com

Vila Joya
Dieter Koschinas Luxusküche mit mediterranem Touch ist zu Recht vielgelobt, prämiert und weltberühmt. Gemeinsam mit der intimen Hotelatmosphäre ergibt das einen wunderbaren Ort zum Genießen.
Praia da Galé, Galé, Albufeira
www.vilajoya.com

Belcanto
Nicht an der Algarve, sondern in Lissabon befindet sich das dritte 2-Michelin-Stern-Restaurant (neben Ocean und Vila Joya). José Avillez ist durch seine TV-Sendungen der bekannteste portugiesische Küchenchef, aber auch der Liebling der Kritiker. Über seine selbstverständlich regional motivierte High Level Cuisine sagt er: „Jedes Gericht erzählt eine Geschichte und weckt die Gefühle derer, die bereit sind, es zu versuchen.“
Largo de São Carlos, 10, Lisbon
www.belcanto.pt

Henrique Leis
Der Brasilianer verbindet die Küche seiner Heimat mit Einflüssen der Algarve und klassischer französischer Küche. Das ist dem Michelin einen Stern wert.
Vale Formoso, Almancil
www.henriqueleis.com

São Gabriel
Leonel Pereira, einer der populären portugiesischen Küchenchefs, hat Stationen wie die Alain Ducasse Academy, Niko in Paris oder das Cipriani in Venedig in seiner Biographie. Im São Gabriel bietet er eine sehr kreative, saisonbezogene Küche. 1 Michelin-Stern.
Estrada Vale do Lobo,
Quinta do Lago, Almancil
www.sao-gabriel.com

Willie’s
Der Deusche Wilhelm Wurger war früher Küchenchef im São Gabriel, ehe er in Vilamoura sein eigenes Restaurant eröffnete. Sehr zuverlässige kreative mediterrane Kost, die seit Jahren mit einem Stern ausgezeichnet wird.
Rua do Brazil, 2, Vilamoura
www.willies-restaurante.com

Rei das Praias
Traumhaft am Strand gelegenes Fischlokal, das Fisch und Meeresfrüchte in grandioser Qualität bietet. Highlights: Herzmuscheln, Garnelen vom Grill, Dorade in der Salzkruste. Für ein Strandlokal bemerkenswert gutes Getränkeangebot, auch Champagner.
Praia dos Caneiros, Ferragudo
www.restaurantereidaspraias.com