Putz und Stingl

Wirtshaus Willkommen

Foto von Peter C. Mayr
Text von Philipp Braun

Man muss nicht um den heißen Brei herumreden. Die Anzahl der Wirtshäuser mit guter österreichischer Küche ist überschaubar. Die Vergangenheit schaute salopp gesagt so aus: Entweder schlossen die Gas­tronomen ihre Lokale oder – auch nicht besser – das Wirtshausschild wurde ausgetauscht, und man firmierte danach als Pizzeria, als „all u can eat Asiate“ oder als irgendeine „Tschumsn“. Es kann aber auch anders funktionieren. Das Trio Lukas Kapeller, Michael Schlöglhofer und Andreas Priestner übernahm in Steyr das griechische Lokal Achilles und bietet seit Februar mit dem Putz und Stingl eine Wirtshausküche, die sich Gäste schon sehnsüchtig gewünscht haben.

Die gemauerte Einrichtung mit geschwungenen weißen Elementen erinnert zwar noch ein wenig an eine griechische Taverne, aber der Geist eines Gasthauses dominiert. Man sagt „Grias eich“ und „Mahlzeit“, lässt Klassiker der Wirtshausküche hochleben und zelebriert den ersten Sonntag im Monat mit Frühschoppen und Musik. Das kann eine Blasmusik mit zünftiger Jause und Most sein oder, im Sommer, wenn der lauschige Garten lockt, eine DJ-Sause mit Grillerei. Alles läuft in hübschem Rahmen mit schönem Geschirr und edlen Zalto-Weingläsern ab. Frisch gezapftes Reininghaus Pils animiert ebenso wie Hop House 13 Lager oder regelmäßig wechselnde Biere wie Schleppe No. 1 oder Kaltenhausener. Die Weinkarte mit 50 Positionen ist kompakt und fair kalkuliert. Wer einen Blick in die Speisekarte wirft, erkennt, was er in den ver­gangenen Jahren vermisst hat. Drei Komponenten am Teller, ungezwungen, ohne Attitüden, aber mit handwerklicher Liebe und Feingefühl der Jetztzeit angepasst. Rahmsuppe, die DNA der oberösterreichischen Küche, glänzt mit cremiger Konsistenz, einem wohl dosierten Säurespiel und wird durch ein fingergroßes Weißbrotstangerl, gefüllt mit einer unpackbar guten Blunzen, getoppt. Die Suppenalternative ist ebenso empfehlenswert: drei knusprige Kaspresstaler, mit wuchtiger Bergkäsaromatik ausgestattet, schwimmen in einer feinen und heißen Rindsuppe.

Knödel sind in Oberösterreich Kulturgut und gelten als unverzichtbar. Das Putz und Stingl ist davon nicht ausgenommen. Priestner füllt Brandteig mit herrlich schmelzenden und zugleich knusprigen Grammeln. Dazu lässt aromatischer Bratlsaft und Rahm-Radi-Salat als geschmacklicher Gegenpart den Feinspitz zufrieden seufzen. „Hier bin ich Oberösterreicher, hier will ich sein – und auch bleiben.“ Schnitzel, zu Mittag vom Schwein (wir befinden uns noch immer in Oberösterreich), am Abend vom Kalb, wird zwar nicht in Butter- oder Schweineschmalz herausgebacken, schmeckt aber mit Erdäpfeln anständig gut, die Panier beeindruckt optisch wie ein Polsterzipf. Eine Analogie zum sonntäglichen Schweinsbraten liefert Priestner mit gedämpftem Schweinebauch und einem krachenden Krusperl, sodass ­jeder Bissen eine akustische Freude bereitet. Dazu flauschig weiche Serviettenknödel zum Niederlegen. Sehr gut. Manchmal wagt das Team einen Ausflug ins Ausland und lässt auch etwas Kreativität hervorblitzen. Bärlauchgnocchi aus Semola mit Babyspinat und Sonnenblumenkernen wäre ein Beispiel dafür – ein sehr gutes sogar.

Den Obauer-Klassiker Zander und Kraut interpretiert das Team mit Forelle und Szegediner Kraut. Und eine Ribiselschnitte entpuppt sich als sensorisches und optisches Spektakel mit Vanillecreme, Haselnusscrumble, Ribiseleis und als Draufgabe aus der iSi-Flasche – frisches Baiser, etwas abgeflämmt. Endlich ist sie wieder da und lodert – die Leidenschaft für Wirtshausküche, Handwerk und Gastfreundschaft.

Küche: 3,5
Atmosphäre: 3,5
Weine: 3

Putz und Stingl
Stelzhamerstraße 1a, 4400 Steyr
T 07252/372 37
Mi.–Sa. 11.30–14, 18–20.30 Uhr
putzundstingl.at