Auf dem Weinweg

Die Region Neusiedler See bietet nicht nur hervorragende Herkunftsweine, sondern Vielfalt auf allen Ebenen: Natur, Kultur und Genuss – für alle Sinne und zu jeder Jahreszeit.

Die Jahreszeiten von Joseph Haydn liefern den Soundtrack zu den berauschenden Landschaftsbildern des Seewinkels. Bilder, in denen man sich am besten mit dem Fahrrad bewegt – nicht nur aufgrund des perfekt ausgebauten Radwegenetzes, sondern, um sie so hautnah wie möglich zu erleben. Aber zäumen wir das Pferd doch nicht von hinten auf und beginnen im „Herzen“ der Region, auf dem mit 5 Sternen ausgezeichneten „Neusiedler See Radweg“ im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel. Dort ­stechen die vereinzelten kleinen Weingärten sofort ins ­Auge, die in dieser beeindruckenden Steppe mit ihren weitläufigen Hutweiden, Salzlacken und Schilfzonen beinahe so exotisch wirken wie die blauäugigen weißen Esel oder die archaischen Steppenrinder, die hier für das Flächenmanagement verantwortlich sind. Zwar sind nicht mehr viele Winzer unmittelbar hier im Nationalpark tätig, dennoch spürt man an diesem magischen Ort ganz besonders gut, was in den Weinen der Region steckt. Winzer Christoph Salzl bringt es auf den Punkt: „Der Salzgehalt der Lacken wird durch den Wind auf die Böden verteilt und prägt den Charakter der Neusiedlersee-Weine stark mit.“

Hinauf auf die alten Grenzwachtürme, die hier zur Aussicht dienen, um, quasi aus der Vogelperspektive, dieses einzigartige Naturbild zu genießen. Oder an den zahlreichen Beobachtungsspots in die außergewöhnliche Artenvielfalt von über 300 verschiedenen heimischen und Zugvogel­arten eintauchen. Nicht umsonst wurde die Region zum UNESO-Welterbe ernannt. Das hat die jüngste österreichische DAC-Region Neusiedlersee übrigens mit der Wachau, dem Loiretal, Douro, dem Bordeaux und dem Piemont gemeinsam. Da wie dort werden heraus­ragende Weine mit Herkunftscharakter erzeugt, authentisch und vielschichtig wie die Böden, auf denen sie wachsen, individuell wie die Menschen, die sie keltern. Die Menschen hinter dem Wein auch persönlich kennenzulernen, der Kontakt zwischen Winzern und Weinfreunden, das ist am Neusiedler See gelebter Alltag.

Christoph Salzl, der auch Obmann des Verbands Neusiedlersee DAC ist, pflegt in seinem modernen Familienbetrieb dementsprechend die Tradition des „offenen Hauses“. Wein-Interessierte sind hier herzlich willkommen, um seine Weine zu verkosten, zu plaudern oder fachzusimpeln. Beispielsweise über die Leitsorte Zweigelt und in welche Richtung der Wein sich unter der neuen „Marke“ als Herkunftswein entwickelt. Zugänglich, vielfältig und authentisch, lauten die Anforderungen, klare Frucht, balancierte Säure und harmonische Struktur sollen beim DAC Klassik im Vordergrund stehen, vollmundig, körperreich, vielschichtig die Neusiedlersee DAC Reserven. Das einmalige pannonische Klima und die sandig-lehmigen bis sandig-salzigen Böden bilden die Grundlage, um die Weine zum Spiegelbild ihrer Herkunft zu machen. Für den Rest sind die Winzer verantwortlich, die ihnen, in teils aufwendiger Handarbeit, Persönlichkeit verleihen. Wie Christoph Salzl seinem Spitzenwein Sacris, der für seinen Namen steht und von alten ­Reben der besten Weingärten stammt.

Nach der Verkostung geht es weiter. Wohin? Zum Wein natürlich! Alle (Rad-) Wege führen hier zum Wein, möchte man meinen und liegt damit nicht falsch. Ob durch die Ortschaften mit den vielen hübschen Winzerhäusern und Buschenschanken, die mit den umliegenden Weingärten ein einheitliches Ensemble zu bilden scheinen – immer und überall ist er präsent: als Kulturlandschaft oder im Glas, solo oder als Weinbegleiter zu den typisch pannonischen Schmankerln in einem der zahlreichen ausgezeichneten Gastronomiebetriebe.

Entsprechend kommen am Neusiedler See auch Natur-, Kultur- und Genussfreunde gleichermaßen auf ihre Kosten. Und zwar das ganze Jahr über. Zu jeder Jahreszeit haben die Region und der See ihren eigenen Charme, ihre Farbenspiele und spezielle Fauna und Flora, wie man im Nationalpark besonders schön an den (Zug-) Vögeln sehen kann. Das traditionelle Martiniloben im Herbst bildet aber nicht die Gegenveranstaltung zum „Birdwatching“ der unzähligen Bläss-, Grau- und selten gewordenen Saatgänse im Frühjahr, die hier überwintern und brüten, sondern das Ende des Weinjahres mit gleichzeitig dem ersten neuen Wein im Glas. Wie nah Anfang und Ende doch immer beisammenliegen.

Umgelegt auf das bestens ausgebaute und miteinander verbundene Radnetz in der Region Neusiedler See, bedeutet das etwa: Man wählt den „Kultur-Radweg B23“, der in Gols startet und, wenn man so möchte, dort auch wieder endet. Er bietet neben Bewegung in traumhafter Natur die barocken Architekturhighlights Schloss Halbthurn und die Basilika in Frauenkirchen, charmante Ortschaften mit ­Vinotheken, Galerien und jede Menge empfehlenswerte Einkehrmöglichkeiten, um Hunger und Durst zu stillen. Zurück in Gols, bietet das Domizil, ein besonders geschmackvoll gestaltetes Boutiquehotel, nicht nur Zimmer, sondern auch ein Kaffeeangebot, das sich ­sehen lassen kann. Ein besonderes Anliegen ist Betreiber Siegfried Korpan aber natürlich der Wein. Stolz zeigt er auf Teilstrecken des sogenannten „WeinWegGols“, der durch die besten Rieden der ­Region führt, die Sehenswürdigkeiten der Route: ein Schauweingarten, 31 Stelen mit Informationen zu den Lagen, Böden, Rebsorten, Skulpturen und Installationen nationaler wie internationaler Künstler sowie gemütliche Rastplätze an den allerschönsten Aussichtsstellen. Bestens geeignet, um ein Glas Wein und den Blick zu genießen. Eine der Top-Lagen ist der Salzberg. Hier hat die ­Familie Allacher einen modernen Betrieb errichtet, der mit spektakulärer Architektur und ebensolcher Aussicht beeindruckt. Besucher sind hier ebenfalls herzlich willkommen, um das Weingut zu besichtigen und die Weine zu verkosten. Den Salzberg 2016 etwa, einen eleganten, harmonischen Zweigelt, finessenreich wie die Region, saftig und vollmundig im Abgang.

Über einen Verbindungsradweg gelangt man von Gols nach Neusiedl am See. Dort befindet sich ebenfalls ein idealer Ausgangspunkt für Touren in die Region: das Weinwerk, die größte Vino­thek des Burgenlands. Untergebracht ist sie in einem Streckhof aus dem 17. Jahrhundert, der sorgsamst renoviert und geschmackvoll modern erweitert wurde. Hier ­finden Weinliebhaber neben den besten Weinen der ­Region auch Spezialitäten vom Steppenrind, vom ­Wasserbüffel, dem Mangalitza-Schwein oder der Weide­gans, eingelegtes Gemüse aus dem Seewinkel, pannonischen Safran und noch vieles mehr. Zum echten ­Leben heißt die Café-Bar, die gegenüber der Vinothek untergebracht ist. Der Name ist hier Programm und das Kulturkonzept des Hauses auf hohem Niveau. Ein ideales Portal ins sonnige Burgenland also, durch das man mit einem Frühstück gestärkt die Weinreise antritt oder mit herrlichen Köstlichkeiten der Region bepackt glücklich wieder nach Hause fährt. Am besten gleich jetzt. Die Veranstaltungsreihe „Wein im Frühling“ bietet dazu von Ende März bis Juni zahlreiche genussvolle Gelegenheiten.