Analoge Burger

Sie nennen sich Wonder Burger, Impossible Burger, Next Level Burger, Beyond Meat oder auch Big Vegan TS. Und sie wollen uns weismachen, dass ihr Konsum gut ist für unsere
Gesundheit und die der Umwelt. Dabei dienen sie in Wahrheit nur einem. Nämlich dem Profit der Lebensmittelindustrie.

Dass vegane Burger inzwischen in amerikanischen Fast-Food-Ketten und deutschen Discounter-Märkten erhältlich sind, sollte zu denken geben. Denn bekanntlich nehmen solche Firmen nichts in ihr Angebot auf, von dem sie sich nicht durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolg und fette Margen versprechen. Woraus man schließen kann, dass es da draußen eine zahlenmäßig nennenswerte Kundschaft gibt, die zwar in ihrem eigenen Fleischverbrauch ein Problem erkennt – und dennoch bereit ist, mit ihrem Konsumverhalten industriell arbeitende und Billigfleisch anbietende Restaurants und Supermärkte zu unterstützen.

Das allerdings kann nur der falsche Weg sein. Denn weder werden Fast-Food-Lokale deswegen damit aufhören, billigstes Fleisch von ausgelaugten Milchkühen für ihre faschierten Laibchen zu kaufen, noch werden Discounter davon abrücken, ihre Lieferanten derart unter Druck zu setzen, dass diese gar nicht anders können, als ihre Produktionskosten so niedrig als möglich zu halten, um wenigstens noch ein paar Cent Gewinn herauszuschlagen.

Was bedeutet, dass jene Veganer, die in besagten Betrieben ihre fleischlosen Burger kaufen, ein System unterstützen, in dem Tiere unter artwidrigen Bedingungen gehalten, ausgebeutet und misshandelt werden. Eine Unterstützung, die sich zudem daran zeigt, dass die Tierrechtsorganisation Peta den fleischlosen Burger der Fast-Food-Ketten als „tierfreundliches Angebot begrüßt“, wie sie verlautbaren lässt.

Dabei handelt es sich bei alledem um nichts anderes als eine durch und durch bedauernswerte Entwicklung. Und sie ist umso bedauernswerter, als man die Veganer eigentlich auf Seite jener vermuten würde, denen es darum geht, die Industrialisierung der Landwirtschaft und der Tierhaltung zu bekämpfen beziehungsweise ihr entgegenzuwirken. Denn wirkliche Unterstützung gebührt nun einmal ausschließlich jenen Landwirten, denen das Wohl ihrer Tiere und ihrer Böden am Herzen liegt, die alternative Anbau- und Haltungsmethoden anwenden, und die anstatt Masse zu produzieren auf Qualität, Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit setzen. Sowie jenen Restaurants und Fleischereien, die mit den Zutaten von solchen Landwirten arbeiten.

Dass es sich bei den Fleischersatz-Burgern um ein hochverarbeitetes Lebensmittel aus dem Labor handelt, scheint für diesen bestimmten Teil unter den Veganern überhaupt kein Problem darzustellen. Genauso wenig offenbar wie für jene Gäste und Kunden, die zwar ihr Gewissen erleichtern und die Welt verbessern wollen, indem sie von Zeit zu Zeit auf Fleisch verzichten, sich dabei aber nicht allzu sehr anstrengen wollen.

Und so machen sie sich allesamt zu Handlangern einer industriellen Landwirtschaft, einer auf Massenbetriebe setzenden Tierhaltung und einer radikalen Form des Kapitalismus, denen nur der kurzfristige Profit, keinesfalls aber das Wohl der Umwelt und der Nutztiere am Herzen liegt.

Nun ist freilich zu begrüßen, dass immer mehr Menschen bewusst wird, dass sie ihren Fleischkonsum drosseln sollten. Ein Bewusstsein, das von Slow Food schon seit vielen Jahren gefördert und vorangetrieben wird und nun endlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein scheint. Dennoch ist die Sachlage weit komplizierter, als so manche wahrhaben wollen.

Selbst wenn es richtig ist, dass die Tierhaltung verantwortlich ist für einen großen Teil der Treibhausgase in der Atmosphäre, so ist auch zu sagen, dass das ausschließlich auf die industrielle Haltung zutrifft. Bei Weidehaltung ist die Situation eine gänzlich andere. Sie kann in den besten Fällen sogar für eine Reduzierung der Treibhausgase sorgen. Denn eine Kuh ist schon ein ziemlich faszinierendes Geschöpf, das aus Pflanzen, die für die menschliche Ernährung ungeeignet sind, wie Gras oder Heu, wertvolle Proteine erzeugt. Kühe sind integraler Bestandteil einer umwelt- und klimaschonenden Kreislaufwirtschaft und tragen dazu bei, Bodenbeschaffenheit und Artenvielfalt zu erhalten.

Der wahre Skandal liegt also darin, dass die industrialisierte und ausschließlich auf Profit ausgerichtete Landwirtschaft die Züchter dazu drängt, vermehrt auf Getreide und Kraftfutter für die Aufzucht zu setzen. Wodurch ein absurdes System der Nahrungsmittelerzeugung geschaffen wurde, das mehr Kalorien verbraucht, als es erzeugt.

Dieses System gilt es zu bekämpfen. Und nicht etwa die artgerechte Tierhaltung und die verantwortungsvoll arbeitenden Züchter. Zumal auch der Anbau von Pflanzen im gegenwärtigen landwirtschaftlichen System Millionen von Tieren das Leben kostet, die biologische Vielfalt bedroht und die Böden auslaugt. Um es etwas polemisch auszudrücken: Auch Insekten und Regenwürmer sind Tiere, denen Schutz gebührt. Bedroht sind sie in erster Linie durch den modernen Pflanzen- und Getreideanbau und den damit einhergehenden immer massiveren Einsatz von Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln.

Die Antwort darauf kann also nur heißen: Ja zu weniger Fleisch. Ja zu besserem Fleisch. Ja zu einer verantwortungsvollen, umweltschonenden und nachhaltigen Form der Lebensmittelproduktion, zu Weidehaltung von Rindern wie zur Freilufthaltung von Schweinen und Hühnern. Und ein deutliches Nein zu industriellen, vereinheitlichenden, profitgierigen Großbetrieben und ihren Monokulturen.

Wer sich damit abfindet, diesen Firmen die Erzeugung von Lebensmitteln zu überlassen, wird neben falschem Fleisch bald auch falsche Eier, falschen Käse essen und falsche Milch trinken. Eine noch größere Zahl an Landwirten wird aufgeben, althergebrachtes Wissen wird endgültig verloren gehen, was sowohl unsere Unabhängigkeit als unsere Lebensmittelautonomie bedroht. Dagegen sollten verantwortungsvolle Fleischesser wie verantwortungsvolle Veganer sich gemeinsam auflehnen. Stattdessen gibt es unter den Veganern ganz offensichtlich auch solche, die einem Trend nacheifern, von dem man fast annehmen könnte, dass ihn die multinationalen Lebensmittelkonzerne selbst in die Welt gesetzt haben – so sehr spielt er ihnen in die Hände.