Backhandwerkrules

Eine 20-jährige Mühlviertlerin ist der neue Shootingstar unter den österreichischen Bäckern. Gemeinsam mit ihrem Lehrer war sie vor wenigen Wochen in Abu Dhabi, um an den WorldSkills teilzunehmen und die ­österreichische Backkunst auch ­international bekannt zu machen.

slow: Um in Abu Dhabi anzutreten, war die Verwendung von Sauerteigen beziehungsweise Vorteigen (auch Dampfl genannt) sowie der Verzicht auf Backhilfsmittel Voraussetzung. Konnten Sie sich schon von Beginn an für diese ursprüngliche und handwerkliche Art des Backens interessieren?

Julia Rumetshofer: Ich bin auf dem Biobauernhof meiner Eltern aufgewachsen und habe mich also schon als Kind mit qualitativen und hochwertigen Lebensmitteln beschäftigt und sehr früh ein Gespür dafür entwickelt. Außerdem habe ich meine Ausbildung in der Bio-Bäckerei Stöcher in Bad Zell gemacht, bei der ich nach wie vor angestellt bin und wo ebenfalls ausschließlich handwerklich gearbeitet wird. Insofern habe ich mit Hilfsmitteln eigentlich nie zu tun gehabt und kenne gar keine andere Art des Backens als die handwerkliche.

Und wie sind Sie auf die Idee gekommen, an einen Wettbewerb in Abu Dhabi teilzunehmen?

Julia Rumetshofer: Erwin Heftberger, mein Lehrer an der Berufsschule, hat mir geraten, an den österreichischen Staatsmeisterschaften teilzunehmen, die vergangenen November in Salzburg stattfanden. Dort habe ich den ersten Platz belegt, der zugleich zur Teilnahme an den WorldSkills berechtigte. Und so bin ich dorthin gefahren.

Und wie haben Sie die Zeit gefunden, sich auf den Bewerb vorzubereiten?

Julia Rumetshofer: Mein Arbeitgeber hat mich sehr unterstützt. Über mehrere Monate habe ich mich auf den Wettbewerb vorbereitet, wobei ich die letzten zwei Monate gar nicht mehr im Betrieb gearbeitet, sondern ausschließlich trainiert habe.

Herr Heftberger, welche Eigenschaften zeichnen die Schülerin Rumetshofer ganz besonders aus?

Erwin Heftberger: Also auf jeden Fall ihr Ehrgeiz, aber natürlich auch der Hang zum Perfektionismus und die konstant gute Arbeit. Konstanz ist generell ein wichtiges Kriterium bei derartigen Wettbewerben und im Backgewerbe allgemein.

Was versuchen Sie als Lehrkraft Ihren Schülern zu vermitteln?

Erwin Heftberger: Wichtig ist, dass die Schüler die Zutaten genau kennenlernen, dass sie den Umgang mit ihnen verinnerlichen und sich so gut wie möglich mit ihren Eigenschaften vertraut machen, damit sie spüren, wie sich beispielsweise die verschiedenen Mehlsorten während des Arbeits- und Backprozesses verhalten. Dann haben sie auch kein Problem damit, auf Hilfs- oder Backmittel zu verzichten.

Wozu braucht man die überhaupt?

Erwin Heftberger: Gute Frage. Eingeführt wurden sie bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts, weil damals die Mehlsorten noch von minderer Qualität waren. Heute gibt’s viel bessere Mehle, also braucht man auch keine Zusätze mehr, wenn man nur genau arbeitet. Allerdings verkürzen solche Hilfsmittel den gesamten Prozess, weswegen die Industrie naturgemäß darauf setzt.

Sie selbst haben allerdings schon vor 20 Jahren einen anderen Weg eingeschlagen als den damals üblichen und auf derartige Zutaten verzichtet. Wie kam das unter den Kollegen und Konkurrenten an?

Erwin Heftberger: Zu der Zeit galt man als verschroben, wenn man sich den modernen Methoden entzogen hat. Zum Teil wurde ich auch angefeindet. Inzwischen gibt es aber zahlreiche Bäcker, die mit Sauerteigen und Vorteigen arbeiten, das Bäckerhandwerk boomt wieder.

Gleichzeitig gibt es aber doch immer mehr industriell hergestelltes Brot, das in Supermärkten, sogenannten Backshops und Ähnlichem verkauft wird …

Erwin Heftberger: Ja, hier haben sich ganz offensichtlich zwei völlig unterschiedliche Märkte etabliert, die aber beide nebeneinander überleben können.

Frau Rumetshofer, was genau wurde bei dem Wettbewerb von Ihnen und den anderen Vertretern der 17 teilnehmenden Nationen verlangt?

Julia Rumetshofer: Das Ganze zieht sich über vier Tage und ist in vier Module eingeteilt. So mussten wir unter anderem Focaccia, Quiche und Brioche backen. Außerdem
Roggen-, Weizen- und Plundergebäck. All das wird nach Bräunung, Knusprigkeit und Konstanz in der Zubereitung bewertet. Zum Abschluss präsentiert man dann noch ein kunstvolles und zugleich essbares Schaustück. In meinem Fall war das ein Sujet aus Tausendundeine Nacht, das zu dem Ort der Veranstaltung passte, nämlich Aladins Wunderlampe.

Und das Ganze läuft unter großem Druck ab, wie man annehmen würde.

Julia Rumetshofer: Der Druck ist gewaltig. Vor allem die Kollegen aus Asien nehmen den Wettbewerb sehr ernst, sodass einem gar nichts anderes übrig bleibt als der totale Einsatz.

Und was jetzt?

Julia Rumetshofer: Jetzt geht es erst einmal zurück an die Arbeit. Dann hoffe ich, dass ich mich für die Europameisterschaften 2020 in Graz qualifizieren kann. Das wäre natürlich ein schönes Heimspiel.