Weil´s ein Lächeln zaubert

Text von Elisabeth Ruckser

Was als Geschenkidee für genuss­begeisterte Freunde begonnen hat, ist heute eine sehr spezielle Wiener Schokoladenmanufaktur. Ein kleiner Umweg im Tangoschritt gehört übrigens auch dazu.

Geduldig und konzentriert stehen zwölf Menschen mit schokoladebraunen Schürzen rund um die spiegelnde Nirosta-Arbeitsfläche, während Gesa gewissenhaft die letzten Spuren der soeben abgehaltenen ­Sortenverkostung beseitigt. „Hygiene ist beim Schokolademachen eines der obersten Prinzipien“, erläutert sie, „es wird nämlich mit vergleichsweise niedrigen Temperaturen gearbeitet, deshalb muss da alles stimmen.“ Verschiedene Sorten, Herstellungsarten und Marken wurden soeben reihum durchgegeben und probiert, als Nächstes steht der praktische Teil für die zwölf Teilnehmer an.

Gesa Weitzenböck ist Chocolatière in Wien-Mariahilf, und ihre Gäste nehmen gerade an einem der meist ruck, zuck ausgebuchten Workshops in ihrer Manufaktur „bitter süß“ teil. Der wunderbare Duft nach Schokolade liegt verführerisch in der Luft, und die Schützlinge machen sich ans Werk. Champagner-Trüffel und Pflaumen-Praliné stehen auf dem Stundenplan, dazu noch Praliné mit Dulce de leche, einer argentinischen Karamellcreme, und Eierlikör. Gesa erklärt die Basics bei der Handhabung der Zutaten, hilft, scherzt, teilt die Gruppen ein, erzählt. „Es ist für mich großartig, mein Wissen weiterzugeben. Da kehren sich die Rollen plötzlich um, denn vor nicht allzu langer Zeit war ich schließlich diejenige, die an solchen Kursen teilgenommen hat.“

Fünf Jahre ist es her, dass sich die ehemalige Verlagsmitarbeiterin mit ihrer großen Liebe Schokolade selbstständig gemacht hat. Und so richtig begonnen hat alles im argentinischen Buenos Aires, wohin sie eigentlich eine andere große Liebe gebracht hatte: die Leidenschaft fürs Tanzen und den Tango. „Ich hab mir damals einen Monat Zeit genommen, um in diese wunderbare Stadt zu reisen, bevor ich mit einem neuen Job beginnen sollte.“ Geworden sind es dann – mit Unterbrechungen – sechs Monate, in denen Gesa Weitzenböck nicht nur täglich tanzte und im Eilzugstempo Spanisch lernte, sondern so nebenbei auch noch ihren Wiener Halbtagsjob aus der Ferne absolvierte und dazu die renommierte „Ingrid Cuk – Escuela de Chocolate“-Schule für Chocolatiers besuchte. „Süßes ist in Argentinien allgegenwärtig, was lag also näher. Und für das großartige Produkt ­Schokolade habe ich mich schon lange davor begeistert, Bücher darüber verschlungen, Kurse besucht und jedes Jahr zu Weihnachten Pralinen für meinen sehr Gourmet-affinen Freundeskreis gemacht.“

Die Ausbildung, die normalerweise zweieinhalb Jahre dauert, packte sie in kompakte zweieinhalb Monate. Gesa lernte unglaublich viel Neues, traf Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus halb Südamerika – praktisch aus jedem Land, in dem Schokolade auch angebaut wird – und sah das heißgeliebte Produkt Schokolade noch einmal mit ganz neuen Augen: „Diese Zeit hat mir tatsächlich ein neues Tor in die Welt der Kakaobohne geöffnet. Ich hatte davor durchaus auch Respekt vor der Arbeit mit der Schokolade. Aber man kann tatsächlich alles mit ihr machen, was man will – und sie macht mit.“

Zurück in Wien, wurde aus der einstigen Weihnachtsgeschenkidee eine neue Berufung, und wenig später war die „bitter süß – Wiener Schokoladen Manufaktur“ eröffnet. Für ihre Arbeit hatte Gesa nach dem Ablegen einer Prüfung auch eine Sondergenehmigung der Innung erhalten, und heute steht sie tagtäglich in ihrem kleinen Geschäft und lässt der Kreativität freien Lauf. Schokoladige Würzsaucen werden inzwischen ebenso produziert wie saisonale Köstlichkeiten, Pralinen, Nougatcremes und Schokoladeplättchen mit herrlich ­aromatischen Zutaten von Kardamom bis Granatapfel. Allesamt handgefertigt und aus Edelkakao-Schokoladen hergestellt, die sie direkt von Produzenten wie der Schweizer Firma Felchlin und dem französischen Bio- und Fairtrade-Hersteller Kaoka bezieht.

Insgesamt gibt es inzwischen mehr als 40 Kreationen aus biologischen und fair gehandelten Zutaten und den weltbesten Grand-Cru-Schokoladen. Was das Schönste daran ist? „Es ist unglaublich befriedigend und eine große Belohnung, mitzubekommen, dass deine Arbeit wertgeschätzt wird. Und dass dein Produkt Menschen ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Das klingt banal und ist so simpel, aber es ist toll.“

www.bitter-suess.at