Burgunderkonzept in St. Emilion

Jonathan Maltus hat mit seinen Kult-Weinen im Bordeaux Geschichte geschrieben. Für den Club der Weinakademiker hat er eine Masterclass zum Thema „Terroir in St. Emilion“ veranstaltet.

Text & Kostnotizen von Willi Balanjuk Foto: beigestellt

In den 90er Jahren entwickelte sich das Bordeaux zwischen rechtem und linkem Ufer vollkommen unterschiedlich. Am rechten Ufer wurde alles unternommen, um eine höhere Qualität und ein besseres Image zu bekommen. Starke Ertragsreduktion, Sortiertische, Mikrooxidation, Battonage, „Gravity Flow“ und 200 Prozent neues Holz wurden ausprobiert, und die Weine präsentierten sich dichter, kräftiger, weicher und ­früher zugänglich. Diese Periode dauerte von 1990 bis 2000. Als 1994 der Brite Jonathan Maltus mit seiner Frau Lyn das wunderschöne Château Teyssier in Vignonet mit rund 5,5 Hektar im flachen Teil von Saint-Émilion erwarb, hatte er zwar klare Vorstellungen von Weinqualität, aber wenig Kenntnis von der Vielfalt der Böden in Saint-Émilion. Für seinen Wein stehen ihm heute rund 35 Hektar unterschiedliche Lagen zur Verfügung, und er keltert rund 15.000 Kisten (12er) dieses Markenweins. Nach zwei Ernten hatte er die Chance, eine Parzelle von Vieux Château Mazerat – die Lage „Le Dôme“ – zu kaufen, auf der sehr alte Cabernet Franc-Reben stehen. Jonathan realisierte, das er damit einen eigenständigen Weinstil keltern konnte und kommt mit dem 1996er „Le Dôme“ erstmals auf den Markt. Der Wein wird in London als eine ausgezeichnete Alternative zu Cheval Blanc und Ausone geschätzt, und das Weinmagazin Decanter verlieh diesem „neuen“ Wein fünf Sterne.

Er erkennt auch bald die limitierten Möglichkeiten des Terroirs rund um das Château und versucht, kleine Parzellen von hochwertigen Lagen an der Côtes zu kaufen. 1998 kommt Laforge dazu, ein Weingarten neben Grand-Pontet. Mit dem Jahrgang 2000 startet Jonathan Maltus sein Weißweinprojekt Clos Nardian mit den Weingärten in St-Aubin-de-Branne: 1,4 ha, bepflanzt mit 40 % Semillon, 40 % Sauvignon blanc und 20 % alten Reben von Muscadelle. Heute keltert das Weingut zehn Barriquefässer dieses individuellen weißen Bordeaux. 2004 erwirbt er die beiden Rieden Les ­Astéries und Le Carré. Obwohl die Weingärten geografisch knapp nebeneinanderliegen, ergeben sie dennoch vollkommen unterschiedliche Weine. Mit 2008 erwarb er die restliche Parzelle von Vieux Château Mazerat und verfügt jetzt über „4 Musketiere“, wovon drei Weine Merlot-geprägt sind und man mit Le ­Dôme über einen Wein mit dem höchsten Cabernet Franc-Anteil verfügt.
Aufgrund des großen Erfolgs seiner Weine Ende der 90er Jahre startet Jonathan gemeinsam mit Partnern Projekte in Australien und Kalifornien. Das kalifornische Projekt mit dem Namen „World’s End“ im Napa Valley keltert heute auf zwei Qualitätslinien Cabernet Franc („Against the Wind“), Merlot („Little Sister“) und Cabernet Sauvignon („If Six Was Nine“). Von dem australischen Projekt hat sich Jonathan mittlerweile wieder verabschiedet. Für Saint-Émilion hat er mit der Konzentration auf „rieden­reine“ Weine einen wesentlichen Beitrag für die Qualitätsbemühungen geleistet. Und mit den 99 Parker Punkten für den 2009er und den 100 Parker Punkten für den 2010er ist Jonathan Maltus im Bordeaux-Olymp angekommen.

Vignonet, 33330, Saint-Émilion
Tel.: +33/(0)5 57 84 64 22
www.maltus.com
Erhältlich u. a. bei Wein Art, www.weinart.at

2005 Château Le Dôme 98
Gereifter Rand, kräftige Farbtiefe, vielschichtiges Bukett, Unterholz, feine reife Fruchtnoten, Preiselbeeren, Wacholder, feine Holzwürze, am Gaumen dicht, engmaschig, großartiger Zug, feinkörniges Finish, gute Länge und sensationelle Aromatik im Abgang, Blutorange und Kakao

2009 Château Le Dôme 98
Kräftig, intensive Farbtiefe, komplexes Bukett, Beerencocktail, Holunder, Bitterschokolade, feine Kräuternoten, am Gaumen gehaltvoller, mächtiger Wein mit dichter Struktur, guter Länge und massiven, feinkörnigen Tanninen, großartige Entwicklung im Glas

2012 Château Le Dôme 95
(80 % CF, 20 % ME)
Kräftige, intensive Farbe, vielschichtig, dunkelbeerig, pfeffrige Noten, feine Kräuterwürze, Röstaromen, dicht, straff, sehr lang anhaltend, gewinnt im Glas

2010 Vieux Château Mazerat 95
(65–70 % ME, 30–35 % CF)
Intensive, kräftige Farbe, ausladendes Bukett, reife Beerenfrucht, Kirschlikör, Bitterschokolade, feine Würze, am Gaumen Powerwein mit dichter Struktur, guter Säure und markantem Tanninfinish, feinkörnig, gute Länge und großartige Entwicklung im Glas

2005 Château Les Astéries 94
Gereifter Rand, vielschichtiges Bukett, dunkelbeerige Noten, Kirsche, Feige, Pflaume, am Gaumen straffer Wein mit dichter, engmaschiger Struktur, gute Länge

2011 Château Le Dôme 94
Intensive Farbe, kräftiges Bukett, nuancierte ­dunkelbeerige Frucht, Würze-Kräuternoten, röstige Anklänge, am Gaumen straffer Wein mit festen ­Tanninen und feinwürzigen Noten im Abgang

2009 Château Les Astéries 94
Kräftige Farbe, gereifter Rand, saftige, einladende Frucht, Feige, Kirschkompott, Pflaume, feine ­Kräuterwürze, zedrig-rauchig, am Gaumen stoffiger Wein mit dichter Struktur, gehaltvoll, reife Frucht und saftiges Tanninfinish, gute Länge

2008 Château Le Dôme 94
Intensive Farbtiefe, offene reife Fruchtnoten, dunkle Beeren, Brombeere, Wacholder, feine Textur, saftiger Wein mit feiner Struktur, leichte Kräuteranklänge, wirkt straff und elegant, feines Tannin im Finish

2011 Clos Nardian blanc 93
Jugendliche Farbe, ausgeprägtes Bukett, florale Noten, gelbe Frucht, saftiger Wein mit weicher Textur, dicht, feine reife Frucht am Gaumen, gute Länge, feines Tanninfinish

2008 Vieux Château Mazerat 93
Kräftige Farbe, gereifter Rand, intensives Bukett, reife Frucht, leicht röstig-rauchig, Unterholz, am Gaumen gehaltvoller Wein mit guter Länge

2012 Château Les Astéries 93
(83 % ME, 17 % CF)
Jugendliche Farbe, saftige reife Fruchtnoten, kandierte Früchte, Kirsche, Lakritze, feine Röstaromen, am Gaumen stoffiger Wein mit dichter, engmaschiger Textur, straff im Finish, gute Länge

2010 Château Teyssier 92
(80 % ME, 20 % CF)
Kräftige Farbe, saftige, reife, dunkelbeerige Frucht, Kirsche, feine Röstaromen, am Gaumen balanciert, stoffiger Wein mit feinkörnigen Tanninen. ­Sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis

2011 Château Laforge 92
(92 % ME, 8 % CF)
Jugendliche Farbe, saftige, einladende Frucht, dunkle Kirsche, Feigen, Bitterschokolade, am ­Gaumen saftig, balancierter Wein mit gutem ­Trinkfluss und feinem Tanninfinish, gute Länge

2011 Château Le Carré 92
(80 % ME, 20 % CF)
Jugendliche Farbe, feine rotbeerige Noten, Lakritze, elegante Röstaromen, balancierte Textur, feines Tanninfinish, fester Kern, gute Länge

2008 Château Le Carré 92
Kräftige Farbe, gereifter Rand, vielschichtige Nase, Schwarzkirsche, Dörrobst, Kakao, am Gaumen ­straffer Wein mit dichter Struktur, feinfruchtig im
Finish, beginnt zu reifen und ist bereits gut antrinkbar

2011 Château Les Astéries 92
Jugendliche Farbe, feine Kirschnoten, feinwürzige Anklänge, zart rauchig, am Gaumen straffer, dichter Wein mit guter Balance und festen Tanninen

2008 Château Les Astéries 92
Mittlere Farbtiefe, offene reife Fruchtnoten, dunkle Kirsche, Lakritze, fein rauchig, am Gaumen straffer Wein mit einer kühlen Aromatik, zarte Holzwürze im Finish

2008 Château Laforge 91
Gereifte Farbe, saftige Frucht, Feigen, Bitterschokolade, Kirschlikör, leicht Unterholz, samtiger Wein mit feiner Textur, gut antrinkbar

2011 Château Teyssier 90
Jugendliche Farbe, saftige Frucht, leichte Würzenoten, feine Bitterschokolade, am Gaumen mittlere Konzentration, gute Balance