Coole Rote in heißen Zeiten

St. Laurent und Pinot Noir gelten als die Juwelen in den heimischen Weingärten. Das heiße Klima und die damit verbundenen Probleme im Weingarten limitieren die Mengen. Wenn dann aber alles passt, darf man sich über richtig „coole“ Weine freuen.

Foto von ÖWM/WSNA
Text von Willi Balanjuk

Sankt Laurent wird unter nationalen und internationalen Sommeliers sowie Weinhändlern als eine der heimischen Rebsorten mit dem größten Potenzial gehandelt. Trotz Global Warming offeriert diese spätreifende Sorte vielschichtige, frische Fruchtaromen, die mit feiner Wacholder- und Nelken-Würze unterlegt sind. Auch zu Holzaromen hat St. Laurent eine gute Affinität und hält in der Endreifung eine hohe Säure. Der größte Trumpf ist die nicht sehr hohe Zuckerbildung, das heißt die besten St. Laurent vereinen komplexe Aromatik und große Konzentration mit lebendiger Struktur bei geringem bis maximal mittlerem Alkoholgehalt. Die 740 ha heimische St.-Laurent-Weingärten (v. a. Thermenregion, Carnuntum, Parndorfer Platte und Leithaberg) sind nicht gerade viel.

Die Wahl des richtigen Standorts, das sehr unterschiedliche Rebmaterial, die hohe Fäulnisgefahr und vor allem die geringen Erträge machen den St. Laurent zu einem Juwel, aber auch zu einer ökonomisch riskanten Rebsorte. Bei Winzern, die damit arbeiten, sind immer auch ein gewisser Idealismus und eine höhere Risikobereitschaft mit im Spiel.

Aus Pinot noir werden international die gesuchtesten Weine gekeltert. Die Côte de Nuits, das Filetstück für Pinot noir aus dem Burgund, machen nicht einmal 250 ha Grand-Cru-Weingärten aus. Von Gevrey-Chambertin bis Nuits-Saint-Georges findet man rund 350 ha 1er-Cru-Lagen. Für diese ca. 600 ha Pinot noir gibt es eine Hypernachfrage, die Preise explodieren. Eine Tendenz, die man auch in Deutschland, der Schweiz, Neuseeland und den USA feststellen kann. In Österreich sind 620 ha mit Pinot-noir-Trauben bestockt. Unterschied­liche Klone (Mariafelder, Dijon ZB 777 und Selection massale) sowie eine Suche nach dem „österreichischen Weg“ im Ausbau haben hierzulande zu extrem unterschiedlichen Weinen geführt. Mit den Jahrgängen 2016 bis 2021 bekommt man den Eindruck, dass einige Winzer mit „Gewusst wie“ zum Erfolg kamen. Sie ernteten wesentlich früher, arbeiteten mit ­unterschiedlichen Stengelanteilen, dosierten den Holzeinsatz besser und versuchten vor allem, nicht den Burgunder-Stil zu kopieren.

A la Carte hat rund 100 St. Laurent und rund 120 Pinot noirs in jeweils drei Kategorien verkostet. Dazu kommt noch eine Cuvée-Kategorie, in der St. Laurent und/oder Pinot noir den Wein dominieren.

In der Kategorie St. Laurent 2020 & 2019 fruchtbetont (39 Weine), zeigte der Ausbau, sowohl im Stahltank als auch im gebrauchten Barrique, die große Bandbreite. Die 2019er profitieren von einer gewissen Flaschenreife und präsentieren sich etwas komplexer in der Frucht.

Die 30 Weine der Kategorie St. Laurent 2019 gehaltvoll / Reserve zeigen das Potenzial der Rebsorte. Die meisten Weine zeigen vielschichtige Aromen, straffe Struktur und festes, feinkörniges Tannin. Sie sind bereits gut antrinkbar, werden sich aber in den nächsten drei bis fünf Jahren großartig entwickeln.

Die Kategorie St. Laurent gehaltvoll 2018 & 2017 und älter (29 Weine) bestätigt das Reifepotenzial der Rebsorte. Trotz unterschiedlicher Stilistik verkosteten sich die reiferen Weine mit vielschichtigeren Aromen und abgerundeten Tanninen. Die Weine beginnen sich zu öffnen, verfügen dennoch über riesiges Potenzial.

Die 23 Weine der Kategorie Pinot noir 2020 / 2019 fruchtiger Stil präsentieren sich mit rotbeerigen Aromen. Kandierte Frucht und Säureabbau-Aromen sind in vielen Weine noch stark ausgeprägt. Die weniger reduktiv ausgebauten Weine, darunter vor allem 2019er, vermitteln reife, rotbeerige Fruchtnoten und ein gut stützendes Säurespiel.

Die Kategorie 2019 Pinot noir gehaltvoll und Riedenweine war mit 40 Weinen stark präsent. Sie tragen in dieser jugendlichen Phase noch stark die Handschrift des Winzers. Die Präsenz von Holzwürze, die straffere Struktur durch höhere Stengelanteile und die unterschiedlich langen Mazerationszeiten machen die Weine hochwertig und den großartigen Jahrgang 2019 sehr homogen.

In der Kategorie 2018 & 2017 Pinot noir Reserve (54 Weine) präferierte die Jury zwar die 2017er, die großartigsten 2018er zeigen sich aktuell aber voll erblüht. Reinischs Ried Kästenbaum ist eine Liga für sich. ­Dieser Weingarten kann in Zukunft „Grand Cru“-Qualitäten (Burgund) herausfordern.

Die Kategorie Cuvées mit prägenden Pinot-noir- und/oder St.-Laurent-Anteilen (17 Weine) stellte sich als die schwierigste heraus. Die Rebsorten präsentierten sich in der Entwicklung der Weine unterschiedlich, daher ist die Stilistik sehr individuell zu sehen.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Usual Suspects bei der Grand-Cru-Verkostung klar im vorderen Feld liegen. Die große Erfahrung mancher Winzer mit den schwierigen Rebsorten und den unterschiedlichen Lagen ist hier der größte Vorteil. Dazu haben die führenden Winzer ihre Definition des Weinstils für die Rebsorten gefunden. Der St. Laurent kann national und international reüssieren. Egal, ob Burgund, Bordeaux, Rhône, Piemont oder Toskana auf dem Tisch steht – die besten Weine können locker standhalten. Beim Pinot noir zeigte sich unsere Verkostungsjury über das hohe Niveau der Reserven und älteren Jahrgänge erfreut. Wir empfehlen, österreichische St. Laurent und Pinot noirs in den Lagerkeller zu ­legen, denn der Sekundär-Markt hat das Potenzial dieser Weine bereits ­erkannt und wird sie später zu höheren Preisen anbieten.

Verkostet und bewertet wurden die Weine vom Autor in Zalto-Universalgläsern. Im Anschluss wurden die besten in den jeweiligen Kategorien von einer Fachjury in einer Blindverkostung bewertet und zum Grand Cru Wein nominiert.

Jurymitglieder waren Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Weinhandel Del Fabro/Kolarik), Dragos Pavelescu (Önologe), Philipp Schäfer (Weinakademiker & Weinhandel Schäfer) und der Autor.

St. Laurent 2018 und älter gehaltvoll oder Reserve
Pinot noir 2019 gehaltvoll oder Reserve
St. Laurent 2019 gehaltvoll oder Reserve
St. Laurent 2020 und 2019 Klassik
Pinot Noir 2020 und 2019 klassik
Pinot Noir 2018 und älter gehaltvoll oder Reserve
Cuvées mit PN und/oder SL Anteile 2019 und älter