Es geht auch anders


Wer nicht mit dem industria­li­sierten Gartenbau konkurrieren möchte, muss eigene Wege gehen. Das erfordert Mut und einen langen Atem. Eveline und Mario Bach setzen mit ihrem 5-Hektar-Betrieb seit Jahrzehnten auf Vielfalt, Raritäten und Handarbeit, sie versorgen Kleinhaushalte ebenso wie Spitzen­restaurants. Jetzt haben sie nochmals Mut bewiesen und einen beeindruckenden Neustart hingelegt.

Text von Barbara Haiden Fotos von Tanja Hofer

Der Kräutergarten vor dem Eingang ist gerade im Entstehen, aus dem nach energie- und bautechnisch höchsten Standards gebauten Glashaus ertönt fröhliches Vogelgezwitscher, auf den Stellflächen Pflanzen so weit das Auge reicht, Kräuter mit vielen bekannten und noch mehr unbekannten Namen, die Regale hinter dem Verkaufspult sind gefüllt mit Radieschen, Kohlrabi, Salat. Die Geschichte der Gärtnerei Bach begann 1899, als Eveline Bachs Großvater mit dem Gemüsebau in Hirschstetten anfing. Mit Ende 2016 wurde dieser Standort geschlossen, die neue Stadtstraße, eine erweiterte Bahntrasse und andere Bedrängnisse nahmen dem Familienunternehmen die Perspektive. „Aufhören wäre ganz einfach gewesen“, sagen Eveline und Mario Bach. Doch was machen die beiden? In einem Alter, in dem andere von den Malediven träumen und die Jahre bis zur Pension an einer Hand abzählen, investieren sie ihr gesamtes Kapital und bauen in Aspern, einer der letzten städtischen Enklaven für Gemüsebau, einen neuen Betrieb auf.

Ein Herz für Vielfalt. Neben Standards wie Kohlrabi und Blattsalaten werden unzählige Sorten Paradeiser und Chilis, Gurken-, Bohnen-, Melanzani- und andere Raritäten angebaut. Dazu eine atemberaubende Vielfalt an Kräutern, dutzende Sorten Basilikum, Minze, Salbei bis hin zu einer einzigartigen Sammlung an Duftpelargonien. Begonnen hat die Liebe zu den aromatischen Gewürzkräutern mit einem Kurs bei der Botanikerin Miriam Wiegele. Die noch keine 20 Jahre alte Eveline Bach war so fasziniert von der Welt, die sich ihr da auftat, dass sie sogleich in den Botanischen Garten marschierte und sich echten Oregano holte. So trug sie Sorte um Sorte zusammen, hegte, pflegte, vermehrte und sammelte in vier Jahrzehnten einen riesigen Erfahrungsschatz, den sie gerne weitergibt und mit Interessierten teilt.

Gegen den Strom. Als in den 1980ern der Trend im Gemüsebau Richtung Industrialisierung, Reduzierung auf wenige Hybridsorten und Kultivierung auf Fremdsubstrat ging, schlugen die Bachs den entgegengesetzten Weg ein. Kündigten den Vertrag mit Großabnehmern wie der LGV Frischgemüse und setzten auf Selbst­vermarktung, „da schreibt uns keiner vor, was wir produzieren.“ Und sie setzten bewusst auf die altmodische Variante, auf Erde, Fruchtfolge, individuelle biologische Düngung und Nützlinge. „Wir wollen zeigen, dass man in Erde kultivieren kann.“ Das ist extrem aufwendig, weil jede Sorte ihre eigenen Ansprüche hat, aber „das muss man einfach wollen“, beschreibt Eveline Bach ihre Motivation, ihre Liebe zu den Pflanzen und zur Handarbeit. Auch die Wertschätzung von Kunden und der Austausch mit zahlreichen Spitzenköchen sind Antrieb, diesen Weg weiterzugehen. „Manche Köche kommen mit der halben Küchenmannschaft“ und lassen sich von Wasserpfeffer, Schokoladenblume und Pilzkraut inspirieren. Auf der Kundenliste stehen nicht nur die besten Restaurants der Stadt, auch „ganz normale“ Lokale werden beliefert. Weil der Weg nach Aspern für viele Kunden vielleicht doch etwas weit ist, wird es demnächst Gemüsekisterln geben, die auf Bestellung an ausgewählten Plätzen in der Stadt abgeholt werden können.
Gärtnerei Bach
Hänischgasse 17, 1220 Wien
Tel.: 01/280 95 34
Öffnungszeiten:
Do. 14–18, Fr. 8–18, Sa. 8–12 Uhr
www.gaertnerei-bach.at